Halskrägen für Katzen
Halskrägen werden oft eingesetzt, wenn Katzen unter Juckreiz leiden, sie können sich aber nachteilig auf das Wohlbefinden eines Tiers auswirken.
Ausgabe nummer 31.1 Sonstiges Wissenschaft
veröffentlicht 16/09/2021
Auch verfügbar auf Français , Italiano , Română , Español , English , ภาษาไทย und 한국어
Das kutane Lymphom bei der Katze ist eine seltene, aber lebensbedrohende Neoplasie, die in vielen dermatologischen Fällen in die Liste der Differenzialdiagnosen aufgenommen werden sollte. Dieser Artikel gibt einen Überblick über das aktuelle Wissen zu dieser Erkrankung und diskutiert Behandlungsoptionen.
Das feline kutane Lymphom ist eine seltene maligne Neoplasie, die in eine epitheliotrope und eine nicht-epitheliotrope Form unterteilt werden kann; Letztere kommt bei Katzen häufiger vor.
Die Hauteffloreszenzen umfassen Flecken, Plaques und Knoten, die ohne Prädilektionsstellen lokal oder generalisiert auftreten können.
Die Behandlung ist hochgradig lückenhaft dokumentiert; die First-Line-Behandlung ist eine hautgerichtete Therapie, die Second-Line-Behandlung umfasst eine systemische Chemotherapie mit einem einzelnen oder mehreren Chemotherapeutika kombiniert.
Katzen mit der epitheliotropen Form haben eine mediane Überlebenszeit von 10 Monaten; die Prognose für die nicht-epitheliotrope Form ist schlechter mit einer medianen Überlebenszeit von 4 bis 8 Monaten.
Einleitung
Lymphome sind die bei Katzen am häufigsten diagnostizierten Neoplasien und repräsentieren rund 50 % aller bei dieser Spezies festgestellten Tumore. Kutane Lymphome stehen aber nur für 0,2-0,3 % dieser Fälle, es handelt sich also in der Tat um eine seltene, aber maligne Neoplasie 1. Bis heute wurde nur eine Handvoll Berichte über klinische Fälle kutaner Lymphome bei Katzen veröffentlicht, während es sich bei Hunden und Menschen um eine gut bekannte und gut dokumentierte Erkrankung handelt 23.
Nach dem in der Humanmedizin angewendeten Klassifizierungssystem wird das kutane Lymphom in zwei Hauptformen unterteilt: epitheliotrop und nicht-epitheliotrop. Diese Klassifikation gibt an, ob die Epidermis, die Dermis und die Adnexen mit neoplastischen Lymphozyten infiltriert sind (epitheliotrop) oder ob ausschließlich die Dermis und die Subkutis von der Infiltration betroffen sind (nicht-epitheliotrop) 4. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das feline kutane epitheliotrope Lymphom bei genauerer Betrachtung die Hautanhangsdrüsen nicht erfasst 2.
Kutane epitheliotrope Lymphome sind eine Untergruppe des kutanen T-Zell-Lymphoms (CTCL) und werden weiter unterteilt in Mycosis fungoides, Sézary-Syndrom (eine leukämische Variante) und die pagetoide Retikulose234; bei Katzen wurde Letztere bislang jedoch noch nicht beschrieben 2. Das kutane nicht-epitheliotrope Lymphom (CNEL) ist die bei Katzen häufigere Form und umfasst das indolente T-Zell-Lymphom (oder die kutane Lymphozytose), das diffuse T-Zell-Lymphom, das T-Zell-reiche großzellige B-Zellen-Lymphom und das lymphoplasmazelluläre Lymphom 1. In den vergangenen Jahren wurden Untergruppen des felinen CNEL anerkannt: das kutane Lymphom an Injektionsstellen, das tarsale Lymphom und das CNEL im Zusammenhang mit einer Frakturstelle. Sämtlichen felinen Formen gemeinsam ist der fehlende Epitheliotropismus – daher ihre Subgruppierung als nicht-epitheliotrop – aufgrund ihrer unterschiedlichen klinischen und pathologischen Merkmale sind sie jedoch als einzigartige Entitäten zu betrachten 1 5 6. Bei Hunden und Menschen ist das CETL die häufigere Form und hat infolgedessen auch die entsprechende Forschung bei der Katze beeinflusst 1.
Ätiologie und prädisponierende Faktoren
Im Allgemeinen treten kutane Lymphome bei älteren Katzen auf (medianes Alter 10 Jahre bei Beginn), und offensichtliche Rasse- oder Geschlechtsprädispositionen gibt es nicht 3 7. Aufgrund der Seltenheit des felinen kutanen Lymphoms ist über die Ätiologie bislang noch wenig bekannt 37. Bei den häufiger auftretenden felinen Lymphomen (z. B. mediastinal oder multizentrisch) gibt es einen evidenten Zusammenhang zwischen Lymphomen und Viren (z. B. felines Leukämievirus [FeLV] und felines Immundefizienzvirus [FIV]), eine solche Verbindung konnte für das kutane Lymphom der Katzen bislang aber noch nicht etabliert werden 1238. In einer Studie 9 wurde jedoch eine PCR-Technik eingesetzt, um integriertes FeLV-Provirus in Tumor-DNA einer Katze mit CNEL nachzuweisen. Neben weiteren Hinweisen auf diesem Gebiet kann dieser Befund FeLV und/oder andere feline Viren als mögliche Ursachen aber nicht schlüssig ausschließen 3. Um etwaige Zusammenhänge definitiv zu bestätigen, müssten unter Umständen hochentwickelte molekulardiagnostische Techniken eingesetzt werden 9.
Weitere beitragende Faktoren werden vorgeschlagen. Für die extrem seltene follikuläre Muzinose, eine vermutlich immunvermittelte Dermatopathie, liegen insgesamt nur begrenzte Informationen vor, diese Erkrankung wird jedoch bei zwei Katzen beschrieben, die beide im weiteren Verlauf ein CETL entwickelten 710. Auch wenn es nicht möglich ist, die Entwicklung bzw. das Fortschreiten einer follikulären Muzinose zu einem CETL zu bestätigen, könnte es sich bei der follikulären Muzinose der Katze um einen prädisponierenden Faktor handeln, oder um einen Indikator für die Entwicklung einer hochgradigeren Erkrankung. Darüber hinaus wurden vorbestehende chronische Dermatitiden bei Hunden und Menschen mit CTCL als mögliche prädisponierende Faktoren für Hautneoplasien untersucht, eine Transformation einer entzündlichen Hauterkrankung (z. B. atopische Dermatitis) in eine Neoplasie der Haut konnte bei Hunden, Menschen und Katzen allerdings nicht nachgewiesen werden3.
Prädisponierende Faktoren für das feline CNEL wurden ebenfalls evaluiert: Eine Studie über 17 Katzen mit CNEL an Injektionsstellen wurde verknüpft mit einem Fallbericht über eine Katze mit CNEL im Zusammenhang mit einer Frakturstelle. Die Verknüpfung dieser Studie mit dem Fallbericht erfolgte, da beide Autoren eine chronische Entzündung (post injectionem bzw. post fracturam) als eine mögliche Ursache für eine maligne Transformation vorschlugen 1 5. Beim Menschen ist eine chronische Entzündung gut dokumentiert als potenzieller Nidus für ein B-Zell-Lymphom, und weitere entsprechende Beispiele für einen Nidus sind chirurgische Eingriffe, Traumata, Metallimplantate und Virusinfektionen 1.
In den meisten Fallberichten über das feline CETL handelt es sich um die Mycosis fungoides-Form 3. Diese Neoplasie schreitet langsam fort, und zum Zeitpunkt der Vorstellung der betroffenen Katze beobachtet man unter Umständen keine signifikanten systemischen klinischen Symptome und/oder keine Anomalien bei der routinemäßigen Hämatologie und Biochemie 3 11. Dagegen zeigen Katzen mit Sézary-Syndrom im typischen Fall einen intensiven Juckreiz und eine Lymphknotenvergrößerung, und im zytologischen Befund findet man zirkulierende neoplastische Lymphozyten (Leukämie) 2 11.
Bei der dermatologischen Untersuchung können lokalisierte oder generalisierte Effloreszenzen überall am Körper festzustellen sein. Die Hauteffloreszenzen umfassen eine exfoliative Erythrodermie, Flecken, Plaques, Erosionen und Ulzera (Abbildung 1) sowie Läsionen an mukokutanen Übergängen (Abbildung 2) und in der Maulhöhle (Abbildung 3) 3 12. Die Hauteffloreszenzen sind also vergleichbar mit denen bei Parasitenbefall (z. B. Demodex spp.), Infektionen (z. B. Dermatophyten) und allergischen Hauterkrankungen (z. B. eosinophiler Granulomkomplex) 7 12. Ein Fallbericht beschreibt eine Katze mit einem CETL mit einem bemerkenswert anderen klinischen Bild, geprägt von akut einsetzenden nodulären Läsionen, beginnend am Schwanz 13. Diese Erkenntnis verkompliziert die Erstellung der Liste der Differenzialdiagnosen zusätzlich, da ein CETL offenbar nicht vorhersehbare klinische Manifestationen haben kann.
Die Diagnose stützt sich auf die Histopathologie. Für die Bestätigung der endgültigen Diagnose müssen klein- bis mittelgroßzellige oder mittelgroß- bis großzellige Lymphozyten mit Tropismus für die Epidermis nachgewiesen werden 12, beschrieben werden aber auch Pautrier-Mikroabszesse, Spongiose und Apoptose von Keratinozyten, eine gemischte entzündliche Reaktion sowie eine Orthokeratose und Parakeratose der Epidermis 3. Für eine klare Unterscheidung zwischen Mycosis fungoides und Sézary-Syndrom liefert die Histopathologie jedoch keinerlei spezifische Merkmale 7 11.
Als weithin akzeptiert gilt, dass ein CETL nahezu immer einen T-Zell-Ursprung hat, darüber hinaus gibt es aber nur wenig Forschung im Hinblick auf eine präzisere Immunphänotypisierung und eine präzisere Immunpathologie des felinen CETL. Einige Pathologen sind der Auffassung, dass der Immunphänotyp des felinen CETL am ehesten der Mycosis fungoides bei Menschen ähnelt, da es sich bei den beteiligten T-Zellen um T-Helferzellen (CD4-Zellen) handeln soll 3. Zweifel bestehen an dieser Vermutung jedoch aufgrund des Nachweises von Perforin in neoplastischen T-Zellen von Katzen mit CETL. Denn Perforin ist ein porenbildendes Protein, das in zytoplasmatischen Granula zytotoxischer T-Zellen (CD8-Zellen) gespeichert wird und eine Rolle bei der gezielten Zellabtötung spielt. Leider wurde in diesem Fall eine CD8-Expression nicht untersucht, auf der Basis eines Vergleiches mit entsprechenden humanen Studien vermutet man aber, dass es sich bei den T-Zellen in diesem Zusammenhang am wahrscheinlichsten um CD8-Zellen handelte 13. Zweifellos sind weitere Arbeiten erforderlich, um den Immunphänotyp des felinen CETL zu klären.
Klinisch stellt sich das CNEL als nicht pruriginöse, solitäre oder multifokale Plaques und/oder Knoten dar, die oft ulzerös sind (Abbildung 4 und 5), und sporadisch treten auch Erytheme, Krusten und Schuppen auf (Abbildung 6) 2 14. Prädilektionsstellen sind nicht dokumentiert, eine Literatursuche weist jedoch darauf hin, dass sich entsprechende Läsionen in peripheren Arealen entwickeln können, an üblichen Injektionsstellen (kutanes Lymphom an Injektionsstellen), am Tarsus (kutanes Lymphom am Tarsus) und an Stellen mit vorheriger Fraktur (CNEL im Zusammenhang mit einer Frakturstelle) 156 14. Klinisch können sich diese Läsionen als eine ödematöse Schwellung, ein Knoten oder eine subkutane Zubildung manifestieren 1 5 6. Diese eher atypischen Läsionen repräsentieren unterschiedliche Formen des kutanen Lymphoms und unterstreichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen Differenzialdiagnostik bei jeder Schwellung, bei jedem Knoten und bei jeder Zubildung in der Dermis oder in der Subkutis, unabhängig von ihrer Lokalisation am Körper. Unklar ist zudem, über welchen Zeitraum die Läsionen vor der Diagnose zu beobachten sein können. So können diese Läsionen über Monate bis Jahre zu beobachten sein, aber auch sehr schnell fortschreiten und mit einer lymphatischen und systemischen Disseminierung innerhalb von Tagen einhergehen 1 2 5 6 14.
Das CNEL wird definiert als ein diffuses, schwach differenziertes lymphozytäres Lymphom 2, so dass eine Unterscheidung von anderen kutanen Rundzelltumoren, histiozytären proliferativen Erkrankungen und einer fortgeschrittenen Mycosis fungoides schwierig ist. Neuere Fallberichte mit histopathologischer Untersuchung beschreiben ein infiltratives Wachstum gut differenzierter, mittelgroß- bis großzelliger lymphozytärer Tumorzellen zwischen Corium und Subkutis 5 14. Allen CNEL-Untergruppen gemeinsame histopathologische Befunde sind die in Schichten angeordneten neoplastischen Zellen mit hohen Mitoseindizes und nekrotische Areale 1 56.
In zwei separaten Studien konnte deutlich demonstriert werden, dass ein CNEL entweder vom T- oder B-Zell Immunphänotyp ist. In einer dieser Studien wurden mehr Katzen mit B-Zell-Lymphom klassifiziert als mit T-Zell-Lymphom 6, während die zweite Studie das Gegenteil feststellte 1. Die Immunphänotypisierung erfolgte mit Hilfe der Immunhistochemie und einer spezifischen Identifizierung von Oberflächenantigenen, die von den neoplastischen Lymphozyten exprimiert wurden: CD3 durch T-Zellen und CD79 durch B-Zellen 1 6. Das CNEL ist jedoch überwiegend vom T-Zell-Phänotyp, und die Diagnose eines entsprechenden B-Zell-Tumors gilt im Allgemeinen als extrem selten 167.
Da evidenzbasierte Informationen zur Therapie des CETL bei Katzen sehr spärlich sind, wurde die Behandlung betroffener Katzen aus der kaninen und humanen Medizin abgeleitet und entsprechend angepasst. Die First-Line-Behandlung bei Menschen mit lokalen, oberflächlichen oder frühen Läsionen ist hautgerichtet und besteht aus topischer Therapie, Phototherapie, photodynamischer Therapie und Strahlentherapie. Die systemische Chemotherapie wird als Second-Line-Behandlung eingesetzt und bleibt reserviert für fortgeschrittene Fälle und/oder die palliative Behandlung 15. Es folgt nun eine Übersicht über aktuelle und sich in Entwicklung befindliche Behandlungsmodalitäten für Menschen und Hunde, die theoretisch auch bei felinen Patienten eingesetzt werden können, unter dem Vorbehalt, dass die meisten hier diskutierten Arzneimittel nicht für die Anwendung bei Katzen zugelassen sind.
Topische Kortikosteroide werden bei Menschen mit einem CTCL initial eingesetzt und wirken über die Hemmung der Bindung von Lymphozyten an das Endothel und die Induzierung einer Apoptose; sie haben eine hervorragende Ansprechrate (82 bis 95 %) 15. Katzen mit frühen Läsionen könnten auf dieselbe Weise behandelt werden, wobei das primäre therapeutische Ziel das Erreichen einer Remission ist oder zumindest einer symptomatischen Linderung 7. Eine topische Chemotherapie mit Mechlorethamin wird bei Hunden und Menschen ebenfalls mit Erfolg eingesetzt. In einer humanen Studie sprachen 75 % der Teilnehmer (insgesamt 155) mit frühen Läsionen vollständig an, und auch bei Hunden mit Läsionen im Flecken- und Plaque-Stadium wird ein gutes Ansprechen auf Mechlorethamin beschrieben 7 15. Bei einigen Hunden mit CTCL ist anekdotischen Berichten zufolge die Applikation von Tretinoin-Gel hilfreich. Inspiriert war diese Behandlung von der Anwendung des synthetischen Retinoids Bexaroten beim Menschen 7 15, dessen Wirkung darauf basiert, dass topische Retinoide selektiv an den Retinoid-X-Rezeptor (RXR) binden und diesen aktivieren, und auf diesem Weg die zelluläre Differenzierung, Proliferation und Apoptose regulieren 15. Eine weitere potenziell einsetzbare topische Substanz, die aber sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin noch zusätzliche Forschungsbemühungen erfordert, ist Imiquimod, ein immunmodulierender Wirkstoff, der bei Basalzellkarzinomen eine antitumorale Aktivität zeigt 15.
Hannah Lipscomb
In der Humanmedizin ist die Phototherapie (Ultraviolettstrahlung) zur Behandlung des CTCL besser erforscht als die photodynamische Therapie, und zahlreiche Studien stützen ihre Wirksamkeit in frühen Fällen 15. In der Tiermedizin steckt die photodynamische Therapie zwar immer noch in den Kinderschuhen, sie hat aber bereits einige Aufsehen erregende Ergebnisse erzielt bei der Remission fazialer Plattenepithelkarzinome und kleiner Tumoren bei Katzen. Bei dieser Technik wird eine tumorlokalisierende, lichtaktivierbare Substanz (Photosensibilisator) topisch, oral oder intravenös appliziert, deren anschließende Aktivierung durch Licht eine Gewebezerstörung induziert 16.
Die Elektronenbestrahlung verwendet niedrigenergetische Elektronenstrahlen, und erfordert eine spezielle Technologie. In der Humanmedizin werden ganze Hautflächen mit der so genannten Total Skin Electron Beam (TSEB) Bestrahlung behandelt. Dieses Verfahren wird aktiv eingesetzt bei Menschen mit oberflächlichen Läsionen, Plaques und Tumoren, die auf eine topische Therapie nicht ansprechen 15. Das initiale Ansprechen auf TSEB ist in ausgewählten Fällen gut, Rezidive treten jedoch häufig auf, und es scheint eine Korrelation zu bestehen zwischen dem CTCL-Stadium und der Rezidivrate, d. h., je weiter fortgeschritten das CTCL, desto höher die Rezidivrate 1517. Auch in der Tiermedizin wurde die TSEB über einige Jahre untersucht und bei ausgewählten Patienten angewendet. Ein Fallbericht beschreibt die Anwendung der TSEB bei einem Hund mit chemoresistentem CTCL, bei dem dieses Verfahren eine Remission über einen Zeitraum von 19 Monaten induzieren konnte 18. Berichte über eine Anwendung von TSEB bei Katzen liegen bislang jedoch nicht vor.
Beim humanen CTCL kommt es mit dem Fortschreiten der Neoplasie zu einer Proliferation maligner T-Zellen, die ein Zytokin-Ungleichgewicht hervorrufen, auf das krankheitsmodifizierende Wirkstoffe abzielen. Solche Wirkstoffe werden als Second-Line-Behandlung eingesetzt, wenn die hautgerichtete Therapie scheitert und/oder die Erkrankung bereits weiter fortgeschritten ist 15. Auch in der Tiermedizin wurde die Anwendung synthetischer Retinoide untersucht und hat sich als günstig erwiesen, insbesondere aufgrund der Entdeckung einer nicht-überlappenden Toxizität bei kombinierter Anwendung mit einer Standard-Chemotherapie. Systemische Retinoide sind natürliche oder synthetische Analoga von Vitamin A und haben tiefgreifende Effekte auf das zelluläre Wachstum, die Zellreifung und die Zelldifferenzierung 19. In einer Studie wurden Hunde mit einem CTCL mit einer Mischung aus synthetischen Retinoiden (Isoretinoin und Etretinat) behandelt und erreichten eine dokumentierte Ansprechrate von 42 % 20. Leider wurde die Anwendung synthetischer Retinoide nicht weiter forciert, da es zwischen der Einleitung der Behandlung und der klinischen Wirkung eine Verzögerungsphase gibt, und die Kosten der Behandlung hoch sind 20.
Die in der Tiermedizin am ausführlichsten erforschte Behandlungsoption für das CETL ist die systemische Chemotherapie. Zur Verfügung stehen verschiedene Behandlungsprotokolle entweder mit einzelnen chemotherapeutischen Wirkstoffen oder mit mehreren kombinierten Chemotherapeutika. Dies liegt unter anderem daran, dass sich die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose in vielen Fällen bereits in einem weiter fortgeschrittenen Stadium befindet, das oft eine aggressivere therapeutische Herangehensweise erforderlich macht. Neoplastische Lymphozyten bleiben gegenüber oralen Kortikosteroiden sensitiv, die Berichten zufolge klinische und palliative Wirkungen haben 2 19. Als Monotherapie sind Kortikosteroide aber nur selten langzeitwirksam, und zeigen eine bessere Wirksamkeit, wenn sie in Kombinationschemotherapie-Protokolle integriert werden 19.
In der Humanmedizin werden Kombinationschemotherapie-Protokolle für CTCL beschrieben, sie gelten hinsichtlich der Überlebensraten aber nicht als überlegen 15. Bei Hunden wurden Kombinationschemotherapien im Rahmen von Studien getestet (mit unterschiedlichen Kombinationen von Prednisolon, Vincristin, Cyclophosphamid und Doxorubicin), und zeigten eine moderate Ansprechrate mit Überlebenszeiten zwischen zwei und sechs Monaten 719. In einer kleinen Fallserie von Hunden mit CTCL und in einem Fallbericht einer Katze mit CETL wurden das COP-Protokoll (Cyclophosphamid, Vincristin und Prednisolon) und das CHOP-Protokoll (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednisolon) mit moderaten Erfolgen eingesetzt 4 7 13 19.
Filippo De Bellis
Weitere Behandlungsoptionen für Katzen mit kutanem Lymphom sind Plazenta-Lysat, eine chirurgische Exzision solitärer Läsionen und Fibronectin (lokal und intravenös) 3 6. Fibronectin ist ein Glycoprotein mit der antineoplastischen Fähigkeit, Zielzellen für die Zerstörung durch Makrophagen und Monozyten zu opsonieren 3. Trotz einiger Veröffentlichungen über verschiedene Behandlungsmodalitäten, wird bislang keine dieser Optionen durch adäquate Fallserien mit verlässlich therapeutischen Ansprechraten und Überlebensraten gestützt 6, so dass sämtliche dieser Optionen zunächst weitere Forschungsbemühungen erfordern.
Multimodale Behandlungsansätze scheinen die Überlebensraten bei Menschen mit CTCL nicht zu verbessern, sie erhöhen aber die vollständigen Ansprechraten. Dennoch ist die Kombination verschiedener Behandlungsmodalitäten mit nicht-überlappenden Toxizitäten (z. B. Exzision einer Zubildung plus adjunktive Chemotherapie) eine rationale therapeutische Strategie, die bei ausgewählten veterinärmedizinischen Patienten zur Anwendung kommen sollte. Parallel zu einem konventionellen Behandlungsplan sollte eine symptomatische Behandlung (z. B. Analgesie und Antibiotika) eingeleitet werden, um die Lebensqualität des Patienten zu optimieren, insbesondere in palliativen Fällen 19.
Da das CNEL bei Hunden weniger häufig vorkommt, gibt es bislang nur unzureichende Forschung als Grundlage für Behandlungsempfehlungen, so dass es zurzeit auch keine studienbasierten Behandlungsleitlinien für das CNEL bei Katzen gibt. Dennoch liegen einige relevante Publikationen vor, die Tierärzten helfen können, evidenzbasierte therapeutische Entscheidungen zu treffen. Zwei Fallberichte über Katzen mit einem CNEL erläutern die jeweils gewählte therapeutische Herangehensweise und das Ansprechen der Patienten: Eine mit Lomustin behandelte Katze erreichte eine vollständige Remission für etwa vier Monate, und bei der anderen Katze konnte der Zustand mit einem modifizierten CHOP-Protokoll über insgesamt vier Wochen aufrechterhalten werden 5 14.
Eine retrospektive Studie über 23 Katzen mit tarsalem CNEL berichtet, dass die Behandlung mit einer Kombinationstherapie (Strahlentherapie und Chemotherapie) oder Chirurgie (mit oder ohne Chemotherapie) zu einer signifikant längeren mittleren Überlebenszeit von 316 Tagen führte, gegenüber 155 Tagen mit einem monotherapeutischen Ansatz (Kortikosteroide oder Chemotherapie)6. Katzen, die aufgrund eines CNEL behandelt werden, sollten natürlich auch eine multimodale und symptomatische Behandlung erhalten (wie oben), wenn immer dies angezeigt ist.
Aufgrund der wenigen verfügbaren Informationen über kutane Lymphome bei Katzen, ist eine verlässliche Beurteilung der Prognose schwierig. Bei Menschen werden die Überlebensraten letztlich durch die im Einzelfall diagnostizierte Form des CTCL bestimmt. So hat zum Beispiel das Sézary-Syndrom eine schlechtere Prognose als Mycosis fungoides (5-Jahre-Überlebensrate 33 % gegenüber 89-93 %) 3, obgleich die Prognose des CTCL bei Menschen insgesamt im Allgemeinen als gut gilt 15. Hunde mit einem CTCL im Frühstadium können unter der geeigneten Behandlung bis zu 12 Monate überleben, während Hunde mit fortgeschrittenem CTCL unter Umständen nur noch sechs weitere Monate überleben, unabhängig vom Ansprechen auf die Behandlung 19. Bei Katzen mit CETL wird eine mediane Überlebenszeit von etwa 10 Monaten beschrieben, während das feline CNEL eine schlechtere Prognose aufweist mit medianen Überlebenszeiten von 4 bis 8 Monaten 3 7.
Das kutane Lymphom ist eine seltene Neoplasie bei Katzen, und bislang existieren nur wenige Veröffentlichungen über die klinischen Manifestationen, die Behandlung und die Prognose der beiden Formen. Im Verdachtsfall eines felinen kutanen Lymphoms ist die frühe Diagnose der Schlüssel zu einer verbesserten Prognose. Wenn immer möglich, sollten deshalb Hautbiopsien am Anfang des diagnostischen Prozesses entnommen werden. Behandlungsleitlinien für Katzen mit kutanem Lymphom wurden bislang nicht definiert, und ohne Zweifel sind diesbezüglich noch weitere Forschungsbemühungen erforderlich. In Übersichtsarbeiten wurden Katzen im Allgemeinen mit einer systemischen Chemotherapie behandelt. In geeigneten Fällen sollte stets ein multimodaler Behandlungsansatz gewählt werden, um das therapeutische Ansprechen zu optimieren. Parallel zur Haupttherapie sollte zusätzlich eine symptomatische Behandlung eingeleitet werden, um die Lebensqualität zu verbessern, insbesondere bei palliativ behandelten Katzen.
Roccabianca P, Avallone G, Rodriguez A, et al. Cutaneous lymphoma at injection sites: pathological, immunophenotypical, and molecular characterization in 17 cats. Vet Pathol 2016; 53(4):823-832.
Moore PF, Olivry T. Cutaneous lymphoma in companion animals. Clin Dermatol 1994;12(4):499-505.
Fontaine J, Heimann M, Day MJ. Cutaneous epitheliotropic T-cell lymphoma in the cat: a review of the literature and five new cases. Vet Dermatol 2011;22(5):454-461.
Schmidt V. Epitheliotropic T-cell cutaneous lymphoma in dogs. UK Vet Comp Anim 2011; 16(3):49-54.
Jegatheeson S, Wayne J, Brockley LK. Cutaneous non-epitheliotropic T-cell lymphoma associated with a fracture site in a cat. J Feline Med Surgery Open Reports 2018;4(1):1-6.
Burr HD, Keating JH, Clifford CA, et al. Cutaneous lymphoma of the tarsus in cats: 23 cases (2000-2012). J Am Vet Med Assoc 2014;244(12):1429-1434.
Miller Jr WH, Griffin CE, Campbell KL. Neoplastic and Non-Neoplastic Tumours. In: Duncan L, Rudolph P, Graham B, et al (eds). Muller and Kirk’s Small Animal Dermatology. 7th ed. Missouri: Elsevier Mosby, 2013;810-815.
Beatty J. Viral causes of feline lymphoma: retroviruses and beyond. Vet J 2014;201(2):174-180.
Tobey JC, Houston DM, Breur GJ, et al. Cutaneous T-cell lymphoma in a cat. J Am Vet Med Assoc 1994;204(4):606-609.
Scott DW. Feline Dermatology 1983-1985: “the secret sits”. J Am Anim Hosp Assoc 1987;23:255-274.
Wood C, Almes K, Bagladi-Swanson M, et al. Sézary syndrome in a cat. J Am Anim Hosp Assoc 2008;44(3):144-148.
Rook KA. Canine and feline cutaneous epitheliotropic lymphoma and cutaneous lymphocytosis. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2019;49(1):67-81.
Neta M, Naigamwalla D, Bienzle D. Perforin expression in feline epitheliotropic cutaneous lymphoma. J Vet Diagn Invest 2008;20(6):831-835.
Komori S, Nakamura S, Takahashi K, et al. Use of lomustine to treat cutaneous nonepitheliotropic lymphoma in a cat. J Am Vet Med Assoc 2005;226(2):237-239.
Knobler E. Current management strategies for cutaneous T-cell lymphoma. Clin Dermatol 2004;22(3):197-208.
Buchholz J, Heinrich W. Veterinary photodynamic therapy: a review. Photodiagnosis Photodyn Ther 2013;10(4):342-347.
Jones GW, Hoppe RT, Glatstein E. Electron beam treatment for cutaneous T-cell lymphoma. Hematol Oncol Clin North Am 1995;9(5):1057-1076.
Santoro D, Kubicek L, Lu B, et al. Total skin electron therapy as treatment for epitheliotropic lymphoma in a dog. Vet Dermatol 2017;28(2):246-e65.
De Lorimier LP. Updates on the management of canine epitheliotropic cutaneous T-cell lymphoma. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2006;36(1):213-228.
White SD, Rosychuk RA, Scott KV, et al. Use of isotretinoin and etretinate for the treatment of benign cutaneous neoplasia and cutaneous lymphoma in dogs. J Am Vet Med Assoc 1993;202(3):387-391.
Graham JC, Myers RK. Pilot study on the use of lomustine (CCNU) for the treatment of cutaneous lymphoma in dogs. In: Proceedings, 17th Annual Meeting Veterinary Internal Medicine Forum 1999;723.
Risbon RE, De Lorimier LP, Skorupski K, et al. Response of canine cutaneous epitheliotropic lymphoma to lomustine (CCNU): a retrospective study of 46 cases (1999-2004). J Vet Intern Med 2006;20(6):1389-1397.
Williams LE, Rassnick KM, Power HT, et al. CCNU in the treatment of canine epitheliotropic lymphoma. J Vet Intern Med 2006;20(1):136-143.
Moriello KA, MacEwen EG, Schultz KT. PEG-L-asparaginase in the treatment of canine epitheliotropic lymphoma and histiocytic proliferation dermatitis. In: Ihrke PJ, Mason IS, White SD (eds). Advances in Veterinary Dermatology Vol. 2. UK: Pergamon Press, 1993;293-299.
Vail DM, Kravis LD, Cooley AJ, et al. Preclinical trial of doxorubicin entrapped in sterically stabilized liposomes in dogs with spontaneously arising malignant tumours. Cancer Chemother Pharmacol 1997;39(5):410-416.
Hannah Lipscomb
Greater Manchester, UK Mehr lesen
Filippo De Bellis
DVM, CertVD, Dip. ECVD, MRCVS, Davies Veterinary Specialists, Hertfordshire, UK Mehr lesen
Halskrägen werden oft eingesetzt, wenn Katzen unter Juckreiz leiden, sie können sich aber nachteilig auf das Wohlbefinden eines Tiers auswirken.
Effloreszenzen an der Nase einer Katze können differenzialdiagnostisch und therapeutisch eine große Herausforderung darstellen.
Katzen werden in erstbehandelnden Praxen oft mit unterschiedlichen Veränderungen an den Pfoten vorgestellt.
Tierärzte, denen eine Katze mit Juckreiz vorgestellt wird, haben weniger Optionen als bei einem pruriginösen Hund – aber stimmt das auch? Jay Korbelik stellt uns einige Konzepte vor, die durch klinische Studien gestützt werden.