Persönliche Empfehlungen… Die Katze mit chronischer Diarrhoe
Tierärzte kennen das Problem der rezidivierenden Diarrhoe bei Katzen nur allzu gut...
Ausgabe nummer 27.1 Verdauungstrakt
veröffentlicht 22/08/2019
Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English
Die Endoskopie steht heute weit verbreitet zur Verfügung für die Untersuchung des Gastrointestinaltraktes bei Hunden. In ihrem praktischen und fallbasierten Artikel illustrieren Franck Jolivet und Olivier Dossin die Vielseitigkeit der Endoskopie und geben einige wertvolle Tipps für den optimalen Einsatz dieser diagnostischen Option in der Praxis.
Die Endoskopie ist ein sicheres und effektives Instrument der caninen Gastroenterologie, es handelt sich aber nur um eine Komponente des diagnostischen Work-Ups, die nur dann eingesetzt werden sollte, wenn eine klare Indikation besteht.
Eine bidirektionale Endoskopie ist immer zu empfehlen, wenn Hunde mit chronischen Darmerkrankungen untersucht werden.
Der Tierarzt muss in jedem Einzelfall entscheiden, ob chirurgische oder endoskopische Biopsien besser geeignet sind.
Entscheidend ist die Entnahme einer ausreichenden Anzahl endoskopischer Biopsieproben, um eine genaue histopathologische Diagnose sicherzustellen.
Die Endoskopie ist eine vielseitige und minimal invasive Technik zur visuellen Darstellung des gastrointestinalen (GI) Lumens, zur Entnahme von Biopsieproben für weiterführende Untersuchungen wie histopathologische und bakteriologische Analysen und nicht zuletzt zur Durchführung therapeutischer Maßnahmen bei Problemen wie Strikturen, Polypen oder Fremdkörpern. Komplikationen treten bei routinemäßigen endoskopischen Maßnahmen im Allgemeinen insgesamt zwar nur selten auf 1, eine Endoskopie sollte dennoch immer nur nach einem gründlichen diagnostischen Work-up durchgeführt werden und darf niemals ein Ersatz für einen vollständigen Vorbericht, eine umfassende klinische Untersuchung, geeignete labordiagnostische Analysen und andere bildgebende Diagnoseverfahren sein. Betont werden muss an dieser Stelle vor allem, dass eine Endoskopie oder eine endoskopische Biopsie nicht in jedem Fall angezeigt ist, insbesondere nicht bei Tieren mit chronischen GI-Erkrankungen ohne vorherige empirische Behandlungsversuche (z. B. Entwurmung, diätetische Modifikation, antibiotischer Behandlungsversuch). In Verbindung mit anderen diagnostischen Methoden kann die Endoskopie jedoch sowohl ein leistungsstarkes diagnostisches Instrument bei zahlreichen GI-Erkrankungen des Hundes sein, als auch ein unschätzbar wertvolles therapeutisches Werkzeug, insbesondere, wenn es um die Extraktion von Fremdkörpern aus dem Magen und aus der Speiseröhre geht.
Dieser Artikel beleuchtet die Vorteile der Endoskopie bei Hunden anhand von fünf praktischen Fallbeispielen. Die interventionelle Endoskopie und die Laparoskopie sind nicht Gegenstand dieses Artikels.
Das Standard-Videoendoskopie-Equipment für den Gastrointestinaltrakt besteht aus einem flexiblen Endoskop, einer Lichtquelle, einem Videoprozessor, einem Monitor und einer Luftpumpe, in vielen Fällen ergänzt durch ein angeschlossenes Videoaufzeichnungssystem 2 3. Erhältlich sind darüber hinaus eine große Vielfalt verschiedener Instrumente und Accessoires, einschließlich Biopsiezangen, zytologische Bürsten, Aspirationskanülen, Injektionskanülen sowie Fremdkörperfasszangen und Fremdkörperkörbe 4. Zentrale Überlegungen bei der Wahl eines Endoskops betreffen die Länge, den äußeren Durchmesser des Endoskopschlauchs (sogenannter Arbeitsdurchmesser) sowie den Durchmesser des Arbeitskanals. Bei Hunden sind Endoskope mit einem Arbeitsdurchmesser von 8-9 mm und einer Länge von 100-140 cm im Rahmen der routinemäßigsten GI-Endoskopie am vielseitigsten einsetzbar 2 5, auch wenn diese Länge bei den größten Hunderassen unter Umständen nicht ausreicht, um den ileocolischen Sphincter oder den Pylorus zu passieren. Empfohlen werden Endoskope mit einem Arbeitskanal eines Durchmessers von 2,8 mm, der auch die größten Biopsiezangen aufnehmen kann, um Biopsieproben besserer Qualität zu gewinnen.
Die endoskopischen Befunde sollten unmittelbar nach der Untersuchung aufgezeichnet werden (im Idealfall mit Bildern). Standardisierte Formulare für solche Aufzeichnungen wurden erst kürzlich veröffentlicht (siehe: www.wsava.org/guidelines/ gastrointestinal-guidelines).
Die klinischen Symptome einer Erkrankung des Ösophagus umfassen Regurgitation, Dysphagie, Hypersalivation, Husten, Anorexie und Halitose. Eine endoskopische Untersuchung des Ösophagus sollte erst im Anschluss an eine gründliche Anamnese, eine umfassende klinische Untersuchung, Thoraxröntgenaufnahmen (einschließlich Kontraststudien, falls erforderlich) und (je nach Indikation) einer fluoroskopischen Untersuchung in Angriff genommen werden 6. Eine Endoskopie des Ösophagus, gelegentlich ergänzt um eine Biopsie, kann zusätzliche Informationen für die Diagnose von Fremdkörpern (Box 1), Strikturen (Box 2), Ösophagitis, Granulomen im Zusammenhang mit einem Befall mit Spirocerca lupi und Neoplasien liefern. Der gesunde Ösophagus ist in der Regel sehr schwierig zu bioptieren. Wenn Biopsieproben der Ösophaguswand einfach zu gewinnen sind, deutet dies in der Regel auf eine abnorm veränderte Ösophagusschleimhaut hin. Die Endoskopie des Ösophagus erfordert in jedem Fall eine Allgemeinanästhesie (idealerweise nach 8-12-stündiger Fastenperiode). Für die Untersuchung wird der Patient in linker Seitenlage oder in Sternallage positioniert. Bei eingeschränkter Motilität mit Retention von Nahrung im Ösophagus kann eine 24-stündige Fastenperiode erforderlich sein oder sogar eine Spülung des Ösophagus bei intubierter Trachea, um eine aussagekräftige Endoskopie durchführen zu können.
Ösophageale Fremdkörper kommen bei Hunden häufig vor und stellen echte Notfälle dar. Eine schnelle Intervention ist erforderlich, da hochgradige Komplikationen drohen. Je länger der Fremdkörper im Ösophagus liegt, desto höher ist das Risiko für Komplikationen. Die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine Kombination von Vorbericht, klinischer Untersuchung (Ptyalismus, Anorexie, Regurgitation von Speichel) und Thoraxröntgenaufnahmen. Eine hochgradige Ösophagitis kann Würgen oder Regurgitation/Erbrechen hervorrufen und respiratorische Komplikationen wie Aspirationspneumonie oder Pneumothorax induzieren. In der Mehrzahl der Fälle sitzen Fremdkörper im thorakalen Abschnitt des Ösophagus, in jedem Fall sollten aber auch Röntgenaufnahmen des Abdomens angefertigt werden, um den gesamten GI-Trakt zu evaluieren. Die endoskopische Extraktion ist die bevorzugte Behandlungsmethode und in 68 bis 90 % aller Fälle von Fremdkörpern kurativ. Scheitert die Extraktion, kann der Fremdkörper in der Regel in den Magen vorgeschoben und anschließend auf chirurgischem Weg entfernt werden. Wenn jedoch das Risiko einer Lazeration des Ösophagus besteht oder bereits eine Perforation der Ösophaguswand vorhanden ist, wird trotz des höheren Komplikationsrisikos eine Ösophagotomie bevorzugt. Während der Extraktion kann es hilfreich sein, die Position des Hundes mehrfach zu verändern. Gelingt die endoskopische Extraktion jedoch auch nach 60 bis 90 Minuten nicht, sollten die Versuche abgebrochen und eine chirurgische Alternative in Betracht gezogen werden. Komplikationen einer endoskopischen Extraktion (in der Regel in etwa 10 % aller Fälle) umfassen eine Ösophagitis mit anschließender Strikturbildung, eine Perforation der Ösophaguswand und sogar eine Lazeration benachbarter Organe, wie zum Beispiel der Aorta. Die häufigste Ursache solcher Komplikationen sind abgeschluckte und im Ösophagus festsitzende Knochen. Hunde mit hochgradiger Ösophagitis nach Fremdkörperextraktion und Hunde mit einem Körpergewicht von unter 10 kg weisen höhere Komplikationsraten auf, und chirurgische Interventionen zur Entfernung von Fremdkörpern haben generell höhere Komplikationsraten als endoskopische Extraktionen. Weiterführende Literatur: Gianella P, Pfammatter NS, Burgener IA. Oesophageal and gastric endoscopic foreign body removal: complications and follow-up of 102 dogs. J Small Anim Pract 2009;50:649-654. |
Klinische Symptome einer Ösophagusstriktur sind eine Regurgitation von Futter kurze Zeit nach der Nahrungsaufnahme, gelegentlich einhergehend mit Halitose und Ptyalismus. Anorexie tritt nur selten auf, es sei denn, es liegt zusätzlich eine Odynophagie (Schmerzen beim Schlucken) vor. Ösophagusstrikturen entwickeln sich als Komplikation einer Ösophagitis, insbesondere aufgrund eines gastroösophagealen Refluxes während einer Anästhesie, aber auch als Folge einer Extraktion von Ösophagusfremdkörpern oder als Komplikation einer chirurgischen Intervention am Ösophagus. Die Diagnose erfolgt mittels Leer- oder Kontraströntgenaufnahmen oder auf endoskopischem Weg. Behandlungsoptionen sind eine Dilatation der Striktur unter fluoroskopischer oder endoskopischer Kontrolle mit Hilfe eines mit Wasser inflatierten Ballons oder über eine Bougierung, wobei Letztere traumatischer ist als eine Ballondilatation. Nach erfolgter Dilatation kann Triamcinolon über eine endoskopische Nadel in die Ösophaguswand injiziert werden, um ein Rezidiv zu verhindern. Ferner werden Antibiotika, Protonenpumpenhemmer und Magenschleimhaut schützende Arzneimittel verabreicht. Das Einsetzen von Stents wurde kürzlich als Option für therapieresistente Strikturen vorgeschlagen. Arzneimittel wie Omeprazol oder Esomeprazol können prophylaktisch eingesetzt werden, um den pH-Wert des Mageninhalts zu erhöhen. Ziel ist es, der Entstehung einer Ösophagitis und einer Striktur infolge einer Allgemeinanästhesie vorzubeugen. Auch eine zu lange Fastendauer vor einem chirurgischen Eingriff wird mit einem vermehrten gastroösophagealen Reflux in Verbindung gebracht. Als ideal wird eine präoperative Fastenperiode von 8-12 Stunden vorgeschlagen. Weiterführende Literatur: Adamama-Moraitou KK, Rallis TS, Prassinos NN, Galatos AD. Benign esophageal stricture in the dog and cat: a retrospective study of 20 cases. Can J Vet Res 2002;66:55-59. |
Kontraststudien, insbesondere mit Barium, sollten unmittelbar vor einer Endoskopie vermieden werden, da sie die visuelle Darstellung der Schleimhaut beeinträchtigen können. Wird eine Kontrastuntersuchung durchgeführt, sollte die anschließende Endoskopie um mindestens 24 Stunden verschoben werden.
Eine Endoskopie des Ösophagus wird am besten mit einem flexiblen Endoskop durchgeführt. Starre Endoskope können eingesetzt werden, um große Fremdkörper zu extrahieren, sie erhöhen aber das Risiko einer Ösophagusperforation und erlauben im Unterschied zu flexiblen Endoskopen keine umfassende und vollständige adspektorische Untersuchung des Ösophagus.
Ein 11 Monate alter männlicher Mops wurde aufgrund einer akuten Anorexie und Regurgitation, die sich vor drei Tagen entwickelt hatten, überwiesen. Die klinische Untersuchung und die Blutuntersuchung verliefen unauffällig. Die Röntgenuntersuchung des Thorax ergab eine ungewöhnliche Verschattung im Bereich des distalen Ösophagus, die den starken Verdacht eines Fremdkörpers nahelegte (Abbildung 1). Bei der Endoskopie zeigte sich ein im Bereich der Thoraxapertur erweiterter Ösophagus mit einem großen, unmittelbar cranial der Cardia festsitzenden Knochen (Abbildung 2). Trotz mehrfacher Umlagerung des Patienten gelang es auch nach längeren Bemühungen nicht, den Fremdkörper mittels Endoskop zu extrahieren, so dass er schließlich in den Magen hinein vorgeschoben wurde. Bei der anschließenden Gastroskopie wurden keine Anomalien im Magen festgestellt. In Anbetracht der hochgradigen nekrotisch-ulzerösen Läsionen im Ösophagus und des hohen Risikos einer Perforation der Ösophaguswand, wurde zwei Tage später eine Gastrotomie durchgeführt, um den Knochen aus dem Magen zu entfernen. Anschließend erfolgte eine zehntägige Behandlung mit Omeprazol, Sucralfat, einem Antibiotikum und Methylprednisolon. Als mögliche Komplikation wurde eine postoperative Striktur des Ösophagus angesehen. Wenn die klinischen Symptome bei diesem Patienten nicht zurückgegangen wären, hätte man eine weitere endoskopische Untersuchung durchführen müssen. Die Erholung verlief jedoch ereignislos, und auch ein Jahr später war der Hund weiterhin symptomfrei.
Eine neun Monate alte, kastrierte Labradorhündin wurde mit einem Vorbericht über chronische (seit einem Monat) Regurgitation bzw. Erbrechen von Futter wenige Minuten nach der Nahrungsaufnahme überwiesen. Zudem wurden eine Hypersalivation und ein hochgradiger Gewichtsverlust während des vorangegangenen Monats beschrieben. Der Appetit der Hündin war gut, sie war aber nicht in der Lage, die aufgenommene Nahrung intus zu behalten. Eine Woche vor dem Auftreten der klinischen Symptome war die Hündin kastriert worden. Bei der klinischen Untersuchung wurde ein Body Condition Score von 2 auf einer 9-stufigen Skala festgestellt, einhergehend mit einer mittelgradigen Muskelatrophie und einer Dehydratation von 8 %. Der Hund zeigte Ptyalismus, und die Palpation der ventralen Halsseite war schmerzhaft. Die Blutuntersuchung ergab eine geringgradige Hyperproteinämie, Hypernatriämie und Hypochlorämie, Laborbefunde also, die typischerweise bei Regurgitation/Hypersalivation auftreten können. Röntgenaufnahmen zeigten eine Erweiterung der rostralen Hälfte des thorakalen Ösophagus (Abbildung 3). Die Endoskopie bei der anästhesierten und in linker Seitenlage abgelegten Hündin ergab eine hochgradige Ösophagusstriktur (Abbildung 4), möglicherweise als Folge eines gastroösophagealen Refluxes während der laut Vorbericht vor kurzer Zeit durchgeführten Anästhesie für die Kastration. Die Spitze des Endoskops konnte nicht durch die Strikturstelle geführt werden. Die Striktur wurde anschließend erfolgreich mit Hilfe einer endoskopischen Ballondilatation behandelt, wobei der Ballon durch den Arbeitskanal des Endoskops in den Bereich der Striktur geführt und mit Wasser inflatiert wurde, um die Engstelle aufzudehnen (Abbildung 5). Nach erfolgter Dilatation wurde kaudal der Striktur endoskopisch eine hochgradige multifokale Ulzeration festgestellt (Abbildung 6), der Magen war dagegen endoskopisch befundfrei. Insgesamt waren drei Ballondilatationen im Abstand von jeweils 5-6 Tagen erforderlich, um eine zufriedenstellende Resolution der Striktur zu erreichen. Bei einer Fluoroskopie mit verschiedenen Bariummahlzeiten nach der zweiten Dilatation wurde eine normale Ösophagusmotilität mit Feuchtnahrung festgestellt, während ein Trockennahrungsbolus die Strikturstelle nicht passieren konnte, ohne dass der Hund Wasser abschluckte. Ein gastroösophagealer Reflux wurde im Rahmen der Fluoroskopie nicht beobachtet. Omeprazol, Sucralfat und Methylprednisolon wurden zwischen den einzelnen Dilatationen und anschließend nach der letzten Behandlung über weitere zwei Wochen verordnet. Drei Monate nach der dritten Dilatation, war der Patient bei gutem Allgemeinbefinden und hatte an Körpergewicht zugenommen. Die Hündin tolerierte aber weiterhin nur angefeuchtete Trockenfutterkroketten, während trockene Kroketten nach wie vor eine Regurgitation induzierten.
Klinische Symptome einer Erkrankung des Magens sind Erbrechen, Hämatemesis, Anorexie, Nausea, Halitose und/oder Melaena. Eine Endoskopie empfiehlt sich in erster Linie bei Patienten mit chronischen GI-Erkrankungen, kann aber auch bei Verdacht auf ein akutes Problem wie einen Fremdkörper oder eine Ulzeration angezeigt sein 7. Insbesondere bei chronischen GISymptomen sollte im Rahmen der Endoskopie des Magens nach Möglichkeit immer auch eine Duodenoskopie durchgeführt werden. In den meisten Fällen mit chronischem Erbrechen wird eine Diagnose in der Tat eher mit Hilfe einer duodenalen Endoskopie und Biopsie erreicht und weniger über eine Gastroskopie. Eine Gastroskopie mit Biopsie unterstützt im typischen Fall die Diagnose einer Gastritis, einer Neoplasie, einer chronisch-hypertrophen Gastropathie und von Ulzera, sie sollte generell aber (wie oben erwähnt) erst im Anschluss an ein gründliches diagnostisches Work-up durchgeführt werden. Mit Hilfe der Endoskopie können auch Fremdkörper aus dem Magen extrahiert und Magenpolypen (benigne Vorwölbungen der Magenschleimhaut) entfernt werden. Zudem kann das Legen einer gastrischen Ernährungssonde endoskopisch unterstützt werden. Eine Endoskopie des Magens erfordert in jedem Fall eine Allgemeinanästhesie, idealerweise nach mindestens 8-12-stündiger Fastenperiode, bei Verdacht auf eine verzögerte Magenentleerung aber auch nach bis zu 24-36-stündigem Nahrungsentzug. Für die Untersuchung wird der anästhesierte Hund in linker Seitenlage abgelegt. Kontraststudien, insbesondere mit Barium, müssen mindestens 24-36 Stunden vor einer Endoskopie durchgeführt werden, da Barium die visuelle Untersuchung der Schleimhaut beeinträchtigt und darüber hinaus das Endoskop beschädigen kann. Falls erforderlich, kann vor der Endoskopie mit Hilfe abdominaler Röntgenaufnahmen abgeklärt werden, ob noch Bariumreste im GI-Trakt vorhanden sind. Die Haupteinschränkung der Endoskopie besteht darin, dass sie keine Diagnose von Erkrankungen der Submucosa und von GI-Motilitätsstörungen ermöglicht. Zudem können Größe oder Form von Fremdkörpern eine endoskopische Extraktion unmöglich machen. Sehr schwierig und zeitaufwendig kann die endoskopische Extraktion großer Bezoare sein. In vielen dieser Fälle kann sich die chirurgische Entfernung als eine vernünftige Alternative anbieten.
Eine 12 Jahre alte, intakte Shih Tzu-Hündin wurde mit einem Vorbericht über tägliches Erbrechen während der vorangegangenen neun Monate überwiesen. Empirische Behandlungen (Entwurmung, Antibiotika, Diätnahrungen, Magenschleimhaut schützende Arzneimittel) waren wirkungslos geblieben. Bei der klinischen Untersuchung wurde ein niedriger Body Condition Score (2/9) und ein Gewichtsverlust von 10 % über die vorangegangenen drei Monate festgestellt. Die Blutchemie, das große Blutbild, eine Harnanalyse, ein cPLI-Test, ein parasitologisches Kotscreening und Thoraxröntgenaufnahmen ergaben keine besonderen Befunde. Die Folsäure- und Cobalaminspiegel waren jedoch hochgradig herabgesetzt: Die Folsäurekonzentration lag bei 2,59 ng/ml (Referenzintervall 5-12 ng/ml) und die Cobalaminkonzentration < 150 ng/l (Referenzintervall: 250- 800 ng/l). Bei der abdominalen Sonographie fielen eine hochgradige Verdickung der Magenwand und eine fokale Reaktion im mesenterialen Fettgewebe auf (Abbildung 7). Eine Feinnadelaspiration der Magenwand unter Ultraschallkontrolle ergab eine neutrophile Entzündung. In Anbetracht des starken Neoplasieverdachts wurde eine Gastroskopie durchgeführt. Ösophagus, Magenfundus und die große Kurvatur erschienen endoskopisch normal, die kleine Kurvatur und das Antrum waren jedoch derb und zeigten bei Insufflation keine Dilatationsneigung. Ulzera wurden nicht festgestellt. Aufgrund der Hochgradigkeit der Veränderungen im Bereich des Antrums gelang es nicht, das Endoskop durch den Pylorus zu schieben (Abbildung 8). Die histopathologische Untersuchung ergab ein Adenokarzinom des Magens mit sehr schlechter Prognose, so dass die Hündin drei Tage später euthanasiert wurde (Box 3).
Adenokarzinome des Magens repräsentieren 70 bis 80 % aller Magentumore bei Hunden. Die häufigsten klinischen Symptome sind progredienter Natur und umfassen Erbrechen, Anorexie, Gewichtsverlust und Hämatemesis mit einer Dauer von einigen wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten. Die routinemäßigen Blutergebnisse können unspezifisch sein, aber auch auf eine Anämie und erhöhte Leberenzyme aufgrund von Lebermetastasen oder einer Obstruktion des Hauptgallengangs hindeuten. Mit Hilfe einer Gastroskopie können die meisten, wenn nicht sogar alle Magenkarzinome nachgewiesen werden. Im typischen Fall stellt sich die Magenwand endoskopisch derb und nicht dehnbar dar und mit Läsionen, die einen diffus infiltrativen Charakter haben können. Diese Läsionen können weitgehend ulzerativ sein und nekrotische Zentren aufweisen oder aber einen polypoiden Charakter haben. Am wahrscheinlichsten sind der Pylorus und das Antrum betroffen, insbesondere im Bereich der Incisura angularis. Die endgültige Diagnose basiert auf den histopathologischen Befunden. Eine zytologische Untersuchung endoskopisch gewonnener Biopsieproben oder chirurgisch gewonnener Feinnadelaspirate kann jedoch hilfreich sein, da deren Ergebnisse Untersuchungen zufolge gut mit den histopathologischen Befunden korrelieren. Bleibt die histopathologische Untersuchung endoskopischer Biopsieproben ohne Befund, kann eine Magenneoplasie nicht unbedingt ausgeschlossen werden. Bei tiefer in der Mucosa lokalisierter neoplastischer Infiltration besteht die Gefahr, dass eine endoskopische Biopsie zu oberflächlich bleibt (Partial-Thickness-Biopsie). In diesen Fällen kann eine aussagekräftige endgültige Diagnose unter Umständen nur mit Hilfe einer sämtliche Schichten erfassenden chirurgischen Vollwandbiopsie erreicht werden. Eine Feinnadelaspiration der Magenwand unter Ultraschallkontrolle ist jedoch deutlich weniger invasiv und kann in diesen Fällen eine gute Alternative sein. Eine spezifische Therapie gibt es nicht, außer einer vollständigen chirurgischen Exzision, wenn noch keine metastatische Ausbreitung des Tumors erfolgt ist. Die Prognose ist in der Regel schlecht mit Überlebenszeiten von < 6 Monaten. Weiterführende Literatur: Marolf AJ, Bachand AM, Sharber J, et al. Comparison of endoscopy and sonography findings in dogs and cats with histologically confirmed gastric neoplasia. J Small Anim Pract 2015;56:339-344. |
Klinische Symptome einer Erkrankung des Dünndarms sind chronisches oder rezidivierendes Erbrechen und/oder Diarrhoe, abdominale Schmerzen, Gewichtsverlust, GI-Blutungen (Hämatemesis, Melaena oder Anämie) und unregelmäßiger Appetit. Nach Ausschluss systemischer Erkrankungen bei einem Hund mit Gewichtsverlust und chronischer Diarrhoe und/oder chronischem Erbrechen basiert die Entscheidung pro endoskopische Untersuchung auf folgenden Faktoren 8:
• Grad der klinischen Symptome oder Vorliegen von GI-Blutungen
• Nichtansprechen auf empirische Behandlungen (Entwurmung, diätetische Modifikationen, antibiotische Versuchsbehandlung)
• Laborergebnisse: Hypalbuminämie, positive fäkale Alpha-1- Antiprotease, niedrige Serumkonzentrationen von Cobalamin und/oder Folsäure bei normalem TLI-Wert
• Abdominale Sonographiebefunde: Veränderungen der Darmwand oder hyperechogenes Streifenmuster der Darmschleimhaut bei einem Hund mit Hypalbuminämie 9
In einigen Fällen kann eine chirurgische Biopsie die bessere Option für die Diagnose sein als eine endoskopische Biopsie, insbesondere, wenn die abdominale Sonographie auf eine fokale Veränderung in einem Darmsegment hinweist, das mit dem Endoskop nicht zu erreichen ist, oder wenn es sich um tief in der Mucosa gelegene Veränderungen handelt, die mittels endoskopischer Biopsie (Partial-Thickness-Biopsie) nicht erfasst werden. Die Endoskopie ist zwar zweifellos das am wenigsten invasive Verfahren zur Gewinnung von Biopsieproben, in bestimmten Situationen kann sie jedoch kontraindiziert sein, wie z. B. bei hochgradigen klinischen Erkrankungen wie Hypovolämie, Hypotonie oder Koagulopathie oder bei Patienten mit einem erhöhten Narkoserisiko. In diesen Fällen kann je nach Einschätzung des Tierarztes zunächst eine medikamentöse Behandlung eingeleitet werden, um den Patienten zu stabilisieren und die endoskopische Untersuchung je nach Zustand des Patienten auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Auch hier wieder der Hinweis, dass eine Endoskopie nur im Anschluss an ein gründliches Work-up einschließlich Ultraschall, Kotuntersuchung auf Parasiten, Blutuntersuchung (TLI, Folsäure und Cobalamin) und Harnanalyse durchgeführt werden sollte. Die zwei zentralen Einschränkungen sind, dass endoskopische Biopsien immer nur oberflächliche Veränderungen der Mucosa erfassen und dass es bei einigen Patienten schwierig sein kann, den Pylorus oder den ileocolischen Sphincter zu passieren. Bei Hunden mit chronischen GI-Erkrankungen, bei denen eine Darmbiopsie durchgeführt werden muss, wird heute eine „Up-and-Down“-Endoskopie empfohlen, da einige Krankheitsprozesse, einschließlich Entzündungen und Lymphangiektasie, heterogen im gesamten Dünndarm verteilt sein können 10 11. Neuere Studien definieren die erforderliche Mindestanzahl adäquater endoskopischer Biopsieproben, um eine aussagekräftige Diagnose zu erreichen 12 13 14 (Tabelle 1). Eine Endoskopie des Duodenums/ Ileums erfordert in jedem Fall eine Allgemeinanästhesie. Der Hund sollte vor der Untersuchung über 8-12 Stunden gefastet und nach Einleitung der Anästhesie in linker Seitenlage abgelegt werden. Eine Ileoskopie erfordert eine längere Fastenperiode, und die Vorbereitung des Patienten entspricht im Wesentlichem dem bei der Koloskopie beschriebenen Procedere (siehe unten).
GI segment
|
Anzahl endoskopischer Proben |
---|---|
Magen | 6 adäquate Bioptate; bioptiert wird der Fundus, es sei denn, es liegen fokale Läsionen vor |
Duodenum | 10-15 adäquate Bioptate |
Ileon | 5 adäquate Bioptate |
Kolon | 9-12 adäquate Bioptate, mindestens 3-4 Bioptate aus jedem Abschnitt des Kolons |
Eine 10 Jahre alte Border Collie-Hündin wurde mit einer chronischen (seit 3 Monaten) gemischten Diarrhoe vorgestellt, die auf empirische Behandlungen nicht angesprochen hatte. Die klinische Untersuchung ergab bis auf einen niedrigen Body Condition Score keine besonderen Befunde. Blutproben ergaben eine Hypalbuminämie (Albumin 13,3 g/l, Referenzintervall 23-39 g/l), eine Hypomagnesämie (0,15 mmol/l, Referenzintervall 0,7-1,0 mmol/l) und eine Hypocobalaminämie (84 ng/l, Referenzintervall 200- 800 ng/l). Gallensäuretests, das große Blutbild, eine Harnanalyse, das Gerinnungsprofil, ein Kotscreening auf Parasiten und Thoraxröntgenaufnahmen zeigten keine abweichenden Befunde. Bei der abdominalen Ultraschalluntersuchung wurde eine abnorme Magenmotilität festgestellt. In Anbetracht der hochgradigen Hypalbuminämie wurde nach Korrektur der Hypomagnesämie eine bidirektionale Endoskopie (Gastro-Duodeno- Ileo-Koloskopie) durchgeführt. Die Endoskopie des Kolons ergab keine besonderen Befunde. Das Endoskop wurde erfolgreich durch die ileokolische Klappe in das Ileum geführt und zeigte prominente Zotten, die den starken Verdacht einer Lymphangiektasie aufkommen ließen (Abbildung 9). Ösophagus und Magen erschienen endoskopisch normal, die Schleimhaut des Duodenums war jedoch brüchig und wies ebenfalls prominente Zotten auf. Biopsieproben wurden von allen Segmenten des GI-Traktes genommen und zeigten histopathologisch eine mittelgradige duodenale Entzündung mit Lymphangiektasie und hochgradige Veränderungen im Ileum (Box 4). Eine Behandlung mit Prednisolon und Metronidazol wurde eingeleitet, kombiniert mit einer Cobalaminsupplementierung und einer hypoallergenen Diätnahrung. Der Hund zeigte innerhalb von wenigen Tagen eine klinische und biochemische Besserung. Nach sechs Wochen wurde die Behandlung abgesetzt, und Rezidive der klinischen Symptome traten nicht auf.
Proteinverlustenteropathie (engl.: Protein-losing enteropathy = PLE) beschreibt einen abnormen Verlust von Albumin über den GI-Trakt. PLE kann mit verschiedenen primären Erkrankungen zusammenhängen. Meist liegen ein chronisches intestinales Entzündungsgeschehen und eine intestinale Lymphangiektasie zugrunde, verantwortlich kann aber auch ein intestinales Lymphom sein. Das klassische klinische Bild ist eine Kombination von chronisch rezidivierenden Verdauungssymptomen mit hochgradigem Gewichtsverlust und peripheren Ödemen oder Körperhöhlenergüssen. Chronische Diarrhoe ist das häufigste klinische Symptom, wird aber nicht in allen Fällen beobachtet. Weitere Symptome sind chronisches Erbrechen, Atemnot infolge eines Pleuraergusses, Melaena oder weitere Symptome im Zusammenhang mit Komplikationen einer PLE, wie zum Beispiel eine Thrombose. Die Diagnose der PLE erfordert ein stufenweises Vorgehen. Nach labordiagnostischer Bestätigung einer Hypalbuminämie müssen zunächst andere Ursachen eines niedrigen Albuminspiegels (wie z. B. Lebererkrankung, Proteinverlustnephropathie, Morbus Addison) mit Hilfe einer Reihe von Standardbluttests ausgeschlossen werden. Die meisten, aber nicht alle Hunde entwickeln begleitend eine Hypoglobulinämie und eine Hypocholesterinämie. Wenn verfügbar, kann eine Bestimmung des fäkalen Alpha-1-Antitrypsins hilfreich sein, um eine PLE in Fällen mit begleitender Proteinverlustnephropathie oder Leberinsuffizienz zu bestätigen. Der zweite Schritt ist eine abdominale Ultraschalluntersuchung mit dem Ziel, die im Einzelfall am besten geeignete Biopsiemethode (endoskopisch oder chirurgisch) zu bestimmen und andere abdominale Organe zu untersuchen. Bei der Sonographie können fokale oder fleckenförmige Läsionen im GI-Trakt zu erkennen sein. Bei Verdacht auf ein Lymphom können multiple Feinnadelaspirate unter Ultraschallkontrolle sämtlicher veränderter Organe hilfreich sein. Eine abdominale Ultraschalluntersuchung ohne besonderen Befund darf jedoch niemals Anlass für einen Ausschluss intestinaler Erkrankungen sein. Der dritte Schritt ist schließlich eine intestinale Biopsie (endoskopische Biopsie oder chirurgische Vollwandbiopsie) mit anschließender histopathologischer Diagnose. Eine Endoskopie ist jedoch nicht in jedem Fall angezeigt, insbesondere nicht, wenn entsprechende Läsionen in endoskopisch unzugänglichen Segmenten des Verdauungstraktes lokalisiert sind. Wird eine Endoskopie durchgeführt, sollte diese immer bidirektionaler Natur sein, also den oberen und den unteren GITrakt erfassen, um auch Biopsieproben aus dem Duodenum und aus dem Ileum zu gewinnen, da entsprechende Läsionen fleckenförmig oder segmental im Darm verteilt sein können. Weiterführende Literatur: Dossin O, Lavoué R. Protein-losing entero pathies in dogs. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2011;41:399-418. |
Klinische Symptome einer Erkrankung des Kolons umfassen insbesondere Symptome einer Dickdarmdiarrhoe, wie z. B. Tenesmus, Dyschezie, fäkale Schleimbeimengungen und Hämatochezie. Weitere mögliche Symptome bei einer Erkrankung des Kolons sind Erbrechen, Obstipation, eine Hämatochezie ohne Diarrhoe und eine gemischte Diarrhoe. Erbrechen kann in bis zu 30 % aller Fälle von Erkrankungen des Kolons auftreten, und Hämatochezie ohne Diarrhoe wird bei 70 % aller Hunde mit rektalen Tumoren beschrieben 15. Eine Endoskopie des Kolons erfordert in jedem Fall eine Allgemeinanästhesie. Für die Untersuchung wird der Hund in linker Seitenlage abgelegt. Die Vorbereitung des Patienten umfasst eine vollständige Entleerung des Rektums und des Kolons, zum einen, weil residuale Fäzes die direkte visuelle Untersuchung beeinträchtigen und eine vollständige Untersuchung bis zum ileokolischen Sphincter verhindern können, zum anderen, weil die endoskopische Untersuchung des Ileums heute als ein wesentlicher Teil des endoskopischen Work-Ups bei Patienten mit Dünndarmsymptomatik anerkannt ist 16. Der Patient kann auf verschiedenen Wegen für eine Koloskopie vorbereitet werden, die Autoren bevorzugen jedoch ein Zwei-Stufen-Protokoll:
• Über einen Zeitraum von vier bis fünf Tagen vor der Endoskopie erhält der Hund ausschließlich hochverdauliche Nahrung (z. B. gekochtes Huhn oder weißen Fisch).
• Einen Tag vor der Endoskopie wird der Patient stationär aufgenommen und gefastet. Zwei Einläufe werden 24 und 12 Stunden vor der Koloskopie durchgeführt, und ein dritter Einlauf erfolgt unmittelbar vor Einleitung der Anästhesie.
Für die Einläufe verwendet man warmes Wasser ohne Seife in einer Dosierung von 30-50 ml/kg. Andere Klistierlösungen (z. B. mit Natriumphosphat) sind nicht zu empfehlen, da lebensbedrohliche metabolische Komplikationen mit hochgradiger Hypernatriämie, Hypocalcämie, Hyperphosphatämie und Polycythämie beschrieben werden 17. Einer Studie zufolge sollte zur Vorbereitung von Hunden auf eine Koloskopie anstelle wiederholter Einläufe vorzugsweise eine Elektrolytlösung mit Polyethylenglycol (PEG) oral verabreicht werden 18. Hierfür werden jedoch große Volumina von PEG benötigt (> 50 ml/kg), deren Applikation aus praktischer Sicht sehr schwierig sein kann und in vielen Fällen über nasogastrische oder orogastrische Sonden erfolgen muss.
Ein 9 Monate alter Boxerrüde wurde aufgrund einer seit fünf Monaten bestehenden chronischen Dickdarmdiarrhoe mit Hämatochezie, Tenesmus und Schleimbeimengungen überwiesen, die auf eine empirische Behandlung (Fenbendazol, Toltrazuril, Metronidazol, Enrofloxacin) nicht angesprochen hatte. Anfangs hatte der gesamte Wurf dieselben Symptome gezeigt, bei den anderen Welpen kam es unter Behandlung mit Enrofloxacin jedoch zu einer Besserung. Ein Gewichtsverlust oder Wachstumsverzögerungen wurden nicht festgestellt, und der vorgestellte Hund war korrekt geimpft und entwurmt. Bei der klinischen Untersuchung einschließlich Rektaluntersuchung wurden keine besonderen Befunde erhoben. Das Kotscreening auf Parasiten, das große Blutbild, das biochemische Profil, der TLI-Wert, die Folsäure- und Cobalaminspiegel sowie die Harnanalyse zeigten ebenfalls keine Abweichungen. Bei der abdominalen Ultraschalluntersuchung wurden hochgradige Veränderungen im Kolon festgestellt: Eine signifikante Verdickung der Kolonwand mit Verlust der Wandschichtung sowie eine mittelgradige Hypertrophie der sublumbalen Lymphknoten. Die zytologische Untersuchung eines unter Ultraschallkontrolle entnommenen Feinnadelaspirates der Lymphknoten ergab eine geringgradige, unspezifische, granulomatöse Entzündung. Die Endoskopie des Kolons zeigte einen Verlust submukosaler Gefäße und mehrere disseminierte Knoten und Petechien im Kolon descendens (Abbildung 10). Diese Befunde sprachen für eine hochgradige Entzündung des Kolons oder (weniger wahrscheinlich) für eine Neoplasie. Aufgrund des Alters und der Rasse des Hundes galt die granulomatöse Kolitis als die wahrscheinlichste Diagnose und wurde mit der anschließenden Biopsie histopathologisch bestätigt (Box 5). Enrofloxacin wurde über einen Zeitraum von sechs Wochen verordnet, kombiniert mit einer hypoallergenen Diätnahrung. Unter dieser Behandlung besserte sich der Zustand des Hundes innerhalb von fünf Tagen dramatisch, und über mehrere Jahre nach der Diagnose wurden keine Rezidive beschrieben.
Bei der granulomatösen Kolitis handelt es sich um eine seltene Form einer entzündlichen Darmerkrankung, verursacht durch einen Escherichia coli-Stamm mit hohem Adhärenz- und Invasionsvermögen. Typische klinische Symptome sind eine Dickdarmdiarrhoe und Gewichtsverlust, der in hochgradigen Fällen bis zu einer Kachexie fortschreiten kann. Boxer unter 4 Jahren sind besonders prädisponiert, aber auch andere Rassen können betroffen sein. Die Diagnose erfolgt über eine endoskopische Biopsie des Kolons, wobei die Histopathologie im typischen Fall eine hochgradige Ulzeration der Mucosa zeigt mit Infiltration der Submucosa und der Lamina propria durch Makrophagen, die sich mit der Periodic Acid Schiff (PAS)-Färbung positiv anfärben. Die infektiöse Ursache kann mit Hilfe einer Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) identifiziert werden, ein negatives FISH-Resultat schließt eine Infektion mit E. coli aber keinesfalls aus, da die bakterielle Invasion des intestinalen Gewebes ein fleckenförmiges Muster aufweisen kann und die untersuchten Proben aus erregerfreien Arealen stammen können. Zu empfehlen ist deshalb immer die Entnahme von mindestens 10 Biopsieproben der Mucosa aus verschiedenen Lokalisationen. Die bevorzugte Behandlung ist eine Langzeitgabe von Enrofloxacin (5- 10 mg/kg alle 24 Std. über 6-8 Wochen, auch wenn die Symptome schnell zurückgehen) mit der eine dauerhafte Remission erreicht werden kann. In jedem Fall ist jedoch eine bakterielle Kultur mit Empfindlichkeitstest der Biopsieproben zu empfehlen, da erst kürzlich eine Resistenz gegenüber Quinolonen beschrieben wurde, einhergehend mit einem schlechten klinischen Outcome bei den betroffenen Patienten. Generell sollte Enrofloxacin für die Behandlung einer Kolitis bei einem Hund aber erst dann verordnet werden, wenn die spezifische Diagnose einer granulomatösen Kolitis auf histopathologischem Weg bestätigt wurde. Weiterführende Literatur: Craven M, Mansfield CS, Simpson KW. Granulomatous colitis of boxer dogs. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2011;41:433-445. |
Olivier Dossin
Olivier Dossin schloss sein Tiermedizinstudium an der Ecole Nationale Vétérinaire de Toulouse ab. Dort war er etwa 15 Jahre als Mitglied der Fakultät Mehr lesen
Franck Jolivet
Nach Abschluss seines Studiums an der Ecole Nationale Vétérinaire de Toulouse im Jahr 2013 und Absolvierung eines rotierenden Internships im Bereich Small Mehr lesen
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