Frühscreening auf Hämaturie bei der Katze
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Ausgabe nummer 29.2 Sonstiges Wissenschaft
veröffentlicht 03/10/2019
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Die Harnanalyse ist heute ein alltäglicher Routinetest in allen Kleintierpraxen, es gibt aber zahlreiche potenzielle Fallgruben, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Verlässlichkeit der Ergebnisse führen können, wie uns Paola Scarpa erläutert.
Harnteststreifen sind preiswert und – die richtige Anwendung vorausgesetzt – ein einfacher qualitativer und semiquantitativer Test für die Harnanalyse.
Die Bestimmung des Protein/Kreatinin-Verhältnisses im Harn kann bei proteinurischen Proben angezeigt sein, die Ergebnisse müssen jedoch unter Berücksichtigung verschiedener Einflussfaktoren interpretiert werden.
Die Harnanalyse ist einer der häufigsten und einfachsten Tests in der Kleintierpraxis. Eine überraschend hohe Anzahl verschiedener Faktoren kann jedoch zu Ungenauigkeiten führen. Dieser kurze Artikel zeigt einige häufige Fallgruben und gibt Tipps, wie man Harnanalysen nach dem Prinzip der „Best Practice“ durchführen kann.
Die Gewinnung von Harnproben muss mit der geeigneten Methode erfolgen. Eine Zystozentese, die am sichersten unter Ultraschallkontrolle durchgeführt wird (Abbildung 1), ist erforderlich, wenn eine Harnkultur erfolgen soll, da nur diese Methode die Gewinnung nicht kontaminierter Proben gestattet. Die Punktionskanüle wird in einem Winkel von 45 ° in die ventrale oder ventrolaterale Blasenwand eingestochen, da so die Muskelfasern der Blasenwand die beim Herausziehen der Kanüle entstehende Öffnung schnell verschließen können. Der Patient muss immobil und ruhig sein, liegt meist in Seiten- oder Rückenlage, und die Haut im Bereich der Insertionsstelle wird vor dem Einstechen der Kanüle in der Regel rasiert und desinfiziert. Nach einer Zystozentese kommt es häufig zu iatrogener Mikrohämaturie. Kontraindiziert ist eine Zystozentese bei leerer Harnblase, bei einem nicht kooperativen Patienten und bei Patienten mit Pyodermie. Beschrieben wird zudem eine metastatische Disseminierung eines Übergangszellkarzinoms der Harnblase entlang der Kanüle 1.
Das Auffangen von Spontanurin (Abbildung 2) ist die am wenigsten traumatische Methode der Harnprobengewinnung, obgleich dies nicht immer leicht ist (zum Beispiel bei kleinen Hunden) oder sich sogar (vor allem bei Katzen) als unmöglich erweist. Für die Analyse sollten ausschließlich Proben verwendet werden, die in einem geeigneten sterilen Behältnis aufgefangen wurden. Detergenzien und Desinfektionsmittel, die zur Reinigung von Behältnissen oder Katzentoiletten eingesetzt werden, können die Ergebnisse von Harnstreifentests verändern.
Proben von Spontanurin eignen sich in der Regel für eine „Standard“-Harnanalyse (d. h. erstes Screening), wobei zu berücksichtigen ist, dass eine auf diesem Weg gewonnene Probe mit prostatischer Flüssigkeit, Sperma oder Debris aus der Harnröhre oder aus dem Präputium bzw. Vestibulum kontaminiert sein kann. Abgesehen von dieser Einschränkung wird die Bestimmung einer Proteinurie oder des Protein/Kreatinin-Verhältnisses im Harn (UPC) nicht durch die Methode der Probengewinnung beeinflusst. Eine Analyse solcher Proben kann also für die Diagnose und die Überwachung einer Proteinverlustnephropathie durchaus zufriedenstellende Ergebnisse liefern. Zudem wird das UPC-Verhältnis bei Katzen nicht beeinflusst durch die Methode der Probengewinnung (z. B. Zystozentese oder manuelle Kompression der Blase).
Die erste Beurteilung einer Proteinurie kann mit Hilfe eines Harnteststreifens durchgeführt werden (Abbildung 3). Das Testfeld für Protein enthält einen Indikator (z. B. Tetrabromophenolblau), der mit den Aminogruppen der im Harn enthaltenen Proteine reagiert. Der daraus resultierende Farbumschlag (von gelb zu grün und schließlich zu blau) ermöglicht eine numerische Interpretation des Grades der Proteinurie, in der Regel auf einer Skala von 0 bis 4. Diese Methode ist sensitiv für den Nachweis von Albumin, aber weniger sensitiv für Globuline oder andere Proteinfraktionen (z. B. Bence-Jones-Proteine), da diese in der Regel über weniger Aminogruppen verfügen.
Zahlreiche Faktoren können zu falsch positiven Ergebnissen führen, darunter ein alkalischer pH-Wert, das Vorhandensein einer Hämoglobinurie, einer Pyurie oder einer Bakteriurie, aber auch die Verwendung von Desinfektionsmitteln auf der Basis von quaternären Ammoniumverbindungen oder Chlorhexidin.
Bei Hunden können die Ergebnisse von Harnteststreifen zusammen mit dem spezifischen Harngewicht (SHG) Hinweise darauf liefern, ob zusätzlich eine Bestimmung des UPC-Verhältnisses (zur Absicherung einer Proteinurie) erforderlich ist (Tabelle 1). Tiere mit negativem Teststreifenresultat für Protein können generell als nicht-proteinurisch betrachtet werden, während Tiere mit einem SHG < 1.012 und einem Teststreifenergebnis von Protein 1+ als wahrscheinlich proteinurisch betrachtet werden sollten, und Tiere mit einem Teststreifenresultat von Protein 2+ definitiv proteinurisch sind.
SHG | Proteinlevel = 0 | Proteinlevel 1+ | Proteinlevel 2+ |
---|---|---|---|
< 1.012 | Nicht-proteinurisch | Wahrscheinlich proteinurisch UPC bestimmen |
Proteinurisch UPC bestimmen |
> 1.012 – < 1.030 |
Nicht-proteinurisch | Nicht-proteinurisch | Proteinurisch UPC bestimmen |
> 1.030 | Nicht-proteinurisch | Nicht-proteinurisch | Proteinurisch UPC bestimmen |
Tabelle 1. Die Beurteilung des SHG und des Proteinlevels mittels Harnteststreifen kann hilfreich sein bei der Entscheidung, ob die Bestimmung des UPC-Verhältnisses angezeigt ist 2.
UPC-Werte über 0,4 bei Katzen und über 0,5 bei Hunden weisen auf eine renale Proteinurie hin. Um das Testergebnis korrekt interpretieren zu können, müssen jedoch verschiedene potenziell biologische und analytische Variablen berücksichtigt werden:
Um einen verlässlichen Wert der Proteinurie zu erhalten, ist es im Allgemeinen notwendig, das UPC-Verhältnis über mehrere aufeinanderfolgende Tage zu bestimmen und dann den Mittelwert zu bilden. Alternativ kann das UPC-Verhältnis auch an einer gepoolten Probe aus mehreren Einzelproben bestimmt werden, die an drei aufeinanderfolgenden Tagen gewonnen wurden. Da das UPC-Verhältnis über mehrere Tage erheblich schwanken kann, können zwei hintereinander gewonnene Proben nur dann als signifikant unterschiedlich betrachtet werden, wenn die Varianz bei ca. 80 % für niedrige UPC-Werte (d. h., um 0,5), bzw. bei ca. 35 % für hohe Werte (d. h., um 12) liegt. Eine einzelne Messung reicht für die verlässliche Einschätzung des UPC-Verhältnisses nur dann aus, wenn der UPC-Wert < 4 liegt, bei höheren Werten sind dagegen immer zwei bis fünf Messungen erforderlich (Tabelle 2).
UPC (baseline) | UPC definitiv herabgesetzt | UPC definitiv erhöht | Anzahl Proben für eine verlässliche Quantifizierung einer Proteinurie |
---|---|---|---|
0,5 | < 0,1 | > 0,9 | 1 |
1 | < 0,3 | > 1,7 | 1 |
2 | < 0,9 | > 3,1 | 1 |
4 |
< 2,1 |
> 5,9 |
1 |
6 | < 3,5 | > 8,8 | 2 |
8 | < 4,9 | > 11,1 | 3 |
10 | < 6,3 | > 13,7 | 4 |
12 | < 7,8 | > 16,2 | 5 |
Tabelle 2. Das mittlere UPC-Verhältnis sollte anhand von über mehrere aufeinanderfolgende Tage gewonnenen Proben berechnet werden. Da das UPC-Verhältnis erheblich schwanken kann, können zwei hintereinander gewonnene Proben nur dann als signifikant unterschiedlich betrachtet werden, wenn die Varianz bei ca. 80 % für niedrige UPC-Werte, bzw. bei ca. 35 % für hohe Werte liegt 3.
Die Variationskoeffizienten (CV) des UPC-Verhältnisses liegen bei etwa 10-20 % bei einem UPC-Wert von 0,2 und bei etwa 10 % bei einem UPC-Wert von 0,5. Diese analytische Ungenauigkeit kann zu Subklassifikationsfehlern führen, insbesondere im Bereich der Schwellenwerte. Das heißt, ein Patient könnte fälschlicherweise als nicht-proteinurisch klassifiziert werden, wenn der UPC-Wert im Bereich von 0,15 bis 0,25 liegt oder auf der anderen Seite fälschlicherweise als proteinurisch, wenn der UPC-Wert bei 0,45 bis 0,55 liegt (Abbildung 4).
Das UPC-Verhältnis kann mit verschiedenen Methoden bestimmt werden (Coomassie Brilliant Blue und Pyrogallol Red), was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann (mit einem mittleren Unterschied von 0,1 bis 0,2). Es ist daher ratsam, Proben immer durch dasselbe Labor mit derselben Methode untersuchen zu lassen, um weitere Variationen zu vermeiden.
Kontaminanten in der Harnprobe wie Blut (makroskopische Hämaturie) (Abbildung 5) und/oder eine Pyurie (Abbildung 6) führen zu einer signifikanten Erhöhung des UPC-Wertes. Bei Katzen wird ein solcher Anstieg des UPC-Verhältnisses auch im Falle einer Mikrohämaturie beobachtet. Zudem ist es ratsam, das UPC-Verhältnis nicht in einer Probe mit „aktivem“ Sediment zu bestimmen. Wenn bei einem Patienten also eine Urolithiasis, eine Harnwegsinfektion oder eine feline idiopathische Zystitis vorliegt, sollte das UPC-Verhältnis erst dann bestimmt werden, wenn die entsprechende Erkrankung abgeklungen ist.
Intakte Rüden können ein UPC-Verhältnis zwischen 0,2 und 0,5 haben, das nach der Kastration auf Werte unter 0,2 fallen kann.
Das UPC-Verhältnis ist höher, wenn die Harnprobe in der Praxis gewonnen wird im Vergleich zur Probenentnahme in dem für das Tier gewohnten Umfeld zu Hause.
Die Lagerung einer Harnprobe für einen späteren Test kann zu mehreren Problemen führen.
Bilirubin ist eine instabile Verbindung und kann bei Exposition der Probe gegenüber Licht oder Luft leicht zu Biliverdin oxidieren. Die Bestimmung des Bilirubingehaltes im Harn mit Hilfe von Harnteststreifen sollte deshalb innerhalb von 30 Minuten nach der Probengewinnung erfolgen.
Paola Scarpa
Der Harnstreifentest auf Ketone kann falsch negative Ergebnisse liefern, wenn die Probe über mehr als zwei Stunden Kontakt zur Luft hatte, wenn das entsprechende Testfeld auf dem Streifen Licht, Hitze oder Feuchtigkeit ausgesetzt war oder wenn der Harn sehr sauer ist.
Eine Kühlung im Kühlschrank konserviert zahlreiche chemische und physikalische Charakteristika des Harns. Vor der Teststreifenanalyse muss die gekühlte Probe aber zunächst wieder auf Raumtemperatur gebracht werden, um analytische Fehler zu vermeiden, wie zum Beispiel eine Hemmung der Glukosereaktion. Die Kühlung im Kühlschrank verhindert auch eine bakterielle Überwucherung, sie verursacht aber eine Präzipitation von Calciumoxalat- und Struvitkristallen, deren Anzahl und Größe im Laufe der Zeit zunehmen (Abbildung 7). Für die Bestimmung des UPC-Verhältnisses sind Harnproben sowohl bei Raumtemperatur als auch bei +4 °C über einen Zeitraum von bis zu 12 Stunden nach der Probengewinnung ausreichend stabil. Nach Ablauf von 12 Stunden steigen die gemessenen UPC-Werte jedoch tendenziell an. Im Falle einer entsprechenden Verzögerung empfiehlt es sich daher, den Überstand der Probe tiefzukühlen, um mögliche Artefakte aufgrund einer längeren Lagerung zu reduzieren.
Das Behältnis der Harnteststreifen sollte nach jeder Entnahme sofort wieder dicht verschlossen werden, und das Haltbarkeitsdatum ist zu berücksichtigen. Voraussetzung für die korrekte Interpretation der Teststreifenergebnisse ist das pünktliche Ablesen des Farbumschlages zu dem für jeden Parameter spezifisch definierten Zeitpunkt. Falls erforderlich kann hierfür unterstützend ein Timer eingesetzt werden. Sehr dunkel gefärbter oder hoch konzentrierter Harn kann die Farbreaktion der Teststreifen ebenfalls beeinflussen. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, sollten Tests nach Bedarf wiederholt werden.
Die Harnanalyse ist ein alltägliches, sehr wertvolles und zugleich sehr einfaches diagnostisches Werkzeug. Fehler bei der Probengewinnung, bei der Lagerung von Proben und bei der Analyse von Parametern können jedoch zu ungenauen Ergebnissen führen. Als herausfordernd kann sich zudem die korrekte Interpretation bestimmter Resultate, insbesondere des UPC-Verhältnisses, erweisen. Der praktische Tierarzt sollte diese Faktoren im Hinterkopf haben, wann immer entsprechende Harntests durchgeführt werden sollen.
Paola Scarpa
Professor Scarpa schloss ihr Studium an der tierärztlichen Fakultät der Universität Mailand ab und promovierte (PhD) Mehr lesen
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