Ernährung der diabetischen Katze
Diabetes mellitus kann weitreichende Auswirkungen auf...
Ausgabe nummer 29.3 Exokrines Pankreas
veröffentlicht 30/04/2020
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Trotz der Tatsache, dass es sich bei der Pankreatitis um eine in der erstbehandelnden tierärztlichen Praxis häufig festgestellte Erkrankung handelt, kann die Diagnose alles andere als unkompliziert sein, wie uns Iwan Burger in diesem Artikel erläutert, der die Pros und Contras der heute verfügbaren diagnostischen Optionen beleuchtet.
Kanine Pankreatitis ist eine häufig festgestellte Erkrankung, über die Pathophysiologie weiß man jedoch nur wenig, und die Ätiologie bleibt in den meisten Fällen unbekannt.
Die Diagnose ist aufgrund verschiedener Faktoren nach wie vor eine Herausforderung für den Tierarzt. Die Histologie gilt als diagnostischer Goldstandard, wird aber nur selten angewendet.
Die Synthese und die Speicherung von Verdauungsenzymen im Pankreas bergen das Risiko einer Selbstverdauung und einer nachfolgenden Entzündung, d. h. einer Pankreatitis. Streng genommen bezeichnet der Terminus Pankreatitis eine Entzündung (also eine Infiltration von Entzündungszellen) der exokrinen Bauchspeicheldrüse, wird aber häufig auch auf andere Erkrankungen des exokrinen Pankreas ausgedehnt, die hauptsächlich durch eine Nekrose (nekrotisierende Pankreatitis) oder durch irreversible strukturelle Veränderungen wie Fibrose (chronische Pankreatitis) gekennzeichnet sind und in einigen Fällen nur eine geringgradige entzündliche Komponente aufweisen 1.
Das exokrine Pankreas verfügt über eine Reihe von Mechanismen zur Verhinderung einer Selbstverdauung (z. B. Enzymvorstufen, Speicherung von Enzymen in Granula separiert von Lysosomen, lokal hoher pH-Wert, gute Blutversorgung etc.). Wenn alle diese Schutzmechanismen gleichzeitig durchbrochen werden, entwickelt sich eine Pankreatitis. Die Erkrankung selbst schreitet in zwei Stadien voran. Im ersten Stadium wird Trypsin (gebildet durch Aktivierung von Trypsinogen) freigesetzt, das wiederum weitere Verdauungsenzyme aktiviert und so lokale Veränderungen induziert wie Ödeme, Hämorrhagie, Infiltration durch Entzündungszellen sowie Nekrose der azinären Zellen und des peripankreatischen Fettgewebes. Im zweiten Stadium schreitet der eigentliche Entzündungsprozess fort, einhergehend mit einer Rekrutierung von Entzündungszellen und der Freisetzung von Zytokinen, die wiederum zu systemischen Organerkrankungen und schließlich zum Tod führen können.
Die Pankreatitis wird unterteilt in eine akute (AP) und eine chronische Form (CP), abhängig davon, ob permanente histopathologische Veränderungen fehlen (AP) oder vorhanden sind (CP). Die AP wird geprägt durch eine neutrophile Entzündung, einhergehend mit einem interstitiellen Ödem und einer Nekrose des mesenterialen Fettgewebes (Abbildung 1). Bei der CP steht dagegen eine Fibrose im Vordergrund, und weniger entzündliche Veränderungen. Mit zunehmender Fibrose kommt es zu einer graduell zunehmenden zystischen Degeneration des Pankreasgewebes.
Bei der Pankreatitis handelt es sich um die häufigste Erkrankung des exokrinen Pankreas bei Hunden. Über die Pathophysiologie weiß man dennoch nur wenig, und die Ätiologie bleibt in den meisten Fällen unbekannt. Zwergschnauzer haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, an Pankreatitis zu erkranken als andere Hunderassen 2. Mögliche Ursachen sind Mutationen im SPINK-Gen, das den pankreatischen sekretorischen Trypsin-Inhibitor kodiert. Weitere Rassen mit potenziell erhöhtem Pankreatitis-Risiko sind der Cavalier King Charles Spaniel, der Cocker Spaniel, der Boxer, der Border Collie und der Yorkshire Terrier 3. Risikofaktoren für die Entwicklung einer Pankreatitis sind die Aufnahme fettreicher Mahlzeiten, Traumata, eine lokale Ischämie, endokrine Erkrankungen (Hyperadrenokortizismus, Diabetes mellitus und Hypothyreose) sowie verschiedene Arzneimittel. Bei Hunden werden Calcium, Glukokortikoide, L-Asparaginase, Azathioprin, Kaliumbromid, Zink und Glucantime als Risikofaktoren identifiziert, ein kausaler Zusammenhang mit Pankreatitis ist bislang aber für keines der genannten Arzneimittel nachgewiesen. Zieht man Vergleiche mit der humanmedizinischen Literatur, scheint es sinnvoll, zusätzlich auch NSAIDs, Thiazid-Diuretika, Furosemid, Vinca-Alkaloide, Cholinesterasehemmer, Östrogene und Salicylate als potenzielle Induktoren von Pankreatitis in Betracht zu ziehen. Auch Hyperlipidämie – insbesondere eine Hypertriglyzeridämie- kann bei Hunden nachweislich eine Pankreatitis hervorrufen. Bakterielle und mykotische Infektionen werden nur selten als Trigger einer Pankreatitis identifiziert, während Babesia canis als kausaler Erreger von Entzündungen der Bauchspeicheldrüse bekannt ist 4.
Die ante-mortem-Diagnose einer Pankreatitis ist nach wie vor eine Herausforderung für den Tierarzt. Dies hat verschiedene Gründe, einschließlich der undefinierten Ätiologie, der oft geringgradigen und unspezifischen klinischen Symptome, der niedrigen Sensitivität und Spezifität der meisten klinisch-pathologischen Ergebnisse und bildgebenden Befunde sowie der Tatsache, dass häufig begleitende Erkrankungen auftreten und nicht zuletzt der Schwierigkeit, Biopsieproben zu gewinnen oder zu interpretieren. Die Histologie gilt nach wie vor als der Goldstandard der Pankreatitis-Diagnostik, sie wird in der Praxis aber nur selten angewendet.
Pankreatitis stellt sich klinisch sehr unterschiedlich dar von subklinisch bis hin zu multiplem Organversagen. Das klinische Bild entspricht in der Regel dem eines akuten Abdomens, wobei häufig Anorexie, Erbrechen, abdominale Schmerzen und Dehydratation, mit oder ohne Diarrhoe festgestellt werden. Schwere systemische Komplikationen können bei hochgradiger Pankreatitis auftreten (z. B. disseminierte intravasale Koagulation (DIC), pulmonale Thromboembolie, kardiovaskulärer Schock und Multiorganversagen). Chronische Pankreatitis (deren klinische Symptome sogar noch unspezifischer sind als die der akuten Form) kommt bei Hunden seltener vor als bei Katzen.
Abdominale Röntgenaufnahmen zeigen einen Verlust der Detailzeichnung im kranialen Abdomen und/oder einen Masseneffekt. Die Röntgendiagnostik ist jedoch weder sensitiv noch spezifisch für die Diagnose einer Pankreatitis und wird hauptsächlich empfohlen, um begleitende Erkrankungen auszuschließen, wie zum Beispiel Darmobstruktionen oder Fremdkörper. Die abdominale Sonographie gilt als das bildgebende Verfahren der Wahl für die Diagnose der Pankreatitis und leistet darüber hinaus wertvolle Dienste für die Diagnose bzw. den Ausschluss anderer Erkrankungen mit ähnlichen klinischen Symptomen. Es gibt jedoch nur eine begrenzte Anzahl von Studien, die die Leistungsfähigkeit der abdominalen Sonographie bei der Diagnose der kaninen Pankreatitis systematisch evaluieren. Die beste gefundene Sensitivität lag bei 69 %, wobei zu berücksichtigen ist, dass die meisten dieser Studien mehr als 10 Jahre alt sind 5. Seit dieser Zeit wurden signifikante Fortschritte erzielt, sowohl im Bereich der Qualität der technischen Ausrüstung als auch bei der Expertise der Radiologen. An dieser Stelle muss unbedingt betont werden, dass die Leistungsfähigkeit der abdominalen Sonographie für die Diagnose der Pankreatitis in hohem Maße von der Expertise des Sonographen und von der Qualität der eingesetzten technischen Ausrüstung abhängig ist. Sonographische Befunde wie ein hypoechogenes Pankreas, ein hyperechogenes Mesenterium und ein abdominaler Erguss sind relativ spezifisch für Pankreatitis, auch wenn andere Pankreasveränderungen (z. B. Neoplasien, hyperplastische Knoten) ganz ähnliche sonographische Erscheinungsbilder haben können. Zu beachten ist, dass einige der bei der abdominalen Sonographie auffallenden Veränderungen altersbedingt sein können, wie zum Beispiel eine Dilatation des Ductus pancreaticus – ein Befund, der früher als spezifisch für Pankreatitis betrachtet worden war.
Die kontrastverstärkte Computertomographie (CT) ist ein extrem wertvolles diagnostisches Tool für die Beurteilung humanmedizinischer Patienten mit Verdacht auf Pankreatitis. Bis heute haben nur wenige Studien die Eignung der CT als diagnostisches Tool bei kaniner Pankreatitis evaluiert, ein jüngst veröffentlichter Bericht bestätigt jedoch dass die computertomographische Angiographie bei der Identifizierung von Hunden mit hochgradiger akuter Pankreatitis und Portalvenenthrombose der Sonographie überlegen ist 5. In der Humanmedizin gelten die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) und die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie (MRCP) heute zunehmend als bildgebende Verfahren der Wahl für die Bauchspeicheldrüse und das biliäre System, bei Hunden gibt es bis heute aber nur wenige Erfahrungen mit diesen Techniken.
Hämatologische und biochemische Tests sind nicht spezifisch für Pankreatitis, und zwischen Patienten mit AP und CP scheinen sich die Ergebnisse solcher Tests nicht signifikant zu unterscheiden. Die am häufigsten zu beobachtenden abweichenden Befunde bei der klinisch-chemischen Untersuchung des Serums sind eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase und der Alanin-Aminotransferase, eine Azotämie (überwiegend prärenal), Ikterus (überwiegend posthepatisch) und eine Hypercholesterinämie. Im typischen Fall liegen 50-70 % dieser Parameter außerhalb ihrer Referenzbereiche. Die Aktivitäten der Serumlipasen und der Serumamylasen sind nicht spezifisch für das Pankreas und nicht besonders sensitiv für Pankreatitis, in der Notfallsituation können sie potenziell aber für die Diagnose herangezogen werden, wenn das klinische Bild passt. Relativ spezifisch für Pankreatitis ist schließlich eine erhöhte Trypsin-like Immunoreactivity (TLI; Trypsin-ähnliche Immunreaktivität) im Serum, die Sensitivität dieses Tests liegt aber bei lediglich etwa 30-50 %.
Iwan A. Burgener
Die Lipasekonzentrationen können mit Hilfe enzymatischer Assays zur Bestimmung der Lipaseaktivität oder mit immunologischen Assays gemessen werden. Enzymatische Assays messen (wie der Name schon vermuten lässt) die Aktivität von Enzymen, während immunologische Assays bestimmte Teile des Proteins/Isoenzyms über Antikörper nachweisen 6 7. Die meisten enzymatischen Assays verwenden 1,2-Diglycerid als Substrat, andere Triolein, und wieder andere DGGR (1,2-o-Dilauryl-Rac-Glycero-3-Glutarat-(6’-Methylresorufin) Ester).
Einigen neueren Berichten zufolge sollen DGGR-basierte Assays eine höhere Spezifität für die Messung der Pankreaslipase in kaninem Serum besitzen als andere Assays der Gesamtlipaseaktivität im Serum 8 9. Eine weitere Studie berichtet dagegen, dass die Spezifität eines DGGR-basierten Assays für die Messung der Serumlipaseaktivität bei Hunden niedriger ist als die Spezifität der traditionelleren 1,2-Diglycerid-basierten Assays 10. Wenn DGGR ein spezifisches Substrat für Pankreaslipase wäre, sollten Hunde mit exokriner Pankreasinsuffizienz (EPI) bei der Messung mit einem DGGR-basierten Assay eine vernachlässigbare Serumlipaseaktivität aufweisen. In der Tat konnte gezeigt werden, dass die Serumlipaseaktivität bei Hunden mit EPI signifikant niedriger ist als bei gesunden Kontrollhunden 11. Allerdings hatten 33 von 48 (69 %) der in dieser Studie untersuchten EPI-Hunde Serumlipaseaktivitäten innerhalb des Referenzbereiches, was nahelegt, dass DGGR nicht ausschließlich durch Pankreaslipase hydrolysiert wird und dass DGGR-basierte Assays somit nicht spezifisch für dieses Enzym sind. Dieser Befund würde also vermuten lassen, dass DGGR auch als Substrat für nicht-pankreatische Lipasen dient. Dabei ist jedoch noch abzuklären, welche anderen Lipasen mit dem DGGR-basierten Assay nachgewiesen werden.
In Anbetracht dieser Fakten wird die ausschließliche Verwendung von DGGR als Substrat in verschiedenen DGGR-basierten Assays sehr wahrscheinlich nicht zu ähnlichen Ergebnissen führen. Beschrieben wird jedoch eine moderate bis gute Sensitivität und Spezifität zweier DGGR-basierter Lipase-Assays. Einer dieser DGGR-basierten Lipase-Assays1 zeigt bei Hunden mit Pankreatitisverdacht nachweislich eine hohe Übereinstimmung mit dem am besten etablierten Test für die Pankreaslipase-Immunreaktivität (Spec cPL®, Idexx, USA) 8, die Übereinstimmung zwischen Sonographie und den beiden Lipase-Assays war dagegen nur mäßig. Der andere DGGR-basierte Lipase-Assay2 zeigt eine hervorragende Präzision, Reproduzierbarkeit und Linearität sowie eine substanzielle Übereinstimmung zwischen DGGR-Lipase und dem Spec cPL-Test, mit ähnlicher Sensitivität und Spezifität für die Diagnose der akuten und chronischen Pankreatitis, auch wenn zu berücksichtigen ist, dass die in dieser Studie untersuchte Population sehr klein war 9.
1 Lipase kolorimetrisch für Roche Cobas Integra 800, Roche Diagnostics, Rotkreuz, Schweiz.
Im Unterschied zur Lipaseaktivität im Serum misst die PLI ausschließlich die in den azinären Zellen des exokrinen Pankreas synthetisierten Lipasen. Die in diesem Test2 eingesetzten Antikörper sind spezifisch und zeigen keine Kreuzreaktivität mit anderen Lipasen 6 7 12. Die Serum-PLI ist hoch spezifisch für die exokrine Pankreasfunktion und weist eine hohe Sensitivität für mittel- bis hochgradige Pankreatitis auf 13. Zudem zeigt der Test im Vergleich zu Amylase, Lipase und cTLI die besten Leistungsmerkmale insgesamt (Sensitivität und Spezifität) für die Diagnose histopathologischer Läsionen der Pankreatitis bei Hunden 13.
2 DiaSys Lipase DC FS, Holzheim, Deutschland.
Seit einigen Jahren steht ein Schnelltest für den patientennahen Einsatz in der Praxis zur Verfügung (SNAP cPL®, Idexx, USA). Es handelt sich um einen semiquantitativen Test, der zum Ausschluss einer Pankreatitis bei negativem Resultat eingesetzt werden sollte. Ein positives Schnelltestergebnis sollte dagegen von einer Bestimmung der PLI-Konzentration gefolgt werden, um die Diagnose zu bestätigen und für die weiteren Verlaufsmessungen. Die SNAP cPL Testresultate scheinen eine gute Korrelation mit dem Spec cPL Test zu haben – beide Tests wurden vom selben Unternehmen entwickelt und arbeiten mit den gleichen diagnostischen Antikörpern 14 (Abbildung 2). Eine weitere Studie zeigt ebenfalls eine hohe Korrelation zwischen den beiden Tests und legt nahe, dass es sich bei dem patientennahen Schnelltest um den sensitivsten Einzeltest handelt, der in der Praxis durchgeführt werden kann 15.
In der Zukunft werden neue kommerzielle immunologische Lipase-Assays verfügbar sein, einige dieser Tests wurden aber bislang noch nicht in der Literatur validiert. In einer jüngsten Studie zeigt zum Beispiel ein neu herausgegebener Assay für die Messung der kaninen Pankreaslipase im Vergleich zum validierten Assay signifikante Verzerrungen und eine schwache Übereinstimmung mit zum Teil unterschiedlichen klinischen Interpretationen 16. Bevor neu herausgegebene Tests für die klinische Anwendung empfohlen werden können, müssen also zunächst noch weitere Forschungsarbeiten abgewartet werden.
Da es gegenwärtig keinen richtigen Goldstandard für die ante mortem-Diagnose der Pankreatitis bei Hunden gibt, ist der beste Weg zu einer genauen nicht-invasiven Diagnose die kombinierte Interpretation von vollständigem Vorbericht und klinischer Untersuchung, einer Messung der Immunreaktivität der Pankreaslipase und der sonographischen Untersuchung des Pankreas. Im Idealfall wird die Diagnose durch die Zytologie und/oder Histopathologie (unter Ultraschallkontrolle, Laparoskopie oder Laparotomie) bestätigt, in der Praxis werden diese diagnostischen Tools aber nur selten eingesetzt. Die abdominale Sonographie ist diagnostisch hilfreich, setzt aber Erfahrung voraus, und normale Befunde können eine Pankreatitis nicht ausschließen.
Iwan A. Burgener
Professor Burgener schloss sein Tiermedizinstudium 1996 an der Universität Bern in der Schweiz ab. In seiner beruflichen Karriere bekleidete er verschiedene Mehr lesen
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