Die Botschaft vermitteln
Nehmen wir an, Sie möchten eine Hundehalterin beraten, wie sie ihren Hund am wirksamsten bei einer Gewichtsreduktion unterstützen kann. Empfehlen Sie die Diätnahrung und die Fütterungsroutine, die Sie bei diesem Patienten aufgrund der Faktenlage für am besten geeignet halten, denken Sie dabei aber immer daran, auch die Vorstellungen der Tierhalterin bezüglich der besten Ernährung für ihr Tier einzubeziehen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Berücksichtigung der Überzeugungen, Vorlieben und Bedenken des Kunden, denn die Art und Weise, wie Sie Ihre Ernährungsempfehlungen vermitteln, ist ein wichtiger Faktor für die Bereitschaft eines Kunden, Ihren Rat auch tatsächlich anzunehmen oder zu befolgen.
Empathie zeigen
Empathie ist die Fähigkeit, etwas aus der Perspektive einer anderen Person zu betrachten, und empathische Aussagen benennen und würdigen die Situation oder den Standpunkt einer anderen Person. Hören Sie sich die Gedanken, Gefühle und Werte des Gesprächspartners aufmerksam an und stellen Sie sich vor, wie es wäre, an der Stelle Ihres Gegenübers zu sein. Nutzen Sie dann sowohl verbale als auch nonverbale Kommunikationsmittel, um Ihr vollumfängliches Verständnis für die Perspektive des Gesprächspartners zu demonstrieren. Empathie zu zeigen ist ein ganz wesentlicher Bestandteil eines erfolgreichen Aufbaus von Beziehungen und der Gewinnung von Vertrauen. In der Veterinärmedizin ist das Ausdrücken von Empathie im Rahmen der Kundenkommunikation eher unüblich, denn eine Studie zeigt, dass dies nur in 7 % aller tierärztlichen Sprechstunden der Fall ist! (4).
Kommunikationsstile
Kommunikation ist eine komplexe Fähigkeit, die kontinuierliche Arbeit erfordert, um sich zu verbessern und der bestmögliche Kommunikator zu sein. Die Worte, die wir wählen, der Tonfall unserer Stimme, die Mimik und die Körpersprache beeinflussen allesamt, wie unsere Botschaft bei unseren Gesprächspartnern ankommt. Die Art und Weise, wie wir selbst Informationen von anderen aufnehmen, spiegelt oft auch die Art und Weise wider, wie wir anderen Menschen Informationen präsentieren. Es gibt jedoch unterschiedliche Kommunikationsstile, und unsere Botschaft wird von einem Gegenüber, das einen grundlegend anderen Kommunikationsstil pflegt als wir selbst, möglicherweise nicht gut aufgenommen oder nicht richtig verstanden.
Den Persönlichkeitstyp eines Kunden erkennen
Wenn wir verstehen, auf welche Weise sich individuelle Persönlichkeiten auf die zwischenmenschliche Kommunikation auswirken, können wir unsere Kommunikation besser auf Menschen mit Charakteren und Kommunikationsstilen abstimmen, die sich von unseren eigenen unterscheiden. Eine gängige Methode zur Bestimmung von Persönlichkeitstypen ist der Myers-Briggs-Typenindikator, der in den 1920er Jahren entwickelt wurde und auf der Theorie der Persönlichkeitstypen des Psychiaters Carl Jung basiert. Danach gibt es acht Präferenzen, die in vier Gegensatzpaaren organisiert sind, wie in Box 1 dargestellt. Mit ihrer Hilfe lässt sich feststellen, wie eine Person Informationen bevorzugt aufnimmt, wie sie Entscheidungen trifft und ob sie eine nach außen orientierte Ausrichtung auf Handlungen, Menschen oder Dinge hat oder eine nach innen orientierte Ausrichtung auf Ideen, Konzepte und Abstraktionen. Alle Orientierungen sind bei allen Menschen vorhanden, aber eine Seite jedes Präferenzpaares ist in der Regel dominant und besser entwickelt und wird daher bevorzugt benutzt, während auf die andere nachrangig zurückgegriffen wird.
Jetzt fragen Sie sich vielleicht, was all dies mit meinen Empfehlungen für meine Patienten zu tun hat. Oder wie werde ich die Zeit haben, den Persönlichkeitstyp eines jeden Kunden zu bestimmen, bevor ich ihm Empfehlungen gebe? Ich schlage natürlich nicht vor, dass Sie versuchen sollen, den Persönlichkeitstyp jedes Gesprächspartners zu bestimmen. Mein Ziel ist es vielmehr, Ihnen die Instrumente an die Hand zu geben, mit deren Hilfe Sie Ihre Botschaft so vermitteln können, dass Sie unterschiedliche Typen von Individuen erreichen.
Box 1. Der Myers-Briggs-Typenindikator.
Der Myers-Briggs-Typenindikator unterscheidet acht Präferenzen, die in vier Gegensatzpaaren organisiert sind; daraus ergeben sich 16 mögliche Kombinationen und damit 16 verschiedene Persönlichkeitstypen:
- Extroversion/Introversion: Der außenorientierte Mensch nimmt wesentliche Stimulationen aus der Umwelt und der äußeren Welt der Menschen und Dinge auf, während die wesentliche Stimulation des innenorientierten Menschen von innen heraus kommt, aus der inneren Welt der Gedanken und der Reflexion.
- Sensing/Intuition: Menschen mit starken sensorischen Tendenzen nehmen Informationen mit ihren fünf Sinnen (Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen) auf, während der intuitive Mensch Informationen eher mit seinem „sechsten Sinn“ oder einer Ahnung verarbeitet.
- Thinking/Feeling: Denkende treffen Entscheidungen auf der Grundlage von Logik und objektiven Überlegungen, während Fühlende Entscheidungen auf der Grundlage persönlicher subjektiver Werte treffen.
- Perception/Judgement: Urteilende Menschen sind entscheidungsfreudig, geplant und ordnungsliebend, während Wahrnehmende eher flexibel, anpassungsfähig und spontan sind.
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Eine Botschaft für alle Kommunikationsstile
Zu überlegen, wie sich Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen von unserem eigenen Kommunikationsstil unterscheiden, kann uns helfen, in alternativen Bahnen zu denken. Die Erkundung der Bedürfnisse verschiedener Kommunikationstypen kann dabei in signifikantem Maße zum Erfolg der Kommunikation beitragen. Berücksichtigen Sie dabei die folgenden Fragen, wenn Sie Ihre Botschaft vorbereiten:
- Welche sind die wichtigsten Themen oder Standpunkte, über die ich sprechen werde, ohne Details zu nennen? Dies wird den intuitiven Menschen ansprechen.
- Welche sind die Details, die jeden dieser Hauptstandpunkte untermauern? Das spricht den sensorischen Menschen an.
- Wie könnte ich meine Feeling-Daten vermitteln, und welche Worte sollte ich verwenden, die für einen Denker wichtig wären?
- Wie soll ich meine Hauptaussage positionieren, damit der intuitive Mensch das große Ganze sehen kann?
- Drücke ich klar genug aus, mit ausreichend Details, was meine Bedürfnisse sind, so dass ich glaubwürdig für den sensorischen Menschen bin?
Halten Sie sich bei der Vorbereitung Ihrer Botschaft an folgende Gliederung, um Menschen aller Kommunikationsstile anzusprechen. Die Beispiele sind in kursiver Schrift dargestellt:
- Nennen Sie zunächst Ihren zentralen „Intuition“/„Thinking“-Punkt. „Max hat seit seinem letzten Besuch zugenommen.“
- Nennen Sie Ihren zentralen „Feeling“-Punkt. – „Hunde mit Übergewicht sind anfällig für viele andere gesundheitliche Probleme“.
- Formulieren Sie erneut Ihren zentralen „Thinking“-Punkt: „Der Schlüssel zum Abnehmen liegt darin, die tägliche Kalorienzufuhr von Max zu reduzieren. Ich würde gern mit Ihnen zusammen einen Plan zur Gewichtsreduzierung für Max erstellen“.
- Präsentieren Sie Ihre „Sensing“/„Thinking“-Details (mit unterstützenden Daten) – „Hunde mit gewichtsbedingten Gesundheitsproblemen benötigen oft tierärztliche Betreuung und verschreibungspflichtige Arzneimittel, die teuer sein können.“
- Formulieren Sie erneut Ihren zentralen „Feeling“-Punkt: „Ich möchte mit Ihnen einen Plan zur Gewichtsabnahme für Max erarbeiten. Der Schlüssel zum Abnehmen liegt darin, dass Max weniger Kalorien pro Tag zu sich nimmt.“
- Formulieren Sie erneut Ihre „Sensing“/„Feeling“-Details (mit unterstützenden Daten) – „Es wurde eine Studie durchgeführt, bei der ein Wurf Labradore nach dem Absetzen in zwei Gruppen aufgeteilt wurde. Die eine Gruppe durfte so viel fressen, wie sie wollte, bis sie übergewichtig waren. Die andere Gruppe wurde kalorienmäßig eingeschränkt und beim Idealgewicht gehalten. Die Hunde in der idealgewichtigen Gruppe lebten 2 Jahre länger als ihre übergewichtigen Wurfgeschwister (3).“
Wenn Sie Ihre Botschaft so formulieren, dass sie von Kunden unterschiedlicher Kommunikationstypen verstanden wird, kann dies zu einer besseren Compliance mit Ihren Ernährungsempfehlungen beitragen. Kunden, die wirklich „hören“ und verstehen, wie wichtig der Ernährungsplan für ihr Tier ist, halten sich dann auch mit höherer Wahrscheinlichkeit an diesen Plan und sind zudem eher bereit, Sie bei eventuell auftretenden Problemen um Rat zu fragen.