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Veterinary Focus

Zahnheilkunde

Royal canin guide... Zahnerkrankungen bei Hunden kleiner Rassen

veröffentlicht 09/01/2020

Geschrieben von Jenna Winer und Frank J.M. Verstraete

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English

Erkrankungen der Zähne treten zwar bei allen Hunderassen auf, kleinere Hunde neigen jedoch vermehrt zu einigen spezifischen Zahnerkrankungen. Jenna Winer und Frank Verstraete präsentieren einen reich bebilderten Leitfaden über einige der häufigsten Zahnerkrankungen und deren Behandlung.

Royal canin guide... Zahnerkrankungen bei Hunden kleiner Rassen

Kernaussagen

Hunde kleiner Rassen haben eine besondere Neigung zu Parodontalerkrankung.


Die klinische Untersuchung der Maulhöhle beim wachen Tier ist der erste Schritt zum Nachweis von Maulhöhlen- und Zahnerkrankungen. Plaque und Zahnsteinablagerungen können jedoch zu einer Unter- oder Überschätzung des tatsächlichen Parodontitisgrades führen. Die endgültige Diagnose erfolgt deshalb mittels parodontaler Sondierung und intraoralen Zahnröntgenaufnahmen.


Bei hochgradiger und chronischer Parodontitis und endodontaler Erkrankung können oronasale Fisteln oder Fistelkanäle endodontalen Ursprungs entstehen. Oronasale Fisteln stellen sich häufig als kleine Defekte dar, haben oft aber tendenziell eine größere Ausdehnung als erwartet und können bei unzureichender Behandlung persistieren oder rezidivieren.


Hunde kleiner Rassen haben ein erhöhtes Risiko für Unterkiefer-frakturen traumatischen, pathologischen oder iatrogenen Ursprungs.


Parodontalerkrankung

Die Parodontalerkrankung ist die bei Hunden am häufigsten diagnostizierte Krankheit 1. Hunde kleiner Rassen neigen besonders zu Parodontalerkrankung, zum Teil aufgrund des engen Zahnstandes, eines im Vergleich zu größeren Rassen geringeren Kauverhaltens und der Unfähigkeit der Besitzer zu einer effektiven Zahnreinigung. In der ROYAL CANIN GUIDE... Folge kann sich eine Parodontitis entwickeln (d. h. eine Entzündung des Zahnhalteapparates), die zu Zahnlockerung, einem Verlust von Alveolarknochen, einer Zerstörung der Wurzelhaut und Zahnfleischschwund führt.

Der Grad der Plaque- und Zahnsteinakkumulation korreliert nicht immer mit dem Grad der Parodontitis. Bei einigen Hunden kleiner Rassen stellt man im Rahmen der klinischen Untersuchung der Maulhöhle signifikante Zahnsteinablagerungen fest und bei der anschließenden Röntgenuntersuchung lediglich eine geringgradige Parodontitis (Abbildung 1a) (Abbildung 1b), während man bei anderen Hunden den tatsächlichen Grad der Parodontitis auf der Grundlage der Zahnsteinbildung signifikant unterschätzt (Abbildung 2a) (Abbildung 2b). Die Beurteilung des Grades einer Parodontalerkrankung im Rahmen der Untersuchung der Maulhöhle am wachen Patienten ist eine wichtige Komponente der klinischen Untersuchung. Ergänzend erforderlich ist jedoch eine gründliche Evaluierung unter Allgemeinanästhesie mit parodontaler Sondierung und Zahnröntgen, um das tatsächliche Ausmaß einer Parodontalerkrankung zu bestimmen und die geeignete Behandlungsstrategie festzulegen.

Hochgradige Zahnsteinakkumulation an den linken maxillären Prämolaren bei einem Chihuahua. Der Patient liegt in Rückenlage für eine Zahn- und Maulhöhlenuntersuchung unter Anästhesie.
Abbildung 1a. Hochgradige Zahnsteinakkumulation an den linken maxillären Prämolaren bei einem Chihuahua. Der Patient liegt in Rückenlage für eine Zahn- und Maulhöhlenuntersuchung unter Anästhesie. © University of California — Davis
Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (linkslaterale Caninusaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt den I3, den Caninus und P1 bis P3 des linken Oberkiefers. Es besteht eine geringgradige Parodontitis, aber keine Indikation für eine Extraktion. Zu beachten ist die hervorstehende Akkumulation von Zahnstein an der Krone des linken maxillären P3 (Pfeilspitze).
Abbildung 1b. Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (linkslaterale Caninusaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt den I3, den Caninus und P1 bis P3 des linken Oberkiefers. Es besteht eine geringgradige Parodontitis, aber keine Indikation für eine Extraktion. Zu beachten ist die hervorstehende Akkumulation von Zahnstein an der Krone des linken maxillären P3 (Pfeilspitze). © University of California — Davis
Geringgradige Plaque- und Zahnsteinbildung an den rechten mandibulären Prämolaren bei einem zwei Jahre alten Toypudel. Der Patient liegt in Rückenlage für eine Zahn- und Maulhöhlenuntersuchung unter Anästhesie. Ein geringgradiger Zahnfleischrückgang mit Plaquebildung ist im Bereich der Furkation des rechten mandibulären P4 zu erkennen (Pfeilspitze). Bei diesem Hund putzte der Besitzer zweimal täglich die Zähne.
Abbildung 2a. Geringgradige Plaque- und Zahnsteinbildung an den rechten mandibulären Prämolaren bei einem zwei Jahre alten Toypudel. Der Patient liegt in Rückenlage für eine Zahn- und Maulhöhlenuntersuchung unter Anästhesie. Ein geringgradiger Zahnfleischrückgang mit Plaquebildung ist im Bereich der Furkation des rechten mandibulären P4 zu erkennen (Pfeilspitze). Bei diesem Hund putzte der Besitzer zweimal täglich die Zähne. © University of California — Davis
Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (rechtslaterale Prämolarenaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt eine hochgradige Parodontitis, gekennzeichnet durch exponierte Furkationen von P3 und P4 (Pfeilspitzen). Diese Zähne wurden ohne Komplikationen extrahiert, neben einigen anderen Zähnen, die ebenfalls von hochgradiger Parodontitis betroffen waren.
Abbildung 2b. Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (rechtslaterale Prämolarenaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt eine hochgradige Parodontitis, gekennzeichnet durch exponierte Furkationen von P3 und P4 (Pfeilspitzen). Diese Zähne wurden ohne Komplikationen extrahiert, neben einigen anderen Zähnen, die ebenfalls von hochgradiger Parodontitis betroffen waren. © University of California — Davis

Indikationen für eine Zahnextraktion infolge einer Parodontalerkrankung sind ein mindestens 50 %iger klinischer Attachementverlust (beurteilt mittels Zahnröntgen und parodontaler Sondierung), eine Exposition der Furkation und eine übermäßige Zahnbeweglichkeit/ Zahnlockerung. Besitzer können zunächst geschockt sein, wenn sie erfahren, dass ihr Hund eine umfassende oder totale Zahnextraktion benötigt (Abbildung 3a) (Abbildung 3b) (Abbildung 3c). Hunde kleiner Rassen passen sich jedoch in der Regel sehr schnell an einen zahnlosen Status an, und Besitzer berichten bei der postoperativen Kontrolluntersuchung nicht selten, dass sich ihr Hund „wieder wie ein Welpe verhält“. Bei einigen Hunden kleiner Rassen mit moderater Parodontitis kann die Gesundheit des Parodonts mit Hilfe einer gesteuerten Geweberegeneration wiederhergestellt werden (Abbildung 4a) (Abbildung 4b) 2 3. Diese technisch anspruchsvolle Prozedur fördert die Regeneration von Knochen und Parodont und kann somit die parodontale Gesundheit eines Zahnes verbessern.

 Anästhesierter kleiner Mischlingshund in Rückenlage für eine Zahnbehandlung. Zu beachten ist der brückenbildende Zahnstein im Oberkiefer mit ausgeprägter Gingivitis.
Abbildung 3a. Anästhesierter kleiner Mischlingshund in Rückenlage für eine Zahnbehandlung. Zu beachten ist der brückenbildende Zahnstein im Oberkiefer mit ausgeprägter Gingivitis. © University of California — Davis
Beim Schall- und Ultraschallscaling fielen die linken maxillären P1 und P2 sowie M1 und M2 aus. Zu beachten sind die hochgradige Gingivitis, der alveoläre Knochenverlust und die exponierten Furkationen von P3 und P4 (Sternchen).
Abbildung 3b. Beim Schall- und Ultraschallscaling fielen die linken maxillären P1 und P2 sowie M1 und M2 aus. Zu beachten sind die hochgradige Gingivitis, der alveoläre Knochenverlust und die exponierten Furkationen von P3 und P4 (Sternchen). © University of California — Davis
Die Befunddokumentation und Zahnröntgenaufnahmen bestätigten die Notwendigkeit einer vollständigen Zahnextraktion. Diese postoperative Aufnahme zeigt die mit synthetischem Nahtmaterial mit einfachen Einzelnähten adaptierten Flaps.
Abbildung 3c. Die Befunddokumentation und Zahnröntgenaufnahmen bestätigten die Notwendigkeit einer vollständigen Zahnextraktion. Diese postoperative Aufnahme zeigt die mit synthetischem Nahtmaterial mit einfachen Einzelnähten adaptierten Flaps. © University of California — Davis
Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (Aufnahme der linken Unterkiefermolaren, Rechtwinkel/Paralleltechnik) eines Norwich Terriers zeigt eine hochgradige Parodontitis an der distalen Wurzel des linken mandibulären M1 (20 % horizontaler Knochenverlust plus 30 % vertikaler Knochenverlust). Die Behandlung umfasste die Extraktion des linken mandibulären M2 und eine gesteuerte Geweberegeneration der distalen Wurzel des linken mandibulären M1.
Abbildung 4a. Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (Aufnahme der linken Unterkiefermolaren, Rechtwinkel/Paralleltechnik) eines Norwich Terriers zeigt eine hochgradige Parodontitis an der distalen Wurzel des linken mandibulären M1 (20 % horizontaler Knochenverlust plus 30 % vertikaler Knochenverlust). Die Behandlung umfasste die Extraktion des linken mandibulären M2 und eine gesteuerte Geweberegeneration der distalen Wurzel des linken mandibulären M1. © University of California — Davis
Intraorale Zahnröntgenaufnahme (dieselbe Technik) drei Monate später anlässlich der postoperativen Nachkontrolle des Patienten. Der Grad des Knochenverlustes hat sich gebessert von 50 % Knochenverlust auf ca. 20-30 % Knochenverlust, und die Extraktionsstelle des linken mandibulären M2 hat sich remodelliert.
Abbildung 4b. Intraorale Zahnröntgenaufnahme (dieselbe Technik) drei Monate später anlässlich der postoperativen Nachkontrolle des Patienten. Der Grad des Knochenverlustes hat sich gebessert von 50 % Knochenverlust auf ca. 20-30 % Knochenverlust, und die Extraktionsstelle des linken mandibulären M2 hat sich remodelliert. © University of California — Davis

Oronasale Fisteln

Eine oronasale Fistel ist eine epithelial ausgekleidete Kommunikation zwischen Maul- und Nasenhöhle. Fisteln können entweder kongenitalen (z. B. Gaumenspalte) oder erworbenen (z. B. penetrierendes Trauma) Ursprungs sein. Die häufigsten Ursachen erworbener oronasaler Fisteln sind eine Parodontitis (Abbildung 5a) (Abbildung 5b) (Abbildung 5c) und Heilungsstörungen im Bereich der Extraktionsstelle maxillärer Canini (Abbildung 6a) (Abbildung 6b) (Abbildung 6c) (Abbildung 6d). Hunde kleiner Rassen, insbesondere Dackel und Zwergpudel, neigen vermehrt zur Entwicklung oronasaler Fisteln an den maxillären Canini. Fisteln können sich aber grundsätzlich an jedem Oberkieferzahn und bei jeder Hunderasse bilden. Der Verdacht auf eine oronasale Fistel sollte immer dann aufkommen, wenn ein Besitzer bei der Anamnese von Niesen berichtet, insbesondere im Zusammenhang mit der Nahrungs- oder Wasseraufnahme, und/oder von Nasenausfluss mukoider, seröser oder blutig-seröser Natur. Die chirurgische Korrektur oronasaler Fisteln scheitert oft daran, dass der chirurgische Flap zu klein ist und/oder die Nähte zu viel Spannung haben. Zudem muss darauf geachtet werden, dass die epithelisierten Ränder des Defektes sorgfältig reseziert werden, um eine primäre Heilung zwischen frischen, blutenden Geweberändern sicherzustellen.

Malteser Mischling unter Anästhesie in Rückenlage. Hochgradige Zahnsteinbildung mit Zahnfleischschwund am linken maxillären Caninus.
Abbildung 5a. Malteser Mischling unter Anästhesie in Rückenlage. Hochgradige Zahnsteinbildung mit Zahnfleischschwund am linken maxillären Caninus. © University of California — Davis
Die intraorale Zahnröntgenaufnahme (linkslaterale Caninusaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt 80 % vertikalen Knochenverlust am linken maxillären Caninus, einhergehend mit einer oronasalen Fistel. Die Aufnahme zeigt zudem einen nahezu vollständigen Attachmentverlust des linken maxillären I2 mit geringgradiger Dilazeration der Wurzel und 80 % horizontalem Knochenverlust am linken maxillären mikrodonten I3. Die linken maxillären P1 und P2 fehlen. Überstehender Zahnstein befindet sich an der Krone des linken maxillären Caninus, der zudem eine abnorm gerade Wurzelkonformation aufweist.
Abbildung 5b. Die intraorale Zahnröntgenaufnahme (linkslaterale Caninusaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt 80 % vertikalen Knochenverlust am linken maxillären Caninus, einhergehend mit einer oronasalen Fistel. Die Aufnahme zeigt zudem einen nahezu vollständigen Attachmentverlust des linken maxillären I2 mit geringgradiger Dilazeration der Wurzel und 80 % horizontalem Knochenverlust am linken maxillären mikrodonten I3. Die linken maxillären P1 und P2 fehlen. Überstehender Zahnstein befindet sich an der Krone des linken maxillären Caninus, der zudem eine abnorm gerade Wurzelkonformation aufweist. © University of California — Davis
Der linke maxilläre Caninus nach dem Scaling. Die Parodontalsonde ist mesiopalatinal eingeführt und zeigt eine Taschentiefe über 12 mm, einhergehend mit einer oronasalen Fistel.
Abbildung 5c. Der linke maxilläre Caninus nach dem Scaling. Die Parodontalsonde ist mesiopalatinal eingeführt und zeigt eine Taschentiefe über 12 mm, einhergehend mit einer oronasalen Fistel. © University of California — Davis
Oronasale Fistel (Pfeilspitze) an der Stelle des fehlenden rechten maxillären Caninus bei einem Zwergdackel, der beim überweisenden Tierarzt zwei gescheiterten Behandlungsversuchen ausgesetzt war. Die gepunktete Linie deutet die geplante Inzisionslinie für den Flap an.
Abbildung 6a. Oronasale Fistel (Pfeilspitze) an der Stelle des fehlenden rechten maxillären Caninus bei einem Zwergdackel, der beim überweisenden Tierarzt zwei gescheiterten Behandlungsversuchen ausgesetzt war. Die gepunktete Linie deutet die geplante Inzisionslinie für den Flap an. © University of California — Davis
Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (rechtslaterale Caninusaufnahme, Halbwinkeltechnik) bestätigt den fehlenden rechten maxillären Caninus und einen umgebenden scharf abgrenzbaren Knochenverlust in der Region der Turbinalia, einhergehend mit einer oronasalen Fistel.
Abbildung 6b. Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (rechtslaterale Caninusaufnahme, Halbwinkeltechnik) bestätigt den fehlenden rechten maxillären Caninus und einen umgebenden scharf abgrenzbaren Knochenverlust in der Region der Turbinalia, einhergehend mit einer oronasalen Fistel. © University of California — Davis
Diese dreidimensionale Rekonstruktion mittels Cone-Beam-Computertomographie zeigt die beträchtliche Ausdehnung des lokalen, scharf abgrenzbaren Knochenverlustes im Bereich der rechten oronasalen Fistel.
Abbildung 6c. Diese dreidimensionale Rekonstruktion mittels Cone-Beam-Computertomographie zeigt die beträchtliche Ausdehnung des lokalen, scharf abgrenzbaren Knochenverlustes im Bereich der rechten oronasalen Fistel. © University of California — Davis
Diese intraoperative Aufnahme zeigt die geräumte Alveole des rechten maxillären I3 (Pfeilspitze), die geräumte Alveole des rechten maxillären P1 und den präparierten Flap zur Abdeckung der oronasalen Fistel an der Stelle des fehlenden rechten maxillären Caninus (Pfeil). Die orale Untersuchung der Fistel unterschätzt häufig das tatsächliche Ausmaß des Knochenverlustes. In vielen Fällen ist deshalb ein großer Flap erforderlich, um den Defekt spannungsfrei zu reparieren und dadurch die Chancen auf eine erfolgreiche endgültige Heilung zu maximieren.
Abbildung 6d. Diese intraoperative Aufnahme zeigt die geräumte Alveole des rechten maxillären I3 (Pfeilspitze), die geräumte Alveole des rechten maxillären P1 und den präparierten Flap zur Abdeckung der oronasalen Fistel an der Stelle des fehlenden rechten maxillären Caninus (Pfeil). Die orale Untersuchung der Fistel unterschätzt häufig das tatsächliche Ausmaß des Knochenverlustes. In vielen Fällen ist deshalb ein großer Flap erforderlich, um den Defekt spannungsfrei zu reparieren und dadurch die Chancen auf eine erfolgreiche endgültige Heilung zu maximieren. © University of California — Davis

Fisteln endodontalen Ursprungs

Bei einer Fistel endodontalen Ursprungs handelt es sich um einen mit Granulationsgewebe ausgekleideten Ausführungsgang, durch den purulenter Ausfluss von einer periapikalen Läsion auf die Oberfläche der Gesichtshaut austritt. Im klassischen Fall kommt es zu einer suborbitalen Schwellung, deren Ursprung eine endodontale oder kombiniert parodontale/endodontale Erkrankung des P4 im Oberkiefer ist. Grundsätzlich kann aber jeder endodontal erkrankte Zahn zur Bildung einer solchen Fistel führen 4. Intraorale Fisteln münden in einer Schwellung (Parulis), die typischerweise unmittelbar an der Mukogingivalgrenze oder apikal davon liegt. Patienten mit chronischen Läsionen im Gesicht sollten stets einer umfassenden Zahn- und Maulhöhlenuntersuchung unterzogen werden, einschließlich Charting (schriftliche Befundaufzeichnung) und Zahnröntgen zum Ausschluss jeglicher zugrundeliegenden dentalen Ätiologie (Abbildung 7a) (Abbildung 7b) (Abbildung 7c).

Dieser Shih Tzu wurde mit einer chronischen Fistelöffnung zwischen den Augen vorgestellt. Die Läsion wurde erstmals zwei Jahre zuvor von den Besitzern festgestellt und erwies sich als therapieresistent gegenüber medikamentösen Behandlungsversuchen. Die klinische Untersuchung der Maulhöhle ergab eine hochgradige Abrasion der maxillären Incisivi und Canini.
Abbildung 7a. Dieser Shih Tzu wurde mit einer chronischen Fistelöffnung zwischen den Augen vorgestellt. Die Läsion wurde erstmals zwei Jahre zuvor von den Besitzern festgestellt und erwies sich als therapieresistent gegenüber medikamentösen Behandlungsversuchen. Die klinische Untersuchung der Maulhöhle ergab eine hochgradige Abrasion der maxillären Incisivi und Canini. © University of California — Davis
Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (maxilläre Okklusalaufnahme, Halbwinkeltechnik) bestätigt die Abrasion der maxillären Incisivi und Canini und eine koaleszierende, gut abgrenzbare periapikale Aufhellung (Pfeilspitzen), den Bereich der rechten und linken I1 und I2 umfassend.
Abbildung 7b. Diese intraorale Zahnröntgenaufnahme (maxilläre Okklusalaufnahme, Halbwinkeltechnik) bestätigt die Abrasion der maxillären Incisivi und Canini und eine koaleszierende, gut abgrenzbare periapikale Aufhellung (Pfeilspitzen), den Bereich der rechten und linken I1 und I2 umfassend. © University of California — Davis
Eine zweite Röntgenaufnahme (linkslaterale Caninusaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt einen nicht vitalen linken maxillären Caninus (Pulpahöhle verengt sich nicht und gut abgrenzbare periapikale Aufhellung [Pfeilspitzen]). Sämtliche maxillären Incisivi und der linke maxilläre Caninus wurden extrahiert, und die oronasale Fistel wurde mit 1 %iger Povidon-Jod-Lösung gespült. Bei der postoperativen Kontrolluntersuchung zwei Wochen später befand sich die orofaziale Fistel in Abheilung.
Abbildung 7c. Eine zweite Röntgenaufnahme (linkslaterale Caninusaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt einen nicht vitalen linken maxillären Caninus (Pulpahöhle verengt sich nicht und gut abgrenzbare periapikale Aufhellung [Pfeilspitzen]). Sämtliche maxillären Incisivi und der linke maxilläre Caninus wurden extrahiert, und die oronasale Fistel wurde mit 1 %iger Povidon-Jod-Lösung gespült. Bei der postoperativen Kontrolluntersuchung zwei Wochen später befand sich die orofaziale Fistel in Abheilung. © University of California — Davis

Unterkieferfraktur

Hunde kleiner Rassen sind besonders anfällig für Unterkieferfrakturen. Mandibuläre Frakturen können traumatischen, pathologischen oder iatrogenen Ursprungs sein. Traumatische Frakturursachen sind Verkehrsunfälle oder Bisse von anderen (größeren) Hunden. Die häufigste Ursache pathologischer Frakturen bei Hunden kleiner Rassen ist eine hochgradige chronische Parodontitis (Abbildung 8a) (Abbildung 8b) (Abbildung 8c). Hunde kleiner Rassen haben zudem ein erhöhtes Risiko für iatrogene Frakturen, z. B. durch übermäßige Krafteinwirkung bei der Extraktion von Zähnen.

Ein sechs Jahre alter Mops wurde mit einem Vorbericht über einen seit zwei Monaten bestehenden Verdacht oraler Schmerzen vorgestellt.Die intraorale Zahnröntgenaufnahme (linke mandibuläre Prämolarenaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt eine vollständige transversale, frühe, nicht zusammenwachsende („non-union“) Unterkieferfraktur durch die Alveole der distalen Wurzel des linken mandibulären P3 und die mesiale Wurzel des linken mandibulären P4. Die Prämolaren stehen eng, und es besteht ein totaler Attachmentverlust der Wurzeln in der Frakturlinie. Es besteht der Verdacht, dass die Fraktur die Folge einer hochgradigen Parodontitis ist, wahrscheinlich beschleunigt durch den Engstand und die Rotation dieser Zähne.
Abbildung 8a. Ein sechs Jahre alter Mops wurde mit einem Vorbericht über einen seit zwei Monaten bestehenden Verdacht oraler Schmerzen vorgestellt.Die intraorale Zahnröntgenaufnahme (linke mandibuläre Prämolarenaufnahme, Halbwinkeltechnik) zeigt eine vollständige transversale, frühe, nicht zusammenwachsende („non-union“) Unterkieferfraktur durch die Alveole der distalen Wurzel des linken mandibulären P3 und die mesiale Wurzel des linken mandibulären P4. Die Prämolaren stehen eng, und es besteht ein totaler Attachmentverlust der Wurzeln in der Frakturlinie. Es besteht der Verdacht, dass die Fraktur die Folge einer hochgradigen Parodontitis ist, wahrscheinlich beschleunigt durch den Engstand und die Rotation dieser Zähne. © University of California — Davis
Diese dreidimensionale Rekonstruktion mittels Cone-Beam-Computertomographie liefert detailliertere Informationen über die Fraktur (Pfeilspitze).
Abbildung 8b. Diese dreidimensionale Rekonstruktion mittels Cone-Beam-Computertomographie liefert detailliertere Informationen über die Fraktur (Pfeilspitze). © University of California — Davis
Nach chirurgischer Extraktion der linken mandibulären P3 und P4 wurde ein modifizierter Risdon- Interdentaldraht und Kompositsplint appliziert, um die Fraktur während der Heilung zu stabilisieren. Zu beachten ist, dass sich der Patient während der Aufnahme in Rückenlage befand.
Abbildung 8c. Nach chirurgischer Extraktion der linken mandibulären P3 und P4 wurde ein modifizierter Risdon- Interdentaldraht und Kompositsplint appliziert, um die Fraktur während der Heilung zu stabilisieren. Zu beachten ist, dass sich der Patient während der Aufnahme in Rückenlage befand. © University of California — Davis

Orale Ulzera

Die rechte maxilläre bukkale Schleimhaut eines Chihuahua mit Chronic Ulcerative Paradental Stomatitis (CUPS) (weiße Pfeilspitzen): Übermäßige Plaquebildung (schwarze Pfeilspitze). Der Patient liegt in Rückenlage.
Abbildung 9. Die rechte maxilläre bukkale Schleimhaut eines Chihuahua mit Chronic Ulcerative Paradental Stomatitis (CUPS) (weiße Pfeilspitzen): Übermäßige Plaquebildung (schwarze Pfeilspitze). Der Patient liegt in Rückenlage. © University of California — Davis

Die Chronic Ulcerative Paradental Stomatitis (CUPS) ist gekennzeichnet durch schmerzhafte orale Ulzera, die meist in der bukkalen Schleimhaut zu finden sind (Mukositis), aber auch auf der Zunge auftreten (Glossitis) oder die Schleimhaut des Gaumens betreffen. Der Patient leidet unter einer Überreaktion auf Plaque, die zur Entstehung von Kontaktulzera führt (Abbildung 9). Interessant ist, dass betroffene Hunde in vielen Fällen eine normale bis übermäßige Plaque-Akkumulation aufweisen, aber eine geringgradigere Zahnsteinbildung als erwartet. Die Behandlungsoptionen sind ein zahnschonendes Vorgehen oder eine vollständige Zahnextraktion. Das für Besitzer möglicherweise frustrierende zahnschonende Management umfasst zunächst eine umfassende Beurteilung der Zahn- und Maulhöhlengesundheit mit Zahnröntgen und parodontaler Befundaufzeichnung, die Extraktion sämtlicher Zähne, die entsprechende Extraktionskriterien erfüllen, eine Biopsie repräsentativer ulzeröser Läsionen zur Bestätigung der Diagnose, eine parodontale Behandlung sowie eine entzündungshemmende, antibiotische und analgetische Therapie. Zur Verzögerung von Rezidiven der die Patienten stark beeinträchtigenden oralen Schmerzen muss nach der Behandlung eine sorgfältige Zahn und Maulhöhlenhygiene aufrechterhalten werden, einschließlich täglichem Zähneputzen durch die Besitzer und einer regelmäßigen professionellen Parodontalbehandlung unter Anästhesie alle drei bis sechs Monate bzw. je nach Bedarf zur Aufrechterhaltung eines möglichst schmerzfreien Zustands der Maulhöhle. Eine vollständige Extraktion aller Zähne ist zwar das chirurgisch deutlich invasivere Verfahren, führt aber zu einer zuverlässigen Verfahren, führt aber zu einer zuverlässigen Management.

Persistierende Milchzähne

Ein Jahr alter anästhesierter Shih Tzu in Rückenlage für eine Untersuchung und Behandlung der Maulhöhle. Die Aufnahme zeigt den rostralen Oberkiefer mit persistierenden Incisivi (linker I1, I2 und I3 und rechter I1 und I2) (Pfeilspitzen) und persistierenden maxillären Milchcanini rechts und links (Pfeile). Sämtliche persistierenden Milchzähne wurden extrahiert.
Abbildung 10. Ein Jahr alter anästhesierter Shih Tzu in Rückenlage für eine Untersuchung und Behandlung der Maulhöhle. Die Aufnahme zeigt den rostralen Oberkiefer mit persistierenden Incisivi (linker I1, I2 und I3 und rechter I1 und I2) (Pfeilspitzen) und persistierenden maxillären Milchcanini rechts und links (Pfeile). Sämtliche persistierenden Milchzähne wurden extrahiert. © University of California — Davis

Persistierende Milchzähne sind Milchzähne, die zum Zeitpunkt des Durchbruchs der bleibenden Zähne nicht ausfallen. Am häufigsten betroffen sind die Canini und die Incisivi bei Toyrassen (Abbildung 10) 5. Persistierende Milchzähne verursachen einen Engstand („Crowding“) und eine Veränderung der Zahnfleischkontur, wodurch die bleibenden Zähne für die beschleunigte Entstehung einer Parodontalerkrankung prädisponiert sind. Zudem können persistierende Milchzähne die Richtung des Durchbruchs der bleibenden Zähne verändern und dadurch die Grundlage für eine spätere Mal-okklusion legen. Wenn keine nachfolgenden bleibenden Zähne angelegt sind und die persistierenden Milchzähne sowohl paradontal als auch endodontal gesund sind, besteht jedoch keine Indikation für eine Extraktion.

Malokklusion

Diese Aufnahme der linken rostralen Zähne eines 8 Monate alten Malteser Terriers zeigt eine geringgradige skelettale Malokklusion (“Zangenbiss” der Incisivi) und dentale Malokklusion (Rostroversion und Linguoversion des linken mandibulären Caninus [Stern], der Kontakt zum linken maxillären I3 hat und dadurch zu einer geringgradigen Bukkoversion des I3 führt).
Abbildung 11. Diese Aufnahme der linken rostralen Zähne eines 8 Monate alten Malteser Terriers zeigt eine geringgradige skelettale Malokklusion (“Zangenbiss” der Incisivi) und dentale Malokklusion (Rostroversion und Linguoversion des linken mandibulären Caninus [Stern], der Kontakt zum linken maxillären I3 hat und dadurch zu einer geringgradigen Bukkoversion des I3 führt). © University of California — Davis

Bei vielen Hunden kleiner Rassen beobachtet man eine Malokklusion, die skelettalen (d. h. Diskrepanz bei Position, Größe oder Länge der Kiefer) oder dentalen (d. h. Fehlposition einzelner Zähne) Ursprungs sein kann oder auf eine Kombination beider Faktoren zurückgeht (Abbildung 11).

Brachycephale Rassen werden beispielsweise auf eine skelettale Malokklusion gezüchtet (d. h. relative maxilläre Brachygnathie). Eine Behandlung erfordert eine Malokklusion nur dann, wenn sie zu Zahn- oder Weichteilgewebetraumata führt. Die therapeutischen Optionen umfassen die Extraktion störender Zähne, eine orthodontale Korrektur und eine Reduktion der Kronenhöhe gefolgt von einer Wurzelkanalbehandlung oder einer Vitalerhaltung der Pulpa.

Literatur

  1. Lund E, Armstrong P, Kirk CA, et al. Health status and population characteristics of dogs and cats examined at private veterinary practices in the United States. J Am Vet Med Assoc 1999;214:1336-1341.
  2. Villar CC, Cochran DL. Regeneration of periodontal tissues: guided tissue regeneration. Dent Clin North Am 2010;54:73-92.
  3. Gingerich W, Stepaniuk K. Guided tissue regeneration for infrabony pocket treatment in dogs. J Vet Dent 2010;28:282-288.
  4. Schneider LA, Peralta S. Diagnostic imaging in veterinary dental practice. J Am Vet Med Assoc 2013;243:783-785.
  5. Hale FA. Juvenile veterinary dentistry. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2005;35:789-817.
Jenna Winer

Jenna Winer

Dr. Winer erhielt ihre Approbation als Tierärztin 2014 an der UC Davis. Mehr lesen

Frank J.M. Verstraete

Frank J.M. Verstraete

Nach Abschluss seines Studiums an der Universität Gent in Belgien absolvierte Dr. Verstraete eine Residency im Bereich Kleintierchirurgie an der University of Pretoria. Mehr lesen