Leberenzyme bei Hunden – FAQs
Blutentnahmen zur Beurteilung des Leberstatus sind in der Kleintierpraxis alltäglich, die Interpretation der Ergebnisse kann sich aber als schwieriger erweisen, als es zunächst erscheinen mag.
Ausgabe nummer 34.2 Hepatologie
veröffentlicht 13/12/2024
Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English
Die Leber ist ein komplexes Organ, und die Biomarker, die wir zu ihrer Beurteilung einsetzen, überschneiden sich oft in Bezug auf ihren Vorhersagewert und ihren klinischen Nutzen.
Ikterus ist ein offensichtliches klinisches Symptom einer potenziellen Lebererkrankung, es muss aber berücksichtigt werden, dass eine signifikante Lebererkrankung auch bei einem nicht-ikterischen Tier vorliegen kann.
Anhand der Konzentrationen von Albumin, Glukose, Cholesterin und Harnstoff kann beurteilt werden, in welchem Maße die Leber in der Lage ist, sich effektiv am Intermediärstoffwechsel zu beteiligen.
Die Bestimmung der Ammoniakkonzentration im Serum kann ein sensitiver und spezifischer Test für die Leberzellmasse und die Blutversorgung der Leber sein.
Die Harnanalyse sollte fester Bestandteil jeder Laboruntersuchung auf potenzielle Lebererkrankungen sein.
Die labordiagnostische Beurteilung der Leber erfordert eine minimale Datenbasis mit großem Blutbild, biochemischem Profil und einer Harnuntersuchung. Das biochemische Profil enthält die meisten Daten für eine direkte Beurteilung von Lebergesundheit und Leberfunktion, es kann aber allein nicht zwischen primärer und sekundärer Lebererkrankung unterscheiden. Diese Differenzierung beruht letztlich auf der gemeinsamen Betrachtung und Analyse sämtlicher verfügbarer labordiagnostischer und klinischer Daten und kann sich in einigen Fällen durchaus als schwierig herausstellen. So weisen beispielsweise Hunde mit immunvermittelter hämolytischer Anämie (IMHA) infolge der Auswirkungen einer Hypoxie und proinflammatorischer Zytokine auf die Leberfunktion häufig biochemische Evidenzen einer Leberzellschädigung und einer Cholestase auf 1,2,3,4. Das große Blutbild spielt eine wichtige Rolle für die Diagnose primärer hämatologischer Erkrankungen und damit für die Untermauerung der Schlussfolgerung, dass es sich bei der vorliegenden Lebererkrankung in diesen Fällen tatsächlich um einen sekundären Prozess handelt.
Die in erster Linie für die klinische Beurteilung der Leber herangezogenen Biomarker im Serum spiegeln die Hauptfunktionen dieses Organs wider. So wird die Proteinsynthese anhand der Albuminkonzentration beurteilt, der Glukosespiegel und die Cholesterinkonzentration spiegeln die Rolle der Leber im Intermediärstoffwechsel wider, und die Gallensäuren und Cholesterin sind Indikatoren für die Durchgängigkeit der Gallenwege und die enterohepatische Rezirkulation. Das beim Abbau von Hämoglobin durch Phagozyten entstehende Bilirubin wird von der Leber aufgenommen, konjugiert und sezerniert. Die hepatische Entgiftung von Toxinen und Arzneimitteln kann biochemisch ohne Auswirkungen bleiben oder sich in Veränderungen spezifischer Serumenzyme widerspiegeln.
Sämtliche Labordaten aus der minimalen Datenbasis werden gesammelt und gemeinsam analysiert und unterstützen im Kern das Erkennen von vier zentralen pathologischen Prozessen in der Leber: hepatozelluläre Schädigung, Cholestase, hepatozelluläre Dysfunktion/Insuffizienz und Veränderungen im hepatischen Portalkreislauf. Diese Prozesse laufen oft gleichzeitig oder als Folge voneinander ab. Zudem besteht die Möglichkeit, dass mehrere pathologische Zustände gegensätzliche Effekte auf bestimmte Analyten haben, was deren diagnostische Sensitivität für Lebererkrankungen verringert. So kann zum Beispiel Cholesterin bei einem Hund mit hochgradig zirrhotischer Leber innerhalb des Referenzintervalls liegen, weil eine strukturelle Cholestase der infolge einer reduzierten Leberzellmasse verringerten Cholesterinsynthese entgegenwirkt (d. h. zu wenige Leberzellen für eine ausreichende Clearance von Gallensäuren). Ein prozessorientierter Ansatz erleichtert die gezielte Auswahl von diagnostischen Tests und die Erstellung einer präzisen definierten Liste von Differentialdiagnosen.
Erica Behling-Kelly
„Schaden“ ist ein eher unspezifischer, aber im Zusammenhang mit Erkrankungen der Leber weithin verwendeter Begriff zur Beschreibung einer Beeinträchtigung oder Störung, die letztlich zu einer Dysfunktion der Leberzellmembran führt und vermutlich zu einem gewissen Grad auch zu einer Zelllyse und zum Zelltod. Die Leber kann direkt geschädigt werden durch parenchymale Entzündungen (primäre Hepatitis), Toxine (Arzneimittel und Pflanzen) und Neoplasien (primär oder metastatisch). Weitere potenzielle Ursachen von Leberschädigungen sind systemische Erkrankungen, die den Blutfluss und die Sauerstoffversorgung des Organs beeinträchtigen oder Endokrinopathien. Unabhängig von der Ursache gibt es nur einige wenige biochemische Indikatoren, mit deren Hilfe wir diese Art von Schädigung identifizieren können.
Die zur Beurteilung der Leber verwendeten Serumenzyme werden in zwei Hauptkategorien unterteilt. Die erste Gruppe ist im Zytosol der Hepatozyten lokalisiert und wird umgangssprachlich auch als „leakage enzymes“ also „Leckage-Enzyme“ bezeichnet. Bei Hunden und Katzen umfasst diese Enzymgruppe die Alanin-Aminotransferase (ALT) und die Aspartat-Aminotransferase (AST). Der Anstieg der Serumaktivität dieser Enzyme ist spezifisch für eine hepatozelluläre Schädigung, wenn differenzialdiagnostisch eine Hämolyse und hochgradige Muskelschäden (da sich mehr AST im Muskelgewebe befindet als in der Leber) als alternative Quellen für diese Enzyme ausgeschlossen werden konnten 5,6. Zwar ist die Magnitude des Anstiegs dieser Leckage-Enzyme proportional zur Anzahl der geschädigten Hepatozyten, aber aufgrund der großen zellulären Reserve und der hohen Regenerationskapazität der Leber lässt dies weder Rückschlüsse auf die Reversibilität der Schädigung zu, noch liefert es Hinweise auf die synthetische Funktion der Leber 5,7. Ein serielles Monitoring dieser Enzyme ist von entscheidender Bedeutung; ALT hat beim Hund eine Halbwertszeit von 2-3 Tagen und bei der Katze von nur 3-4 Stunden, während die Halbwertszeit von AST beim Hund weniger als einen Tag beträgt 5,8. Da jedes biochemische Profil lediglich eine Momentaufnahme ist, muss bei der Abwägung der klinischen Bedeutung von Veränderungen im Laufe der Zeit immer auch die Halbwertszeit der Enzyme einkalkuliert werden. Zu berücksichtigen ist ferner, dass in einer chronisch erkrankten kleinen fibrotischen Leber möglicherweise nur noch wenige lebensfähige residuale Hepatozyten vorhanden sind, die lecken können. In diesen Fällen können die Serumaktivitäten von ALT und AST trotz weit fortgeschrittener Erkrankung nur minimal erhöht sein oder sogar innerhalb ihrer Referenzintervalle liegen. Entzündliche oder nekrotisierende Erkrankungen gehen in der Regel mit den größten Erhöhungen von Leckage-Enzymen einher.
Leberentzündungen können schleichend und im Verborgenen verlaufen. In einer Studie mit Labradors, die Verwandte ersten Grades von Hunden mit kupferassoziierter Hepatopathie waren, zeigten 64 % (122/191) der klinisch gesunden Hunde histopathologische Hinweise auf entzündliche Infiltrate. Die Enzymaktivitäten im Serum hatten in dieser Population eine relativ niedrige Sensitivität für den Nachweis von sowohl akuter als auch chronischer Hepatitis 9. In einer weiteren Studie ergab die Auswertung von 4559 Leberbiopsien bei Hunden in 50 % der Fälle Kupferwerte von > 400 ppm Trockenmasse (Referenzbereich 120-400 ppm) und in 19 % der Fälle Kupferwerte von > 1000 ppm. In derselben Studie war die nekro-inflammatorische Aktivität (d. h. die Immunreaktion der Leber auf Nekrose) prädiktiv für den Kupfergehalt 10. Weniger gut charakterisiert ist die hepatische Akkumulation von Kupfer bei Katzen als Ursache für Hepatitis, sie nimmt bei dieser Spezies aber zu 11. Hyperthyreose ist bei Katzen eine anerkannte Ursache für geringgradige Erhöhungen der ALT, der zugrundeliegende Mechanismus ist aber noch nicht geklärt 12. Glutamatdehydrogenase (GLDH) und Sorbitdehydrogenase (SDH) sind bei anderen Spezies diagnostisch hilfreiche hepatozelluläre Leckage-Enzyme, es gibt jedoch nur wenige Studien zur Evaluierung ihres diagnostischen Nutzens bei Katzen im Vergleich zu Hunden.
Die zweite Gruppe von Enzymen, die für eine labordiagnostische Beurteilung der Leber herangezogen werden kann, wird als induzierbare Enzyme bezeichnet. Dazu gehören die alkalische Phosphatase (ALP) und die Gamma-Glutamyltransferase (GGT). Infolge eines induzierenden Ereignisses, wobei es sich typischerweise um eine Exposition gegenüber Arzneimitteln oder Hormonen handelt, steigern die Hepatozyten Proteinsynthese-Pathways, die diese Enzyme produzieren 13. Gallensäuren sind ebenfalls in der Lage, diese Enzyme zu induzieren und darüber hinaus auch Zellmembranen auflösen, daher erklärt sich der starke Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Enzyme ALP und GGT und einer Cholestase 14. Die Zellen der Gallenkanälchen reagieren auf erhöhten Druck mit einer Hyperplasie, wobei sich die Zahl der GGT produzierenden Zellen erhöht 15. Häufig spiegelt sich dies in einem proportional höheren Anstieg der GGT wider, wenn obstruktive cholestatische Prozesse im Spiel sind. Anhaltende Anstiege von GGT und ALP können eine Heilung und Hyperplasie in den Gallenwegen widerspiegeln. Wie bei der Beurteilung der Leckage-Enzyme ist auch bei diesen induzierbaren Enzymen ein serielles Monitoring unerlässlich. Knochen können sowohl bei Hunden als auch bei Katzen eine zusätzliche Quelle für ALP sein, und Kortikosteroide induzieren ALP bei Hunden. Bei der labordiagnostischen Beurteilung der Leber müssen daher auch Erkrankungen, die mit einer erhöhten Knochenproliferation einhergehen (und das Alter des Tieres), sowie eine Exposition gegenüber endogenen oder exogenen Kortikosteroiden (nur beim Hund) berücksichtigt werden 16. ALP-Erhöhungen werden zudem auch im Zusammenhang mit der felinen Hyperthyreose festgestellt 17, und eine Phenobarbitalbehandlung kann beim Hund zu Erhöhungen von ALT, ALP und GGT führen 18. Wenn die Laborergebnisse verwirrend sind, kann Levamisol zur Suppression des durch Kortikosteroide induzierten Isoenzyms eingesetzt werden, um eine Diagnose zu erhalten, dies ist aber nur selten erforderlich.
Induzierbare Enzyme können aus intakten Hepatozyten sezerniert werden, werden aber auch bei einer Lysis von Hepatozyten freigesetzt. In diesen Fällen erwartet man in der Regel aber einen größeren Anstieg von Leckage-Enzyme. Natürlich kann ein induktives Ereignis vor einem lytischen Ereignis zu einem Serumenzymbild führen, das ziemlich unklar sein kann.
Erica Behling-Kelly
Unter einer Cholestase versteht man die Unterbrechung oder Suppression des Gallenflusses. Mögliche Ursachen sind eine reduzierte Sekretion der Hepatozyten oder eine strukturelle Dysfunktion entlang der Gallenwege, von den kleinen Kanälchen bis zur Gallenblase. Die Prozesse der Sezernierung von Galle aus den Hepatozyten in die Gallenkanäle bis hin zur Abgabe in den Intestinaltrakt sind stark energieabhängig, erfordern mehrere aktive Transportersysteme und hängen von einem osmotischen Gradienten ab. Im Verlauf dieses Prozesses gibt es daher zahlreiche potenzielle Fehlerquellen, die letztlich zu einer Cholestase führen können 14. Zu den häufigen pathologischen Veränderungen, die in einer Cholestase münden können, gehören Leberzellschwellungen (z. B. bei hepatischer Lipidose), neoplastische Prozesse, chronische Entzündungen (Fibrose), Cholelithen, Parasiten, Pankreatitis, Gallenblasenmukozelen und verschiedene Ursachen einer funktionellen Cholestase wie eine Hypoxie und eine Zytokin-vermittelte Suppression der Ausscheidung. Komprimierende Läsionen können diffus in der Leber verteilt sein (z. B. bei einer Katze mit hepatischer Lipidose, die zu Leberzellschwellung und damit Kompression der Gallenkanälchen führt) oder als zubildungsartige Läsion im Bereich der Gallenblase oder den größeren Gallengängen lokalisiert ist. Komprimierende Läsionen führen tendenziell auch zu einer Akkumulation anderer Substanzen, die ein durchgängiges Gallensystem zur Ausscheidung benötigen. Viele strukturelle cholestatische Läsionen sind daher durch eine Hypercholesterinämie und eine Hyperbilirubinämie gekennzeichnet.
Ein offensichtliches klinisches Symptom einer potenziellen Lebererkrankung ist Ikterus, also die sichtbare Gelbfärbung von Haut, Schleimhäuten und der Skleren aufgrund einer Akkumulation von Bilirubin (Abbildung 1). Zurückzuführen ist dies auf eine Hyperbilirubinämie (Abbildung 2), im Allgemeinen mit Bilirubinwerten über 2-3 mg/dl (34-51 μmol/l). Zu berücksichtigen ist aber, dass eine signifikante Lebererkrankung auch bei einem nicht-ikterischen Tier vorliegen kann. Bilirubin entsteht beim Abbau und Recycling von Bestandteilen alternder roter Blutkörperchen. Dieser Prozess läuft in zwei Hauptschritten ab. Zunächst wird der Erythrozyt von einem Makrophagen aufgenommen und verdaut, und das Hämoglobinmolekül wird enzymatisch in Bilirubin umgewandelt. Dieser Schritt erfolgt im Allgemeinen in den Makrophagen der Milz und in geringerem Maße auch in den Kupffer-Zellen (sessile Makrophagen in der Leber). Im zweiten Schritt wird dann das von den Makrophagen produzierte unkonjugierte Bilirubin nicht-kovalent an Albumin gebunden und zur Leber transportiert, wo es von den Hepatozyten aufgenommen und enzymatisch konjugiert wird, um die Ausscheidung über die Galle zu erleichtern. Eine Hyperbilirubinämie kann entstehen, wenn ein hämolytischer Prozess vorliegt („prähepatischer“ Ikterus). Eine Hämolyse führt zu einem beschleunigten Turnover roter Blutkörperchen und Abbau von Hämoglobin. In diesen Fällen ist die Leber mit den anflutenden Mengen an unkonjugiertem Bilirubin überfordert, das dann zunächst im Blut akkumuliert 19. Eine hepatische Hypoxie infolge einer akuten Anämie reduziert zudem die zelluläre Energie in den Hepatozyten und verlangsamt die Bilirubinausscheidung. Auch proinflammatorische Zytokine supprimieren die Ausscheidung von Bilirubin. Somit gibt es bei einem Individuum mit hämolytischer Anämie (prähepatischer Ikterus) eine sekundäre hepatische Komponente, die auf biochemische Prozesse zurückzuführen ist.
Einem „hepatischen“ oder „posthepatischen“ Ikterus liegen entweder intrazelluläre biochemische Störungen oder strukturelle Läsionen zugrunde, die eine Ausscheidung von Bilirubin in die Galle physisch hemmen (z. B. Cholestase). Häufig überschneiden sich die Ursachen von hepatischem und posthepatischem Ikterus. Nachdem ein prähepatischer Ikterus ausgeschlossen werden konnte, geht es bei der weiteren Differenzialdiagnostik in erster Linie darum, festzustellen, ob eine biochemische Störung in den Hepatozyten und/oder in den biliären Epithelzellen vorliegt oder eine strukturelle Läsion (deren Diagnose in der Regel eher mit bildgebenden Verfahren und weniger mit Hilfe von Labordaten erfolgt).
Die Leber produziert eine Vielzahl verschiedener Proteine, allen voran Albumin, aber auch Akute-Phase-Proteine und verschiedene Gerinnungsfaktoren. Darüber hinaus ist die Leber der Hauptort der Glukoneogenese und der Cholesterinsynthese und beherbergt die Enzyme des Harnstoffzyklus. Aus diesem Grund wird die Bestimmung von Albumin, Glukose, Cholesterin und Harnstoff verwendet, um zu evaluieren in welchem Maße die Leber in der Lage ist, sich effektiv am Intermediärstoffwechsel zu beteiligen. Wenn die Leber eines Hundes oder einer Katze aufgrund einer Schädigung oder Atrophie nicht über eine ausreichende Anzahl funktioneller Hepatozyten verfügt, können die Konzentrationen dieser vier Analyten vermindert sein. Allerdings werden diese Analyten auch durch andere Prozesse beeinflusst. Albumin ist ein negatives Akute-Phase-Protein und kann auf verschiedenen Wegen aus dem Körper verloren gehen, z. B. über den Harn oder über den Gastrointestinaltrakt, aber auch über Blutungen oder eine Exsudation. Ein großes Blutbild und eine Harnanalyse können helfen, diese alternativen Ursachen auszuschließen oder zu bestätigen. Die Cholesterinsynthese ist bei malabsorptiven Erkrankungen, Hypoadrenokortizismus und einigen Tumorarten vermindert, sodass im Falle niedriger Cholesterinwerte zunächst diese Ursachen ausgeschlossen werden müssen, wenn eine hepatische Syntheseinsuffizienz als Hauptdifferentialdiagnose in Betracht gezogen werden soll 20,21,22. Bildgebende Verfahren können bei der Beurteilung der Gesamtgröße der Leber und bei der Suche nach Hinweisen auf eine Fibrose hilfreich sein.
Besteht der Verdacht auf einen eingeschränkten Blutfluss und eine daraus resultierende verminderte Clearance-Funktion der Leber, kann die Gallensäurekonzentration gemessen werden. Erhöhte Gallensäurewerte im Serum können auf eine verringerte Leberzellmasse und/oder einen portosystemischen Shunt hinweisen (Gallensäuren verbleiben im systemischen Kreislauf, weil das Blut die Leber über den Bypass umgeht). Gallensäuren werden aber wahrscheinlich auch erhöht sein, wenn es biochemische Hinweise auf eine Cholestase gibt, sodass die Bestimmung der Gallensäurekonzentration in diesen Fällen nicht zur Beurteilung der Lebermasse und des Blutflusses geeignet scheint. Liegt gleichzeitig eine Erkrankung des Ileums vor, kann es zu einer Beeinträchtigung der Absorption der in den Gastrointestinaltrakt sezernierten Gallensäuren kommen. Deshalb können die Gallensäuren bei Tieren mit signifikanter Lebererkrankung und begleitender ilealer Malabsorption auch innerhalb ihres Normalbereiches liegen. Dynamische Tests (prä- und postprandiale Messung) erhöhen die Sensitivität der Gallensäurenbestimmung, wobei zu berücksichtigen ist, dass 15-20 % der Hunde in der Fastenprobe höhere Konzentrationen aufweisen, die vermutlich auf eine verzögerte Magenentleerung oder eine spontane Kontraktion der Gallenblase zurückzuführen sind. In diesen Fällen sollte der höhere der beiden Werte zur Interpretation herangezogen werden 23.
Ammoniak entsteht als Nebenprodukt des Proteinstoffwechsels und wird ebenfalls über die Leber verstoffwechselt und ausgeschieden. Im Unterschied zu den Gallensäuren gibt es bei dieser Clearance aber keine enterohepatische Komponente, sodass eine Cholestase keinen Einfluss auf die Ammoniakkonzentration im Plasma hat. Die Ammoniakbestimmung kann ein sensitiver und spezifischer Test für die Leberzellmasse und dem Blutfluss zur Leber sein, sie erfordert jedoch eine spezielle Probenentnahme und ein spezielles Handling der Proben (Kasten 1). Da nicht alle Labore die Bestimmung von Ammoniak anbieten, sollten diese Fragen vor der Einsendung entsprechender Proben zunächst mit dem Labor abgeklärt werden. Bei Katzen zeigt Ammoniak eine höhere Spezifität als Gallensäuren für den Nachweis von Shunts oder einer verminderter Leberzellmasse, weist aber eine geringere Sensitivität auf 24. Defekte im Harnstoffzyklus können ebenfalls eine Hyperammonämie verursachen, bei den betroffenen Tieren fehlen aber normalerweise weitere biochemische Hinweise auf eine Lebererkrankung.
Box 1. Anmerkungen zu Ammoniak-Tests.
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Hunde haben eine niedrige renale Schwelle für konjugiertes Bilirubin, sodass bei cholestatischen Tieren einer Hyperbilirubinämie in vielen Fällen eine Bilirubinurie vorausgehen kann. Bei chronischen cholestatischen Erkrankungen kann konjugiertes Bilirubin kovalent an Albumin binden und Delta-Bilirubin bilden. Dadurch wird das Bilirubin im Blut zurückgehalten, sodass eine fehlende Bilirubinurie bei einem Patienten mit anderen Evidenzen einer Cholestase nicht als Ausschlusskriterium für einen cholestatischen Prozess dienen sollte. Da männliche Hunde in der Lage sind, etwas Bilirubin in ihren Nierentubuli zu konjugieren, kann eine geringe Menge Bilirubin im Harn eines Rüden klinisch irrelevant sein. Eine verminderte hepatische Synthese von Harnstoff kann sekundäre Auswirkungen auf die Niere haben, da Harnstoff ein wesentlicher Faktor für die Harnkonzentrierungsfähigkeit der Niere ist. Viele Tiere mit Lebererkrankung weisen daher einen schlecht konzentrierten Harn auf und können polyurisch sein (Abbildung 3). Bei einer Katze rechtfertigt eine Bilirubinurie immer weiterführende Untersuchungen. Der Übertritt von Ammoniak in den Harn kann bei Hunden und Katzen zur Bildung von Ammoniumbiurat-Kristallen führen.
Die Morphologie der Erythrozyten kann durch die im Rahmen von Lebererkrankungen auftretenden Veränderungen der Serumlipoproteine beeinflusst werden. Dies spiegelt sich in einer Poikilozytose wider, die häufig bei Katzen mit hepatischer Lipidose zu finden ist (Abbildung 4). Bei Tieren mit einem portosystemischen Shunt kann eine Mikrozytose mit oder ohne Anämie auftreten. Akanthozyten können auch im Zusammenhang mit Lebererkrankungen gefunden werden.
Die Leber produziert nicht nur Gerinnungsfaktoren, sondern auch mehrere gerinnungshemmende Proteine darunter Protein C und Protein S. Tiere mit defizitärer synthetischer Leberfunktion können also entweder eine Blutungsneigung oder eine Thromboseneigung entwickeln. Entsteht infolge einer gastrointestinalen Erkrankung ein Mangel an Vitamin K, eines Cofaktors bei der Carboxylierung von Gerinnungsfaktoren, kommt es in den Hepatozyten zu einer reduzierten Synthese von Gerinnungsfaktoren und dadurch letztlich zu einer ineffektiven Blutgerinnung. Da Faktor VII die kürzeste Halbwertszeit hat, kann unter diesen Umständen die Prothrombinzeit zeitlich vor der aktivierten partiellen Thromboplastinzeit verlängert sein.
Protein C und C-reaktives Protein (CRP) werden in der Leber gebildet, und beide Analyten können bei Kleintieren präzise gemessen werden. Die etwas unglückliche Ähnlichkeit in der Nomenklatur kann jedoch gelegentlich zu Fehlern bei der Testauswahl führen. Protein C ist ein bewährter Biomarker für die synthetische Funktion der Leber und für die hepatoportale Perfusion. Als Komponente eines wichtigen antikoagulativen Pathways hat sich die Serumkonzentration von Protein C als nützlich erwiesen bei der Abgrenzung von portosystemischen Shunts gegenüber mikrovaskulären Dysplasien (da der Wert bei Hunden mit Shunts durchweg erniedrigt ist). Erhöhte Protein-C-Konzentrationen können auch zur Überwachung der Wirksamkeit einer Ligatur eines portosystemischen Shunts herangezogen werden. Gemessen wird Protein C mit Hilfe eines Aktivitätsassay unter Verwendung einer Citratplasmaprobe, das Akute-Phase-Protein CRP kann je nach verwendetem Assay in Serum oder Plasma bestimmt werden 25.
Eine Hypoalbuminämie kann zu einer Abnahme des onkotischen Drucks beitragen, während fibrotische Veränderungen in der Leber den Druck in den Lebergefäßen und Sinusoiden erhöhen. Ein Patient mit signifikanter Lebererkrankung kann daher einen Peritonealerguss aufweisen (Abbildung 5), bei dem es sich in den meisten Fällen um ein Transsudat handelt.
Bei der diagnostischen Abklärung einer potenziellen Lebererkrankung muss berücksichtigt werden, dass systemische Prozesse eine sekundäre Hepathopathie verursachen können. Tierärzt*innen sollte deshalb Hinweise auf Leberschäden oder eine Cholestase separat betrachten und nach dem dominierenden pathologischen Muster suchen. Mit Hilfe einer Bestimmung der Glukose-, Harnstoff-, Cholesterin- und Albuminkonzentrationen kann nach Anzeichen für eine defizitäre synthetische Funktion der Leber gesucht werden, und das große Blutbild und die Harnanalyse sollten immer Teil des diagnostischen Work-ups sein. Da ein biochemisches Profil immer nur eine Momentaufnahme der Körperfunktionen zum Zeitpunkt der Probenahme darstellt, ist in den meisten Fällen ein serielles Monitoring von entscheidender Bedeutung.
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Erica Behling-Kelly
Dr. Behling-Kelly schloss ihr Tiermedizinstudium 2002 an der University of Georgia Mehr lesen
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