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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 27.1 Verdauungstrakt

Ein kurzer Leitfaden für... Nasale Ernährungssonden bei Hunden

veröffentlicht 05/09/2019

Geschrieben von Joris Robben und Chiara Valtolina

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español , English und ภาษาไทย

Einfach in der Anwendung und mit einer bemerkenswerten Effektivität kann die Ernährung von Hunden über eine intranasale Sonde eine unschätzbar wertvolle Zusatzmaßnahme in verschiedenen klinischen Situationen sein und erweist sich bei vielen Patienten oft als ein entscheidender Faktor für das positive Outcome. In diesem Artikel beschreiben Joris Robben und Chiara Valtolina praktische Anwendungen für optimale Ergebnisse.

Ein kurzer Leitfaden für... Nasale Ernährungssonden bei Hunden

Kernaussagen

Nasale Ernährungssonden sind einfach zu legen und ermöglichen eine einfache, kurzzeitige enterale Ernährung bei Hunden, die Nahrung nicht freiwillig aufnehmen wollen oder können.


Es können nasoösophageale oder nasogastrische Sonden eingesetzt werden. Beide Optionen haben Vorteile und Nachteile.


Entscheidend ist die Kontrolle der korrekten Position der Sonde, sowohl während des Legens der Sonde als auch in regelmäßigen Abständen während ihrer Anwendung.


Einfache Maßnahmen zur Pflege und zum Unterhalt der Sonde können Komplikationen bei der Sondenernährung minimieren.


Einleitung

Nasale Ernährungssonden sind in der Kleintierpraxis einfach anzuwenden und eignen sich in verschiedenen klinischen Szenarien. Sie sind für eine kurzzeitige (1-7 Tage) Anwendung bestimmt und erlauben eine frühzeitig beginnende enterale Ernährung bei sich erholenden Patienten. Es können jedoch nur flüssige Nahrungen verabreicht werden, da der Durchmesser der Ernährungssonde durch den Durchmesser des unteren Nasenganges (Meatus nasi ventralis) des Patienten begrenzt wird.

Das Legen einer nasalen Ernährungssonde ist schneller und sicherer als das Einsetzen einer Ösophagussonde, insbesondere bei Patienten, die nicht ausreichend stabil sind für eine Allgemeinanästhesie, oder in Fällen, in denen ein chirurgischer Eingriff zu übermäßigen Blutungen führen kann, wie zum Beispiel bei Patienten mit Gerinnungsstörungen. Mit Hilfe einer Ernährungssonde kann der Tierarzt herausfinden, ob der Gastrointestinaltrakt eines anorektischen Patienten eine enterale Fütterung tolerieren wird und darüber hinaus zahlreiche Faktoren beurteilen, die zu einer optimalen Ernährung des Patienten beitragen (d. h. zu fütternde Menge, Zusammensetzung der Nahrung oder die Frage, ob eine kontinuierliche Sondenernährung oder eine Bolusfütterung besser geeignet ist).

Material

Bei der Auswahl einer geeigneten Ernährungssonde sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen (Tabelle 1). Der Tierarzt sollte in jedem Einzelfall die für den Patienten und seine Erkrankung am besten geeignete Sonde wählen. (Abbildung 1) zeigt das weitere grundlegende Equipment, das für das Legen einer Ernährungssonde bereitliegen muss. 

Größe 4 bis 12 Fr; 6, 8 oder 10 Fr wird bei Hunden am häufigsten eingesetzt.
Länge 50-100 cm, abhängig von der Größe des Hundes. Die Sonde sollte aber eine ausreichende Länge haben, um den Zugangsport am Sondenende möglichst spannungsfrei am Hals zu fixieren. Falls erforderlich kann eine Sondenverlängerung eingesetzt werden.
Material

Die Wand der Ernährungssonde muss dünn sein, um ein möglichst großes Lumen zu gewährleisten. Die Sonde muss zudem ausreichend flexibel sein, um das Risiko eines Abknickens zu minimieren, insbesondere dort, wo die Sonde nach Austritt aus der Nase gebogen wird. Folgende Materialien stehen zur Auswahl:

  • Polyvinylchlorid (PVC): Flexibel, solche Sonde werden aber brüchig und rigide, je länger sie in situ liegen, insbesondere bei Exposition gegenüber Verdauungssäften. Eine rigide Sonde macht das Herausziehen schwierig und schmerzhaft.
  • Silicon: Sehr flexibel mit geringer Neigung zur Abknickung, die relativ dicke Wand, die für eine ausreichende Stabilität erforderlich ist, resultiert jedoch in einem verminderten Lumen. Da nasale Sonden a priori einen geringen Gesamtdurchmesser haben, ist Silicon nicht das ideale Material.
  • Polyurethan: Ermöglicht ein größeres Lumen, die Sonden neigen aber beim Verlassen der Nase und bei mangelhafter Fixierung zum Abknicken.
Zugangsports

Verschiedene Optionen stehen zur Verfügung:

  • Ein Luer-Lock Anschluss ist geeignet für eine kontinuierliche Sondener nährung. Wenn ein Patient zusätzlich jedoch auch einen (zentralen) Gefäßzugang über einen Luer-Lock Anschluss hat, besteht die Gefahr einer versehentlichen intravenösen Applikation der Nahrungslösung, wenn der falsche Schlauch an den IV-Port angeschlossen wird.
  • Ein Verlängerungsschlauch mit konischem Adapter ermöglicht die Fütterung über eine Spritze.
  • Mit einem Christmas-Tree-Adaptor kann ein Verlängerungsschlauch mit konischem Adapter in eine Luer-Lock-Verbindung umgewandelt werden, die für eine temporäre kontinuierliche Infusion von Nahrung geeignet ist.
Sondenspitze Viele Sonden haben zwar seitliche Austrittslöcher, eine Sonde mit offener Spitze hat jedoch den Vorteil einer Reduzierung des Verstopfungsrisikos. Eine Sonde mit offener Spitze ist zudem im Falle einer Verstopfung leichter freizuspülen.

Tabelle 1. Optionen für Ernährungssonden.

Equipment für das Legen einer Ernährungssonde: 2 % Lidocain (mit 0,5 % Epinephrin), Lidocain-Spray, 2 ml-Spritze, Ernährungssonde, 10-20 ml-Spritze, wasserfester Markierstift, elastische selbsthaftende Bandage, Tape, Nahtmaterial, Nadelhalter, Schere.
Abbildung 1. Equipment für das Legen einer Ernährungssonde: 2 % Lidocain (mit 0,5 % Epinephrin), Lidocain-Spray, 2 ml-Spritze, Ernährungssonde, 10-20 ml-Spritze, wasserfester Markierstift, elastische selbsthaftende Bandage, Tape, Nahtmaterial, Nadelhalter, Schere. © Joris Robben & Chiara Valtolina

Das Legen der Ernahrungssonde

Es gibt zwei Möglichkeiten, eine nasale Sonde zu legen:

• A ls nasoösophageale Sonde, deren distale Spitze im Ösophagus auf Höhe des 9. Interkostalraumes liegt. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie das Problem des gastroösophagealen Refluxes reduziert und damit der potenziellen Entwicklung einer Refluxösophagitis und einer dadurch bedingten Ösophagusstriktur vorbeugt. Nasoösophageale Sonden erhöhen aber das Risiko einer Aspiration von Nahrung in die Lunge, insbesondere bei Patienten in Seitenlage.

• Als nasogastrische Sonde, deren distale Spitze kaudal der letzten Rippe im Magenlumen liegt. Mit dieser Methode kann vor der Eingabe eines Futterbolus überprüft werden, ob sich noch retenierte Nahrung im Magen befindet. Zudem besteht auch bei Patienten in Seitenlage ein geringeres Aspirationsrisiko. Eine nasogastrische Sonde erhöht jedoch das Risiko eines gastroösophagealen Refluxes und einer nachfolgenden Refluxösophagitis, da sie die Funktion des Kardiasphinkters beeinträchtigt.

In der Veterinärmedizin wurden die Vor- und Nachteile dieser beiden Methoden nach bester Kenntnis der Autoren bislang nicht geprüft, und Empfehlungen hinsichtlich der besseren Methode liegen dementsprechend nicht vor. Die Wahl der Position der nasalen Ernährungssonde wird also in erster Linie durch persönliche Präferenzen, durch Charakteristika des individuellen Patienten und durch verschiedene Aspekte der im Einzelfall vorliegenden Erkrankung bestimmt.

Vorbereitung

• Entscheidend ist, die erforderliche Länge der Ernährungssonde vor dem Einsetzen auszumessen und entsprechend zu markieren. Zunächst wird der Punkt, an dem die Sonde die Thoraxapertur erreicht, mit einem wasserfesten Stift markiert (Abbildung 2). Wird die nasoösophageale Methode verwendet, sollte die Sondenspitze schließlich bis zum 9. Interkostalraum reichen, und bei der nasogastrischen Methode bis kaudal der letzten Rippe. Bei beiden Methoden wird der Punkt, an dem die Sonde aus der Nase austritt, wenn die Sondenspitze in der gewünschten Position liegt, mit einem kurzen Tape markiert (Abbildung 3). 

Bestimmung der Länge der Ernährungssonde bis zur Thoraxapertur (a) und Markierung des Punktes bis zu dem die Sonde in die Nase eingeführt werden soll mit einem wasserfesten Markierstift (b).
Abbildung 2. Bestimmung der Länge der Ernährungssonde bis zur Thoraxapertur (a) und Markierung des Punktes bis zu dem die Sonde in die Nase eingeführt werden soll mit einem wasserfesten Markierstift (b). © Joris Robben & Chiara Valtolina
Bestimmung der Länge der Ernährungssonde (a) und Markierung des Punktes bis zu dem die Sonde in die Nase eingeführt werden soll mit einem Tape (b).
Abbildung 3. Bestimmung der Länge der Ernährungssonde (a) und Markierung des Punktes bis zu dem die Sonde in die Nase eingeführt werden soll mit einem Tape (b). © Joris Robben & Chiara Valtolina

• Wichtig ist, dass die Sonde insgesamt eine ausreichende Länge aufweist. Falls erforderlich, können Sondenverlängerungen eingesetzt werden. Der externe Abschnitt der Sonde oder der Sondenverlängerung sollte ohne übermäßige Spannung von der Nasenspitze des Hundes bis zu seinem Nacken reichen.

• Die Ernährungssonde kann beim vollständig wachen oder leicht sedierten Patienten gelegt werden. In beiden Fällen muss eine lokale Analgesie der Nasenschleimhaut erfolgen. Hierzu wird etwa 2-5 Minuten vor dem Einführen der Sonde jeweils ein Tropfen Lidocain in das rechte und in das linke Nasenloch instilliert. Wenn sich das Einführen der Sonde in ein Nasenloch als schwierig erweist, hat der Tierarzt so die Möglichkeit, die ebenfalls lokal anästhesierte andere Seite zu verwenden. Zu bevorzugen ist Lidocain mit Epinephrin, da diese Kombination zusätzlich eine lokale Vasokonstriktion im nasalen Kapillarbett induziert.

Das Einfuhren der Sonde

• Die Sonde wird zunächst mit Lidocain- und Silikonspray gleitfähig gemacht. Beim stehenden, sitzenden oder in Sternallage befindlichen Hund wird der Kopf gerade nach vorn gehalten und mit dem um die Nase gelegten Daumen und Zeigefinger der einen Hand leicht nach oben gewinkelt, während die Sondenspitze mit der anderen Hand in medioventraler Richtung in den unteren Nasengang (Meatus nasi ventralis) eingeführt wird. Die Sonde sollte sich ohne Widerstand in die Nase vorschieben lassen (Abbildung 4). 

Die Sonde wird ohne Widerstand in den unteren Nasengang eingeführt.
Abbildung 4. Die Sonde wird ohne Widerstand in den unteren Nasengang eingeführt. © Joris Robben & Chiara Valtolina

• Die Sonde wird zunächst bis zum Pharynx vorgeschoben und es wird darauf geachtet, ob der Hund schluckt. Ist dies der Fall, wird die Sonde weiter vorgeschoben bis zur ersten Markierung, die das Erreichen der Thoraxapertur anzeigt (Abbildung 5). Zu achten ist auf Husten oder Würgen als mögliches Anzeichen eines versehentlichen Einführens der Sonde in die Luftröhre. 

Wenn der Hund schluckt, wird die Sonde in den Ösophagus eingeführt und vorgeschoben bis zur ersten Markierung, die anzeigt, dass die Sondenspitze die Thoraxapertur erreicht hat.
Abbildung 5. Wenn der Hund schluckt, wird die Sonde in den Ösophagus eingeführt und vorgeschoben bis zur ersten Markierung, die anzeigt, dass die Sondenspitze die Thoraxapertur erreicht hat. © Joris Robben & Chiara Valtolina

• Wenn ein Führungsdraht zur Versteifung der Sonde verwendet wurde, sollte dieser jetzt herausgezogen werden (Abbildung 6). Mit Hilfe einer 10-20 ml-Spritze wird nun der richtige Sitz der Sonde in der Speiseröhre überprüft (Abbildung 7a) (Abbildung 7b). Hierzu wird zunächst mit der Spritze leicht aspiriert, wobei deutlich erkennbar ein Vakuum entstehen sollte. Dann wird etwas Luft mit der Spritze insuffliert, um zu überprüfen, ob die Sonde durchgängig ist und nicht versehentlich in der Trachea abgeknickt wurde (siehe unten). 

Wenn eine Drahtführung zur Versteifung der Sonde verwendet wurde, sollte sie jetzt herausgezogen werden.
Abbildung 6. Wenn eine Drahtführung zur Versteifung der Sonde verwendet wurde, sollte sie jetzt herausgezogen werden. © Joris Robben & Chiara Valtolina
Mit einer Spritze wird der korrekte Sitz der Sonde überprüft. Beim Ansaugen sollte sich deutlich erkennbar ein Vakuum bilden.
Abbildung 7a. Mit einer Spritze wird der korrekte Sitz der Sonde überprüft. Beim Ansaugen sollte sich deutlich erkennbar ein Vakuum bilden. © Joris Robben & Chiara Valtolina
Luft wird insuffliert, um zu überprüfen, ob die Sonde durchgängig und nicht versehentlich in der Trachea abgeknickt ist.
Abbildung 7b. Luft wird insuffliert, um zu überprüfen, ob die Sonde durchgängig und nicht versehentlich in der Trachea abgeknickt ist. © Joris Robben & Chiara Valtolina

• Ist der korrekte Sitz der Sonde bestätigt, kann sie bis in die beabsichtigte Position vorgeschoben werden, also bis die Tapemarkierung der Sonde das Nasenloch erreicht.

Fixierung der Sonde

• Die Sonde wird seitlich so nahe wie möglich am Planum nasale an die Haut des Nasenrückens genäht (Abbildung 8). Als „Führungsschiene“ für die Sonde dient die laterale Furche unter dem Nasenloch. Wichtig ist, dass die Sonde an dieser Stelle nicht zu stark gebogen wird, um ein Abknicken zu vermeiden.

 
Das Tape sollte so nah wie möglich an der Haut seitlich des Planum nasale festgenäht werden, wobei die laterale Furche unter den Nares als Führung für die Sonde dient.
Abbildung 8. Das Tape sollte so nah wie möglich an der Haut seitlich des Planum nasale festgenäht werden, wobei die laterale Furche unter den Nares als Führung für die Sonde dient. © Joris Robben & Chiara Valtolina

• Eine Fixierung mit Gewebekleber wird im Allgemeinen nicht empfohlen. Der Kleber lässt sich zwar leicht applizieren und wird die Sonde anfangs auch sicher fixieren, er wird mit der Zeit aber tendenziell immer brüchiger, so dass sich die Sonde oft bereits kurze Zeit nach ihrer Fixierung wieder lösen kann.

• Die Sonde kann dann weiter über den Nasenrücken geführt und zwischen den Augen an der Stirn mit Hilfe einer weiteren Naht fixiert werden. Alternativ kann die Sonde auch lateral am Gesicht entlang geführt (oberhalb der Tasthaare und unterhalb des Jochbogens) und mit einer Naht fixiert werden.

• Schließlich kann die Sonde auch mit Tape an einem leicht um den Hals gelegten Verband fixiert werden (Abbildung 9). 

Die Sonde kann lateral entlang des Kopfes geführt und mit einem Punkt an der Wange fixiert werden. Im weiteren Verlauf wird die Sonde mit Tape an einer locker um den Hals angebrachten Bandage fixiert.
Abbildung 9. Die Sonde kann lateral entlang des Kopfes geführt und mit einem Punkt an der Wange fixiert werden. Im weiteren Verlauf wird die Sonde mit Tape an einer locker um den Hals angebrachten Bandage fixiert. © Joris Robben & Chiara Valtolina

• In vielen Fällen muss ein Halskragen angelegt werden, um zu verhindern, dass sich der Patient die Sonde unbeabsichtigt oder absichtlich entfernt. Ein Halskragen kann jedoch negative Auswirkungen auf die freiwillige Nahrungsaufnahme haben und sollte deshalb regelmäßig abgenommen werden, um zu überprüfen, ob der Patient auch ohne Unterstützung fressen möchte.

Die korrekte Position der Sonde

Der korrekte Sitz der Sonde sollte sowohl während des Einsetzens überprüft werden als auch später vor jeder erneuten Anwendung. Mit der oben beschriebenen Methode (1) sollte es gelingen, eine Sonde erfolgreich zu legen, hier aber noch zwei ergänzende Tipps:

• Wenn klar zu erkennen ist, dass der Hund schluckt, sobald die Sondenspitze den Nasopharynx/Oropharynx erreicht, ist dies eine sichere Bestätigung, dass die Sonde tatsächlich in den Ösophagus gelangt.

• Durch visuelle und palpatorische Kontrolle an der linken Halsseite während des Vorschiebens der Sonde kann überprüft werden, ob die Sonde tatsächlich im Ösophagus liegt.

Auch wenn die korrekte Position der Sonde nach dem Legen bestätigt ist, sollte der richtige Sitz vor jeder Fütterung erneut überprüft werden. Diese Kontrolle kann auf mehreren Wegen erfolgen.

• Überprüfung mit einer Spritze wie oben beschrieben. Zu beachten ist jedoch, dass Dyspnoe oder Nausea dazu führen können, dass ein Patient Luft abschluckt (Aerophagie), die dann bei der Aspiration mit der Spritze angesaugt wird. So kann der falsche Eindruck entstehen, die Sonde liege in der Trachea. Im Falle einer Aerophagie sollte die aspirierte Luftmenge jedoch eher gering sein. Wenn Luft mit einer Spritze widerstandslos durch die Sonde suffliert werden kann, ist dies zudem ein sicheres Anzeichen dafür, dass die Sonde nicht abgeknickt ist.

• Spülen der Ernährungssonde mit 2 bis 20 ml (abhängig von der Größe des Hundes) einer isotonischen Elektrolytlösung. Liegt die Sonde in den Atemwegen, sollte die Instillation der Flüssigkeit unmittelbar Husten auslösen. Zu beachten ist jedoch, dass bei hochgradig erkrankten Patienten mit reduziertem Bewusstsein oder bei sedierten Tieren in dieser Situation unter Umständen kein Husten ausgelöst wird.

• Bei einer nasogastrischen Sonde können 5 bis 15 ml Luft in die Sonde insuffliert werden, während man gleichzeitig das craniale Abdomen mit einem Stethoskop auskultiert. Liegt die Sonde richtig, hört man Borborygmi.

• Wenn die Sonde nicht im cervikalen Ösophagus zu sehen oder zu palpieren ist, bietet indes keine der oben genannten Techniken zur Überprüfung des korrekten Sitzes eine 100 %ige Sicherheit. In Zweifelsfällen sollten deshalb stets laterale Thoraxaufnahmen angefertigt werden (Abbildung 10). 

Die beste Methode zur sicheren Überprüfung des richtigen Sitzes einer Ernährungssonde ist die Anfertigung lateraler Röntgenaufnahmen. Dieses Bild ist eine Zusammenstellung zweier separater Röntgenaufnahmen. Es zeigt eine Ernährungssonde, die eine Schlinge bildet und versehentlich in die Trachea eingeführt wurde.
Abbildung 10. Die beste Methode zur sicheren Überprüfung des richtigen Sitzes einer Ernährungssonde ist die Anfertigung lateraler Röntgenaufnahmen. Dieses Bild ist eine Zusammenstellung zweier separater Röntgenaufnahmen. Es zeigt eine Ernährungssonde, die eine Schlinge bildet und versehentlich in die Trachea eingeführt wurde. © Allison Zwingenberger, UCDavis USA

Kontraindikationen und Komplikationen

Es gibt verschiedene Situationen, in denen Ernährungssonden kontraindiziert sind oder nur mit Vorsicht angewendet werden sollten. Dazu gehören Erbrechen, Dyspnoe oder Situationen, in denen ein erhöhtes Aspirationsrisiko von Mageninhalt besteht (z. B. bei fehlendem Schluckreflex oder wenn der Patient ein reduziertes Bewusstsein hat oder in Seitenlage liegt). Fraglich kann die Indikation für Ernährungssonden darüber hinaus auch dann sein, wenn der Patient Schädelverletzungen aufweist, die Nase, Nasenhöhle oder Pharynx einbeziehen, oder wenn Gerinnungsstörungen vorliegen, die beim Legen der Sonde zu Epistaxis führen könnten.

Ernährungssonden können zudem zu zahlreichen Komplikationen führen:

• Epistaxis

• Rhinitis/Sinusitis

• Dacryocystitis

• Aspirationspneumonie (wenn die Sonde versehentlich in die Atemwege gelegt wurde oder wenn es zu einem Reflux von Nahrung kommt)

• Abknicken der Sonde (in der Regel dort, wo die Sonde aus der Nase austritt. Dies ist wiederum abhängig vom Material und von der Position der Sonde.)

• Verstopfen der Sonde (häufiger bei Sonden mit geringem Durchmesser und/oder seitlichen Austrittslöchern anstelle einer offenen Spitze. Auch eine unzureichende Pflege der Sonde kann zu Verstopfen führen.) Wichtig ist, die Sonde regelmäßig zu spülen (siehe unten). Eine blockierte Sonde kann durch Instillation von Wasser, eines kohlensäurehaltigen Getränks oder Pankreasenzymlösungen wieder durchgängig gemacht werden.

• Reizung der Ösophagusschleimhaut oder Refluxösophagitis

• Verlagerung der Sonde durch Erbrechen oder Niesen

Die Sonde kann auch durch den Patienten selbst herausgezogen werden, entweder unbeabsichtigt oder absichtlich. Absichtliches Herausziehen kann vorkommen, wenn der Patient Beschwerden hat, z. B. durch eine Irritation infolge der Fixationsnähte, eine schmerzhafte Rhinitis oder wenn die Sonde mit dem Sichtfeld des Patienten oder den Tasthaaren interferiert (häufiger bei Katzen).

Wenn die Ursache dieser Beschwerden nicht bestimmt oder das auslösende Problem nicht beseitigt werden kann, muss unter Umständen ein Halskragen angelegt (Abbildung 11) oder eine alternative Methode der assistierten Fütterung in Betracht gezogen werden (z. B. mittels ösophagealer Ernährungssonde). 

Abbildung 11. Der Patient muss häufig kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass die Ernährungssonde ihre korrekte Position behält. Ein Halskragen kann erforderlich sein, um zu verhindern, dass der Patient die Sonde herauszieht. © Joris Robben & Chiara Valtolina

Kontinuierliche oder intermittierende Nahrungszufuhr?

In einer retrospektiven Studie über feline und canine Patienten, die über einen Zeitraum von 24 Stunden über nasoenterale Sonden ernährt wurden, konnten bezüglich gastrointestinaler Komplikationen (Erbrechen, Regurgitation und Diarrhoe) keine signifikanten Unterschiede zwischen einer kontinuierlichen Sondenernährung (Dauertropf) und einer intermittierenden Bolusfütterung festgestellt werden (2). Jeder Fall sollte diesbezüglich jedoch individuell betrachtet werden, und der Tierarzt sollte sich bei der Wahl der Methode stets sämtlicher potenzieller Probleme und Risiken der jeweiligen Option bewusst sein. So wird zum Beispiel beschrieben, dass Katzen mit feliner Leberlipidose ein verkleinertes Magenvolumen haben können, das bei Bolusfütterung anfangs zu einer Erhöhung des Risikos für Emesis, Nausea und Beschwerden führen kann (3).

Eine kontinuierliche Sondenernährung wird insbesondere bei stark geschwächten Patienten empfohlen, die über einen langen Zeitraum anorektisch waren, da diese anfangs in der Regel nur eine begrenzte gastrointestinale Kapazität aufweisen. In dieser Situation wird eine Dauertropfernährung oft kombiniert mit der Gabe prokinetischer Arzneimittel (z. B. Metoclopramid oder Cisaprid). Die Methode der kontinuierlichen Sondenernährung ist weniger arbeitsintensiv und senkt die Wahrscheinlichkeit einer Magenerweiterung und von Magenbeschwerden während der Fütterung. Allerdings entspricht diese kontinuierliche Nahrungszufuhr nicht dem physiologischen Futteraufnahmemuster, und eine Akkumulation von Nahrung im Magen kann bei dieser Methode zunächst unbemerkt bleiben und zu Regurgitation und Erbrechen führen. Die flüssige Nahrung sollte Raumtemperatur haben (d. h. nicht gekühlt), und es muss darauf geachtet werden, dass die Nahrung in der Spritze oder im Beutel nicht präzipitiert. Durch regelmäßiges Schütteln oder Schwenken der Mixtur kann dies verhindert werden.

Die intermittierende Sondenernährung (Bolusfütterung) kann bei weniger stark geschwächten Patienten eingesetzt werden, wie z. B. bei Patienten, die mit in situ liegender Sonde zur weiteren Versorgung und Fütterung durch den Besitzer nach Hause entlassen werden. Diese Methode entspricht eher der physiologischen Nahrungsaufnahme und ermöglicht eine genauere Überwachung des Fütterungsprozesses. Zudem kann sichergestellt werden, dass der Magen nicht überladen wird. Die Bolusfütterung ist jedoch arbeitsintensiver und kann bei einigen Patienten Beschwerden und Nausea hervorrufen. Es muss sichergestellt werden, dass die applizierte Nahrung immer lauwarm ist und langsam verabreicht wird (< 3 ml/kg/Min.), da eine schnelle Dehnung des Magens insbesondere bei anorektischen Patienten Nausea, Beschwerden und Emesis hervorrufen kann. Kleine Nahrungsmengen können bei definiertem Druck über eine automatische Spritzenpumpe appliziert werden. Bei manueller Fütterung kann übermäßig hoher Druck dazu führen, dass die Spitze der Sonde vibriert und Erbrechen induziert. Dies ist wahrscheinlicher bei einer nasoösophagealen Sonde. Nach der Fütterung sollte die Sonde nochmals abschließend durchgespült und das Ende verschlossen werden, um ein retrogrades Austreten von Nahrung oder Wasser zu verhindern.

Pflege und Unterhalt der Sonde

Die Ernährungssonde sollte regelmäßig überprüft werden, das heißt bei kontinuierlicher Dauertropfernährung mindestens alle 2-4 Stunden und bei Bolusfütterung vor jeder erneuten Anwendung:

• Visuelle Kontrolle des richtigen Sitzes der Sonde und der Stabilität der Fixationsnähte. Wenn die Sonde nicht mehr in situ liegt, wird überprüft, ob sie vom Hund erbrochen wurde oder ob der Hund den externen Abschnitt der Sonde abgebissen hat.

• Aspirieren der Sonde, um zu kontrollieren, ob Nahrung zurückgezogen werden kann. Wenn über eine nasogastrische Sonde eine große Menge Nahrung aspiriert wird, kann dies ein Hinweis auf eine größere Menge residualen Mageninhalts infolge einer herabgesetzten gastrointestinalen Motilität oder einer verzögerten Magenentleerung sein. Die für eine kontinuierliche Ernährung eingesetzten Sonden sollten regelmäßig mindestens alle 4 bis 6 Stunden oder bei Bedarf auch häufiger mit 5-10 ml (abhängig von der Größe der Sonde) lauwarmem Wasser durchgespült werden, während man den Hund gleichzeitig auf Anzeichen für Beschwerden wie Salivation, Husten, Würgen oder Erbrechen beobachtet. Bei Bolusfütterung erfolgt die Kontrolle und Pflege der Sonde auf dieselbe Weise vor jeder neuen Mahlzeit.

Literatur

  1. Herring JM. A novel placement technique for nasogastric and nasoesophageal tubes. J Vet Emerg Crit Care 2016;26(4):593-597.
  2. Campbell JA, Jutkowitz LA, Santoro KA, et al. Continuous versus intermittent delivery of nutrition via nasoenteric feeding tubes in hospitalized canine and feline patients: 91 patients (2002-2007). J Vet Emerg Crit Care 2010;20(2):232-236.
  3. Armstrong PJ, Blanchard G. Hepatic lipidosis in cats. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2009;39(3):599-616.

WEITERFÜHRENDE LITERATUR

  1. Dörfelt R. A quick guide to feeding hospitalized cats. Vet Focus 2016;26(2): 46-48.

  2. Campbell S, Harvey N. Assisted enteral feeding. In: Advanced monitoring and procedures for small animal emergency and critical care. Burkitt Creedon JM, Davis H, eds. Ames: Wiley-Blackwell 2012:496-512.

  3. Eirmann L, Michel KE. Enteral nutrition. In: Small animal critical care medicine, 2nd ed. Silverstein DC, Hopper K, eds. St. Louis: Elsevier Saunders 2015:681-686.

Joris Robben

Joris Robben

Dr. Robben schloss sein Studium 1988 an der Universität Utrecht in den Niederlanden ab und promovierte (PhD) 2004 zum Thema Canine Insulinome. Mehr lesen

Chiara Valtolina

Chiara Valtolina

Dr. Valtolina schloss ihr Tiermedizinstudium im Jahr 2000 an der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Mailand Mehr lesen

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