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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 33.3 Verhalten

Kognitive Dysfunktion bei Hunden

veröffentlicht 26/01/2024

Geschrieben von Beverley M. Wilson und Daniel S. Mills

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español , English und Українська

Canine „Demenz“ tritt immer häufiger auf, da unsere Kleintierpopulation immer älter wird. In diesem Artikel werden die Symptome, die Differentialdiagnosen und die Behandlung solcher Fälle beleuchtet.

Es muss abgeklärt werden, ob ein Hund mit möglichen Symptomen einer CCD andere Probleme hat

Kernaussagen

Canine kognitive Dysfunktion (CCD) ist ein häufiges Problem bei älteren Hunden, das jedoch behandelt werden kann, um das Wohlbefinden von Patienten und Besitzern zu verbessern.


Eine frühzeitige Diagnose mit frühzeitiger Intervention ist der Schlüssel zu einer besseren Prognose bei CCD.


Viele Erkrankungen können eine CCD imitieren. Bei der Beurteilung potenzieller Verdachtsfälle muss deshalb eine ganze Reihe von Differentialdiagnosen und Komorbiditäten berücksichtigt werden.


Die nachweislich wirksamste Therapie bei CCD ist eine Kombination mehrerer Managementoptionen wie Umweltmodifikationen oder Ernährungsumstellungen und Nutrazeutika.


Einführung in die CCD

Bei der caninen kognitiven Dysfunktion (CCD) handelt es sich um eine bei geriatrischen Hunden auftretende Form der Demenz 1. Eine Heilung ist nicht möglich, bei frühzeitiger Diagnose und zeitnaher Intervention können die klinischen Symptome jedoch gemanagt und die Prognose verbessert werden 2,3. Wahrscheinlich kommt die Erkrankung häufiger vor, als allgemein angenommen wird 4, da Besitzer und Besitzerinnen betroffener Hunde die Symptome oft als Teil des normalen Alterungsprozesses ansehen und/oder glauben, diese Symptome seien nicht behandelbar 5, und ihre Beobachtungen und Bedenken daher gar nicht mit ihrem Tierarzt oder ihrer Tierärztin teilen 1. In der Tat wird geschätzt, dass zwischen 22,5 und 68 % der älteren Hunde mindestens ein Symptom einer kognitiven Dysfunktion aufweisen 1,3,6, auch wenn dies nicht zwangsläufig bedeutet, dass sie tatsächlich unter CCD leiden, da die gezeigten Symptome auch mit anderen Problemen zusammenhängen können, zum Beispiel mit chronischen Schmerzen. Vor diesem Hintergrund ist die CCD als eine wichtige Erkrankung zu betrachten, die praktische Tierärzte und Tierärztinnen bei Patienten mit dem entsprechenden Signalement stets im Fokus haben müssen, und die proaktiv mit Besitzern und Besitzerinnen besprochen werden sollte, um die Gesundheit und das Wohlbefinden älterer Hunde zu erhalten bzw. zu verbessern (Abbildung 1). Dieser Artikel befasst sich mit den Schlüsselsymptomen, der Diagnose und den Differenzialdiagnosen bei CCD und erörtert Behandlungsmöglichkeiten sowie die Prognose.

Besitzer können der Auffassung sein, ihr Hund zeigt einfach nur Anzeichen eines normalen Alterungsprozesses

Abbildung 1. Besitzer können der Auffassung sein, ihr Hund zeigt einfach nur Anzeichen eines normalen Alterungsprozesses. Bei jeder Konsultation sollten wir deshalb proaktiv auf etwaige Symptome einer möglichen CCD hinweisen.
© Shutterstock

Klinisches Bild und Ätiologie 

Die CCD ist eine Erkrankung des höheren Lebensalters und tritt daher bei geriatrischen Patienten auf. In der Regel wird eine CCD ab einem Alter von 11 Jahren diagnostiziert, dies variiert jedoch je nach Größe des Hundes und nach rassetypischer Lebenserwartung. Einige Studien berichten, dass die Diagnose CCD bei Hündinnen mit höherer Wahrscheinlichkeit gestellt wird 1. Einer anderen Untersuchung zufolge sollen kastrierte Rüden und kleinere Hunde jedoch eher dazu neigen, klinische Symptome von CCD zu zeigen, und bei kastrierten Hunden kann sich der Zustand insgesamt schneller verschlechtern 6.

Die Verhaltenssymptome der CCD werden häufig mit dem Akronym DISHA beschrieben 7 (Tabelle 1), aber auch die Akronyme DISHAA und DISHAAL können verwendet werden, wobei das zusätzliche A für „Angst“ oder „Apathie“ steht und das zusätzliche L für „Lernen“ 7,8. Unabhängig vom letztlich bevorzugten Akronym, muss berücksichtigt werden, dass in vielen Fällen umfassendere emotionale Probleme vorliegen können, die mit dem Temperament des Hundes, der Stimmung und unmittelbaren emotionalen Reaktionen zusammenhängen, wie z. B. depressive Zustände, eine geringe Frustrationstoleranz oder ein erhöhtes Aufmerksamkeitsbedürfnis, zusätzlich zu den klassischeren Vermeidungsreaktionen im Zusammenhang mit Angst. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die klassischen Symptome nach dem DISHA-Prinzip und führt wichtige Differenzialdiagnosen an. Die in den Anfangsstadien beschriebenen Symptome variieren erheblich und lassen kein einheitliches Muster erkennen 9, so dass die Frühdiagnose dieser Erkrankung eine große Herausforderung darstellen kann. Da es sich bei der CCD jedoch um eine progressive Erkrankung handelt, sind im Laufe der Zeit häufig weitere Symptome zu beobachten. Diese Patienten müssen deshalb ab dem Auftreten der ersten verdächtigen Symptome sorgfältig überwacht werden, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch keine Diagnose gestellt wird. In der Tat nehmen viele Besitzer und Besitzerinnen betroffener Hunde erst dann tierärztliche Hilfe in Anspruch, wenn bestimmte Symptome entweder für den Hund oder für sie selbst zum Problem werden. Dazu gehören beispielsweise der plötzliche Verlust eines zuvor üblichen Verhaltens (z. B. erfolgreicher Rückruf, wenn der Hund nicht angeleint ist), Unsauberkeitsprobleme (Abbildung 2), eine deutlich reduzierte Aktivität, reduzierte Interaktionen mit den Besitzern oder Besitzerinnen oder vermehrtes nächtliches Aufwachen. Das Hauptaugenmerk von Besitzern oder Besitzerinnen liegt in diesen Fällen zwar auf dem vordergründigen Verhaltensproblem, es muss aber berücksichtigt werden, dass aufgrund der potenziellen Rolle zugrundeliegender neurodegenerativer Veränderungen im Zusammenhang mit der CCD eine insgesamt deutlich komplexere Problematik vorliegen kann. Die wichtige Rolle einer sorgfältigen und detaillierten Anamnese kann an dieser Stelle nicht deutlich genug betont werden, da sich viele Besitzer wichtiger Symptome gar nicht bewusst sind oder nicht wissen, dass diese Symptome behandelt werden können, und oft annehmen, dass die beobachteten Veränderungen ein normaler Bestandteil des unvermeidlichen Alterungsprozesses sind. Spezielle Gesundheitschecks für Senior-Hunde und übliche Routineuntersuchungen (z. B. für Impfungen) sind gute Gelegenheiten, um Besitzer und Besitzerinnen proaktiv nach Symptomen einer möglichen CCD zu fragen.

Tabelle 1.Kardinalsymprome der CCD mit Beispielen und häufigen Differenzialdiagnosen.

Kardinalsymptom (DISHA) Beispiele Differenzialdiagnosen
Desorientierung
  • Erscheint verloren an vertrauten Orten
  • Verlust des Hörvermögens/Sehvermögens
  • Schwierigkeiten mit Hindernissen - z. B. geht an die falsche Seite der Tür oder kann nicht um Möbel herumgehen 
  • Mobilitätsprobleme - z. B. Osteoarthritis
  • Verlust des Sehvermögens
Veränderte Interaktionen in Relation zu sozialen Reizen
  • Vermehrter Kontakt mit Besitzer/Besitzerin
  • Schmerzen (z. B. Osteoarthritis)
  • Endokrinopathie (z. B. Hypothyreose)
  • Lebererkrankung
  • Neurologisches Problem (z. B. raumfordernde Läsion)
  • Bluthochdruck
  • Sozialer Rückzug
  • Konflikte oder reduzierte Interaktionen mit anderen Tieren im Haushalt
Schlaf/Wach- Veränderungen
  • Nächtliches Aufwachen
  • Schmerzen
  • Endokrinopathie
  • Ursachen der PU/PD 
  • Lebererkrankung
  • Anämie
  • Lethargie tagsüber

House soiling“

Unsauberkeitsprobleme

  • Kot-/Harnabsatz über Nacht
  • Änderung des Ortes für Kot-/Harnabsatz
  • Schmerzen (z. B. kann früher genutzten Bereiche nicht mehr erreichen)
  • Lebererkrankung
  • Nierenerkrankung 
  • Endokrinopathie/andere Ursachen einer PU/PD
Änderungen des Aktivitätsniveaus
  • Pacing (hin und her laufen, im Kreis drehen)
  • Stereotype Verhaltensweisen
  • Erhöhte/verringerte Aktivität
  • Neurologisches Problem (z. B. raumfordernde Läsion)
  • Schmerzen
  • Lebererkrankung
  • Bluthochdruck

Die CCD wird unter anderem auch als Modell für die Alzheimer-Krankheit bei Menschen verwendet, und so ist es nicht verwunderlich, dass die Pathologie dieser Erkrankung ausgiebig untersucht wurde 10. Zu den nachgewiesenen Veränderungen im Gehirn von Hunden mit CCD gehören eine verringerte Hirnmasse, ein verringertes Volumen des Frontallappens, eine kortikale Atrophie, eine verringerte Neuronendichte, eine erhöhte Ventrikelgröße und vermehrte Beta-Amyloid-Plaques 7. Beim Menschen mit Alzheimer-Krankheit werden auch Fibrillen aus Tau-Protein festgestellt, diese pathologische Veränderung ist typischerweise aber eher bei Katzen zu finden (die aber wiederum keine Amyloid-Plaques aufweisen, wie sie bei Menschen und Hunden zu finden sind). In Anbetracht der Irreversibilität der beschriebenen Läsionen und der unzureichenden Kenntnis ihrer kausalen Bedeutung, wird die Pathologie an dieser Stelle nicht weiter erörtert. 

Der plötzliche Verlust eines zuvor gezeigten Verhaltens, wie z. B. im Zusammenhang mit Unsauberkeitsproblemen, kann ein Symptom für zugrundeliegende neurodegenerative Veränderungen in Verbindung mit CCD sein

Abbildung 2. Der plötzliche Verlust eines zuvor gezeigten Verhaltens, wie z. B. im Zusammenhang mit Unsauberkeitsproblemen, kann ein Symptom für zugrundeliegende neurodegenerative Veränderungen in Verbindung mit CCD sein.
© Shutterstock

Diagnose der CCD

Canine kognitive Dysfunktion ist eine Ausschlussdiagnose, und einen endgültigen diagnostischen Ante-mortem-Test gibt es nicht. Eine Verdachtsdiagnose wird zunächst auf Basis der Angaben des Besitzers gestellt und natürlich auf der Grundlage eines differenzialdiagnostischen Ausschlusses anderer Erkrankungen, die für die vorliegenden klinischen Symptome verantwortlich sein könnten 4. Angesichts der vielfältigen und variablen klinischen Symptome dieser Patienten gibt es eine Vielzahl möglicher Differentialdiagnosen, die systematisch ausgeschlossen werden müssen (Tabelle 1). Von ganz zentraler Bedeutung für die klinische Verdachtsdiagnose einer CCD sind von den Besitzern eingeholte Informationen und zur Unterstützung dieses anamnestischen Prozesses in Sachen Schnelligkeit, Konsistenz und Vollständigkeit stehen verschiedene Screening-Fragebögen zur Verfügung 11. Einige dieser Fragebögen können vom Besitzer selbständig bearbeitet werden, wie z. B. die Canine Cognitive Dysfunction Rating Skala (CCDR) 12, die dem Besitzer vor dem Untersuchungstermin zum Ausfüllen ausgehändigt und dann gemeinsam in der Sprechstunde besprochen wird (siehe Box 1). Andere Fragebögen können während der Konsultation ausgefüllt werden, wie z. B. der ARCAD-Score (Age-related Cognitive and Affective Disorders Score) 13.

Box 1. Canine Cognitive Dysfunction Rating (CCDR) Skala (angepasst aus 12).

• WAS IST KOGNITIVE DYSFUNKTION BEI HUNDEN?

 

Die kognitive Dysfunktion bei Hunden (CCD) oder „Hundedemenz“ ist ein altersbedingtes Syndrom, das sich in Form von Verhaltensänderungen äußert. Betroffen sind in der Regel Hunde im Alter von über 8 Jahren, obwohl die Erkrankung im höheren Alter häufiger vorkommt. Schätzungen zufolge sind über 30 % der Hunde im Alter von über 14 Jahren betroffen. Zu den Verhaltensweisen, die von der Erkrankung beeinflusst sein können, gehören:

  • Schlaf- und/oder Aktivitätsmuster
  • Nahrungs- und Trinkwasseraufnahme
  • Räumliches Bewusstsein und Orientierung
  • Lernen und Gedächtnis

• WIE SIE FESTSTELLEN, OB IHR HUND CCD HAT

 

Der CCDR ist ein Hilfsmittel zur Beurteilung Ihres Hundes, mit dem sich mögliche Symptome einer CCD feststellen lassen. Liegt bei Ihrem Hund eine ausreichende Anzahl von Symptomen in ausreichendem Schweregrad vor, so kann dies ein Hinweis darauf sein, dass Ihr Hund an CCD erkrankt ist. Es muss aber immer daran gedacht werden, dass auch Erkrankungen anderer Körpersysteme ähnliche Symptome verursachen können. Ihr Hund sollte von einem Tierarzt oder einer Tierärztin gründlich untersucht werden, damit eine endgültige Diagnose gestellt werden kann.

• DER CCDR-FRAGEBOGEN

 

Wählen Sie für jede Frage des CCDR-Fragebogens die am besten zutreffende Antwort aus, indem Sie diese in dem vorgesehenen Feld ankreuzen. Kreuzen Sie nur EINE Antwort pro Frage/Zeile an. Versuchen Sie, jede Frage nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten, basierend auf dem aktuellen Verhalten Ihres Hundes oder auf Verhaltensänderungen in den letzten 6 Monaten. 

WICHTIG: Wenn Ihr Hund ein Verhalten aktuell nicht zeigt und dieses vor 6 Monaten noch nie gezeigt hat, wählen Sie bei den entsprechenden Fragen zur Veränderung die Antwort UNVERÄNDERT.

Um den CCDR-Score Ihres Hundes zu ermitteln, tragen Sie die Zahl für die von Ihnen gewählte Antwortspalte in die Score-Box rechts neben jeder Frage ein. Zum Beispiel: Wenn Ihr Hund „einmal in der Woche“ die Wände oder den Boden ausdruckslos anstarrt, erhält er für diese Frage 3 Punkte. Wenn neben der Punktzahl ein x2 oder x3 steht, müssen Sie die Punktzahl für die von Ihnen gewählte Antwortspalte mit zwei oder drei multiplizieren, um den endgültigen Score zu erhalten. Zum Beispiel: Wenn Ihr Hund vertraute Personen oder Haustiere „etwas mehr“ als vor 6 Monaten nicht erkennt, erhält er 4 Punkte für diese Spalte, und dieser Wert wird dann mit 3 multipliziert, so dass für diese Frage die Endpunktzahl 12 erreicht wird. 

 

• DAS ERGEBNIS

 

Zum Schluss addieren Sie alle Scores, um die Summe zu erhalten. Wenn Ihr Hund einen Gesamt-Score von 50 oder höher erreicht, besteht das Risiko, dass er an CCD erkrankt ist, und Sie sollten dies mit Ihrem Tierarzt oder Ihrer Tierärztin abklären. Wenn der Gesamt-Score zwischen 40 und 50 liegt, sollten Sie Ihren Hund in 6 Monaten erneut mit der CCDR-Skala beurteilen, um festzustellen, ob sich etwas verändert hat.

 

 

 

  1 2 3 4 5   SCORE
  Nie Einmal pro Monat  Einmal pro
Woche
Einmal pro 
Tag
Mehrmals pro Tag     
Wie oft geht Ihr Hund auf und ab, läuft im Kreis und/oder wandert ziellos umher?              
Wie oft starrt Ihr Hund mit leerem, ausdruckslosem Blick an Wände oder auf den Boden?              
Wie oft bleibt Ihr Hund vor einem Gegenstand stehen und ist nicht in der Lage, darum herum zu gehen?              
Wie oft erkennt Ihr Hund bekannte Menschen oder Haustiere nicht?              
Wie oft läuft Ihr Hund gegen Wände oder Türen?              
Wie oft läuft Ihr Hund weg, wenn er gestreichelt wird, oder um dies zu vermeiden?              
 
  Nie In 1-30 % der Fälle In 31-60 % der Fälle In 61-99 % der Fälle Immer    
Wie oft hat Ihr Hund Schwierigkeiten, auf den Boden gefallenes Futter zu finden?              
 
  Viel weniger Etwas weniger  Unverändert Etwas mehr Viel mehr    
Im Vergleich zu der Zeit vor 6 Monaten, wie oft läuft Ihr Hund jetzt auf und ab und/oder im Kreis und/oder wandert ziellos umher?              
Im Vergleich zu der Zeit vor 6 Monaten, wie oft starrt Ihr Hund jetzt ausdruckslos und mit leerem Blick auf Wände oder den Boden?              
Im Vergleich zu der Zeit vor 6 Monaten, wie oft setzt Ihr Hund jetzt Harn und/oder Kot in Bereichen ab, in denen er dies zuvor nicht tat? (Wenn Ihr Hund noch nie Unsauberkeitsprobleme gezeigt hat, kreuzen Sie „unverändert“ an)              
Im Vergleich zu der Zeit vor 6 Monaten, wie oft hat Ihr Hund jetzt Schwierigkeiten, auf den Boden gefallenes Futter zu finden?            x2   
Im Vergleich zu der Zeit vor 6 Monaten, wie oft erkennt Ihr Hund jetzt bekannte Menschen oder Tiere nicht mehr?            x3   
 
  Viel mehr Etwas mehr  Unverändert Etwas weniger Viel weniger    
Im Vergleich zu der Zeit vor 6 Monaten, wie aktiv ist Ihr Hund jetzt?              
          SUMME    

Nach der Erfahrung der Autoren ist die CCDR-Skala einfach anzuwenden und kann Besitzern zum Ausfüllen zu Hause mitgegeben werden, wenn aufgrund erster Hinweise bei einer Konsultation (z. B. bei der Anamnese im Rahmen einer routinemäßigen Auffrischungsimpfung), der Verdacht einer CCD im Raum steht. Diese Fragebögen geben dem Besitzer die Möglichkeit, über das Altern seines Tieres nachzudenken, und öffnen Türen für eine proaktive geriatrische Versorgung dieser Patienten. 

Vor dem Hintergrund, dass die CCD wahrscheinlich unterdiagnostiziert ist, und mit subtilen, aber fortschreitenden klinischen Symptomen einhergehen kann, wird empfohlen, Besitzer geriatrischer Hunde alle sechs Monate einen geeigneten Fragebogen ausfüllen zu lassen. Dies ermöglicht das frühzeitige Erkennen einer möglichen CCD und damit auch eine frühzeitige Intervention, die wiederum die Chancen auf bessere Behandlungsergebnisse erhöht 12, insbesondere, weil auf diese Weise besser zwischen einem „normalen“ altersbedingten kognitiven Abbau und einer pathologischen kognitiven Dysfunktion unterschieden werden kann.

Neben dem Vorbericht und den Angaben der Besitzer ist es wichtig, mögliche Differenzialdiagnosen abzuklären. Die Wahl der diagnostischen Tests hängt in erster Linie von den im Einzelfall vorliegenden klinischen Symptomen ab, und stets muss daran gedacht werden, dass Komorbiditäten in dieser Patientenpopulation häufig vorkommen. Nach Ausschluss anderer Differenzialdiagnosen kann schließlich die Verdachtsdiagnose einer CCD gestellt werden. Wird das klinische Bild durch begleitende Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen verschleiert oder unklar, müssen sich Tierarzt oder Tierärztin auf ihr klinisches Urteilsvermögen verlassen, und etwaige diagnostische Unsicherheiten müssen dem Besitzer oder der Besitzerin sorgfältig erläutert werden. Die Kriterien für eine CCD-Diagnose sollten immer dann erneut überprüft werden, wenn sich ein Patient mit entsprechenden klinischen Symptomen unter der Therapie nicht wie erwartet bessert oder stabilisiert oder wenn es sogar zu einer plötzlichen Verschlechterung bzw. einem unerwarteten Fortschreiten der Symptome kommt. Zudem sollte in CCD-Fällen immer auch eine mögliche Beteiligung unabhängiger Erkrankungen mit einem ähnlichen Muster von Veränderungen in Betracht gezogen werden. Wenn sich beispielsweise bei einem Hund mit CCD-Diagnose die erwartete Besserung unter der Therapie nicht einstellt, sollte abgeklärt werden, ob weitere Faktoren beteiligt sein könnten. Diese Fälle sollten dann erneut diagnostisch aufgerollt werden zur Abklärung möglicher weiterer zugrundeliegender Probleme wie chronische Schmerzen, die die beobachteten CCD-Symptome imitieren oder zusätzlich verstärken könnten. 

Beverley M. Wilson

Die canine kognitive Dysfunktion ist eine Ausschlussdiagnose, und einen endgültigen diagnostischen Ante-mortem-Test gibt es nicht.

Beverley M. Wilson

Häufige Differenzialdiagnosen für CCD

Es gibt zahlreiche Erkrankungen mit einem der CCD ähnlichen klinischen Erscheinungsbild, und bei jedem Hund mit Verdacht auf kognitive Dysfunktion muss zunächst jede dieser Differenzialdiagnosen abgeklärt werden. 

Schmerzen

Chronische Schmerzen können viele Symptome einer CCD imitieren, einschließlich veränderter sozialer Interaktionen, Schlaf-/Wachzyklen, Unsauberkeitsprobleme und reduziertes Aktivitätsniveau. So kann zum Beispiel ein Hund, der sich vermehrt zurückzieht und weniger Lust zeigt, mit der Besitzerin oder anderen im Haushalt lebenden Tieren zu interagieren, unter osteoarthritischen Schmerzen leiden und daher nur ungern oder langsam aufstehen (Abbildung 3); zudem kann dieser Hund mehr Zeit im Liegen verbringen oder weniger bereit sein, mit anderen Hunden im Haushalt zu interagieren und zu spielen, da sich seine Beschwerden durch diese Aktivitäten verschlimmern würden. In einigen Fällen kann es zu plötzlichem Auftreten von aggressivem Verhalten zwischen Hunden kommen, wenn der unter Schmerzen leidende Hund versucht, entsprechende Interaktionen zu verhindern und abzuwehren. Chronische Schmerzen können schwer zu erkennen sein, insbesondere dann, wenn der betroffene Hund noch in der Lage ist, an einigen normalen Aktivitäten teilzunehmen (z. B. am täglichen Ausführen, da die unmittelbare Motivation, spazieren zu gehen, zumindest kurzfristig jegliche Schmerzen überwiegt). Bei der klinischen Untersuchung zeigen diese Patienten oft keine offensichtlichen Symptome - eine weitere diagnostische Herausforderung. Bei Hunden mit Verdacht auf Schmerzen empfiehlt sich im Allgemeinen eine analgetische Versuchsbehandlung über einen Zeitraum von mindestens vier bis sechs Wochen, um die mögliche Rolle chronischer Schmerzen zu evaluieren. Besitzer und Besitzerinnen müssen darauf hingewiesen werden, dass die Reaktion auf eine analgetische Versuchsbehandlung typischerweise langsam und möglicherweise subtil erfolgen kann. Ein Verhaltenstagebuch kann in diesen Fällen von unschätzbarem Wert sein, um diese Veränderungen zu erfassen und zu dokumentieren. In einigen Fällen kann eine graduelle Verschlechterung des Zustandes nach dem Absetzen der analgetischen Versuchsbehandlung das einzige Symptom sein, das einen Verdacht auf Schmerzen stützen würde. 

Ein Hund, der sich immer mehr zurückzieht und lange Zeit im Liegen verbringt, könnte eine CCD haben, er könnte aber auch unter osteoarthritischen Schmerzen leiden

Abbildung 3. Ein Hund, der sich immer mehr zurückzieht und lange Zeit im Liegen verbringt, könnte eine CCD haben, er könnte aber auch unter osteoarthritischen Schmerzen leiden.
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Veränderungen des Hörens, Sehens und Riechens

Die Symptome bei Hör-, Seh- und Geruchsverlust können einigen der DISHA-Kriterien ähneln 14. So kann ein Hund mit eingeschränktem Sehvermögen z. B. körperliche Bewegung verweigern, bei Spaziergängen näher bei seinen Besitzern oder Besitzerinnen bleiben oder desorientiert wirken (Abbildung 4). Eine gründliche klinische Untersuchung und ein Vorbericht, der speziell auch diese sensorischen Bereiche berücksichtigt, können dazu beitragen, die mögliche Rolle veränderter Sinnesleistungen zu beurteilen. 

ob ein Hund mit möglichen Symptomen einer CCD andere Probleme hat, die teilweise oder ganz für die Symptomatik verantwortlich sein könnten

Abbildung 4. Es muss abgeklärt werden, ob ein Hund mit möglichen Symptomen einer CCD andere Probleme hat, die teilweise oder ganz für die Symptomatik verantwortlich sein könnten. Zum Beispiel kann ein Hund mit eingeschränktem Sehvermögen anfangen, bei Spaziergängen vermehrt in der Nähe seines Besitzers zu bleiben.
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Systemische Erkrankungen

Erkrankungen zahlreicher wichtiger Organe und Organsysteme können ebenfalls Symptome hervorrufen, die eine CCD imitieren. So kann beispielsweise ein vermindertes Aktivitätsniveau auf eine Dysfunktion des kardiovaskulären, respiratorischen, renalen oder endokrinen Systems zurückzuführen sein. Wichtig ist also, dass man den Einzelfall nicht mit einer vorgefassten Meinung über die mögliche Ursache angeht. Wenn ein betroffener Hund das entsprechende Alter aufweist, muss die mögliche Rolle der CCD stets neben diesen anderen Erkrankungen in Betracht gezogen werden. In diesen Fällen sollten geeignete diagnostische Tests durchgeführt werden, um Faktoren, die zu den beobachteten Symptomen beitragen könnten, systematisch ein- oder auszuschließen.

Normaler kognitiver Abbau

Bei Hunden kommt es wie bei Menschen als Teil des normalen Alterungsprozesses zu einer Abnahme der kognitiven Fähigkeiten. Die oben beschriebenen Fragebögen helfen bei der Unterscheidung zwischen kognitivem Abbau und kognitiver Dysfunktion 12. Bei einigen Hunden bleibt es beim „normalen“ kognitiven Abbau, während andere Hunde Symptome einer pathologischen Dysfunktion entwickeln. Daher ist es wichtig, diese Fragebögen alle sechs Monate oder bei Bedarf auch häufiger auszufüllen, um Symptome einer Dysfunktion frühzeitig erkennen zu können.

Daniel S. Mills

Bei der caninen kognitiven Dysfunktion handelt es sich um eine fortschreitende Erkrankung, und Vorhersagen zum Ansprechen auf die Behandlung oder zur Progressionsrate der Erkrankung können schwierig sein.

Daniel S. Mills

Management und Behandlungsoptionen

Eine CCD ist zwar nicht heilbar, frühzeitige therapeutische Interventionen können aber dazu beitragen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität des Hundes und damit auch die Lebensqualität des Halters oder der Halterin zu verbessern 15,16. Die Behandlungsoptionen umfassen Arzneimittel, Nutrazeutika und die Diätetik sowie Umwelt- und Verhaltensmodifikationen. Studien zeigen, dass eine Kombination aus Umweltmodifikationen und Diätetik/Nutrazeutika am wirksamsten ist 17. Tabelle 2 gibt einen Überblick über gängige im Handel erhältliche Behandlungsmethoden, für deren Wirksamkeit veröffentlichte Nachweise vorliegen.

Je nach Indikation kann darüber hinaus eine symptomatische Behandlung für bestimmte klinische Symptome erforderlich sein. Wenn beispielsweise ein Hund mit vermehrtem nächtlichem Aufwachen zu kämpfen hat, obwohl alle anderen beschriebenen Symptome mit Hilfe diätetischer Modifikationen und Umweltmodifikationen gut in den Griff zu bekommen sind (und Komorbiditäten ausgeschlossen wurden), könnten zusätzlich folgende Maßnahmen in Betracht gezogen werden: 

  • Festlegung einer abendlichen Routine zur Förderung eines ruhigen Zustands, z. B. abendliches Spazierengehen und Füttern sowie Schließen der Vorhänge zur Reduzierung von Licht und/oder Geräuschen.
  • Arzneimittel, die den Schlaf entweder direkt oder als positive „Nebenwirkung“ fördern (z. B. Chlorphenamin oder Melatonin).

In solchen Fällen ist es wichtig, sehr eng mit dem Besitzer oder der Besitzerin zu kooperieren, um die problematischen Verhaltensweisen zu besprechen. Da in solchen Fällen wie bei jeder chronischen Erkrankung die Gefahr besteht, dass Besitzer und Besitzerinnen die Behandlung per se und/oder das Ausbleiben einer Besserung der klinischen Symptome als frustrierend und ärgerlich empfinden, ist eine von Empathie geprägte Herangehensweise hilfreich. Von ganz entscheidender Bedeutung ist zudem eine gute Kommunikation über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten, da Besitzer und Besitzerinnen verstehen müssen, dass sich die klinischen Symptome wahrscheinlich nicht vollständig zurückbilden werden, sondern das therapeutische Ziel vielmehr darin besteht, die Geschwindigkeit des Fortschreitens zu verringern und spezifische Symptome je nach Notwendigkeit gezielt zu behandeln. Wichtig ist darüber hinaus eine sorgfältige Aufklärung über die potenziellen Risiken und Vorteile jeder einzelnen Behandlungsoption, insbesondere in Hinblick auf mögliche begleitende gesundheitliche Probleme, die insbesondere bei älteren Patienten häufig vorhanden sein können.

Tabelle 2. Kommerziell verfügbare Behandlungsoptionen für die CCD.

Behandlungskategorie Behandlungsziel/-zweck und erwartetes Outcome
Arzneimittel Selegilin Nachweisliche Verbesserung der klinischen Symptome und Verbesserung von Lernen und Gedächtnis; 15, 18
Propentofyllin Verbesserung von mentaler Abgestumpftheit, Lethargie und Verhalten; Verbesserung einiger CCD-Symptome, aber einige Literaturquellen weisen darauf hin, dass keine Wirkung beobachtet wird 19
Ernährung (Antioxidantien, mitochondriale enzymatische Cofaktoren) Reduziert nachweislich den kognitiven Abbau; verringert die Geschwindigkeit der Verschlechterung bei Lernaufgaben; verbessert klinische Symptome von CCD 2, 20
Nutrazeutika SAMe Verbesserte CCD-Symptome; Verbesserung von Aktivität und Aufmerksamkeit 21
Antioxidative Supplemente   Verbesserte CCD-Symptome; Besserung klinischer Symptome, insbesondere Desorientierung, Interaktionen und Unsauberkeitsprobleme 9, 22
Umweltmodifikation (neues Spielzeug, Bewegungsübungen) Reduziert nachweislich den kognitiven Abbau und die Geschwindigkeit des Fortschreitens der klinischen Symptome 2, 23
Verhaltensänderung (Spiele, Training, Übungen) Verlangsamt nachweislich den kognitiven Abbau und verringert die Geschwindigkeit des Fortschreitens klinischer Symptome 2
Pheromone Verringerung der beobachteten Symptome von Angst 8

Pragmatische Überlegungen 

In Anbetracht der beschriebenen Prävalenz der CCD werden betroffene Patienten in erstversorgenden tierärztlichen Praxen wahrscheinlich recht häufig vorgestellt, und die Fülle der Behandlungsmöglichkeiten kann zunächst überwältigend erscheinen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den meisten Fällen eine Kombination mehrerer Behandlungsoptionen notwendig sein wird, um die Vorteile für den einzelnen Patienten zu maximieren. Empfohlen wird in jedem Fall ein individueller Therapieansatz, der spezifisch auf die Probleme des Hundes zugeschnitten wird, aber zusätzlich auch weiter gefasste Faktoren berücksichtigt, sowohl auf Seiten des Tieres (z. B. begleitende Erkrankungen) als auch auf Seiten der Besitzer (z. B. Lebensstil, Zeit und Möglichkeiten mit dem Hund zu trainieren). Das primäre Ziel ist die Verbesserung der Lebensqualität von Patient und Besitzer durch eine Stabilisierung oder ein Management der klinischen Symptome. 

Die Autonomie des Besitzers und seine Wünsche bezüglich der Untersuchungs- und Behandlungskosten müssen dabei immer respektiert und entsprechend berücksichtigt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass man Verhaltensänderungen beim Besitzer nicht etwa fördern sollte. Oft ist in diesen Fällen ein pragmatischer Ansatz erforderlich, da es unter Umständen nicht unbedingt sinnvoll ist, so viele diagnostische Tests wie gewünscht durchzuführen. Zum Teil werden aber auch Verhaltensweisen bei Hunden beschrieben, deren Behandlung der Besitzer nicht für notwendig erachtet, da er sie nicht als problematisch ansieht oder die er akzeptiert, solange sein Hund eine angemessene Lebensqualität genießt. Die Fallstudien in Box 2 und 3 illustrieren einige mit solchen Fällen verbundene Herausforderungen, zeigen geeignete Vorgehensweisen und verdeutlichen, wie wichtig klinische Skills, die Kommunikation und ein professionelles Urteilsvermögen sind, um einen maßgeschneiderten Plan zu erstellen, der zum einen für die tierärztliche Praxis sehr lohnend sein kann und zum anderen die Lebensqualität von Hund und Besitzern deutlich verbessert. 

Box 2. Fallstudie Beispiel 1.

Ein Hund, der früher problemlos an der Leine lief, hat begonnen, an der Leine zu ziehen und läuft jetzt nicht mehr an der lockeren Leine. Grund sind ein verändertes Lernen und eine veränderte Kognition infolge einer CCD. In einem ersten Schritt wurden diätetische Modifikationen und eine Anreicherung der Umwelt durchgeführt. Der Besitzer ist aber nicht bereit, ein Training des Hundes zum Wiedererlernen des Gehens an der lockeren Leine zu unterstützen, da die gleichzeitig bestehende Osteoarthritis des Hundes dafür sorgt, dass lange Spaziergänge nicht mehr möglich sind. Der Besitzer akzeptiert, dass der Hund bei seinem üblichen 10-minütigen Spaziergang durch das Dorf an der Leine ziehen wird, und organisiert Fährtenspiele im Garten als Anreicherung der Umwelt. 

In dieser Situation haben Tierarzt oder Tierärztin folgende Aufgaben: 

  • Berücksichtigung der Risiken des gezeigten Problemverhaltens: Wenn es sich um einen Hund einer großen Rasse handelt, der seinen älteren Besitzer durch das Ziehen an der Leine verletzen könnte, muss möglicherweise ein anderer Ansatz gewählt werden. 
  • Beurteilung des Gesundheitszustands des Patienten: Ist es wahrscheinlich, dass das Ziehen an der Leine die Symptome einer begleitenden Erkrankung wie Osteoarthritis (wie in diesem Fall) verschlimmert? Bei älteren Hunden mittelgroßer bis großer Rassen müssen möglicherweise auch Erkrankungen wie Larynxparese, Osteoarthritis der Halswirbelsäule und der Schultergliedmaßen oder Erkrankungen der Zwischenwirbelscheiben in Betracht gezogen werden.
  • Helfen Sie dem Besitzer zu erkennen, welche Managementoptionen zur Verfügung stehen: Das können einfache Änderungen sein (z. B. der Wechsel von einem Halsband zu einem Geschirr, wenn Probleme im Bereich des Halses bestehen) oder komplexere Verhaltensmodifikationen (z. B. Spaziergänge oder Training an lockerer Leine im Garten, vielleicht als Ersatz für einige der Fährtenspiele).
  • Vertreten Sie die Interessen des Patienten: so mag z. B. der Besitzer nicht darüber besorgt sein, dass sein Hund an der Leine zieht, bei der klinischen Untersuchung können aber potenzielle Anzeichen von Schmerzen festzustellen sein, wie z. B. Widerstand bei der Beurteilung des Bewegungsausmaßes des Halses. Gestützt werden kann dieser Befund durch das Verhalten des Hundes im Behandlungszimmer, das der Besitzer möglicherweise nicht richtig einschätzt, wie z. B. die Weigerung, einen Snack vom Boden aufzunehmen, während Snacks aus der Hand des Tierarztes eifrig und bereitwillig angenommen werden. Hier sind gute kommunikative Fähigkeiten gefragt, um dem Besitzer zu verdeutlichen, dass das Ziehen an der Leine die Schmerzen verschlimmern kann, so dass es von Vorteil wäre, diese Problematik aktiv anzugehen. Tierarzt oder Tierärztin können dann gemeinsam mit dem Kunden den am besten geeigneten Plan für eine Verhaltensmodifikation entwickeln. 
  • Behalten Sie den Überblick über multiple Komorbiditäten und begleitende Behandlungen. Denken Sie daran, dass es nur wenige veröffentlichte Informationen über die gleichzeitige Anwendung von mehreren Arzneimitteln, Nutrazeutika und Diätnahrungen bei Vorliegen von Komorbiditäten gibt. Tierarzt oder Tierärztin müssen daher aufmerksam auf mögliche Wechselwirkungen mit Behandlungen achten, die der Besitzer zu Hause aufgrund von Erkrankungen wie Osteoarthritis durchführt. Da viele Ergänzungsfuttermittel frei verkäuflich sind, ist es wichtig, den Besitzer gezielt nach solchen Behandlungen zu fragen. Vorsicht ist auch geboten bei gleichzeitiger Gabe mehrerer Produkte und Diätnahrungen, die die gleichen oder ähnlich wirkende Inhaltsstoffe enthalten, da hier die Gefahr einer „Übersupplementierung“ und einer möglichen Überdosierung besteht. 
  • Ernährungsberatung anbieten. Weisen Sie den Besitzer darauf hin, dass eine empfohlene Nahrung insbesondere dann ihre maximale vorteilhafte Wirkung erzielen kann, wenn sie ausschließlich gefüttert wird, und nicht, wenn sie mit anderen Futtermitteln gemischt wird. Wenn Schmackhaftigkeit und Akzeptanz der empfohlenen Nahrung ein Problem darstellen, kann ein pragmatischer Ansatz erforderlich sein, um die Umstellung von der vorherigen Nahrung zu erleichtern.

Box 3. Fallstudie Beispiel 2.

Bei einem Hund wurden bereits eine CCD und Osteoarthritis diagnostiziert, und beide Erkrankungen werden aktuell behandelt. Jetzt beschreiben die Besitzer aber ein neues Problem, nämlich plötzlich auftretende Unsauberkeitsprobleme. In diesem Fall könnte man wie folgt vorgehen: 

  • Erheben Sie einen detaillierten Vorbericht über die allgemeine Gesundheit und das Verhalten des Hundes, mit Fokus auf Symptomen, die auf PU/PD oder Pollakisurie hindeuten, Fragen nach den Orten, der Häufigkeit und dem Beginn der Unsauberkeitsprobleme, sowie Fragen, wie die Besitzer die verschmutzten Bereiche reinigen und wie sie mit dem Hund in diesen Situationen interagieren. Gegebenenfalls werden weitere diagnostische Tests durchgeführt. Da es im Vorbericht keine Hinweise auf PU/PD oder Pollakisurie gibt, wird eine freie Harnprobe aufgefangen. Das spezifische Harngewicht (USG), die Dipstick-Ergebnisse und die Sedimentuntersuchung liegen im Normalbereich. Auch die Untersuchung einer kürzlich entnommenen Blutprobe des Hundes gab keinen Anlass zur Sorge. Die Unsauberkeitsprobleme sind in diesem Fall höchstwahrscheinlich auf die CCD zurückzuführen, Schmerzen aufgrund von OA können jedoch nicht ausgeschlossen werden, auch wenn der Vorbericht keine entsprechenden Hinweise gibt. Als Vorsichtsmaßnahme könnte die Analgesie versuchsweise über einen Zeitraum von vier Wochen erhöht werden, während der Besitzer ein Tagebuch führt, um etwaige Fortschritte zu überwachen (einschließlich Dokumentation von Wohlbefinden, Unsauberkeitsproblemen und Aktivitätsniveau). 
  • Geben Sie Tipps für das Management der Unsauberkeitsprobleme während der Phase der weiteren Abklärung einer möglichen Rolle von Schmerzen. Empfehlen Sie ein Reinigungsprogramm (z. B. mit einem Enzymreiniger) und raten Sie dazu, regelmäßig mit dem Hund nach draußen zu gehen und die für Kot- und Harnabsatz geeigneten Orte aufzusuchen, ihn zu loben und zu belohnen, wenn er Harn und/oder Kot an geeigneten Stellen abgesetzt hat, und eventuell Welpenpads an geeigneten Stellen auszulegen, wenn der Hund unbeaufsichtigt ist. Der Besitzer kann auch beraten werden, wie er die Rahmenbedingungen für seinen Hund verbessern kann, z. B. indem er den Tag strukturiert mit regelmäßigem nach draußen gehen (z. B. nach dem Fressen oder Aufwachen), Bestrafungen vermeidet (die dazu führen können, dass der Hund in Abwesenheit des Besitzers Kot und/oder Harn absetzt und sich Furcht/Angst verstärkt) und eine rutschfeste Umgebung schafft, um den Zugang zum Garten zu erleichtern (z. B. rutschfeste Matten auf Laminat- oder Fliesenböden, über die der Hund laufen muss). 

Geriatrische Hunde sollten routinemäßig auf Symptome von CCD untersucht werden 12, und die Fragebogen-Scores sollten ein integraler Bestandteil der klinischen Aufzeichnungen sein (Abbildung 5). Sind die Symptome einer CCD gut unter Kontrolle, können Kontrolluntersuchungen alle drei bis sechs Monate ausreichen, während bei Patienten mit fortschreitender Symptomatik oder noch nicht ausreichend stabilisierten Symptomen dagegen meist häufigere Check-ups in kürzeren Abständen erforderlich sind. Bei Hunden mit persistierenden Symptomen oder plötzlicher Verschlechterung, müssen mögliche begleitende Gesundheitsprobleme abgeklärt werden, die sich seit dem Zeitpunkt der CCD-Diagnose entwickelt haben könnten oder fortgeschritten sind. Entwickelt zum Beispiel ein Hund, der zuvor geringgradige Symptome von Desorientierung zeigte, plötzlich Unsauberkeitsprobleme, müssen Erkrankungen wie Osteoarthritis abgeklärt werden, die die Fähigkeit des Kot- und/oder Harnabsatzes im Freien beeinträchtigen (z. B. Stufen auf dem Weg nach draußen, eine beträchtliche Entfernung zwischen Ruheplatz und Garten oder ein rutschiger Boden), sowie Nieren-, Leber- und endokrine Erkrankungen (die zu Polyurie/Polydipsie (PUPD) und möglicherweise zu einer Harnwegsinfektion führen).

Geriatrische Hunde sollten routinemäßig auf Symptome einer CCD untersucht werden

Abbildung 5. Geriatrische Hunde sollten routinemäßig auf Symptome einer CCD untersucht werden, und die ermittelten Fragebogen-Scores sollten integraler Bestandteil der klinischen Routineaufzeichnungen sein.
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Schlussfolgerung

Bei der caninen kognitiven Dysfunktion handelt es sich um eine fortschreitende Erkrankung, und Vorhersagen zum Ansprechen auf die Behandlung oder zur Progressionsrate der Erkrankung können schwierig sein. Patienten mit Komorbiditäten haben eindeutig eine vorsichtigere Prognose. Besitzer sollten ermutigt werden, auf die Schlüsselsymptome zu achten, und darüber aufgeklärt werden, welche Art von Hilfen und Therapien verfügbar sind, um die Lebensqualität ihres Tieres zu verbessern. Auch wenn das Outcome im Einzelfall schwer vorhersagbar ist, stellt eine solche Herangehensweise sicher, dass immer das Bestmögliche getan wird, und viele Patienten reagieren positiv, was letztlich bei allen Beteiligten für große Zufriedenheit sorgen kann.

Literatur

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