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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 34.2 Onkologie

Diagnostische Zytologie in der tierärztlichen Praxis

veröffentlicht 01/11/2024

Geschrieben von Peter J. O’Brien und Maria Balan

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English

Die Zytologie ist ein hocheffektives Verfahren für die Diagnose und Beurteilung verschiedener Erkrankungen. Dieser Artikel bietet einen Überblick über diese Technik und beleuchtet die bei der zytologischen Analyse am häufigsten festgestellten Tumoren. 

intakten und geschädigten Zellen

Kernaussagen

Die Zytologie ist eine schnelle, kostengünstige und effektive Methode zur Beurteilung verschiedener pathologischer Zustände wie Entzündungen, Verletzungen, Infektionen, Hyperplasien und Neoplasien.


Zytologische Befunde korrelieren im Allgemeinen gut mit histopathologischen Ergebnissen einer Gewebebiopsie. 


Eine gute Probenentnahmetechnik und die Bereitstellung adäquater Patienteninformationen helfen Patholog*innen bei der Interpretation der Befunde und verbessern den diagnostischen Erfolg.


Die meisten malignen Neoplasien können mit Hilfe der Zytologie effektiv diagnostiziert werden, wenn bei einem substanziellen Anteil der entnommenen Zellen mindestens drei Schlüsselkriterien erfüllt sind.


Einführung

Die Zytologie (d. h. die Untersuchung von Läsionen auf zellulärer Ebene) ist ein hocheffektives diagnostisches Tool und wird von praktischen Tierärzt*innen häufig eingesetzt für die Diagnose und Beurteilung verschiedener Erkrankungen und pathologischer Zustände wie Entzündungen, Verletzungen, Infektionen, Hyperplasie und Neoplasien. Es handelt sich um ein relativ einfaches, kostengünstiges, zuverlässiges, minimalinvasives und schnelles Diagnoseverfahren (Box 1), das häufig an Feinnadelaspiraten von ungeklärten Zubildungen, Schwellungen oder anderen Läsionen am äußeren Körper angewendet wird (Abbildung 1). Darüber hinaus kann die Zytologie zur Beurteilung von Zellen eingesetzt werden, die mit Hilfe von Hautgeschabseln, Abstrichen von Schleimhautoberflächen und direktem Abklatsch von Läsionen, Gewebebiopsien oder Gewebeoberflächen auf Objektträgern gewonnen wurden. Häufig eingesetzt wird dieses Verfahren aber auch zur Untersuchung von Flüssigkeiten, die mittels Lavage nasaler, trachealer, bronchialer und alveolärer Räume oder über die Katheterisierung von Harnblase und Prostata sowie aus Körperhöhlen und aus Gelenken gewonnen werden. In zunehmendem Maße wird auch die Feinnadelaspiration unter Ultraschallkontrolle zur Aspiration von Gewebe oder Flüssigkeit aus inneren Zubildungen oder inneren Organen wie Leber, Milz und Niere eingesetzt. 

 

Box 1. Vorteile der diagnostischen Zytologie.

  • Die Untersuchungen sind kostengünstig, schnell und einfach
  • Als Equipment werden lediglich ein Mikroskop, ein Mobiltelefon und ein Computer benötigt
  • Die häufigsten 80% der Diagnosen sind einfacher als die restlichen 20%
  • Die Erfassung digitaler Bilder sowie die Analyse, die Speicherung und die Übertragung der Daten haben sich in letzter Zeit deutlich verbessert
  • Wachsender Bestandteil des tierärztlichen Geschäftsmodells 
  • Weniger invasiv und weniger komplikationsreich als die Biopsie
  • Effektive diagnostische Maßnahme, in der Regel mit guter Korrelation zu den histopathologischen Ergebnissen
Tierarzt, der mit einer Seringe eine Feinnadelaspiration aus einer Masse auf der Haut eines Tieres durchführt.

Abbildung 1. Nadelbiopsien sind in der tierärztlichen Praxis einfach und schnell durchzuführen, erfordern ein Minimum an Equipment oder Vorbereitung des Patienten und sollten - wenn einige Grundregeln befolgt werden – geeignete Proben für eine Beurteilung durch das zytologische Labor ergeben.
© Ewan McNeill

Pros und Contras der Zytologie

Zytologische Befunde korrelieren in hohem Maße mit den histopathologischen Ergebnissen von Gewebebiopsien. Die Grenzen der Zytologie liegen jedoch insbesondere in einer im Vergleich zur Histologie weitaus geringeren Ausbeute an Zellen und den deutlich eingeschränkteren Informationen über die Architektur und die Zell-zu-Zell-Interaktionen. Letztlich können aber mit Hilfe der Zytologie einige signifikante architektonische Merkmale festgestellt werden, wie z. B. die Palisadierung von Zellen in Basalzelltumoren, eine Assoziierung von Tumorgewebe mit Kapillaren in Lipomen und Hämangioperizytomen, azinäre und tubuläre Formationen und extrazelluläre Matrix in sekretorischem Gewebe und papilläre Formationen in Epithelgewebe. Für die Diagnose einiger Erkrankungen, wie z. B. beim Hämangioperizytom, können die mit Hilfe der Zytologie gewonnenen Informationen auf zellulärer und subzellulärer Ebene jedoch essenzieller Natur sein, und gute zytologische Präparate sind frei von Schrumpfungen und anderen Artefakten der Formaldehydfixierung, wie sie bei histologischen Präparaten auftreten können. Von Bedeutung kann dies insbesondere bei Diagnosen sein, die weitgehend auf der Beurteilung der Zellgröße beruhen, wie zum Beispiel im Fall von Lymphomen.

Für die meisten zytologischen Befunde sind von praktischen Tierärzt*innen relativ einfache und grundlegende Fähigkeiten und Kenntnisse gefordert, wenn es um die Gewinnung und Aufbereitung einer Probe und ihre anschließende mikroskopische Beurteilung geht, auch wenn eine nicht ausreichend sorgsame technische Vorgehensweise natürlich dazu führen kann, dass eine Probe nicht interpretierbar und damit wertlos ist (Box 2). Wahrscheinlich am einfachsten zu erkennen sind entzündliche Läsionen (Box 3), da ihre Diagnose weitgehend auf der Identifizierung der in das entzündete Gewebe eingewanderten Blutzellen und der Bildung von Makrophagen sowie auf der Beurteilung des Schweregrads beruht. Anhand einiger weniger morphologischer Merkmale lassen sich Zellen aus bestimmten Geweben leicht erkennen – so bestehen beispielsweise etwa 80 % aller Hauttumore aus nur 10 verschiedenen Typen. Praktische Tierärzt*innen können sehr schnell lernen, die häufigsten zytologischen Befunde selbst zu diagnostizieren und unklare Befunde, deren Interpretation mehr Erfahrung erfordert, an eine spezialisierte Einrichtung zu überweisen. Darüber hinaus ist in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl hilfreicher Lehrbücher, Handbücher, Atlanten und einschlägiger, praxisorientierter Literatur, sowohl in gedruckter Form als auch digital über das Internet, erschienen. 

 

Box 2. 5 Gründe für nicht-diagnostische zytologische Präparate. 

  1. Zu geringes Kanülenlumen. Dies gilt insbesondere für Proben großer Adipozyten und schlecht exfolierende mesenchymale Gewebe. Adipozyten sind groß, bilden große Cluster und sind fragil, so dass bei einer kräftigen Aspiration mit einer kleinlumigen Kanüle die Gefahr einer Zellruptur besteht, wobei dann in der Probe nur reichlich Fett gewonnen wird. Adipozyten haben einen Durchmesser von 20-300 µm (typischerweise ca.100 µm); eine 25G-Kanüle hat einen Innendurchmesser von 280 µm (23G = 337 µm; 22G = 413 µm; 21G = 514 µm), so dass die Verwendung einer 22-23G-Kanüle mit minimalem Aspirationsdruck optimal erscheint.
  2. Zellschrumpfung und Lyse durch langsames Trocknen. Um die Zellmorphologie zu erhalten, muss das Aspirat unmittelbar nach dem Ausstreichen auf dem Objektträger an der Luft getrocknet werden, indem es für ca. 30 Sekunden schnell in der Luft geschwenkt oder vor einen starken Ventilator oder einen Fön mit kühler bis warmer Luft gehalten wird.
  3. Zellruptur durch übermäßigen Druck während des Ausstreichens. Lymphozyten, Adipozyten und Hepatozyten sind empfindliche Zellen und rupturieren leicht (Abbildung 2). In einigen Geweben, in denen die Zellen nicht aneinanderhaften (z. B. Lymphknoten), ist das Einstechen einer Kanüle ohne Aspiration ausreichend, da die im Lumen der Kanüle eingeschlossenen Zellen nicht mit dem umgebenden Gewebe verbunden sind. Unmittelbar nach dem Aufbringen des Aspirats auf einen Objektträger wird ein zweiter Objektträger aufgelegt, und die beiden Objektträger werden in einer kontinuierlichen Bewegung horizontal auseinander gezogen, ohne dabei nach unten gerichteten Druck auszuüben, um Zellrupturen zu minimieren.
  4. Unzureichende Monoschichtung der Zellen. Wenn aufgrund einer mangelhaften Ausstrichtechnik keine gute Monoschicht erreicht wird, beeinträchtigt dies die Visualisierung zellulärer Details.
  5. Unzureichende Bereitstellung von Informationen. Ein ausreichendes Signalement, ein relevanter Vorbericht, Informationen zur Lokalisation der Läsion und eine detaillierte Beschreibung der Veränderung erhöhen den diagnostischen Erfolg, da diese Informationen wichtige Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens verschiedener Läsionen zulassen. Je nach rasse-, alters- und geschlechtsspezifischer Prädisposition, je nach Lokalisation und Erscheinungsbild der Läsion und je nach klinischer Prävalenz kann eine zytologische Diagnose häufig sehr viel wahrscheinlicher sein als eine andere. Zu beachten ist, dass Glasobjektträger mit Ausstrichen ungefärbt verschickt werden sollten. Sie sollten einen Mattrand haben, damit sie mit einem Bleistift beschriftet werden können, da beim Färbeprozess sämtliche Markierungen auf Basis von Tinte sofort entfernt werden.
Mikroskopische Ansicht von intakten und geschädigten Zellen

Abbildung 2. Langgezogene Kernschlieren (feine Fäden aus eosinophilem Material) aufgrund von Zellrupturen, die durch übermäßigen Druck während der Probenverarbeitung entstehen. (ca. x1300)
© Peter O‘Brien

Box 3. Algorithmus für die zytologische Untersuchung einer Zyste, eines Knotens oder einer Beule.

Ist die Objektträgerprobe für eine Beurteilung geeignet?

Es sollte sich um eine Monoschicht handeln mit intakten Zellen in ausreichender Menge; die Färbung sollte ausreichend, aber nicht übermäßig sein; die Probe sollte frei von anderen signifikanten Artefakten und repräsentativ für die Läsion sein. Ist dies nicht der Fall, ist die Probe erneut zu entnehmen und erneut einzuschicken.

Handelt es sich um Gewebe oder Flüssigkeit?

Wenn Gewebe

  • Welche Gewebeklassifizierung (Mesenchym, Epithel, Rundzellen) und welcher Zelltyp (z. B. Knochen, Schilddrüse, Lymphozyten)?
  • Ist das Gewebe nicht-neoplastisch? (wenn ja, reaktiv oder hyperplastisch?) oder neoplastisch? (wenn ja, benigne oder maligne?)
  • Ist die Probe maligne (Box 5)?

Wenn Flüssigkeit

  • Welcher Flüssigkeitstyp - basierend auf dem zellulären Inhalt (entzündlich, Hämatom, Serom, epithelialer Einschluss oder Synovialzyste)?
  • Wenn Entzündung, welcher Zelltyp, Grad, Organismen? 
  • Wenn Hämorrhagie, wie lange zurückliegend (Erythrophagie, Hämosiderin, Hämatoidin)?

 

Auch die Technik und das Wissen im Bereich Zytologie haben sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt, insbesondere was die Erfassung, die Analyse und die Speicherung hochwertiger mikroskopischer Bilder anbelangt. Sobald eine Probe entnommen, ausgestrichen und gefärbt ist, sind ein Mikroskop, ein Mobiltelefon, ein Computer, ein Farbatlas und eine klinische Zentrifuge im Prinzip die einzigen benötigten Geräte und Hilfsmittel. Zu erwähnen ist an dieser Stelle zudem, dass die Zytologie inzwischen auch aus wirtschaftlicher und finanzieller Sicht zu einem wichtigen Bestandteil des klinischen Betriebes tierärztlicher Praxen und Kliniken geworden ist. Interessanterweise stellen Betreuer*innen und Prüfer*innen im Bereich klinische Pathologie häufig fest, dass Residents die meiste Zeit auf das Teilgebiet der Zytologie verwenden, sich diesem oft sehr positiv zuwenden und dort auch die besten Leistungen erbringen und in Prüfungen am besten abschneiden, verglichen mit den anderen klinisch-pathologischen Teilbereichen wie der Biochemie, der allgemeinen Pathologie, der Hämatologie und dem Labormanagement.

Effektive Probengewinnung und Bildgebung

Von einer einzelnen Läsion senden praktische Tierärzt*innen in der Regel 1-4 Ausstriche für die zytologische Untersuchung ein. Diese Präparate werden von Histopatholog*innen dann auf Zellularität, Erhaltungszustand des Zellmaterials, Hinweise auf das Vorhandensein von Entzündungen (Box 4) und Merkmale von Malignität (Box 5) beurteilt. Proben von guter diagnostischer Qualität sollten eine ausreichende Zellularität aufweisen und korrekt fixiert sein, wobei die Zellen gut verteilt sein sollten und die Probe nur eine minimale Blutkontamination aufweisen sollte. Proben für die Zytologie werden in der Regel durch Aspiration gewonnen, gelegentlich aber auch durch einfaches Einstechen einer Kanüle, wenn die zu gewinnenden Zellen separat vorliegen, wie zum Beispiel bei Lymphomen. Bei der Aspiration mit Hilfe einer 22-23G-Kanüle und einer 20-ml-Spritze wird die Kanüle im zu beprobenden Gewebe mehrmals hin- und herbewegt, um Zellen aus einem größeren und repräsentativen Bereich der Läsion zu gewinnen. Der aspirierte Inhalt wird anschließend auf einen oder mehrere Objektträger aufgetragen, wobei die Kanüle in einem Winkel von 45 Grad zur Oberfläche des Objektträgers gehalten wird. Das Ausstreichen des Probenmaterials erfolgt idealerweise mit einem zweiten Objektträger, der auf dem ersten positioniert und mit minimalem vertikalem Druck langsam horizontal über den ersten Objektträger zurückgezogen wird. Anschließend werden die Objektträger schnell getrocknet, indem sie etwa 30 Sekunden lang in der Luft geschwenkt oder vor einen kräftigen Ventilator oder Fön gehalten werden. Die unmittelbare Trocknung verhindert eine Schrumpfung und eine Lyse der Zellen.

 

Box 4. Zytologische Beurteilung von Entzündungen.

  • Neutrophile Granulozyten (purulent): Bakterien, Degeneration
  • Eosinophile Granulozyten: Allergie, Parasiten
  • Mononukleäre Zellen - granulomatös: Makrophagen und vielkernige Riesenzellen (Mykobakterien spp., Actinomyces spp., Mykose)
  • Gemischt: Neutrophile Granulozyten, Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen: z. B. pyogranulomatös = Neutrophile Granulozyten und Makrophagen
    - Immer angeben, ob geringgradig, mittelgradig oder hochgradig.

 

Box 5. Malignitätskriterien (mind. 3 erforderlich).

Präfix Wortstamm Beschreibung des Zellmerkmals
Aniso -zytose/-karyose/-nukleoliose Größenvariation > 2-fach
Hyper -chromasie ↑ zytoplasmatische Basophilie
-mitotisch ↑ Mitosen; ↑ Kernverformung; ↑ Kern- Zytoplasma-Verhältnis > 50%; Bildung großer Zellaggregate oder Organoidbildung
Micro -nuklei mitotischer Fehler, der ein < 2 µm großes Chromosom oder Fragment in einer Tochterzelle verursacht; Anfärbung wie der Zellkern
Makro -zytose/-karyose/-nukleoliose z. B. Zellkerne > 10 µm oder Nukleoli ≥ 2/3 Erythrozyten-Durchmesser oder > 5 µm
Multi -nukleation zwei-, dreikernig oder > 3 Kerne
-nukleoliose > 5 Nukleoli in einem Zellkern
Megalo -zytose/-karyose/-nukleoliose abnorme Größe; > 5x normale Fläche
 Pleo  -morphismus  multiple Formen: gekerbte, gewundene oder elongierte Kerne; variables Kern-Zytoplasma-Verhältnis > 2
 Xeno  -zytose/-karyose/-nukleoliose  seltsame, bizarre (z. B. eckige oder fusiforme) Nukleoli; asymmetrische mitotische Figuren

 

Lichtmikroskopische Untersuchungen werden am besten mit einem trinokularen Mikroskop durchgeführt, das mit einer computergestützten Digitalkamera für die Aufnahme multipler Bilder verbunden ist. Alternativ kann auch eine Mobiltelefonkamera mit Zoomfunktion verwendet werden, um Nahaufnahmen der Zellen anzufertigen (Abbildung 3). Mikroaufnahmen sollten nach Möglichkeit digital optimiert werden durch Anpassung von Helligkeit und Kontrast und einen Weißabgleich des Hintergrunds, wodurch die typische störende gelbe Hintergrundfarbe eliminiert wird. Die Bilder sollten so geschnitten werden, dass der Fokus auf relevanten, diagnostischen Merkmalen liegt. Verschiedene kostenlose Softwarepakete zur Bildbearbeitung ermöglichen die automatische Erstellung von Collagen aus 4 bis 16 optimierten Bildern mit verschiedenen diagnostischen Merkmalen, um so eine umfassendere und genauere Darstellung verschiedenster Aspekte des Ausstrichs zu erhalten und damit letztlich die Diagnose zu erleichtern (Abbildung 4). Die diagnostischen Bildcollagen können als jpeg-Dateien digital in Patientenberichte übertragen, in Echtzeit-Konferenzprogrammen live geteilt oder für zukünftige Vergleiche oder Untersuchungen gespeichert werden.

3 Versionen desselben mikroskopischen Bildes von Zellen

Abbildung 3. Romanowski-gefärbte Probe unter einem Mikroskop mit dem 100x-Objektiv (links). Das mittlere Bild wurde anschließend mit der Zoomfunktion eines Mobiltelefons aufgenommen; das rechte Bild wurde farbkorrigiert. (linkes Foto x300; mittleres und rechtes Foto x600)
© Peter O‘Brien

4 Bilder von Zellen, aufgenommen mit einem Mikroskop

Abbildung 4. Die Erstellung einer Collage aus 4 bis 16 optimierten Bildern dient einer umfassenderen und genaueren Darstellung verschiedenster Aspekte des Ausstrichs und erleichtert so die Diagnose. Diese Collage stammt von einem Osteosarkom. Zu beachten sind die Makronukleoli im unteren rechten Bild. (x300)
© Peter O‘Brien

Die eigentliche zytologische Untersuchung beginnt zunächst mit der makroskopischen Musterung eines Objektträgers, um einleitend zu beurteilen, ob ausreichend Zellmaterial oder zu viele Zellen vorhanden sind, ob Blut- und/oder Fettkontaminationen vorliegen, ob makroskopische Strukturen (z. B. Zellklumpen, Larven) vorhanden sind und ob offensichtliche Ausstrich-/Trocknungsartefakte vorliegen. Anschließend erfolgt die direkte mikroskopische Untersuchung in drei verschiedenen Vergrößerungsstufen in einem schrittweisen Prozess. 

I) 10-20fache Vergrößerung, für eine umfassende Suche nach großen Strukturen, zur Erhebung architektonischer Informationen und zur Identifizierung der diagnostischsten Bereiche.

II) 40-60fache Vergrößerung zur weiteren Verfeinerung und Detailauflösung, 

III) 100fache Vergrößerung mit Ölimmersion für tiefgehende zelluläre/subzelluläre Details.

Zytologie und Neoplasie

Eine Übersicht über die in das Universitätslabor der Autor*innen eingesandten Proben liefert einige interessante Statistiken und zeigt, wie nützlich die Zytologie bei der Untersuchung potenzieller Tumoren ist. Bei etwa 95 % der insgesamt 7560 Fälle (62 % davon waren interne Einsendungen, 38 % aus externen Praxen/Kliniken) handelte es sich um Proben von Hunden. Insgesamt 14 % der Proben waren aufgrund einer unzureichenden Gewinnung intakter Zellen nicht beurteilbar (Box 2), und bei 19 % der Fälle mit interpretierbaren Objektträgern handelte es sich um Neoplasien (64 % waren maligne), der Rest war meist entzündlicher Natur.

Von den drei zytologischen Neoplasie-Kategorien wiesen mesenchymale Tumoren die höchste Gesamtprävalenz auf (42 %), davon 98 % bei Hunden und 2 % bei Katzen, gefolgt von Rundzelltumoren (32 %), davon 88 % bei Hunden und 12 % bei Katzen, und Epitheltumoren (26 %), davon 93 % bei Hunden und 7 % bei Katzen. Bei den kaninen Tumoren handelte es sich zu 30% um Lymphome, zu 27% um Karzinome, zu 26% um Sarkome, zu 13% um Mastzelltumore und zu 4% um neuroendokrine Tumore. Unter den benignen Tumoren bei Hunden hatten Lipome einen Anteil von 65 %, Adenome 16 %, Histiozytome 7 % und Hämangioperizytome 5 %. Die Anzahl der benignen Tumoren bei Katzen war zu gering für eine entsprechende Evaluation, festgestellt wurden insgesamt aber 75 maligne feline Tumoren: 52% Lymphome, 30% Karzinome, 9% Sarkome, 4% Mastzelltumore und 3% Plasmazelltumore.

Die fünf häufigsten Tumorarten machten 84 % sämtlicher bei Hunden und 98 % aller bei Katzen diagnostizierten Tumoren aus. Lipome waren die häufigste zytologische Tumordiagnose bei Hunden und wurden doppelt so häufig in Einsendungen externer Praxen/Kliniken diagnostiziert, während sie bei Katzen insgesamt selten waren (n=1). Mastzelltumore kamen bei Hunden (8 %) doppelt so häufig vor wie bei Katzen (4 %). Lymphome waren die häufigste feline Neoplasie und wurden bei Katzen doppelt so häufig diagnostiziert wie bei Hunden. Bei mehr als einem Drittel der malignen Tumore handelte es sich um Sarkome und Karzinome, und diese wurden in den aus unserer universitären Fachabteilung stammenden Proben dreimal so häufig diagnostiziert wie in Einsendungen externer Praxen. Für eine detaillierte Beschreibung der häufigsten Tumoren klicken Sie bitte auf diesen Link.

Peter J. O’Brien

Für die meisten zytologischen Befunde sind von praktischen Tierärzt*innen relativ einfache und grundlegende Fähigkeiten und Kenntnisse gefordert, wenn es um die Gewinnung und Aufbereitung einer Probe und ihre mikroskopische Beurteilung geht.

Peter J. O’Brien

Malignitätskriterien

Eine zuverlässige Diagnose maligner Tumoren ist entscheidend. Zytologisch lassen sich die meisten malignen Tumoren gut diagnostizieren, wenn bei einem substanziellen Anteil der Zellen mindestens drei spezifische Kriterien gefunden werden (Box 5). Benigne Tumore sind gekennzeichnet durch eine Ähnlichkeit des Erscheinungsbildes der Zellen untereinander. Im Unterschied hierzu zeichnen sich maligne Tumorzellen durch eine große Variabilität in Form und Größe der Zellen, ihrer Kerne und ihrer Nukleoli aus. Charakterisiert werden diese Kriterien in der Regel durch Bezeichnungen mit verschiedenen griechischen Präfixen (z. B. pleo, aniso, macro, xeno, hyper), und es kann hilfreich sein, sich diese Vorsilben zu merken.

Maria Balan

Praktische Tierärzt*innen können sehr schnell lernen, die häufigsten zytologischen Befunde zu diagnostizieren und unklare Befunde, die mehr Erfahrung erfordern, an Spezialist*innen überweisen.

Maria Balan

Klassifizierung von Tumoren

Maligne Tumoren werden in der Zytologie je nach Ursprung und Morphologie in drei Gruppen unterteilt: 

  • Mesenchymale Tumoren (Sarkome, wenn sie maligne sind) weisen in der Regel eine niedrige bis mittlere Zellularität auf, wobei die Zellen einzeln oder in locker kohäsiven Clustern mit schlecht definierten Zellgrenzen vorkommen, gelegentlich assoziiert mit einer rosafarbenen extrazellulären Matrix. Einzelne Zellen haben ein spindelförmiges Aussehen mit geringgradig elongierten, ovalen Kernen und moderaten Mengen an blass-basophilem Zytoplasma, häufig mit uni-/bipolaren Ausläufern. Gelegentlich wird eine punktförmige, feine, rote zytoplasmatische Granulation festgestellt.
  • Epitheliale Tumore (Karzinome, wenn sie maligne sind) haben meist runde bis polygonale Zellen mit einem runden Zellkern und reichlich basophilem Zytoplasma. Die Zellen exfolieren in Clustern. Der Zellrand ist deutlicher als bei einem Sarkom, aber weniger deutlich als bei Rundzelltumoren.
  • Eigenständige Rundzelltumoren sind stark exfoliativ, so dass bei der Probeentnahme häufig eine große Anzahl separater, solitärer Zellen gewonnen wird. Gelegentlich aggregieren sie zu großen, mehrschichtigen Clustern, so dass nur wenige bis gar keine zellulären Details erkennbar sind. Die meisten Typen von Rundzelltumoren neigen zur Ruptur, so dass bei der Prozessierung entsprechender Proben besondere Sorgfalt geboten ist.

 

Schlussfolgerung

Die Gewinnung und Aufbereitung einer Probe, sowie deren mikroskopische Evaluierung erfordern relativ einfache und basale Kenntnisse und Fertigkeiten, und sind daher in der Praxis leicht umsetzbar. In der Kleintierdiagnostik spielt die Zytologie eine zunehmend wichtigere Rolle. Am einfachsten ist die Identifizierung entzündlicher Läsionen, da sie weitgehend auf der Erkennung verschiedener Typen von Blutzellen beruht. Aber auch Tumore haben in der Regel einige typische Merkmale, die in vielen Fällen eine zytologische Identifizierung ermöglichen. Praktische Tierärzt*innen können sehr schnell lernen, die häufigsten zytologischen Befunde selbst zu diagnostizieren und unklare Befunde, deren Interpretation mehr Erfahrung erfordert, an eine spezialisierte Einrichtung zu überweisen.

 

Literatur

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Peter J. O’Brien

Peter J. O’Brien

Dr. O’Brien erhielt seine tierärztliche Approbation in Saskatoon, Kanada, bevor er in Minnesota, USA Mehr lesen

Maria Balan

Maria Balan

Dr. Balan ist derzeit Resident in der Abteilung Veterinary Clinical Pathology am University College Dublin Mehr lesen

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