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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 25.1 Sonstiges Wissenschaft

Die drei häufigsten Zahn- und Maulhöhlenerkrankungen bei adulten Katzen

veröffentlicht 23/08/2023

Geschrieben von Javier Collados

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English

Der erste Schritt zur Diagnose einer Zahn- und Maulhöhlenerkrankung ist eine initiale Untersuchung der Maulhöhle am wachen Tier. Eine exakte Diagnose erfordert jedoch eine vollständige Zahn- und Maulhöhlenuntersuchung unter Allgemeinanästhesie.

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Katzen

Kernaussagen

Eine Dentalsonde, eine Parodontalsonde und intraorale Röntgenaufnahmen sind wichtige Instrumente für die Diagnose und die Stadieneinteilung der meisten Zahnprobleme.


Die bei adulten Katzen am häufigsten diagnostizierten Zahn- und Maulhöhlenerkrankungen sind Parodontalerkrankung, Zahnfraktur und Zahnresorption.


Parodontalerkrankung

Fortgeschrittene Parodontalerkrankungen werden bei Katzen häufig diagnostiziert (Abbildung 1). Einer der wichtigsten Faktoren, die zur Entwicklung dieser Erkrankung beitragen, ist eine mangelhafte Zahnhygiene zu Hause. Entscheidende Aspekte einer wirksamen Prävention bzw. Behandlung dieser Erkrankung sind die praktische Umsetzung präventiver Zahn- und Maulhöhlenhygienepläne bereits bei sehr jungen Katzenwelpen und adäquate präanästhetische geriatrische Blutprofile bei älteren Katzen, aber auch die Verfügbarkeit von Spezialisten für Oralchirurgie und Anästhesie. Die Stadieneinteilung der Parodontalerkrankung ist von wesentlicher Bedeutung für den Prozess der Entscheidungsfindung hinsichtlich der im Einzelfall zu ergreifenden Maßnahmen, die von Zahnsteinentfernung und Zahnpolierung bis hin zu chirurgischer Zahnextraktion reichen können.

Parodontalerkrankung (Stadium 4) der Zähne 107 und 108 mit hochgradiger Zahnfleischrückbildung und Freilegung der Furkation (Stadium 3)

Abbildung 1. Parodontalerkrankung (Stadium 4) der Zähne 107 und 108 mit hochgradiger Zahnfleischrückbildung und Freilegung der Furkation (Stadium 3). Die betroffenen Zähne sind von Zahnstein und Plaque überzogen 1.
© Dr. Javier Collados

Ein extrusiv dislozierter Zahn (Abbildung 2) ist ein Anzeichen für eine fortgeschrittene Parodontalerkrankung bei Katzen. Eine systematische Parodontalsondierung (Messung der Zahntaschentiefe) und intraorale Röntgenaufnahmen (Abbildung 3) sind wichtige Maßnahmen für die Stadieneinteilung betroffener Zähne, da sie wesentliche Hinweise für die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Behandlung dieser Erkrankung liefern.

Extrusive Dislokation von Zahn 304 infolge einer fortgeschrittenen Parodontalerkrankung

Abbildung 2. Extrusive Dislokation von Zahn 304 infolge einer fortgeschrittenen Parodontalerkrankung.
© Dr. Javier Collados

Okklusale intraorale Röntgenaufnahme der Canini und der Schneidezähne des Unterkiefers mit Anzeichen eines Knochenverlustes infolge einer Parodontalerkrankung

Abbildung 3. Okklusale intraorale Röntgenaufnahme der Canini und der Schneidezähne des Unterkiefers mit Anzeichen eines Knochenverlustes infolge einer Parodontalerkrankung. 
© Dr. Javier Collados

Zahnfraktur

Eine Zahnfraktur ist gekennzeichnet durch eine strukturelle Veränderung (und in den meisten Fällen einen Verlust) von Zahngewebe infolge einer externen Traumatisierung der Maulhöhle. Zu beachten ist, dass Zahnfrakturen bei der initialen Zahn- und Maulhöhlenuntersuchung am wachen Tier oft übersehen werden. 

Wie bei der Parodontalerkrankung ist auch hier die Klassifikation der Fraktur ein ganz wesentliches Hilfsmittel für die Entscheidungsfindung. Insbesondere gilt dies für adulte Patienten, da nicht adäquat behandelte Frakturen bleibender Zähne mit Eröffnung der Pulpahöhle (komplizierte Frakturen, Wurzelfrakturen) zu eindeutigen Symptomen einer Pulpaerkrankung, wie zum Beispiel Dentalabszessen, Fisteln etc., führen können (Abbildung 4 und 5).

Komplizierte Zahnfraktur des Zahnes 404

Abbildung 4. Komplizierte Zahnfraktur des Zahnes 404 (zu beachten ist die hochgradige Abrasion der Unterkieferschneidezähne und der Schmelzdefekt an Zahn 304). 
© Dr. Javier Collados

Intraorale Röntgenaufnahme der Canini und Schneidezähne des Unterkiefers mit Anzeichen einer hochgradigen periapikalen Erkrankung und regionaler Osteolyse im Bereich des Zahnes 404

Abbildung 5. Intraorale Röntgenaufnahme der Canini und Schneidezähne des Unterkiefers mit Anzeichen einer hochgradigen periapikalen Erkrankung und regionaler Osteolyse im Bereich des Zahnes 404. 
© Dr. Javier Collados

Zahnresorption

Zahnresorption ist eine primäre Zahnerkrankung, gekennzeichnet durch eine progressive Gewebezerstörung eines oder mehrerer bleibender Zähne aufgrund der Aktivität odontoklastischer Zellen. Häufig manifestiert sich diese Erkrankung als Resorption der Krone und/oder des Zahnhalses, einhergehend mit einer reaktiven Hyperplasie des Zahnfleisches (Abbildung 6).

Symptome einer Zahnresorption

Abbildung 6. Symptome einer Zahnresorption. Deutliche Zahnresorption am mesio-vestibulären, gingivalen Drittel der Krone von Zahn 204. Eine reaktive gingivale Hyperplasie überdeckt den Defekt. 
© Dr. Javier Collados

Die zugrunde liegende Ursache ist komplex und bislang nicht eindeutig definiert. Auch wenn die Zahnresorption nicht ausschließlich auf adulte Tiere beschränkt ist, werden ihr in verschiedenen Stadien ablaufendes Fortschreiten und das Auftreten deutlicher Symptome in der Maulhöhle vorwiegend bei adulten Katzen beobachtet. Orale Röntgenaufnahmen sind eine entscheidende Voraussetzung für die Diagnose und die richtige Behandlung von Zahnresorptionen bei Katzen.

In einigen Fällen gibt es jedoch trotz radiographischer Evidenzen einer hochgradigen Wurzelresorption keinerlei klinische Anzeichen einer Beteiligung der Zahnkrone (Abbildung 7 und 8).

Die klinische Untersuchung von Zahn 304 und 404 ergibt keine Anzeichen für eine Zahnresorption im Kronenbereich, und zeigt eine geringgradige Gingivitis im Bereich von Zahn 301

Abbildung 7. Die klinische Untersuchung von Zahn 304 und 404 ergibt keine Anzeichen für eine Zahnresorption im Kronenbereich, und zeigt eine geringgradige Gingivitis im Bereich von Zahn 301. 
© Dr. Javier Collados

Trotz fehlender klinischer Symptome zeigen intraorale Röntgenaufnahmen Anzeichen einer fortgeschrittenen Zahnwurzelresorption (Klasse TR4c) der Zähne 304 und 404, sowie Anzeichen einer Zahnresorption des Zahnes 301

Abbildung 8. Trotz fehlender klinischer Symptome zeigen intraorale Röntgenaufnahmen Anzeichen einer fortgeschrittenen Zahnwurzelresorption (Klasse TR4c) der Zähne 304 und 404, sowie Anzeichen einer Zahnresorption des Zahnes 301 1
© Dr. Javier Collados

Die Zähne werden nach der auf der Unterteilung des Kiefers in Quadranten basierenden Zahnformel des American Veterinary Dental College (AVDC) bezeichnet.

Literatur

  1. https://avdc.org/avdc-nomenclature/ (downloaded May 15, 2014).

Javier Collados

Javier Collados

Javier Collados, DVM Dentistry and Oral Surgery, Sinergia Veterinaria, Madrid, Spanien Mehr lesen

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