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Veterinary Focus

Ausgabe nummer

Persönliche Empfehlungen... Effektive Kundenkommunikation

veröffentlicht 11/04/2025

Geschrieben von Ed. Carlson

Auch verfügbar auf Français , Italiano und Español

Effektive Kundenkommunikation ist der Schlüssel zu einer guten Compliance. TFAs sollten wissen, wie eine positive Interaktion mit Tierhalter*innen in der Praxis gestaltet werden kann, um ihre Botschaft wirksam zu vermitteln.

Eine TFA berührt einen Hund, der von einer Frau getragen wird.

Kernaussagen

Wie Sie mit Tierhalter*innen kommunizieren, ist ein wichtiger Faktor für deren Bereitschaft, Ihre Empfehlungen anzunehmen oder zu befolgen.


Für die Erhebung eines vollständigen Vorberichts verwenden Sie offene Fragen, um den Kunden alle wichtigen Informationen zu entlocken.


Ziel jeder Ernährungsempfehlung ist es, den bestmöglichen Ernährungsplan für den Patienten zu entwickeln, den der Tierhalter dann auch bereitwillig befolgt.


Gestalten Sie Ihre Botschaften so, dass sie verschiedene Individuen, mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen erreichen.


Einleitung

Die Komplexität der Tiermedizin geht weit über das reine klinische Fachwissen hinaus. Zusätzlich erforderlich ist ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse verschiedener Kunden einzugehen und optimale Ergebnisse für die Patienten zu erzielen. In der modernen tierärztlichen Praxis spielt die Interaktion zwischen Praxisteam und Kunden eine zentrale Rolle für den klinischen Erfolg. Effektive Kommunikation fördert das Vertrauen, erhöht die Compliance, also die Einhaltung von Behandlungsplänen, und stellt sicher, dass sämtliche Anliegen, Sorgen und Nöte von Kunden umfassend berücksichtigt werden. Trotz dieser großen Bedeutung von guter Kommunikation wird dem Kommunikationstraining in den veterinärmedizinischen Lehrplänen und Fortbildungsprogrammen häufig zu wenig Bedeutung beigemessen (1). Dieser Artikel möchte einige Hinweise geben, die TFAs dabei unterstützen sollen, die Compliance von Tierhaltern zu verbessern, zum Beispiel, wenn es um die Beratung zur Gewichtskontrolle bei einem Tier geht.

Was macht eine effektive Konsultation aus?

Zwei neuere Studien liefern wertvolle Erkenntnisse für die Verbesserung der Kommunikation in der tierärztlichen Praxis. Die erste Untersuchung unterstreicht die Wirksamkeit von Kommunikationstrainings vor Ort in der Praxis (1), während die zweite Studie die Vorteile einer frühzeitigen Erfassung und Erörterung von Kundenanliegen in jeder Konsultation untersucht (2). Gemeinsam zeigen die beiden Studien praktisch umsetzbare Strategien zur Verbesserung der Tierarzt-Kunden-Interaktion.

In den letzten Jahren berücksichtigt die tierärztliche Ausbildung zwar zunehmend auch Aspekte wie das Kommunikationstraining, die tatsächliche Umsetzung der entsprechenden Fähigkeiten in die Praxis erweist sich aber nach wie vor oftmals als große Herausforderung, insbesondere für erfahrene Praktiker*innen. Eine robuste Studie aus einer tierärztlichen Praxis in Denver demonstriert die transformative Wirkung eines Kommunikationstrainings vor Ort im Rahmen eines einjährigen Programmes, das interaktive Lernmodule, individuelle Coaching-Sitzungen und Videobesprechungen zur Förderung einer kundenzentrierten Kommunikation kombinierte (1). Die Analyse ergab, dass Tierärzt*innen im Anschluss an das Trainingsprogramm die Menge der während der Konsultationen gesammelten Daten zum Lebensstil und den sozialen Umständen verdoppelt hatten. Darüber hinaus stieg auch die Häufigkeit von partnerschaftlich geprägten Kommunikationen um das 1,5-fache. Die Kund*innen gaben ihrerseits 1,4-mal mehr Informationen über ihren Lebensstil und ihr soziales Umfeld preis und äußerten 1,7-mal mehr emotionale Statements. Diese Veränderungen spiegeln eine Verlagerung der Kommunikation in Richtung eines offeneren und kooperativeren Dialoges wider (1). Die daraus entstehenden Vorteile gingen weit über die individuellen Konsultationen hinaus, denn die verbesserten Kommunikationsfähigkeiten führten zu einer insgesamt verbesserten Teamdynamik innerhalb der Praxis, zu weniger Missverständnissen und nicht zuletzt zu einer besseren Compliance. 

Das Erfragen und Erfassen von Anliegen, Sorgen und Nöten der Kunden bereits zu Beginn einer Sprechstunde hat sich dabei als entscheidender Faktor für die Effizienz der Konsultation und die Kundenzufriedenheit erwiesen (Abbildung 1). Eine detaillierte Analyse von 334 tierärztlichen Sprechstunden ergab, dass in nur 37 % der Termine eine explizite Erfragung und Erfassung von Kundenanliegen erfolgte, was auf eine signifikante Lücke im Konsultationsprozess hindeutet. Je mehr offene Fragen Tierärzt*innen stellten, umso wahrscheinlicher war es, dass Kund*innen mehrere Anliegen, Sorgen und Probleme formulierten und somit den diagnostischen und therapeutischen Dialog bereicherten und unterstützten (2). Ein laut dieser Studie häufiges Hindernis stellen Unterbrechungen des Kunden durch den Tierarzt oder die Tierärztin dar, wobei die meisten Unterbrechungen bereits nach nur 11 Sekunden Redezeit des Kunden erfolgten. In vielen Fällen verhinderten diese Unterbrechungen eine vollständige Ausformulierung der Anliegen und Sorgen des Kunden und beeinträchtigten damit möglicherweise die Effektivität der Konsultation insgesamt. Bei Konsultationen ohne anfängliches Erfragen von Kundenanliegen war die Wahrscheinlichkeit viermal höher, dass am Ende der Sprechstunde neue Fragen, Probleme und Unklarheiten auftauchten, und dies unterstreicht die Bedeutung einer frühzeitigen Themensetzung (2). Grundsätzlich profitieren beide Seiten von einer effektiven initialen Erfassung von Anliegen und Problemen: Das Praxisteam erhält ein besseres Verständnis für die Prioritäten und Sorgen der Tierhalter*innen, und die Tierhalter*innen fühlen sich gehört und wertgeschätzt. Hinzu kommt, dass eine bereits frühzeitig im Verlauf der Konsultation erfolgende Abstimmung von Erwartungen die Wahrscheinlichkeit von Missverständnissen verringert und damit letztlich auch die Gesamtzufriedenheit auf beiden Seiten steigert.

TFA spricht mit einem Hundebesitzer in einer Tierarztpraxis.

Abbildung 1. Tierärzt*innen und TFAs müssen die Anliegen und Sorgen eines Tierhalters bereits zu Beginn einer jeden Sprechstunde möglichst effektiv ermitteln. Gelingt dies nicht, kann sich dies nachteilig auf das Ergebnis der Konsultation auswirken. © Shutterstock

Wie können wir die Kommunikation verbessern?

Die Ergebnisse dieser beiden Studien zeigen, dass tierärztliche Praxen durch eine verbesserte Kommunikation ein erhebliches Verbesserungspotenzial ausschöpfen können. Während frisch gebackene Absolvent*innen aufgrund ihres noch nicht lang zurückliegenden Studiums diesbezüglich möglicherweise einen gewissen Vorteil haben, können insbesondere erfahrene Praktiker*innen von strukturierten Interventionen profitieren, um tief verwurzelte Gewohnheiten aufzubrechen und den sich weiterentwickelnden Kundenerwartungen gebührend Rechnung zu tragen (2). Hier nun einige praktische Empfehlungen:

  1. Systematische Anwendung offener Fragen: Die Einleitung der Konsultation mit offenen Fragen kann Kund*innen dazu ermutigen, eine umfassende Liste von Anliegen und Sorgen zu formulieren, die dann eine solide Grundlage für die nachfolgenden Gespräche bildet (1), wie im Folgenden erläutert wird.
  2. Aktives Zuhören und Themensetzung: Das bewusste Bemühen, ohne Unterbrechung zuzuhören, fördert das Vertrauen und stellt sicher, dass die Konsultation strukturiert und geordnet abläuft.
  3. Kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung: Durch Einbeziehung von Kommunikationstraining in die routinemäßige berufliche Weiterentwicklung und Fortbildung können Verbesserungen aufrechterhalten und Anpassungen an sich verändernde Anforderungen in der tierärztlichen Praxis vorgenommen werden.

 

Wie können wir einen guten Vorbericht erheben?

Bei der Erhebung des Vorberichts erfassen Tierärzt*innen und TFAs Informationen von Kund*innen, interpretieren diese Informationen und geben dann Empfehlungen, die zum Teil auf der Interpretation dieser Informationen beruhen. Wenn wir unsere diesbezüglichen Kommunikationsfähigkeiten verbessern, wird sich die Compliance verbessern, was wiederum die Gesundheit und Lebensqualität unserer Patienten verbessert und vielleicht sogar deren Lebensspanne erhöht. Wie bei anderen Aspekten der alltäglichen klinischen Arbeit besteht auch bei Konsultationen zum Thema Gewichtsmanagement und Ernährungsberatung ein zentrales Ziel darin, Kund*innen zu informieren, zu schulen und so zu beeinflussen, dass sie unseren Empfehlungen folgen. Bei der Erhebung des Vorberichts sollten wir Tierhalter*innen daher offene Fragen zur aktuellen Ernährung des Tieres stellen. Darunter versteht man Fragen, deren Beantwortung mehr als nur ein Wort oder „Ja/Nein“ erfordert (Abbildung 2). Vielmehr ist der Befragte gezwungen, mit ausführlicheren Erklärungen oder Erzählungen zu antworten. So muss zum Beispiel die Frage „Mag Lady Dosenfutter mit Hühnergeschmack?“ nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Wenn Sie dagegen eine offene Frage stellen wie „Welche Geschmacksrichtung bei Dosenfutter mag Lady?“, erhalten Sie sehr viel mehr Informationen über Ernährungsvorlieben und möglicherweise auch über Nahrungsaversionen des Patienten.

Eine TFA macht sich Notizen über einen Hund, der von einer Frau getragen wird.

Abbildung 2. Verwenden Sie bei der Erhebung des Vorberichts offene Fragen, deren Beantwortung ausführlichere Erklärungen oder Erzählungen erfordert. Auf diese Weise können Sie wichtige Informationen sammeln, die als Grundlage für bestmögliche Empfehlungen dienen. © Shutterstock

Wenn es zum Beispiel darum geht, Empfehlungen für die Gewichtsabnahme eines Hundes zu entwickeln, können Sie das Gespräch mit allgemeinen, offenen Fragen beginnen, wie z. B.: „Erzählen Sie mir von Lady’s typischem Tagesablauf“. Erlauben Sie dem Kunden dann, zu antworten, ohne ihn zu unterbrechen, auch wenn es manchmal notwendig sein kann, das Gespräch im Falle allzu großer Abschweifungen vom eigentlichen Thema umzulenken. Stellen Sie dann bei Bedarf klärende Fragen, z. B.: „Wann haben Sie das letzte Mal die Ernährung von Lady umgestellt?“ „Warum haben Sie die Ernährung umgestellt?“ „Wer ist hauptsächlich für die Fütterung von Lady verantwortlich?“ „Wer füttert Lady sonst noch?“ „Welche Snacks oder Leckerchen bekommt Lady? „Welche Ergänzungsfuttermittel geben Sie Lady? „Welche Medikamente bekommt Lady?“ und „Wie verabreichen Sie die Medikamente?

Ziel einer solchen Ernährungsanamnese ist es, möglichst detailliert zu ergründen, was der Patient regelmäßig oral aufnimmt, was er nur gelegentlich frisst, welche Vorlieben der Kunde hat und welche falschen Vorstellungen oder Missverständnisse über Tiernahrung vorherrschen könnten. Um einen möglichst vollständigen Vorbericht zu erheben, muss man in erster Linie gut zuhören können! Hören können wir in der Regel zwar alle von Natur aus, Zuhören ist aber eine erlernte Fähigkeit, die wir wie jede andere Fähigkeit regelmäßig entwickeln, trainieren und praktizieren müssen, um sie wirklich gut zu beherrschen. Unter anderem erfordert Zuhören die Bereitschaft, zu verstehen, wie sich die andere Person fühlt, aber auch das Zurückstellen von eigenen Überzeugungen, Eigeninteressen und Vorurteilen. Seien Sie beim Zuhören nicht voreingenommen und bemängeln Sie nicht, was der Kunde seinem Tier füttert. Erfassen Sie zunächst einen möglichst vollständigen Ernährungsvorbericht, bevor Sie dann Kommentare abgeben oder Empfehlungen aussprechen. Hören Sie sich an, aus welchen Gründen der Kunde eine bestimmte Nahrung füttert, aber auch welche Bedenken er bezüglich alternativer Ernährungsoptionen äußert.

Wichtig ist darüber hinaus eine aufmerksame, zugewandte Körpersprache. Diese fördert die Offenheit, regt zum Dialog an und trägt dazu bei, eine positive Beziehung aufzubauen. Halten Sie guten Augenkontakt und lehnen Sie sich leicht nach vorne, vermeiden Sie dabei einen missbilligenden oder negativen Gesichtsausdruck (Abbildung 3).

Wenn Sie der Meinung sind, einen vollständigen Ernährungsvorbericht gesammelt zu haben, fassen Sie die wichtigsten Informationen mit Ihren eigenen Worten noch einmal zusammen und fragen den Kunden, ob Ihre Interpretation richtig ist. Wählen Sie Ihre Worte dabei sehr sorgfältig, um den Eindruck zu vermeiden, dass Sie die Fütterungsgewohnheiten des Kunden missbilligen oder werten.

Eine TFA berührt einen Hund, der von einer Frau getragen wird.

Abbildung 3. Eine aufmerksame, zugewandte Körpersprache, die Offenheit fördert und zum Dialog anregt, trägt dazu bei, eine positive Beziehung zwischen Praxisteam und Tierhalter aufzubauen. Die Aufrechterhaltung eines guten Augenkontakts und leichtes Vorbeugen sind dabei hilfreich. © Shutterstock

Die Botschaft vermitteln

Nehmen wir an, Sie möchten eine Hundehalterin beraten, wie sie ihren Hund am wirksamsten bei einer Gewichtsreduktion unterstützen kann. Empfehlen Sie die Diätnahrung und die Fütterungsroutine, die Sie bei diesem Patienten aufgrund der Faktenlage für am besten geeignet halten, denken Sie dabei aber immer daran, auch die Vorstellungen der Tierhalterin bezüglich der besten Ernährung für ihr Tier einzubeziehen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Berücksichtigung der Überzeugungen, Vorlieben und Bedenken des Kunden, denn die Art und Weise, wie Sie Ihre Ernährungsempfehlungen vermitteln, ist ein wichtiger Faktor für die Bereitschaft eines Kunden, Ihren Rat auch tatsächlich anzunehmen oder zu befolgen.

Empathie zeigen

Empathie ist die Fähigkeit, etwas aus der Perspektive einer anderen Person zu betrachten, und empathische Aussagen benennen und würdigen die Situation oder den Standpunkt einer anderen Person. Hören Sie sich die Gedanken, Gefühle und Werte des Gesprächspartners aufmerksam an und stellen Sie sich vor, wie es wäre, an der Stelle Ihres Gegenübers zu sein. Nutzen Sie dann sowohl verbale als auch nonverbale Kommunikationsmittel, um Ihr vollumfängliches Verständnis für die Perspektive des Gesprächspartners zu demonstrieren. Empathie zu zeigen ist ein ganz wesentlicher Bestandteil eines erfolgreichen Aufbaus von Beziehungen und der Gewinnung von Vertrauen. In der Veterinärmedizin ist das Ausdrücken von Empathie im Rahmen der Kundenkommunikation eher unüblich, denn eine Studie zeigt, dass dies nur in 7 % aller tierärztlichen Sprechstunden der Fall ist! (4).

Kommunikationsstile

Kommunikation ist eine komplexe Fähigkeit, die kontinuierliche Arbeit erfordert, um sich zu verbessern und der bestmögliche Kommunikator zu sein. Die Worte, die wir wählen, der Tonfall unserer Stimme, die Mimik und die Körpersprache beeinflussen allesamt, wie unsere Botschaft bei unseren Gesprächspartnern ankommt. Die Art und Weise, wie wir selbst Informationen von anderen aufnehmen, spiegelt oft auch die Art und Weise wider, wie wir anderen Menschen Informationen präsentieren. Es gibt jedoch unterschiedliche Kommunikationsstile, und unsere Botschaft wird von einem Gegenüber, das einen grundlegend anderen Kommunikationsstil pflegt als wir selbst, möglicherweise nicht gut aufgenommen oder nicht richtig verstanden.

Den Persönlichkeitstyp eines Kunden erkennen 

Wenn wir verstehen, auf welche Weise sich individuelle Persönlichkeiten auf die zwischenmenschliche Kommunikation auswirken, können wir unsere Kommunikation besser auf Menschen mit Charakteren und Kommunikationsstilen abstimmen, die sich von unseren eigenen unterscheiden. Eine gängige Methode zur Bestimmung von Persönlichkeitstypen ist der Myers-Briggs-Typenindikator, der in den 1920er Jahren entwickelt wurde und auf der Theorie der Persönlichkeitstypen des Psychiaters Carl Jung basiert. Danach gibt es acht Präferenzen, die in vier Gegensatzpaaren organisiert sind, wie in Box 1 dargestellt. Mit ihrer Hilfe lässt sich feststellen, wie eine Person Informationen bevorzugt aufnimmt, wie sie Entscheidungen trifft und ob sie eine nach außen orientierte Ausrichtung auf Handlungen, Menschen oder Dinge hat oder eine nach innen orientierte Ausrichtung auf Ideen, Konzepte und Abstraktionen. Alle Orientierungen sind bei allen Menschen vorhanden, aber eine Seite jedes Präferenzpaares ist in der Regel dominant und besser entwickelt und wird daher bevorzugt benutzt, während auf die andere nachrangig zurückgegriffen wird.

Jetzt fragen Sie sich vielleicht, was all dies mit meinen Empfehlungen für meine Patienten zu tun hat. Oder wie werde ich die Zeit haben, den Persönlichkeitstyp eines jeden Kunden zu bestimmen, bevor ich ihm Empfehlungen gebe? Ich schlage natürlich nicht vor, dass Sie versuchen sollen, den Persönlichkeitstyp jedes Gesprächspartners zu bestimmen. Mein Ziel ist es vielmehr, Ihnen die Instrumente an die Hand zu geben, mit deren Hilfe Sie Ihre Botschaft so vermitteln können, dass Sie unterschiedliche Typen von Individuen erreichen.

Box 1. Der Myers-Briggs-Typenindikator.

Der Myers-Briggs-Typenindikator unterscheidet acht Präferenzen, die in vier Gegensatzpaaren organisiert sind; daraus ergeben sich 16 mögliche Kombinationen und damit 16 verschiedene Persönlichkeitstypen:

  • Extroversion/Introversion: Der außenorientierte Mensch nimmt wesentliche Stimulationen aus der Umwelt und der äußeren Welt der Menschen und Dinge auf, während die wesentliche Stimulation des innenorientierten Menschen von innen heraus kommt, aus der inneren Welt der Gedanken und der Reflexion. 
  • Sensing/Intuition: Menschen mit starken sensorischen Tendenzen nehmen Informationen mit ihren fünf Sinnen (Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen) auf, während der intuitive Mensch Informationen eher mit seinem „sechsten Sinn“ oder einer Ahnung verarbeitet. 
  • Thinking/Feeling: Denkende treffen Entscheidungen auf der Grundlage von Logik und objektiven Überlegungen, während Fühlende Entscheidungen auf der Grundlage persönlicher subjektiver Werte treffen. 
  • Perception/Judgement: Urteilende Menschen sind entscheidungsfreudig, geplant und ordnungsliebend, während Wahrnehmende eher flexibel, anpassungsfähig und spontan sind.

 

Eine Botschaft für alle Kommunikationsstile 

Zu überlegen, wie sich Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen von unserem eigenen Kommunikationsstil unterscheiden, kann uns helfen, in alternativen Bahnen zu denken. Die Erkundung der Bedürfnisse verschiedener Kommunikationstypen kann dabei in signifikantem Maße zum Erfolg der Kommunikation beitragen. Berücksichtigen Sie dabei die folgenden Fragen, wenn Sie Ihre Botschaft vorbereiten:

  • Welche sind die wichtigsten Themen oder Standpunkte, über die ich sprechen werde, ohne Details zu nennen? Dies wird den intuitiven Menschen ansprechen.
  • Welche sind die Details, die jeden dieser Hauptstandpunkte untermauern? Das spricht den sensorischen Menschen an.
  • Wie könnte ich meine Feeling-Daten vermitteln, und welche Worte sollte ich verwenden, die für einen Denker wichtig wären?
  • Wie soll ich meine Hauptaussage positionieren, damit der intuitive Mensch das große Ganze sehen kann?
  • Drücke ich klar genug aus, mit ausreichend Details, was meine Bedürfnisse sind, so dass ich glaubwürdig für den sensorischen Menschen bin?

Halten Sie sich bei der Vorbereitung Ihrer Botschaft an folgende Gliederung, um Menschen aller Kommunikationsstile anzusprechen. Die Beispiele sind in kursiver Schrift dargestellt:

  • Nennen Sie zunächst Ihren zentralen „Intuition“/„Thinking“-Punkt. „Max hat seit seinem letzten Besuch zugenommen.“
  • Nennen Sie Ihren zentralen „Feeling“-Punkt. – „Hunde mit Übergewicht sind anfällig für viele andere gesundheitliche Probleme“.
  • Formulieren Sie erneut Ihren zentralen „Thinking“-Punkt: „Der Schlüssel zum Abnehmen liegt darin, die tägliche Kalorienzufuhr von Max zu reduzieren. Ich würde gern mit Ihnen zusammen einen Plan zur Gewichtsreduzierung für Max erstellen“.
  • Präsentieren Sie Ihre „Sensing“/„Thinking“-Details (mit unterstützenden Daten) – „Hunde mit gewichtsbedingten Gesundheitsproblemen benötigen oft tierärztliche Betreuung und verschreibungspflichtige Arzneimittel, die teuer sein können.“
  • Formulieren Sie erneut Ihren zentralen „Feeling“-Punkt: „Ich möchte mit Ihnen einen Plan zur Gewichtsabnahme für Max erarbeiten. Der Schlüssel zum Abnehmen liegt darin, dass Max weniger Kalorien pro Tag zu sich nimmt.“
  • Formulieren Sie erneut Ihre „Sensing“/„Feeling“-Details (mit unterstützenden Daten) – „Es wurde eine Studie durchgeführt, bei der ein Wurf Labradore nach dem Absetzen in zwei Gruppen aufgeteilt wurde. Die eine Gruppe durfte so viel fressen, wie sie wollte, bis sie übergewichtig waren. Die andere Gruppe wurde kalorienmäßig eingeschränkt und beim Idealgewicht gehalten. Die Hunde in der idealgewichtigen Gruppe lebten 2 Jahre länger als ihre übergewichtigen Wurfgeschwister (3).“

Wenn Sie Ihre Botschaft so formulieren, dass sie von Kunden unterschiedlicher Kommunikationstypen verstanden wird, kann dies zu einer besseren Compliance mit Ihren Ernährungsempfehlungen beitragen. Kunden, die wirklich „hören“ und verstehen, wie wichtig der Ernährungsplan für ihr Tier ist, halten sich dann auch mit höherer Wahrscheinlichkeit an diesen Plan und sind zudem eher bereit, Sie bei eventuell auftretenden Problemen um Rat zu fragen.

Ed. Carlson

Effektive Kommunikation fördert das Vertrauen, erhöht die Compliance mit Behandlungsplänen und stellt sicher, dass die Anliegen der Kunden umfassend berücksichtigt werden. Trotz ihrer Bedeutung wird der Kommunikation in tiermedizinischen Lehrplänen und Fortbildungsprogrammen oft zu wenig Bedeutung beigemessen.

Ed. Carlson

Schlussfolgerung

Kommunikation ist eine zentral wichtige Kompetenz in der tierärztlichen Praxis. Sie beeinflusst die Kundenzufriedenheit, die Compliance mit den Empfehlungen und letztlich die klinischen Ergebnisse. Indem Sie das Herausfinden der Anliegen und Sorgen Ihrer Kunden in den Vordergrund stellen und ein strukturiertes Kommunikationstraining durchführen, können Sie die Qualität der tierärztlichen Versorgung verbessern und die Kundenbeziehungen stärken. Die Integration dieser Strategien in die alltägliche Praxis kommt nicht nur Kunden und Patienten zugute, sondern verhilft darüber hinaus auch Tierärzt*innen und TFAs zu größerer beruflicher Erfüllung. TFAs besitzen die idealen Voraussetzungen, um Kunden aufzuklären und ihnen die besten Optionen einer guten Gesundheitsversorgung zu vermitteln. Botschaften müssen so gestaltet werden, dass sie alle Kunden erreichen. Ein Schlüsselfaktor ist hierbei das Verständnis, wie Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen und Kommunikationsstilen Informationen aufnehmen.

 

Literatur

  1. Shaw JR, Barley GE, Hill AE, et al. Communication skills education onsite in a veterinary practice. Patient Educ. Couns. 2010;80:337-344.
  2. Dysart LMA, Coe JB, Adams CL. Analysis of solicitation of client concerns in companion animal practice. J. Am. Vet. Med. Assoc. 2011;238:1609-1615.
  3. Kealy RD, Lawler DF, Ballam JM, et al. Five-year longitudinal study on limited food consumption and development of osteoarthritis in coxofemoral joints of dogs. J. Am. Vet. Med. Assoc. 1997;210(2):222-225.
  4. Shaw J, Adams C, Bonnett B, et al. Use of the Roter interaction analysis system to analyze veterinarian-client-patient communication in companion animal practice. J. Am. Vet. Med. Assoc. 2004;225(2):222-2292. 

 

Weitere Literaturhinweise

  • Briggs Myers I, Myers PB. Gifts Differing: Understanding Personality Type (Reprint Edition), Mountain View, Ca; Davies-Black Publishing, 1995.
  • Myers G,‎ Myers M. The Dynamics of Human Communication. New York, NY; McGraw-Hill Humanities, 1991.
Ed. Carlson

Ed. Carlson

Ed. Carlson ist Director of Veterinary Nursing Education bei VetBloom, einem Unternehmen, das Berufstätige im Bereich Veterinärmedizin mit einer umfassenden Auswahl an Bildungsangeboten unterstützt Mehr lesen

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