Antibiotika: Zwischen Segen und Fluch
Nancy De Bryine beschreibt, auf welche Weise der tierärztliche Berufsstand...
Ausgabe nummer 30.2 Sonstiges Wissenschaft
veröffentlicht 22/10/2020
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Viele Besitzer betrachten ihre Heimtiere heute zunehmend als echte Familienmitglieder und erwarten die qualitativ bestmögliche Versorgung, wenn sie eine tierärztliche Praxis wählen. Alison Lambert zeigt die Möglichkeiten für eine Verbesserung der Kundenerfahrungen von Katzenbesitzern und ihren Katzen.
Tierärztliche Praxen müssen den Zugang zu medizinischer Versorgung für Katzenbesitzer bereits vor dem Praxisbesuch einfach machen, z. B. mit Hilfe katzenspezifischer Tipps auf Webseiten, in sozialen Medien und über das Telefon.
Gestalten Sie den Rezeptionsbereich weniger stressreich durch Schaffung separater Bereiche für Katzen und Hunde, eine ruhige Umgebung und erhöhte Abstellflächen für Katzenkörbe.
Ernährungsberatung sollte eine Standardleistung bei jeder Katzensprechstunde sein, wird einer Umfrage zufolge zurzeit aber von weniger als der Hälfte aller Praxen angeboten.
Katzen müssen bei jedem Besuch in der Praxis respektvoll behandelt werden, denn dies ist ein ganz wesentlicher Punkt einer positiven Kundenerfahrung.
Es ist nachgewiesen, dass viele Katzenbesitzer den Besuch in der tierärztlichen Praxis als stressig empfinden, und dass Tierarztbesuche deshalb oft verschoben werden, bis sie unausweichlich sind. Die Hauptgründe hierfür sind die Probleme im Zusammenhang mit dem Transport der Katze in die Praxis und die vielfach als nicht besonders katzenfreundlich empfundenen Gegebenheiten und Abläufe in tierärztlichen Praxen. Hier zwei Beispiele:
Dieser Artikel präsentiert die Ergebnisse von neuen Forschungsprogrammen im Auftrag von Royal Canin in den USA und in den Niederlanden, die zeigen, dass zwar viele Elemente einer positiven Kundenerfahrung bereits umgesetzt sind, tierärztliche Praxen aber noch sehr viel mehr tun können, wenn sie von ihren Kunden als wirklich katzenfreundlich wahrgenommen werden möchten.
Die Anwendung des aus dem Marketing stammenden Begriffes „Customer Journey”, (zu Deutsch: „Reise des Kunden“) in der Tiermedizin ist nicht neu. Der Begriff beschreibt die zahlreichen „Berührungspunkte“ zwischen einem Kunden und einer Praxis (Abbildung 1). Es ist wichtig, zu verstehen, dass diese Reise bereits lange Zeit beginnt bevor der Besitzer einen Fuß in die Praxis setzt, zum Beispiel mit Suchen im Internet nach Bewertungen und Informationen, mit Empfehlungen von Freunden, Familienmitgliedern und professionellen Katzenexperten (Katzenpflegesalons, Katzenpensionen, Zoohandlungen etc.) und mit persönlichen Eindrücken, die sich zum Beispiel aufgrund des äußeren Eindrucks der Praxis beim Vorbeifahren oder eines Tages der offenen Tür bilden, ganz zu schweigen vom „Branding“ und vom Gesamterscheinungsbild der Praxis als Marke. Während dieser ersten Phase des Sammelns von Informationen, die von Marketingexperten auch als der Zero Moment of Truth (ZMOT) bezeichnet wird, bilden sich Katzenbesitzer einen Eindruck von der Praxis und dem zu erwartenden Niveau der medizinischen Versorgung und der tierärztlichen Leistungen für ihre Katzen. Auf der Grundlage dieser ersten Eindrücke und Einschätzungen werden sie dann eine bewusste Entscheidung treffen, und eine oder mehrere Praxen kontaktieren (in der Regel zunächst per Telefon). Und bei diesem ersten direkten Kontakt werden Tierbesitzer dann ihre bis dahin entstandene Wahrnehmungen entweder bestätigt oder widerlegt sehen, je nachdem wie sie diese erste Kommunikation mit der Praxis empfinden.
Potenzielle Kunden möchten, dass ihrer geliebten Katze ein aufrichtiges und ernstgemeintes Interesse entgegengebracht wird und dass sie die bestmögliche medizinische Versorgung erhält. Sie möchten, dass eine enge Verbindung entsteht zwischen Katzenbesitzer und Praxispersonal, die dieselben Werte und Ansprüche teilen, insbesondere was eines guten und respektvollen Umgang mit Kunden anbelangt. An dieser Stelle ist zu bemerken, dass Katzenbesitzer die fachliche, tiermedizinische Kompetenz der Praxis in aller Regel als selbstverständlich gegeben voraussetzen – Tierbesitzer geben meist nichts darauf, wie viele Buchstaben vor und hinter dem Namen des Tierarztes stehen, oder über welche apparative Ausstattung die Praxis verfügt – sie möchten schlicht und ergreifend, dass ihr Familienmitglied von jedem Mitarbeiter des Praxisteams mit dem gebührenden Respekt behandelt wird.
Nur wenn sich dieser Kontakt als positiv erweist, wird der Besitzer entscheiden, die Katze in die Praxis zu bringen. Und wenn er dann dem Rezeptionsteam, den Tierärzten und den TFAs von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht, wird er die Kundenfreundlichkeit der Praxis für sich und für seine Katze erneut beurteilen. Ein enttäuschender Kundenservice an irgendeinem Punkt dieser Kundenreise wird letztlich dazu führen, dass der Besitzer die Praxis nicht wieder besucht und im schlimmsten Fall auch Freunden und Familienmitgliedern von einem Besuch abrät.
Das globale Cat Friendly Clinic Programm 1 wurde von der International Society for Feline Medicine ins Leben gerufen, um den Stress und die praktischen Probleme anzugehen, mit denen sich viele Katzenbesitzer konfrontiert sehen, wenn sie ihre Tiere zum Tierarzt bringen. Das Programm findet viel Unterstützung, es hat aber auch einige Einschränkungen, denn es akkreditiert Praxen anhand von grundlegenden, nicht objektiven Kriterien, es basiert auf einer Selbsteinschätzung und es wird unterstützt von kommerziellen Unternehmen.
Vor diesem Hintergrund möchte Royal Canin seine Partnerschaft mit tierärztlichen Praxen weltweit stärken durch die Förderung und Entwicklung katzenfreundlicher Praxen. Die Messung der Katzenfreundlichkeit erfolgt dabei anhand einer Reihe von kundenzentrierten Standardkriterien. Mit Hilfe dieses Programms strebt die Marke an, die erste Wahl tierärztlicher Praxen zu werden, die diese Kundenreise für Katzen und ihre Besitzer verbessern wollen.
Eine Pilotstudie mit 32 Testkundenbesuchen wurde im Januar 2018 von CSS Research in 20 Praxen/Kliniken in Atlanta, Georgia (USA) durchgeführt. Grundlegende Prämisse war, dass Katzenbesitzer die Katzenfreundlichkeit einer Praxis am besten beurteilen können, und nicht etwa die tierärztlichen Praxen im Rahmen einer Selbsteinschätzung. Teilnehmende Katzenbesitzer wurden in verschiedenen Testkundentechniken trainiert, und in der Art und Weise, wie eine Praxis bewertet wird anhand der von Royal Canin und der American Association of Feline Practitioners entwickelten objektiven Bewertungskriterien. Entwickelt wurden 15 Cat Owner Positive Experience- Kriterien (COPE-Kriterien), die sämtliche Etappen der Kundenreise abdeckten, von der Phase vor dem Besuch bis zur Ankunft in der Praxis, über das Warten in der Praxis bis hin zur eigentlichen Konsultation (Abbildung 2).
ZMOT
(Zero Moment of Truth)
|
Auf der Praxis-Webseite oder der Facebook-Seite sind mindestens genauso viele Katzenfotos wie Hundefotos (Überprüfen Sie die letzten 20 Posts) |
Telefonanruf | Sie erhielten gute Tipps, wie Sie die Katze stressfrei in die Praxis transportieren können (wie Sie die Katze in die Transportbox bekommen, wie Sie die Transportbox im Auto befestigen, Anwendung von beruhigendem Spray usw.) |
Praxis |
Unangenehme oder schlechte Gerüche in der Praxis Sie wurden direkt in das Sprechzimmer geführt (keine Wartezeit im Rezeptionsbereich) |
Rezeptionsbereich |
Ein separater Bereich für Katzen steht im Rezeptionsbereich zur Verfügung Keine Lärmbelastung im Rezeptionsbereich (z.B. das Telefon klingelt sehr leise, kein lauter Fernsehapparat usw.) Kein Hundegebell an der Rezeption, keine Hunde, die zu meiner Katze wollen Es gibt erhöhte Abstellmöglichkeiten, damit Sie den Katzenkorb nicht auf dem Boden abstellen müssen |
Futterangebot |
Katzennahrung ist ausgestellt Katzennahrung ist leicht zu finden (nicht mit Hundenahrung gemischt) Der Preis für Katzennahrung ist auf Verpackungen und Regalen deutlich ausgezeichnet |
Sprechstunde |
Der Tierarzt ging respektvoll mit meiner Katze um Auf dem Untersuchungstisch lag ein Handtuch oder eine Matte, um direkten Kontakt mit dem kalten Tisch zu vermeiden Der Tierarzt fragte, was Ihre Katze frisst, wie viel sie frisst und welche Fressgewohnheiten sie hat Tierarzt oder Tierarzthelferin gab Tipps zur Ernährung der Katze |
Zusätzlich zur amerikanischen Studie wurde das Unternehmen Onswitch von Royal Canin beauftragt, eine zweite Forschungswelle in Angriff zu nehmen, dieses Mal in Europa mit einigen gegenüber den Original-COPE-Kriterien geringfügig modifizierten Kriterien. Insgesamt 48 Testkundenbesuche fanden Anfang 2019 in 16 Praxen/Kliniken in den gesamten Niederlanden statt. Die Ergebnisse bezüglich der 15 COPE-Faktoren werden am besten graphisch dargestellt (Abbildung 3) (Abbildung 4) (Abbildung 5) (Abbildung 6) (Abbildung 7).
In den frühen Etappen der Kundenreise (Abbildung 3) war die Performance in beiden Ländern eher enttäuschend. So zeigten zum Beispiel weniger als die Hälfte aller Facebook-Seiten der untersuchten Praxen mindestens dieselbe Anzahl Katzenbilder wie Hundebilder.
In den Niederlanden begannen nur 10 % der Visiten damit, dass die Praxis den Besitzern im Vorfeld hilfreiche Tipps für den möglichst stressfreien Transport der Katze gab. US-amerikanische Praxen schnitten hier deutlich besser ab mit 42 % der Erstgespräche, in denen potenziellen Kunden entsprechende Hinweise gegeben wurden.
Bei Ankunft in der Praxis waren in der großen Mehrzahl der Fälle in beiden Ländern keine unangenehmen Gerüche wahrzunehmen (85 % in den Niederlanden und 88 % in den USA). Die Wartezeit war in den Niederlanden jedoch deutlich länger, wobei nur 10 % der niederländischen Katzenbesitzer direkt in den Untersuchungsraum geführt wurden, während dieser Anteil in den USA bei 40 % lag.
Alison Lambert
Die Testkunden bewerteten anschließend eine Reihe von Kriterien im Zusammenhang mit Warten in der Praxis (Abbildung 4) (Abbildung 5). Der Anteil positiver Bewertungen war in diesem Bereich zwar höher, in beiden Ländern ist aber nach wie vor Raum für Verbesserungen vorhanden. Lediglich 31 % der niederländischen Praxen bieten an der Rezeption einen separaten Bereich für Katzen, verglichen mit 55 % in den USA. In beiden Ländern verfügen knapp zwei Drittel aller untersuchten Praxen über erhöhte Abstellmöglichkeiten für Katzenkörbe, entfernt von Hunden (61 % in den Niederlanden und 60 % in den USA). Die Geräuschpegel im Rezeptionsbereich wurden im Allgemeinen als akzeptabel beurteilt. 80 % der niederländischen und 60 % der amerikanischen Testkunden beschreiben keine Lärmbelastung im Rezeptionsbereich, und 63 % bzw. 88 % sagen, dass sie beim Warten nicht durch ebenfalls anwesende Hunde gestört wurden.
Katzennahrungen wurden in der Mehrzahl der besuchten Praxen angeboten, wobei 86 % der niederländischen und 74 % der amerikanischen Praxen solche Futtermittel zum Verkauf ausgestellt hatten. In der Mehrzahl der Fälle waren die Katzenfuttermittel einfach zu finden, wobei separate Regalabteilungen speziell für Katzennahrung in 69 % der niederländischen und in 76 % der amerikanischen Praxen vorhanden waren. Eine klare Auszeichnung der Preise für Futtermittel gab es jedoch nur in 34 % der niederländischen und in 45 % der amerikanischen Praxen.
In allen Fällen gingen die behandelnden Tierärzte respektvoll mit den Katzen um (Abbildung 6) – ein sehr erfreuliches Ergebnis. Einige zusätzliche, kleine aber durchaus wichtige praktische Details können die Verbesserung der Kundenerfahrung in der Sprechstunde unterstützen, die Ergebnisse zeigen aber, dass diese Maßnahmen nicht immer eingesetzt werden, zum Beispiel:
Die Beurteilung der Kundenreise für Katzenbesitzer in den USA und in den Niederlanden zeigt, dass die Praxen in einigen Bereichen durchaus gut aufgestellt sind (Tierärzte behandeln Katzen mit Respekt, im Rezeptionsbereich minimale Gerüche (und etwas weniger positive Werte für den Geräuschpegel und deutliches Angebot von Katzennahrungen zum Verkauf). Die Untersuchung zeigt aber auch, dass es in vielen Bereichen noch Raum für Verbesserungen gibt. Ernährungstipps erhielten in den Niederlanden zum Beispiel nur 33 % der Katzenbesitzer und in den USA immerhin 55 %. In Anbetracht des Einflusses der Ernährung auf eine große Bandbreite von Faktoren der Gesundheit und des Wohlbefindens, müssen viele tierärztliche Praxen noch daran arbeiten, Gespräche über die Ernährung besser in ihre Katzensprechstunden zu integrieren.
Insgesamt waren die US-Daten in zehn der 15 COPE-Kategorien besser, während die Niederlande in drei Bereichen besser abschnitten, und beide Länder bei zwei Kategorien gleiche Ergebnisse erreichten (Abbildung 7).
Wenn man berücksichtigt, dass zahllose Forschungsprojekte weltweit ausnahmslos zeigen, dass Katzenbesitzer den Tierarztbesuch als stressig empfinden, ist klar, dass tierärztliche Praxen für eine hervorragende Kundenerfahrung sorgen müssen, und zwar auf allen Etappen der Reise des Kunden. Unterstützt man Katzenbesitzer, die tierärztliche Praxis häufiger aufzusuchen, so hat dies Vorteile für alle Beteiligten – die Katze erhält eine optimale Versorgung, die Besitzer zeigen eine höhere Compliance mit empfohlenen Behandlungen und der Umsatz der Praxis wird gesteigert durch eine höhere Kundenfrequenz, durch eine Steigerung des durchschnittlichen Transaktionswertes und nicht zuletzt durch positive Mund-zu Mund-Propaganda von zufriedenen Kunden.
Alison Lambert
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