Helfen Sie Katzen und Hunden, ihr gesündestes Leben zu führen
Veterinary Focus

Ausgabe nummer 29.1 Sonstiges Wissenschaft

Feline Infektiöse Peritonitis

veröffentlicht 25/04/2019

Geschrieben von Elizabeth A. Berliner

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Português , Español und English

Unter den zahlreichen felinen Viren ist der Erreger der FIP vielleicht am schwierigsten zu diagnostizieren und zu behandeln. Elizabeth Berliner gibt uns einen Überblick über diese Erkrankung und einige Hinweise auf mögliche zukünftige therapeutische Optionen.

Feline Infektiöse Peritonitis

Kernaussagen

Feline Infektiöse Peritonitis (FIP) ist die Folge einer Mutation des ubiquitären felinen Coronavirus (FCoV).


Risikofaktoren für FIP sind ein Alter unter 2 Jahren, Gruppenhaltung und Stress einschließlich chirurgischer Eingriffe und der Vermittlung an einen neuen Besitzer.


Die Diagnose ist oft kompliziert und basiert auf einer Kombination von Vorbericht und klinischer Untersuchung, unterstützt durch diagnostische Tests. Die FCoV-Serologie sollte nie zur FIP-Diagnose eingesetzt werden.


FIP ist meist gekennzeichnet durch ein schnelles Fortschreiten der klinischen Symptome und endet in der Regel tödlich. Die Behandlung bleibt meist erfolglos, es gibt gegenwärtig aber einige vielversprechende experimentelle Therapien im Forschungsstadium.


Einleitung

Feline Infektiöse Peritonitis (FIP) ist die Folge einer Mutation des ubiquitären und relativ harmlosen felinen Coronavirus (FCoV). Nach der erstmaligen Beschreibung im Jahr 1963 1 werden für den seit der Entdeckung dieser Erkrankung zu beobachtenden Anstieg der Inzidenz von FIP veränderte Haltungsformen verantwortlich gemacht, die zu vermehrter Gruppenhaltung führen, in erster Linie in Katzenzuchten und in Katzenabteilungen von Tierheimen. Der erste kommerzielle Katzenwurf kam 1947 auf den US-Markt 2 und spiegelt die sich in dieser Zeit allmählich verändernde Rolle der Katze zum „Indoor“-Haustier wieder. In den nachfolgenden Jahrzehnten nahm die Zahl der Katzenzuchten und der Tierheime für Katzen stetig zu. Dies förderte naturgemäß die Möglichkeiten für eine Übertragung und Vervielfältigung von Infektionskrankheiten innerhalb von Katzengruppen. Bis heute entzieht sich FIP einer medizinischen Prävention und Heilung. Hinzu kommt, dass die Diagnose ante mortem nach wie vor eine große klinische Herausforderung darstellt. Die aktuelle Forschung konzentriert sich deshalb zum einen auf verbesserte diagnostische Tools unter Verwendung der molekularen Sequenzierung und zum anderen auf die Untersuchung neuer Therapien im Rahmen klinischer Studien. In beiden Bereichen sind heute vielversprechende Fortschritte zu verzeichnen.

Ätiologie und Pathogenese

Das feline Coronavirus ist ein großes, behülltes positiv-strängiges RNA-Virus. Coronaviren zeigen im Allgemeinen eine hohe Mutationsrate während der Replikation, die zu Intraspezies- und Kreuzspezies-Rekombinationen und Übertragungen führt. Gegenwärtig geht man davon aus, dass das FCoV zwei Serotypen aufweist. Typ I ist der Serotyp mit der weltweit höchsten Prävalenz bei natürlich infizierten Katzen (mit gewisser geographischer Variation) und bei Typ II handelt es sich um den aus einem Rekombinationsereignis zwischen Typ-I-FCoV und caninem Coronavirus hervorgegangenen Serotyp. Trotz der Tatsache, dass Serotyp I bei natürlichen felinen Infektionen vorherrscht, fand der Großteil der Forschung an Serotyp II statt, da dieser Serotyp im Labor zu Studienzwecken einfacher zu vermehren ist. Für die Entwicklung der FIP werden sowohl Serotyp I als auch Serotyp II des FCoV verantwortlich gemacht 3. Unterschieden werden Typ I und Typ II in erster Linie anhand von genetischen Unterschieden ihrer Spike-Proteine (S-Proteine) (Abbildung 1), denen eine wichtige Rolle bei der Transformation „gewöhnlicher“ FCoVs in die FIP-verursachenden FCoVs (FIPVs) zugeschrieben wird.

Abbildung 1. Schematische Darstellung des FCoV-Antigens. Spike- (S), Membran- (M), und Hüllen- (E) Proteine sind in einer Doppellipidmembran verankert. S- und M-Proteine sind wichtig für den Eintritt in die Zelle. Die aktuelle Forschung spricht dafür, dass Punktmutationen im S-Gen eine Rolle bei der Transformation von FCoV in FIPV spielen.© Sandrine Fontègne
Abbildung 1. Schematische Darstellung des FCoV-Antigens. Spike- (S), Membran- (M), und Hüllen- (E) Proteine sind in einer Doppellipidmembran verankert. S- und M-Proteine sind wichtig für den Eintritt in die Zelle. Die aktuelle Forschung spricht dafür, dass Punktmutationen im S-Gen eine Rolle bei der Transformation von FCoV in FIPV spielen.© Sandrine Fontègne

Hauptübertragungsweg der FIP ist die fäkal-orale Transmission mit oronasaler Inokulation des Virus durch direkte Übertragung oder durch indirekte Übertragung über Keimträger wie Katzentoiletten oder kontaminierte Oberflächen. Nach der Inokulation wandert FCoV in intestinale Enterozyten und repliziert sich dort. Infektionen mit FCoV verlaufen oft subklinisch, sie können aber zu einer selbstlimitierenden Diarrhoe führen, da das Virus das Darmepithel schädigt.

Die Transformation des gewöhnlichen, ubiquitären FCoV zum letalen FIPV erfolgt über spezifische Punktmutationen im RNA-Genom. Interessante strukturelle Muster sind die viralen Spike- (S) und Membran (M)-Proteine, die den Eintritt in die Zelle und den Austritt aus der Zelle ermöglichen (Abbildung 1). Spezifische Punktmutationen gelten als der Schlüssel für das Freischalten dieser letalen Transformation. Aktuelle Forschungsbemühungen fokussieren sich primär auf das S-Gen und das 3c-Gen, wobei das S-Gen in Laborstudien bislang am häufigsten im Zentrum des Interesses steht 4.

Makrophagen sind die primären Entzündungszellen bei FIP. Punktmutationen im FCoV-Genom switchen das Virus von einem epithelialen Tropismus zu einem Makrophagen-Tropismus. Das entstehende Virus ist dann in der Lage, in Makrophagen zu anderen Organen und Geweben zu reisen und sich in diesen Makrophagen zu replizieren. Infizierte Makrophagen internalisieren Antigen, was den Viren ermöglicht, sich der antikörperabhängigen Lyse zu entziehen. Gleichzeitig wird Komplement aktiviert, welches wiederum den Influx weiterer Entzündungszellen in infizierte Gewebe steigert. Aktiviert wird darüber hinaus auch der humorale Zweig der Immunantwort. Die Folge ist eine Ablagerung von Antikörper-Antigen-Komplexen entlang von Gefäßen, die zu einer hochgradigen und ausgedehnten Vaskulitis führt. Etwa 50 % der FIP-Patienten entwickeln eine effusive Form der Erkrankung („feuchte FIP“), während die anderen 50 % die weniger effusive, granulomatöse Form („trockene FIP“) entwickeln. Die klassische Einteilung in zwei unterschiedliche klinische Formen ist jedoch irreführend, da sich die Erkrankung in der Regel entlang eines breiten Spektrums zwischen effusiven und nicht-effusiven Symptomen darstellt. Der Theorie zufolge hängt die Variation der klinischen Ausprägung der Erkrankung davon ab, welcher Zweig des Immunsystems der aktivere ist, das heißt, eine überwiegende Aktivierung des humoralen Systems führt zu einer überwiegend effusiven Erkrankung, während eine vorrangige Aktivierung des Komplementsystems zur Entstehung einer eher granulomatösen Form führt 5.

Elizabeth A. Berliner

FCoV ist ein ubiquitäres Virus mit hohen Seroprävalenzraten in Gruppenhaltungen wie Katzenzuchten und Tierheimen.

Elizabeth A. Berliner

Epidemiologie und Risikofaktoren

FCoV ist ein ubiquitäres Virus mit Seroprävalenzraten von 25 % in Einzelkatzenhaushalten und bis zu 75-100 % in Gruppenhaltungen, wie z. B. Katzenzuchten oder Tierheimen 6 7. Die tödliche FIPV-Mutation ist ein relativ seltenes Ereignis. Beschrieben wird eine FIP-Inzidenz von 1 % bis 12 % bei FCoV-positiven Katzen, wobei ältere Studien, in denen primär Katzenzuchten untersucht wurden, höhere Raten feststellten 8 9. Auf Grundlage der Literatur wird allgemein geschätzt, dass nach einer FCoV-Exposition 5-10 % der Katzen resistent gegenüber dem Virus sind, 70-75 % eine transiente Infektion über Wochen bis Monate durchlaufen, 10-15 % chronische Ausscheider werden und weniger als 3 % eine klinische FIP entwickeln 9.

Der allgemein gestützten Hypothese der „internen Mutation“ zufolge treten Punktmutationen, die zu FIPV führen, nur bei bestimmten Katzen auf, basierend auf viralen Faktoren (bestimmte FCoV-Stämme und deren Mutabilität), Umweltfaktoren (Overcrowding und hohe Viruslast) und wirtsspezifischen Faktoren (genetische Prädisposition und Immunantwort). Bis vor kurzem ging man deshalb davon aus, dass das FIPV nicht horizontal zwischen Katzen übertragen wird. Mit Hilfe von Techniken der molekularen Sequenzierung konnten jedoch einige seltene Ausbrüche identischer FIPV-Infektionen innerhalb von Katzengruppen dokumentiert werden 10. Nach wie vor wird jedoch weithin davon ausgegangen, dass FIPV nicht von einer Katze auf eine andere übertragbar ist. Allerdings könnten eine größere Anzahl von Hochrisikostämmen oder intermediären Virusstämmen, die zwischen Katzen übertragbar sind, durchaus auf ein erhöhtes Risiko der Entwicklung und Übertragung von FIPV innerhalb einer bestimmten Population hinweisen.

FIP gilt im Allgemeinen als eine Erkrankung junger Katzen (unter 2 Jahren). Katzenwelpen weisen in der Regel höhere Viruslasten auf als adulte Katzen, sind zudem meist einer höheren Anzahl stressreicher Ereignisse ausgesetzt (Impfung, Kastration, neuer Besitzer) und weisen schließlich ein noch nicht vollständig ausgereiftes Immunsystem auf. In mehreren Challenge-Laborstudien konnte gezeigt werden, dass eine Untergruppe von Katzen Hochrisikomutationen des Virus erfolgreich eliminiert, bei den meisten Katzen, die eine FIP entwickeln, entsteht die Erkrankung jedoch bereits nach der ersten FCoV-Exposition, die in der Regel im Welpenalter sattfindet 5 8. Zusätzliche Risikofaktoren sind Reinrassigkeit und Gruppenhaltung, insbesondere bei zu hoher Besatzdichte („Overcrowding“) und unter schlechten hygienischen Bedingungen, in Situationen also, in denen hohe Viruslasten und physiologische Stressoren vorherrschen (Abbildung 2). Schließlich zeigten ältere Studien ein höheres FIP-Risiko bei Katzen mit FeLV oder FIV, obgleich es sich hierbei nicht um einen konsistenten Zusammenhang handelt 11 12.

Abbildung 2. Das epidemiologische Dreieck der FIP; Wirts-, Erreger- und Umweltfaktoren tragen zur Entwicklung der Erkrankung bei.© Sandrine Fontègne
Abbildung 2. Das epidemiologische Dreieck der FIP; Wirts-, Erreger- und Umweltfaktoren tragen zur Entwicklung der Erkrankung bei.© Sandrine Fontègne

Klinische Symptome

Klassischerweise werden zwei klinische Formen der FIP beschrieben: die „feuchte“ oder effusive FIP und die „trockene“ oder nicht-effusive FIP. Natürlicherweise tritt FIP jedoch entlang eines breiten klinischen Spektrums auf, an dessen einem Ende sich die effusive Erkrankung befindet und an dessen anderem Ende die nicht-effusive, granulomatöse Form steht, und in der Mehrzahl aller Fälle findet man Elemente beider Formen. Die Schwierigkeiten bei der FIP-Diagnose liegen in den unspezifischen klinischen Symptomen, dem Fehlen pathognomonischer Befunde bei hämatologischen und biochemischen Tests und nicht zuletzt in der niedrigen Sensitivität der gegenwärtig in der klinischen Praxis eingesetzten ante mortem-Testmethoden.

Elizabeth A. Berliner

FIP tritt innerhalb eines Spektrums auf, an dessen einem Ende sich die effusive Erkrankung befindet und an dessen anderem Ende die nicht-effusive, granulomatöse Erkrankung steht. In der Mehrzahl der Fälle findet man Elemente beider Formen.

Elizabeth A. Berliner

Intermittierendes oder persistierendes Fieber und Inappetenz sind die am häufigsten beschriebenen frühen klinischen Symptome. Insbesondere bei Katzenwelpen kann die frühe FIP mit anderen Infektionskrankheiten verwechselt werden, die in dieser Altersgruppe häufiger auftreten, wie zum Beispiel Panleukopenie und Virusinfektionen der oberen Atemwege. Ein klares Differenzierungsmerkmal und eine Schlüsselkomponente der FIP-Diagnose sind Ergüsse. Katzen mit der effusiven Form der Erkrankung („feuchte FIP“) zeigen oft eine Erweiterung des Abdomens, Dyspnoe, Ikterus oder Schleimhautblässe. Bei vielen Patienten mit der nicht-effusiven Form („trockene FIP“) findet man Augenläsionen (Uveitis, Iritis, keratische Präzipitate) und neurologische Veränderungen, die den Verdachtsindex der FIP erhöhen können. Primäre Differenzialdiagnosen bei effusiver FIP sind Neoplasien (insbesondere Lymphome), Herzinsuffizienz und andere potenzielle Ursachen von Pleuritis und Peritonitis. Bei den weniger effusiven Formen der FIP sind unter anderem Toxoplasmose, FeLV, FIV und Neoplasien (Lymphome, Adenokarzinome u. a.) als Differenzialdiagnosen zu berücksichtigen.

Die klinischen Symptome sind eine direkte Folge von Antigen-Antikörper-Komplexen, die an Blutgefäße binden. Das Ergebnis ist eine klassische fibrinöse und/oder granulomatöse Vaskulitis, die histopathologisch in chirurgisch oder im Rahmen der Sektion gewonnenen Gewebeproben nachzuweisen ist. Aus den erkrankten Gefäßen tritt Flüssigkeit in Körperhöhlen und Kavitäten aus und führt schließlich zur Entstehung von pleuralen, perikardialen und/oder abdominalen Ergüssen (Abbildung 3). In soliden Organen entstehen primär multifokale bis koaleszierende Granulome, oft entlang von Blutgefäßen (Abbildung 4) (Abbildung 5).

Abbildung 3. FIP-Erguss. (a) Die klassische Ergussflüssigkeit bei FIP ist strohfarben und hoch viskös mit hohem Protein- und niedrigem Zellgehalt. In dieser Probe sind darüber hinaus Fibrinklumpen zu erkennen. (b) FIP-Erguss in situ. Visköser Pleuraerguss um die von FIP betroffenen Lungenlappen. Multifokale bis koaleszierende, weiß- bis gelbliche granulomatöse Plaques sind auf der Lunge und auf der pleuralen Auskleidung der Brusthöhle sichtbar.© Gerald Duhamel, Cornell University
Abbildung 3. FIP-Erguss. (a) Die klassische Ergussflüssigkeit bei FIP ist strohfarben und hoch viskös mit hohem Protein- und niedrigem Zellgehalt. In dieser Probe sind darüber hinaus Fibrinklumpen zu erkennen. (b) FIP-Erguss in situ. Visköser Pleuraerguss um die von FIP betroffenen Lungenlappen. Multifokale bis koaleszierende, weiß- bis gelbliche granulomatöse Plaques sind auf der Lunge und auf der pleuralen Auskleidung der Brusthöhle sichtbar.© Gerald Duhamel, Cornell University
Abbildung 4. Die Peritonealhöhle einer Katze mit FIP zeigt das klassische Muster diffuser multifokaler Granulome auf den Serosaoberflächen von Dünndarm, Leber und Peritoneum. Ein Peritonealerguss ist ebenfalls vorhanden.© Gerald Duhamel, Cornell University
Abbildung 4. Die Peritonealhöhle einer Katze mit FIP zeigt das klassische Muster diffuser multifokaler Granulome auf den Serosaoberflächen von Dünndarm, Leber und Peritoneum. Ein Peritonealerguss ist ebenfalls vorhanden.© Gerald Duhamel, Cornell University
Abbildung 5. Nieren einer an FIP erkrankten Katze. (a) Multifokale bis koaleszierende Granulome um Blutgefäße sind sogar durch die ungeöffnete Kapsel erkennbar. (b) Eröffnete Kapsel, um weitere Details der Läsionen darzustellen.© Gerald Duhamel, Cornell University
Abbildung 5. Nieren einer an FIP erkrankten Katze. (a) Multifokale bis koaleszierende Granulome um Blutgefäße sind sogar durch die ungeöffnete Kapsel erkennbar. (b) Eröffnete Kapsel, um weitere Details der Läsionen darzustellen.© Gerald Duhamel, Cornell University

FIP ist eine progressive Erkrankung. Die klinischen Symptome verändern sich mit der Zeit, und eng getaktete Verlaufsuntersuchungen (einschließlich ophthalmologischer und neurologischer Untersuchungen) können helfen, einen frühen klinischen Verdacht zu bestätigen (Abbildung 6).

Abbildung 6. Da viele Katzen mit FIP Augensymptome (z.B. Uveitis, Iritis, keratische Präzipitate) entwickeln, sollte im Rahmen der klinischen Untersuchung immer eine vollständige ophthalmologische Untersuchung durchgeführt werden.© Shutterstock
Abbildung 6. Da viele Katzen mit FIP Augensymptome (z.B. Uveitis, Iritis, keratische Präzipitate) entwickeln, sollte im Rahmen der klinischen Untersuchung immer eine vollständige ophthalmologische Untersuchung durchgeführt werden.© Shutterstock

Diagnostische Tests

Bis heute basiert die endgültige Diagnose der FIP in erster Linie auf dem Nachweis von FCoV oder FIPV in Gewebemakrophagen mit Hilfe der Immunhistochemie und/oder der Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR). Voraussetzung für diese Tests ist jedoch die invasive Entnahme chirurgischer Biopsieproben ante mortem oder die Entnahme von Sektionsproben post mortem. Oft handelt es sich bei der ante-mortem-Diagnose lediglich um eine Verdachtsdiagnose, die auf der sorgfältigen Interpretation von Vorbericht, klinischer Untersuchung, hämatologischer und klinisch-biochemischer Befunde sowie (falls vorhanden) der Analyse von Ergüssen basiert (Box 1).

Vorbericht: weniger als 2 Jahre alt, Gruppenhaltung (Tierheim, Katzenzucht), Stressreiches Ereignis (Kastration, Umzug zu neuem Besitzer), reinrassige Katze
↓↓↓
Klinische Untersuchung: Pyrexie (persistierend oder intermittierend), Anorexie, Gewichtsverlust, Abgestumpftheit
↓↓
Erguss
• strohfarben, viskös, nicht purulent
• Albumin/Globulin-Verhältnis unter 0,8
• Gesamtprotein über 3,5 mg/dl
• geringe Leukozytenzahl (vorwiegend Neutrophile und Makrophagen)
Kein Erguss
• Weitere Untersuchungen erforderlich
• intraokuläre Symptome (Uveitis, Iritis, Retinitis)
• neurologische Symptome (Ataxie, Nystagmus)
• vergrößerte mesenteriale Lymphknoten
• abdominale Zubildungen
Wahrscheinlich FIP Hämatologie: aregenerative Anämie, Lymphopenie
Biochemie:
Hyperglobulinämie, niedriges Albumin/Globulin-Verhältnis, Hyperbilirubinämie
Bestätigung: RT-PCR für FIPV-spezifische Mutationen
Einschränkungen:
falsch negative Ergebnisse bei niedrigem Antigengehalt
Starker klinischer Verdacht auf FIP
Bestätigung: spezifische Tests an Gewebebioptaten
Einschränkungen:
invasiv, teuer

Box 1. Algorithmus für die Diagnose der FIP.

Bei der Blutuntersuchung von Katzen mit FIP findet man keine pathognomonischen Veränderungen. Häufige Befunde im großen Blutbild sind eine aregenerative Anämie mit Lymphopenie, in der Regel aber ohne neutrophile Leukozytose, wie sie üblicherweise in einem Stressleukogramm zu finden ist. Biochemische Serumprofile zeigen bei den meisten FIP- Katzen ein erhöhtes Gesamtprotein als Folge einer Hyperglobulinämie 13. Weitere potenzielle biochemische Befunde sind erhöhte Leberenzyme und erhöhte Bilirubinkonzentrationen aufgrund von entsprechenden Organschäden.

Die Analyse von Ergüssen ist nach wie vor die beste Möglichkeit der ante-mortem-Bestätigung einer FIP. Eine Ergussanalyse kann unmittelbar patientennah durchgeführt werden und liefert eine starke Unterstützung der FIP-Diagnose, wenn der Gesamtproteingehalt der Ergussflüssigkeit über 3,5 mg/dl liegt und die Zellzahl gering ist. Auch ein Albumin/Globulin-Verhältnis von unter 0,8 in der Ergussflüssigkeit ist stark unterstützend für eine FIP-Diagnose. Die Immunfärbung von Ergüssen für FCoV-Antigen gilt dagegen nicht als sensitive Nachweismethode, da die Ergussflüssigkeit nur wenige Zellen enthält und/oder das Antigen oft von gebundenen Antikörpern maskiert ist 14.

Die RT-PCR für FIPV (nicht für FCoV) in Ergussflüssigkeiten ist eine sehr spezifische (95,8 %), aber relativ insensitive (68,8 %) Labormethode zum Nachweis des FIP-Virus. Dennoch handelt es sich um die beste gegenwärtig verfügbare nicht-invasive ante-mortem-Methode zur Bestätigung einer FIP-Diagnose. Bei positivem Ergebnis identifiziert dieser Test bestimmte, mit dem FIPV assoziierte Mutationen im Spike-Protein. Bei Katzen mit Ergüssen, bei denen die FIP-Prävalenz im Bereich von 50-60 % liegt, hat die RT-PCR für FIPV einen positiven prädiktiven Wert von etwa 95 %. Nicht empfohlen wird dieser Test mit Blut, Serum oder Fäzes aufgrund der geringen Anzahl der in diesen Substraten enthaltenen Antigene und wegen der Antikörper-Antigen-Bindung. Hinzu kommt, dass viele Katzen mehrere Coronavirusstämme gleichzeitig aufweisen können, was den interpretativen Wert dieses Tests zusätzlich einschränken kann.

Wichtig ist, dass ein positiver serologischer Test auf FCoV-Antikörper nie als definitive Bestätigung der FIP-Diagnose interpretiert werden sollte. Die Serologie kann nämlich nicht unterscheiden zwischen Antikörpern, die von ubiquitären FCoVs induziert werden, und Antikörpern, die von FIP-verursachenden FCoVs induziert werden.

Behandlung

FIP gilt als unausweichlich tödliche Erkrankung, es gibt jedoch einige wenige Berichte über verlängerte Verläufe oder sogar Erholungen. In der Regel schreitet die Erkrankung sehr schnell fort mit einer medianen Überlebenszeit von 9 Tagen nach erfolgter Diagnose 15. Zahlreiche antivirale Arzneimittel wurden in der Vergangenheit vorgeschlagen, basierend auf in vitro-Studien und der Anwendung bei anderen Spezies oder bei anderen Erkrankungen. Dazu gehören Ribavirin, Vidarabin, humanes Interferon-Alpha und felines Interferon-Omega 13, die sich aber allesamt als im Wesentlichen unwirksam gegen FIP erwiesen haben. Zu den leicht zugänglichen palliativen Behandlungen gehört die Gabe von Immunsuppressiva, die einen gewissen Einfluss auf das Fortschreiten der klinischen Symptome haben können. Am häufigsten zum Einsatz kommen Prednisolon oder Dexamethason, angewendet werden aber auch Cyclophosphamid oder Chlorambucil 13. Unspezifische Immunstimulanzien werden mit anekdotischen Erfolgen eingesetzt und sollen das Leben bei einigen betroffenen Katzen verlängern, die Fallzahlen sind jedoch gering, und eine Anwendung solcher Wirkstoffe bei FIP wird gegenwärtig nicht empfohlen 16.

Die Behandlung der FIP ist ein gegenwärtig sehr aktives Forschungsfeld, und einige zurzeit stattfindende Untersuchungen liefern bereits sehr vielversprechende Ergebnisse. Polyprenyl-Immunstimulans (PPI) wurde in zahlreichen Laborstudien und klinischen Studien untersucht und zeigt Erfolge bei nicht-effusiven Formen der Erkrankung im Frühstadium 17. PPI ist kommerziell erhältlich und in einigen Ländern für die Behandlung von Infektionen der oberen Atemwege bei Katzen zugelassen. Weitere vielversprechende Forschungsarbeiten untersuchen einen Protease-Inhibitor (GC376), der sowohl in Laborstudien als auch in klinischen Studien zu einer temporären Regression klinischer Symptome führt 18. Eine kommerzielle Darreichungsform von GC376 soll innerhalb der kommenden Jahre in den USA zugelassen werden 19. Jüngste Untersuchungen von RNA-Transkriptionsinhibitoren (EVO984/GS441524) zeigen eine dramatische Reduzierung der Virusreplikation in vitro und eine Umkehr der klinischen Erkrankung bei 10 von 10 experimentell infizierten Katzen 20.

Elizabeth A. Berliner

Eine ophthalmologische Untersuchung auf Iritis, Uveitis und Netzhautläsionen ist in vielen Fällen ein hilfreicher Bestandteil der FIP-Diagnostik.

Elizabeth A. Berliner

Impfung

Gegenwärtig gibt es einen kommerziellen Impfstoff gegen FIP in den USA, Europa und Kanada. Es handelt sich um ein modifiziertes, lebendes, intranasal zu applizierendes Produkt, das ein mutiertes FCoV enthält. Die American Association for Feline Practitioners (AAFP) teilt Impfstoffe in drei allgemeine Kategorien ein: Kern-Impfstoffe, Nicht-Kern-Impfstoffe und nicht empfohlene Impfstoffe. Nach Einschätzung des Feline Vaccination Advisory Panel der AAFP gehört der gegenwärtig verfügbare FIP-Impfstoff in die Kategorie der nicht empfohlenen Impfstoffe, da es nur „unzureichende Evidenzen für einen klinisch relevanten Schutz“ gibt 21.

Implikationen für FIPV-exponierte Katzen

Wie oben erwähnt geht man davon aus, dass das FIPV unter den meisten Umständen nicht horizontal zwischen Katzen übertragen wird. FIP-Ausbrüche kommen deshalb nur sehr selten vor. Wenn eine Katze oder ein Katzenwelpe FIP entwickelt, besteht jedoch immer eine gewisse Sorge hinsichtlich des Risikos für andere Katzen, mit denen das erkrankte Tier Kontakt hatte. Auf der Grundlage der weiter oben diskutierten „Theorie der internen Mutation“ geht man allgemein jedoch davon aus, dass nicht verwandte Katzen mit Kontakt zu einer FIP-Katze ein sehr geringes Risiko für die Entwicklung einer FIP haben. Ein höheres Risiko haben dagegen genetisch verwandte Tiere unter der Annahme, dass sie wahrscheinlich demselben FCoV-Stamm ausgesetzt sind und darüber hinaus eine ähnliche genetische Disposition für die entsprechenden Mutationen haben. Multipliziert wird dieses Risiko zusätzlich durch die Wahrscheinlichkeit, dass verwandte Katzen auch in derselben Umgebung leben und vielleicht sogar denselben Stressoren ausgesetzt sind. Die Wurfgeschwister an FIP erkrankter Katzenwelpen haben daher das höchste Risiko für die Entwicklung einer FIP und sollten deshalb kontinuierlich auf entsprechende klinische Symptome überwacht werden.

Die Inkubationszeit für die Entwicklung von FIP kann Monate bis Jahre dauern. Die gegenwärtig verfügbaren diagnostischen Tests ermöglichen aber keine zuverlässigen Vorhersagen des weiteren Verlaufs bei Katzen mit Virusexposition, aber ohne klinische Erkrankung zum Zeitpunkt der Tests. Die molekulare Sequenzierung von Punktmutationen des FCoV könnte aber ein diagnostisches Tool sein, das dieses Problem in der Zukunft löst.

Implikationen für die FIP-Prävention in Katzenpopulationen

Das FCoV überlebt bis zu sieben Wochen in trockener Umgebung, kann aber mit üblichen Detergenzien und Desinfektionsmitteln leicht inaktiviert werden. In Katzenpopulationen zielen Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen gegen FIP in erster Linie darauf ab, die Risikofaktoren für die Entwicklung der Erkrankung zu minimieren. Dazu gehört auch die maximal mögliche Reduzierung der Exposition von Katzen gegenüber FCoV. Katzenzuchten und Tierheime sollten daher routinemäßige und umfassende Hygiene- und Desinfektionspläne erstellen und konsequent praktisch umsetzen. Wichtig ist insbesondere die sorgfältige Hygiene der Katzentoiletten, die ein häufiges Entnehmen der Ausscheidungen – mindestens täglich – erfordert, sowie die Verwendung von Einmaltoiletten für Katzenwelpen und Katzen mit Diarrhoe. Von ganz wesentlicher Bedeutung sind aber auch die Vermeidung von Overcrowding und die strikte Einhaltung der Richtlinien zur besten Praxis in Tierheimen 22, um die Populationen in solchen Einrichtungen auf einem vernünftigen und gesunden Level zu halten. Nach Möglichkeit sollten nicht verwandte Würfe von Katzenwelpen nicht gemischt werden, um keine Gelegenheiten für einen Austausch von Virusstämmen zu schaffen und Rekombinationsereignisse zu verhindern. Eine Inzidenz der FIP von bis zu 1 % gilt in Katzenpopulationen im Allgemeinen jedoch als unvermeidlich. In Katzenzuchten oder Tierheimen mit höheren FIP-Inzidenzen ist tiefer gehende Ursachenforschung angezeigt, darunter eine kritische Überprüfung der Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen, der Handlings- und Haltungspraktiken sowie der Unterbringung der Katzen und des Stressmanagements in der Einrichtung.

FIP ist eine verheerende Erkrankung und das Resultat einer komplexen Interaktion zwischen mutierten FCoV-Stämmen, der Immunität des Wirts, der Umweltkontamination und der Umweltbedingungen. Forscher arbeiten zurzeit parallel an der weiteren Aufklärung der zugrundeliegenden Mutationen, an Methoden der Früherkennung bzw. der Risikobeurteilung und nicht zuletzt an neuen Therapien zur Verlangsamung oder Umkehr des Fortschreitens klinischer Symptome. Vielversprechende Fortschritte wurden in den vergangenen zwei Jahren insbesondere im Bereich der Therapie erreicht. Bereits in naher Zukunft könnten diese neuen therapeutischen Optionen in der privaten Praxis für individuelle erkrankte Katzen als vernünftige Mittel zur Palliation verfügbar sein. Die Eradikation von FCoV ist zwar kein realistischerweise erreichbares Ziel. Die Minimierung der Viruslast und der Virusexposition scheint gegenwärtig die beste Methode zu sein, um das Auftreten von FIP in Katzenpopulationen zu reduzieren.

Literatur

  1. Holzworth J. Some important disorders of cats. Cornell Vet 1963;53:157-160.
  2. Gross D. How kitty litter went from happy accident to $2 billion industry. Washington Post Feb 2, 2015.
  3. Benetka V, Kübber-Heiss A, Kolodziejek J, et al. Prevalence of feline coronavirus types I and II in cats with histopathologically verified feline infectious peritonitis. Vet Microbiol 2004;99(1):31-42.
  4. Oguma K, Ohno M, Yoshida M, et al. Mutation of the S and 3c genes in genomes of feline coronaviruses. J Vet Med Sci 2018;80(7):1094-1100.
  5. Pedersen NC. An update on feline infectious peritonitis: virology and immunopathogenesis. Vet J 2014;201(2):123-132.
  6. Addie D. Clustering of feline coronaviruses in multicat households. Vet J 2000;159:8-9.
  7. Pedersen NC, Sato R, Foley JE, et al. Common virus infections in cats, before and after being placed in shelters, with emphasis on feline enteric coronavirus. J Feline Med Surg 2004;6(2):83-88.
  8. Addie D. Feline coronavirus infections. In: Greene CE (ed). Infectious Diseases of the Dog and Cat, 4th ed. Oxford, Saunders 2012;92-108.
  9. Addie D, Jarrett O. A study of naturally occurring feline coronavirus infections in kittens. Vet Rec 1992;130:133-137.
  10. Wang YT, Su BL, Hsieh LE, et al. An outbreak of feline infectious peritonitis in a Taiwanese shelter: Epidemiologic and molecular evidence for horizontal transmission of a novel type II feline coronavirus. Vet Res 2013;44(1):1.
  11. Foley JE. Patterns of feline coronavirus infection and fecal shedding from cats in multiple-cat environments. J Am Vet Med Assoc 1997; 210(9):1307-1312.
  12. Poland AM, Vennema H, Foley JE, et al. Two related strains of feline infectious peritonitis virus isolated from immunocompromised cats infected with a feline enteric coronavirus. J Clin Microbiol 1996;34(12): 3180-3184.
  13. Addie DD, Belák S, Boucraut-Baralon C, et al. ABCD Guidelines on Feline Infectious Peritonitis. J Feline Med Surg 2009;11:594-604.
  14. Hartmann K, Binder C, Hirschberger J, et al. Comparison of different tests to diagnose feline infectious peritonitis. J Vet Intern Med 2003;17(6):781-790.
  15. Ritz S, Egberink H, Hartmann K. Effect of feline interferon-omega on the survival time and quality of life of cats with feline infectious peritonitis. J Vet Intern Med 2007;21(6):1193-1197.
  16. Pedersen NC. An update on feline infectious peritonitis: Diagnostics and therapeutics. Vet J 2014;201(2):133-141.
  17. Legendre AM, Kuritz T, Galyon GD, et al. Polyprenyl immunostimulant treatment of cats with presumptive feline infectious peritonis in a field study. Front Vet Sci 2017;4;7.
  18. Pedersen NC, Kim Y, Liu H, et al. Efficacy of a 3C-like protease inhibitor in treating various forms of acquired feline infectious peritonitis. J Feline Med Surg 2018;20(4):378-392.
  19. Veterinary researchers and Anivive license antiviral drug for fatal cat disease [Internet]. Available at: www.k-state.edu/media/newsreleases/2018-09/fipantiviral92018.html [accessed Sep 30, 2018]

  20. Murphy BG, Perron M, Murakami E, et al. The nucleoside analog GS-441524 strongly inhibits feline infectious peritonitis (FIP) virus in tissue culture and experimental cat infection studies. Vet Microbiol 2018;219:226-233.
  21. Scherk MA, Ford RB, Gaskell RM, et al. Feline infectious peritonitis. J Feline Med Surg 2013;15:785-808.
  22. The Million Cat Challenge. Capacity for Care [Internet]. Available at: www.millioncatchallenge.org/resources/capacity-for-care [accessed Sep 30, 2018]

Elizabeth A. Berliner

Elizabeth A. Berliner

Dr. Berliner schloss ihr Tiermedizinstudium 2003 an der Cornell University ab und besitzt die Board Certification in Shelter Medicine Practice (2016) sowie in Mehr lesen

Andere Artikel in dieser Ausgabe

Ausgabe nummer 29.1 veröffentlicht 20/06/2019

Fütterungsspielzeug für Katzen

Viele Katzen sind bezüglich Fütterungszeiten und Fütterungsmethoden voll und ganz der Wahl ihrer Besitzer unterworfen...

von Ingrid Johnson

Ausgabe nummer 29.1 veröffentlicht 06/06/2019

Tritrichomonas foetus bei jungen Katzen

Dickdarmdiarrhoe ist ein häufiger Grund für die Vorstellung junger Katzen in erstversorgenden tierärztlichen Praxen...

von Dan Thompson

Ausgabe nummer 29.1 veröffentlicht 09/05/2019

Die Drei-Schritte-Konsultation bei Katzenwelpen

Ausschließlich auf Katzen ausgerichtete tierärztliche Praxen werden immer populärer und Katzenbesitzer...

von Cyril Berg