Gefässerkrankungen der Haut
Das Gefäßsystem der Haut spielt eine entscheidende Rolle...
Ausgabe nummer 28.1 Sonstiges Wissenschaft
veröffentlicht 03/09/2020
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Häufige Krankheiten werden auch häufig festgestellt – dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass es auch seltene Erkrankungen gibt. Patricia White beschreibt einige systemische Erkrankungen, die sich klinisch mit dermatologischen Symptomen darstellen können, und gibt uns einige Tipps für das diagnostische Vorgehen.
Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten der Haut, auf eine Erkrankung zu reagieren, können kutane Manifestationen systemischer Erkrankungen (KMSE) schwierig zu erkennen sein.
Klinische Symptome, die mit oder ohne Behandlung schwanken oder auf eine geeignete Therapie nicht ansprechen, sollten stets den Verdacht auf KMSE aufkommen lassen.
Bestimmte Verteilungsmuster und eine Symmetrie legen eine innere Ätiologie nahe, und bei der klinischen Untersuchung festgestellte Anomalien können mit einer Hauterkrankung zusammenhängen.
Behandlung und Management von KMSE können lebenslang erforderlich sein, entscheidend ist also eine frühzeitige Diagnose.
In der tierärztlichen Praxis werden dermatologische Symptome häufig ohne Kenntnis einer eindeutigen Ursache behandelt. Im typischen Fall erhebt der Tierarzt einen kurzen Vorbericht, führt eine klinische Untersuchung durch, behandelt etwaige sekundäre Infektionen und stellt eine Verdachtsdiagnose. Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten der Haut, auf einen Insult zu reagieren, kann diese Vorgehensweise jedoch dazu führen, dass die Gelegenheit zur Diagnose von seltenen kutanen Manifestationen systemischer Erkrankungen (KMSE) verpasst wird.
Auch wenn sie eher selten auftreten, können KMSE zahlreichen häufiger zu beobachtenden Hautproblemen ähneln. Ganz entscheidend sind deshalb die sorgfältige Erhebung eines ausführlichen Vorberichts und die Interpretation der klinischen Befunde im Lichte dieser Informationen. Ein vollständiger Vorbericht berücksichtigt das Alter des Patienten zu Erkrankungsbeginn und die Erkrankungsdauer, sämtliche Medikationen, topische Therapien und diätetische Supplemente (von Tier und Besitzer), die Qualität und die Zusammensetzung der Nahrung (Abklärung möglicher Mängel, homöopathischer Supplemente), begleitende Erkrankungen und deren Behandlung, Kontakt mit anderen Tieren im Haushalt oder außerhalb des Haushaltes (Tagespflegeeinrichtung/ Tierpension/Reisen), das Vorhandensein von Juckreiz, das Ansprechen auf eine spezifische Therapie und Hinweise auf eine Beteiligung anderer Organsysteme.
Routinemäßige praxisinterne diagnostische Tests (Hautgeschabsel, Haarzupfproben, Klebestreifenproben, Abklatschpräparate, Dermatophytenkultur) sollten bei jedem dieser Patienten durchgeführt werden, um eine mikrobielle Überwucherung (Overgrowth) oder eine Demodikose nachzuweisen bzw. auszuschließen und einen ersten Anhaltspunkt für die im Einzelfall erforderlichen unterstützenden Maßnahmen zu bekommen. Dermatologische Veränderungen, die als Marker für spezifische innere Erkrankungen dienen, unterstützen den Tierarzt bei der anschließenden Wahl spezifischer Tests für die endgültige Diagnose. Genau hier liegt der entscheidende Punkt, an dem eine erfolgreiche Behandlung dieser seltenen Erkrankungen beginnt. Dieser Artikel gibt einen kurzen Überblick über einige systemische Erkrankungen, deren Vorhandensein durch mehr oder weniger charakteristische dermatologische Hinweise angezeigt wird.
Paraneoplastische Hautveränderungen sind die Folge einer Neoplasie in einer anderen Lokalisation des Körpers, das heißt, der Tumor selbst sitzt nicht in der Haut 1. Die Ursachen der assoziierten Hautveränderung(en) sind im Allgemeinen nicht bekannt, es kann sich jedoch um die Folge einer immunvermittelten Aktivität, einer Auswirkung eines Tumorproteins auf die Haut oder der Bildung von Enzymen mit Einfluss auf die normale Hautfunktion handeln. Betroffene Patienten können unspezifische Krankheitssymptome aufweisen (Lethargie, Gewichtsverlust, Inappetenz, Erbrechen, Diarrhoe), die Hautveränderungen weisen jedoch auf eine zugrundeliegende systemische Anomalie hin.
Superfizielle nekrolytische Dermatitis (SND oder hepatokutanes Syndrom, nekrolytisches migratorisches Erythem [NME], metabolische epidermale Nekrose) ist eine seltene und oft tödliche Erkrankung bei älteren (> 10 Jahre) Hunden beiderlei Geschlechts kleinerer Rassen (2 3 4 5 und sehr selten auch bei Katzen 6 7. Ein häufiges klinisches Erscheinungsbild ist permanentes Lecken an den Pfoten oder Schwierigkeiten beim Laufen. Der klinische Vorbericht enthält Hinweise auf ein plötzliches Einsetzen von Lethargie und Lahmheit, Inappetenz, Polyurie/Polydipsie (PU/PD), kutane Schmerzen und Juckreiz sowie Gewichtsverlust. Die Effloreszenzen sind oft ausgesprochen dramatischer Natur und umfassen Ulzera und Depigmentierung an mukokutanen Übergängen und erythematöse, exsudative Verkrustungen an Druckpunkten wie Ellbogen und Sprunggelenkshöckern, in den Achseln und Leisten sowie eine ausgeprägte Hyperkeratose der Pfotenballen (Abbildung 1) (Abbildung 2) (Abbildung 3). Sekundärinfektionen mit Bakterien und Hefen treten häufig auf. Die Hautveränderungen sind Marker für eine fortgeschrittene Lebererkrankung oder Pankreasneoplasie und können bereits Wochen bis Monate vor den klinischen Symptomen der Primärerkrankung in Erscheinung treten. Beim Menschen geht SND am häufigsten mit Glucagonomen einher, die bei Hunden jedoch nur selten vorkommen. Ein Vorbericht über eine Behandlung mit potenziell hepatotoxischen Arzneimitteln (Ketokonazol, Rifampicin, Phenobarbital etc.) kann auf eine mögliche Ursache hindeuten, in den meisten Fällen bleibt die Ätiologie jedoch im Dunklen 2 3 4 5. Differenzialdiagnosen beim Hund sind Pemphigus foliaceus (PF), systemischer Lupus erythematosus (SLE), Arzneimitteleruptionen, Zink-responsive Dermatitis, kutanes Lymphosarkom/Mycosis fungoides (KLSA/MF) und Leishmaniose. Bei Katzen müssen differenzialdiagnostisch insbesondere PF, SLE, exfoliative Dermatitis, feline paraneoplastische Alopezie und Cushing/Acquired Skin Fragility Syndrome berücksichtigt werden.
Routinemäßige Bluttests ergeben oft eine Hypalbuminämie, eine normozytäre normochrome aregenerative Anämie, Hyperglycämie, Glucosurie, erhöhte alkalische Phosphatase und ALT sowie erhöhtes Gesamtbilirubin und erhöhte Gallensäuren. Ein durchgängiger Befund ist Hypoaminoacidämie, unabhängig von der primären Diagnose, und wird für die dermatologischen Symptome verantwortlich gemacht 2 3 4 5 6 7. Die abdominale Sonographie der Leber kann ein „honigwabenartiges“ hyper- und hypoechogenes Muster zeigen (idiopathische vakuoläre Hepatopathie). Pankreastumore werden mittels Ultraschall dagegen nur selten nachgewiesen. Hautbiopsien (die aus frisch verkrusteten Arealen mit intakten Krusten entnommen werden sollten) sind diagnostisch und zeigen eine klassische diffuse parakeratotische Hyperkeratose, ein intra- und interzelluläres epidermales Ödem und ein oberflächliches dermales perivaskuläres bis lichenoides Infiltrat (rot-weiß-blaues Muster) in der H&E-Färbung 2 3 4 5 6 7. Bei chronischen Effloreszenzen kann das epidermale Ödem fehlen. In den oberflächlichen Krusten können zudem sekundäre Bakterien- und Hefeinfektionen nachweisbar sein.
Patricia D. White
Bei der SND handelt es sich um eine schwerwiegende und therapeutisch herausfordernde Erkrankung mit schlechter Prognose, da die Lebererkrankung oft bereits weit fortgeschritten und irreversibel ist. Neben unterstützenden Maßnahmen zielt die Therapie in erster Linie auf die Korrektur der im Einzelfall zugrundeliegenden Erkrankung ab, wenn dies möglich ist. Tiere mit Pankreasneoplasie oder arzneimittelinduzierter Hepatopathie haben die besten Überlebenschancen, wenn der Tumor entfernt oder das ursächliche Medikament so rechtzeitig abgesetzt wird, dass sich die Leber erholen kann. Die Behandlung der idiopathischen vakuolären Hepatopathie beschränkt sich dagegen auf unterstützende Maßnahmen einschließlich Behandlung sekundärer Hautinfektionen und einer diätetischen Unterstützung zur Korrektur des Aminosäurenmangels. Bei einigen Patienten kann sich eine intravenöse Hyperalimentierung mit einem hypertonischen Aminosäurensupplement über 6-8 Stunden ein bis zwei Mal pro Woche bis sich die Läsionen bessern als vorteilhaft erweisen. Ist jedoch in den ersten beiden Wochen kein Ansprechen festzustellen, gilt eine positive Wirkung als unwahrscheinlich. Die diätetische Unterstützung umfasst eine Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren, Zink und qualitativ hochwertigen Proteinen. Glucocorticoide können zu einer vorübergehenden Besserung der Hautsymptome führen, gegen diese Behandlung können jedoch eine Glukoseintoleranz und das Risiko der Induzierung eines Diabetes mellitus sprechen.
Feline paraneoplastische Alopezie (FPA) ist geprägt von einer akut beginnenden, schnell fortschreitenden, nicht pruriginösen Alopezie des ventralen Brustkorbes, der Achseln, des Abdomens und der medialen und kaudalen Oberschenkelregionen, die sich auf das Perineum, die Pfoten und das Planum nasale ausdehnt (Abbildung 4). Das klassische glänzende Erscheinungsbild der Haut unterscheidet diese Erkrankung von anderen Alopezieursachen, muss aber nicht in jedem Fall vorhanden sein. An den Grenzen zur behaarten Haut kann eine gering- bis mittelgradige Verkrustung vorliegen, und die Haare in diesen Bereichen sind leicht ausziehbar. Juckreiz kann auf eine Malassezia-Infektion in den verkrusteten Grenzbereichen zurückzuführen sein. Weitere unspezifische klinische Symptome sind Gewichtsverlust und Inappetenz. Die histopathologische Untersuchung zeigt eine Telogenisierung von Haarfollikeln ohne trichilemmale Keratinisierung, eine hyperplastische Epidermis und ein geringgradiges mononukleäres Zellinfiltrat in der oberflächlichen Dermis 8 9 10. Es handelt sich um eine seltene Erkrankung älterer Katzen (>10 Jahre) im Zusammenhang mit Pankreaskarzinomen, Cholangiokarzinomen, hepatozellulären Karzinomen, metastatischen intestinalen Karzinomen, neuroendokrinen Pankreasneoplasien und hepatosplenischen Plasmazelltumoren 8 9 10. Zum Zeitpunkt des klinischen Auftretens der dermatologischen Symptome hat der Tumor bereits metastasiert. Primäre Differenzialdiagnosen sind Dermatophytosen, Demodikose, allergische Dermatosen, Hyperadrenocorticismus, Schilddrüsenerkrankungen (Hyper- und Hypothyreose) und exfoliative Dermatitis. Eine Entfernung des Tumors kann möglich sein, in der Regel hat die FPA aber eine schlechte Prognose.
Exfoliative Dermatitis und Thymom können sich bei Katzen klinisch als eine ausgeprägte diffuse exfoliative Dermatitis darstellen, bei der sich große, flache, trockene Flocken in Schichten von der Haut lösen – ein typischer Befund für diese Erkrankung 11 12 (Abbildung 5). Mit dem Fortschreiten der Erkrankung entwickelt sich eine generalisierte Erythrodermie, und Haare können leicht ausziehbar sein. Die Erkrankung ist nicht pruriginös, es sei denn, es entwickelt sich eine Malassezia-Überwucherung. Betroffene Katzen sind klinisch krank (Anorexie, Depression, Abmagerung). Der Nachweis einer mediastinalen Zubildung (Thoraxröntgen/Thoraxultraschall) stützt die Diagnose, die klinische Dermatitis kann jedoch bereits vor der Diagnose einer mediastinalen Zubildung auftreten. Das große Blutbild und das biochemische Profil liefern variable, aber meist unauffällige Ergebnisse. Die histologischen Befunde der Hautbiopsie umfassen eine ausgeprägte diffuse orthokeratotische Hyperkeratose, eine zellarme Interface-Dermatitis mit hydropischer Degeneration von Basalzellen und Apoptose von Keratinozyten 11 12. Der Pathomechanismus der Dermatose ist unklar, man geht jedoch davon aus, dass es sich um eine Art von Graft-versus-Host-Reaktion handelt, bei der immunreaktive T-Zellen die Haut angreifen. Primäre Ausschlussdiagnosen sind FPA, Dermatophytosen, Erythema multiforme, SLE, KLSA/MF und exfoliative Dermatitis ohne Zusammenhang mit einem Thymom. Die Behandlung der Wahl besteht in der Resektion des Thymustumors.
Exfoliative Dermatitis ohne Thymom 12 ist eine wichtige Differenzialdiagnose für diese Erkrankung, da sie eine bessere Prognose hat und einen anderen therapeutischen Ansatz. Die diagnostische Abklärung ist dieselbe, die Suche einer mediastinalen Zubildung verläuft jedoch negativ, und die Erkrankung spricht gut auf eine immunsuppressive Therapie an (Ciclosporin oder Glucocorticoide).
Endokrine Dermatosen entstehen als Folge eines hormonellen Ungleichgewichts (in der Regel eines Überschusses). Das klassische klinisch-dermatologische Erscheinungsbild ist das einer bilateral symmetrischen Hypotrichose bis hin zur Alopezie, in der Regel ohne Juckreiz 13, obgleich sekundäre Bakterien- oder Hefeinfektionen als Folge einer veränderten Barrierefunktion und Immunantwort durchaus Juckreiz verursachen können. Häufige Ausgangspunkte für entsprechende Endokrinopathien sind die Gonaden, die Nebennieren und die Schilddrüse. Hautveränderungen werden bei diesen Erkrankungen häufig bereits vor dem Auftreten konstitutioneller Symptome festgestellt und sind bei unterschiedlichen zugrundeliegenden hormonellen Veränderungen sehr ähnlich. Das Signalement, ein gründlicher Vorbericht und eine vollständige dermatologische Untersuchung liefern wichtige Kriterien für die Erstellung der Liste der Differenzialdiagnosen. Endokrine Dermatosen können sich klinisch-dermatologisch mit zahlreichen Haut- und Fellveränderungen darstellen, wie zum Beispiel einem trockenen, brüchigen Haarkleid, einer nicht-pruriginösen symmetrischen Alopezie am Rumpf (Kopf und Extremitäten sind oft ausgespart), einem Verlust der Deckhaare („Welpenfell“), symmetrischer Hyperpigmentierung der Haut in den Bereichen des Haarverlustes (kann generalisiert werden), einer Lichenifikation insbesondere in Bereichen mit Friktion, dem Ausbleiben des Nachwachsen des Fells nach dem Scheren und einer schuppig seborrhoischen Dermatose, die trocken oder ölig sein kann 1. Diese Erkrankungen können auch als paraneoplastisch klassifiziert werden, da sie oft die Folge eines durch einen Tumor der entsprechenden Drüse generierten Hormonüberschusses sind. Zu den häufigen Dermatopathien, die solchen endokrinen Erkrankungen klinisch-dermatologisch ähneln können, gehören jegliche chronisch-pruriginösen Erkrankungen, die zu Alopezie, Hyperpigmentierung und Lichenifikation führen können, aber auch eine Malassezia-Dermatitis (chronisch) oder die Auswirkungen eines iatrogenen Hormonüberschusses.
Hyperadrenocorticismus (HAC) oder spontane Cushing-Krankheit führt zu einem Cortisolüberschuss infolge eines Hypophysen- oder Nebennierentumors. Die Erkrankung tritt bei Hunden mittleren bis fortgeschrittenen Alters auf, und Boxer, Pudel, Boston Terrier, Scottish Terrier und Dackel sind überrepräsentiert 13. Überschüssiges Cortisol hat einen signifikanten Effekt auf die Epidermis, die Follikel und die Kollagen- und Elastinproduktion. Mögliche Symptome eines spontan auftretenden HAC sind PU/PD, Hecheln, ausgedünntes Fell, Ekchymosen, kutane Hyperpigmentierung, bilateral symmetrische Alopezie, seborrhoische Dermatitis, dünne hypotone Haut, Komedonen, Muskelatrophie, prominente Hautblutgefäße und ein birnenförmig aufgetriebenes Abdomen (Abbildung 6) (Abbildung 7). Calcinosis cutis kann bei etwa 10 % der betroffenen Patienten entstehen. Begleitend auftreten können eine chronisch rezidivierende oberflächliche Pyodermie, eine generalisierte Demodikose, eine Malassezia-Dermatitis oder Dermatophytosen, die eine supprimierte Immunfunktion widerspiegeln. Weitere potenzielle Auswirkungen eines Cortisolüberschusses sind Diabetes mellitus, rezidivierende Harnwegsinfektionen, akute Pankreatitis und Glomerulonephritis. Bei älteren Katzen kommt Hyperadrenocorticismus nur sehr selten vor, und die möglichen Hautveränderungen umfassen einen symmetrischen Haarverlust, eine dünne fragile Haut, die leicht rupturiert und anfällig ist für Blutergüsse, Aufrollen der Ohrspitzen, Komedonen und prominente Blutgefäße (Abbildung 8). Ein iatrogener HAC kann bei Hunden und Katzen auch als Folge eines therapeutischen Glucocorticoidüberschusses entstehen.
Patricia D. White
Bei der Blutuntersuchung werden häufig verschiedene Anomalien festgestellt 13. Bestätigt wird die Diagnose durch einen ACTH-Stimulationstest oder einen Low Dose Dexamethason Suppressionstest (LDDST). Bei der abdominalen Ultraschalluntersuchung kann ein einseitiger Nebennierentumor mit kontralateraler Nebennierenatrophie auffallen oder beidseitig vergrößerte Nebennieren im Falle eines hypophysenabhängigen HAC.
Einige Patienten haben trotz klassischer dermatologischer HAC-Veränderungen physiologische Cortisolwerte im Bluttest 13 14 15 16 17 18. Für dieses Phänomen gibt es zahlreiche Termini wie Adrenal Hyperplasia-Like Syndrome, Adrenal Sex Hormone Imbalance, Alopezie X oder Pseudo-Cushing, gegenwärtig wird jedoch der Begriff Haarzyklusarrest bevorzugt 16 17. Adulte (2-10 Jahre alt) männliche oder weibliche kastrierte oder intakte Hunde entwickeln einen graduell progredienten, symmetrischen Verlust der Primärhaare bei gleichzeitiger Retention der Sekundärhaare im Bereich von Hals , Rumpf und kaudalen Oberschenkeln unter Aussparung von Kopf, Gesicht und Gliedmaßen (Abbildung 9). Mit der Zeit entwickelt sich eine Alopezie, und die Haut wird hyperpigmentiert, schuppig, trocken und hypoton. Juckreiz tritt selten auf. Überrepräsentierte Rassen sind Zwergspitz, Chow Chow, Keeshond, Samoyede und Pudel, aber auch Mischlinge können betroffen sein. Eine eindeutige Pathogenese konnte bislang nicht definiert werden 14 15, zu den primären Differenzialdiagnosen zählen jedoch die meisten endokrinen Dermatopathien. Verschiedene Behandlungsoptionen werden vorgeschlagen (Melatonin, Mitotan, Trilostan, Phytoöstrogene, Microneedling), das Ansprechen auf die Therapie ist im Einzelfall jedoch nicht vorhersagbar 13 16 17 18 19. Hinzu kommt, dass sowohl Mitotan als auch Trilostan eine Nebennierensuppression hervorrufen können, sodass bei beiden Therapieoptionen besondere Vorsicht geboten ist.
Hyperöstrogenismus (Feminisierungssyndrom) ist die häufigste und schwerwiegendste gonadale hormonelle Imbalanz. Mögliche Ursachen sind zystische Ovarien, ein nicht abgestiegener Hoden oder Hodentumoren, ein Kontakt mit dem Östrogensupplement des Besitzers oder eine Behandlung mit einem östrogenhaltigen Arzneimittel gegen Harninkontinenz. Der Vorbericht ist in vielen Fällen der Schlüssel zur Diagnose. Dermatologische Symptome können lediglich Hinweise in Richtung Diagnose geben und umfassen eine symmetrische Alopezie, kutane Hyperpigmentierung an Hals und Rumpf, seborrhoische Dermatitis und Pruritus infolge von Hefen- oder Bakterienüberwucherung (Abbildung 10). Betroffene Hündinnen können Östrussymptome und eine geschwollene Vulva zeigen.
Sertolizelltumore sind die häufigsten Hodenneoplasien, die einen Östrogenüberschuss bei Hunden hervorrufen. Betroffene Rüden entwickeln Gynäkomastie, ein pendelndes Präputium, eine makulöse Melanose in der Leiste (Abbildung 11), lineare präputiale Pigmentveränderungen, eine präputiale Dermatose und eine Attraktivität für andere Rüden. Da Östrogenüberschuss über eine Knochenmarkssuppression eine lebensbedrohende aregenerative Anämie und eine Thrombozytopenie hervorrufen kann, ist ein großes Blutbild bei Patienten mit entsprechendem Verdacht obligatorisch. Die chirurgische Resektion der Quelle des Östrogenüberschusses ist kurativ unter der Voraussetzung, dass sich noch keine Metastasen gebildet haben.
Immunvermittelte Hauterkrankungen können zahlreiche verschiedene Erscheinungsbilder haben und ein breites Spektrum häufiger Erkrankungen imitieren. Der Schlüssel zur korrekten Diagnose ist auch hier wieder ein gründlicher Vorbericht einschließlich kürzlich und aktuell verabreichter Arzneimittel, Supplemente, Futtermittel und topischer Therapien.
Arzneimittelinduzierte Hautreaktionen (CADR = Cutaneous Adverse Drug Reactions) werden definiert als „negative, schädliche und unerwartete Reaktionen als Folge der Applikation eines Arzneimittels oder als Folge der Wechselwirkung zweier chemischer Substanzen oder Arzneimittel“ 20. Der Pathomechanismus wird grob unterteilt in nicht-immunologisch (Überdosis, Reizreaktion, Arzneimittelwechselwirkung) und immunologisch (autoimmune Antwort oder Antwort auf Fremdantigen), die tatsächliche Pathogenese ist jedoch unbekannt. Effloreszenzen können sich bereits nach einmaliger Applikation oder erst nach multipler Anwendung eines Arzneimittels über Monate oder Jahre entwickeln. Arzneimittelinduzierte Hautreaktionen können nahezu jede andere dermatologische Erkrankung imitieren und sollten bei Verdacht auf eine kutane Manifestation systemischer Erkrankungen immer abgeklärt werden. Wenn die Möglichkeit einer arzneimittelinduzierten Reaktion nicht in Betracht gezogen wird, besteht zum Beispiel die Gefahr, dass ein betroffenes Tier mit einem Vorbericht über eine allergische Erkrankung lediglich mit der Diagnose eines hochgradigen akuten Aufblühens der Allergie nach Hause geschickt wird. Wenn also etwas, was bei einem allergischen Tier bislang immer gewirkt hat, plötzlich nicht mehr wirkt, sollte in jedem Fall die Diagnose überprüft werden.
Eine alters-, rasse- oder geschlechtsbedingte Prädisposition gibt es nicht. Verdächtig als auslösende Ursache ist grundsätzlich jede in jüngster Vergangenheit oder aktuell eingesetzte Medikation, häufig beteiligt sind jedoch Impfstoffe, Sulfonamide, Cephalosporine, Penicilline, Carprofen sowie topisch applizierte Insektizide und Shampoos 20. Auch bestimmte Bestandteile der Nahrung werden verantwortlich gemacht. Dermatologische Befunde sind makulär-papulös-pustulöse Eruptionen, exfoliative Erythrodermie, Depigmentierung, oberflächliche pustulöse Dermatitis mit Krustenbildung, Erytheme, Erosionen und Ulzera an Schleimhäuten und mukokutanen Übergängen, Urticaria und Angioödem sowie alle Schichten erfassende Nekrosen. Die Effloreszenzen entstehen tendenziell vor allem in ventralen Arealen (Achseln, Leisten, Genitalien) (Abbildung 12), an Druckpunkten, an mukokutanen Übergängen und Schleimhäuten und an Extremitäten (Ohrmuscheln, Pfotenballen, Krallenbetten). Ein Vorbericht über akutes Einsetzen und schnelles Fortschreiten der Dermatitis sollte stets Anlass für eine sorgfältige Evaluierung und ein unmittelbares Absetzen jeglicher Medikation geben. Eine arzneimittelinduzierte Reaktion kann auf die Haut beschränkt sein oder multiple Organe umfassen.
Erythema multiforme (EM) und toxische epidermale Nekrolyse (TEN) sind die beiden hochgradigsten und schwerwiegendsten Erscheinungsbilder von Arzneimitteleruptionen. Man geht davon aus, dass es sich beim EM bei Hunden um eine wirtsspezifische, zellvermittelte Hypersensibilitätsreaktion gegen einen antigenen Stimulus handelt 20. Klinisch stellt sich ein EM mit erythematösen, flachen oder erhabenen Makula mit zentraler Verblassung dar, die sich peripher ausbreiten und koaleszieren können zu annulären bis serpiginösen Mustern, mit oder ohne oberflächlich anhaftende Krusten (Abbildung 12). Die Effloreszenzen können im Bereich der Achseln und Leisten, der Maulhöhle, mukokutaner Übergänge, Ohrmuscheln und Pfotenballen entstehen. Orale und mukokutane Effloreszenzen sind erythematös bis vesikulobullös bis ulzerös. Einige Patienten sind febril, moribund und anorektisch. Die Diagnose erfordert eine Hautbiopsie einer nicht-ulzerösen Effloreszenz in einer intakten Epidermis. Histologische Befunde bei EM umfassen eine zellreiche Interface-Dermatitis und apoptotische Keratinozyten.
TEN ist eine seltene, lebensbedrohende, ulzeröse und vesikulobullöse Erkrankung der Haut, der Schleimhäute und der Maulhöhle, meist hervorgerufen durch eine arzneimittelinduzierte Reaktion 20. Es kommt zu akutem Einsetzen von Fieber, Inappetenz und Lethargie, begleitend zu den Hauteruptionen, die einen großen Bereich des Körpers abdecken können. Bereits routinemäßiges Handling der Haut kann zu Abschilferungen führen (Abbildung 13) (Abbildung 14). Histologische Befunde umfassen eine tiefe, alle Schichten erfassende Nekrose der Epidermis, ein minimales dermales entzündliches Zellinfiltrat, und eine dermoepidermale Separation mit Bildung subepidermaler Vesikel.
Die Therapie von Arzneimitteleruptionen besteht in der Identifizierung und Beseitigung der Ursache, einer Behandlung mit Immunsuppressiva (Glucocorticoide, Ciclosporin) und immunmodulatorischen Arzneimitteln (Niacinamid, Pentoxifyllin) und geeigneten unterstützenden Pflegemaßnahmen. Geringgradigere Formen können ohne weitere Therapie innerhalb weniger Wochen abheilen, die höhergradigen Formen erfordern dagegen eine aggressive Behandlung.
Pemphigus foliaceus (PF) ist die häufigste Autoimmunkrankheit bei Hunden und Katzen. Die Erkrankung gilt zwar allgemein als idiopathisch, sie tritt aber auch als Folge topischer Pestizide und Arzneimittel sowie als paraneoplastische Erkrankung auf 20 21 22 23 24. Die differenzialdiagnostische Abgrenzung zwischen idiopathischem PF und arzneimittelinduzierter oder paraneoplastischer Erkrankung erfordert einen vollständigen und gründlichen Vorbericht. Diese Unterscheidung diktiert letztlich auch die Art und Dauer der Behandlung. Beim PF handelt es sich um eine pustulöse und krustöse Erkrankung an Kopf, Gesicht, Ohren und Pfoten. Die primären Differenzialdiagnosen sind Pyodermie, Demodikose und Dermatophytosen sowie Allergien mit sekundärer Infektion (Abbildung 15). Darüber hinaus können nasale und mukokutane Ulzera und Depigmentierungen auftreten, sodass die Liste der Differenzialdiagnosen erweitert werden muss um andere Pemphigusformen, diskoiden Lupus erythematosus, Arzneimitteleruptionen, KLSA, SLE, NME und Leishmaniose. Bestätigt wird die Diagnose letztlich anhand des pathognomonischen histopathologischen Befundes der Bildung subcornealer und intracornealer Pusteln, die akantholytische Zellen enthalten. Paraneoplastischer Pemphigus (PNP) weist den einzigartigen Befund intraepidermaler Pusteln mit akantholytischen Zellen ähnlich wie bei PF auf, kombiniert mit suprabasaler Spaltung wie beim Pemphigus vulgaris und intraepidermaler Apoptose wie beim Erythema multiforme. Diese Trias histopathologischer Befunde rechtfertigt die Suche nach einer verborgenen Neoplasie. Beschrieben wird PNP bei drei Hunden im Zusammenhang mit einem Thymom, einem Thymuslymphom und einem Milzsarkom sowie bei einer Katze mit lymphozytärem Thymom 25. Der Nachweis einer konkreten Ätiologie ist vor allem für die Therapie wichtig, da das Beseitigen der primären Ursache zu einer permanenten Resolution der klinischen Symptome führen kann.
Nirgends in der Veterinärdermatologie ist ein gründlicher Vorbericht so wichtig wie bei kutanen Manifestationen systemischer Erkrankungen (KMSE). Praxisinterne diagnostische Tests schließen das Offensichtliche aus (Parasiten, Dermatophytosen, Pyodermie, Malassezia) und geben dem Tierarzt die Möglichkeit, spezifische Effloreszenzen zu behandeln, während eine initiale Liste von Differenzialdiagnosen erstellt wird. Das Erkennen typischer Hautmarker kann schließlich zur Ursache führen. Eine KMSE sollte immer dann in Betracht gezogen werden, wenn ein Patient nicht auf eine logische, problemorientierte Therapie anspricht. In dieser Situation ist es zweifellos an der Zeit, innezuhalten und die Diagnose kritisch zu überprüfen. Entscheidend sind dabei eine erneute Betrachtung des Vorberichts und eine gewissenhafte Überprüfung der Diagnostik, um das fehlende Puzzle-Teil zu finden. Sobald die Diagnose sicher feststeht, ist die Behandlung meist relativ klar und unkompliziert.
Patricia D. White
Dr. White erhielt ihre Approbation als Tierärztin an der Tuskegee University’s Veterinary School. Nach Abschluss einer Residency im Bereich Dermatologie Mehr lesen
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