Sprechstunden für die Maulhöhlen- und Zahnpflege
Tierärztliche Praxen und Kliniken können Tierhalter*innen auf relativ einfache Weise wichtige Kenntnisse und Techniken zur Überwachung und zum Erhalt der Maulhöhlen- und Zahngesundheit ihrer Tiere vermitteln. Oft sorgen jedoch zeitlicher und finanzieller Druck dafür, dass Praxen diesen Anforderungen nicht im erforderlichen Maße gerecht werden können. Spezielle Sprechstunden für die Maulhöhlen- und Zahnpflege als spezifisches Angebot einer veterinärmedizinischen Leistung durch TFAs können diese Hürden in vielen Fällen überwinden und das Praxisteam und den Praxisalltag durch gezielte Delegation dieser Aufgaben in erheblichem Maße entlasten 6. Solche Sprechstunden bieten TFAs zudem die Möglichkeit, ihre berufliche Rolle zu finden und eine größere Arbeitszufriedenheit zu erreichen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass TFAs die Ätiologie und die Pathogenese häufiger Erkrankungen der Maulhöhle und der Zähne umfassend verstehen, und dabei auf das reichhaltige und wachsende Angebot an Lehrmaterialien zurückgreifen können 1,5.
Überwindung von Hindernissen
Eine Sprechstunde für die Maulhöhlen- und Zahnpflege dient dazu, den Patienten zu beurteilen, Empfehlungen auszusprechen und Tierhalter*innen entsprechend aufzuklären und zu schulen. Ein häufiges Hindernis im Zusammenhang mit Angeboten zur präventiven Gesundheitsvorsorge in der tierärztlichen Praxis besteht jedoch darin, Tierhalter*innen davon zu überzeugen, einen ersten Termin zu vereinbaren und diesen auch tatsächlich wahrzunehmen. Besonders deutlich wird diese Problematik, wenn es um Sprechstunden für die Maulhöhlen- und Zahnpflege geht, da Tierhalter*innen gesundheitliche Probleme im Zahn- und Maulhöhlenbereich wie oben erwähnt vielfach gar nicht als solche wahrnehmen und deshalb oft auch nicht aktiv nach entsprechenden Lösungen suchen. Eine Aufklärung über die wichtige Bedeutung der Maulhöhlen- und Zahngesundheit bei Tieren sollte daher unbedingt bereits beim allerersten Besuch in der Praxis in Angriff genommen werden. Da TFAs häufig in die Beratungen und Sprechstunden für Erstimpfungen eingebunden sind, können sie bereits bei diesen ersten Terminen wichtige Grundlagen für eine langfristig gute Maulhöhlen- und Zahngesundheit legen 6. Gleichzeitig sollten zu diesem Zeitpunkt bereits nachfolgende Sprechstunden für die Maulhöhlen- und Zahnpflege empfohlen werden, entweder standardisiert im Sinne regelmäßiger Nachkontrollen oder zusätzlich, wenn ein größeres Maß an Beratung und Unterstützung erforderlich scheint. Die Social-Media-Plattformen der Praxis sind hier ein wertvolles digitales Marketinginstrument zur Schärfung des Bewusstseins für Gesundheitsvorsorge bei Haustieren und um auf spezielle Sprechstunden für die Maulhöhlen- und Zahnpflege hinzuweisen.
Viele Tierhalter*innen adulter Tiere nehmen regelmäßig Termine in ihrer tierärztlichen Praxis wahr, zum Beispiel für Auffrischungsimpfungen, Gesundheitschecks, Kontrolluntersuchungen oder die Überprüfung aktueller Medikationen. Alle diese Termine sind hervorragende Gelegenheiten für regelmäßige Untersuchungen der Maulhöhle und der Zähne, in deren Rahmen dann beurteilt werden kann, ob ein Patient ein geeigneter Kandidat für eine zusätzliche spezielle Sprechstunde für die Maulhöhlen- und Zahnpflege ist 6. Falls erforderlich kann bei diesen Terminen auch eine tierärztliche Diagnose etwaiger Erkrankungen der Maulhöhle oder der Zähne (z. B. Parodontalerkrankung) gestellt werden, bevor ein zahnmedizinischer Eingriff geplant oder ein Termin für eine spezielle Sprechstunde für die Maulhöhlen- und Zahnpflege vereinbart wird. Wichtig ist dies vor allem deshalb, weil TFAs aus rechtlichen Gründen (abhängig von der Gesetzgebung des jeweiligen Landes) in der Regel keine Diagnosen stellen dürfen. Die Häufigkeit der Empfehlungen solcher speziellen Sprechstunden für die Maulhöhlen- und Zahnpflege und die tatsächliche Wahrnehmung dieser Termine durch die Tierhalter*innen können mit Hilfe des Praxisverwaltungssystems verfolgt werden, um die Performance der Praxis in diesem Bereich zu überprüfen.
Vorbericht
Zu Beginn der Sprechstunde für die Maulhöhlen- und Zahnpflege sollten TFAs zunächst den Vorbericht des Patienten erheben. Um ein kohärentes Vorgehen in der Praxis sicherzustellen, sollte ein Vorbericht immer erhoben werden, unabhängig davon, ob es sich um einen Ersttermin oder eine Nachuntersuchung handelt. Die anamnestischen Fragen an den Tierhalter oder die Tierhalterin konzentrieren sich darauf, allmähliche, schleichende Veränderungen des Verhaltens oder plötzliche Verhaltensänderungen des Tieres zu erkennen, wie in Tabelle 2 dargestellt.
Tabelle 2. Wichtige Punkte des Vorberichts in der Sprechstunde für die Maulhöhlen- und Zahngesundheit.
- Aktuelles Allgemeinbefinden
- Appetitveränderungen? Fällt Futter aus dem Maul? Hypersalivation?
- Halitosis?
- Merklicher Gewichtsverlust?
- Veränderungen der Häufigkeit der Fellpflege oder des Fellzustands?
- Weniger Interesse an Spielzeug, hartem Futter oder der Jagd (Katzen)?
- Wie sieht die aktuelle häusliche Zahnpflege aus? Häufigkeit? Produkte?
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Orofaziale Untersuchung
Eine effektive orofaziale Untersuchung, also die Untersuchung von Gesicht und Maulhöhle, bildet die Basis jeder Sprechstunde für die Maulhöhlen- und Zahnpflege, vorausgesetzt, die Untersuchung ist sicher durchführbar und löst keinen unnötigen Stress oder Unbehagen beim Patienten aus, da dies zu einem zurückhaltenden oder abwehrenden Verhalten bei zukünftigen Untersuchungen führen könnte 7. Einige Tiere tolerieren nur die Nähe ihrer Tierhalter*innen, die diese Untersuchung dann unter eindeutiger Anleitung der TFAs durchführen können 2. Hilfreich ist hierbei die Verwendung einer klar strukturierten und leicht zugänglichen Checkliste zur Identifizierung häufiger Anomalien im Bereich von Maulhöhle und Zähnen (Tabelle 3). Sämtliche Befunde sollten unter Verwendung des modifizierten Triadan-Schemas zur numerischen Bezeichnung der Zähne genau erfasst und dokumentiert werden.
Bei der Untersuchung der intraoralen Anatomie von Katzen, kleinen Hunden oder nervösen Patienten können Wattestäbchen und Zungenspatel anstelle von Fingern und Händen verwendet werden, um die Lippen und Wangen des Patienten sicher zurückzuziehen und eine bessere Sicht auf die zu untersuchenden Strukturen zu ermöglichen (Abbildung 2). Jeder Schritt der orofazialen Untersuchung sollte mit den Tierhalter*innen besprochen werden, um deren Verständnis, Bewusstsein und Mitwirkung zu fördern.
Tabelle 3. Leitfaden für die orofaziale Untersuchung.
Überprüfen:
- Asymmetrie des Gesichts: Muskelschwund, Schwellungen
- Palpation der submandibulären Lymphknoten
- Beurteilung der Okklusion
- Vollständigkeit des Gebisses für das entsprechende Lebensstadium/persistierende Milchzähne
- Grad der Gingivitis und Zahnsteinbildung anhand eines spezifischen Klassifizierungsindexes
- Zahnfleischrückgang oder Zahnfleischulzeration
- Fehlende, gelockerte oder verfärbte Zähne
- Zahnfrakturen oder Zahnabnutzung
- Halitosis
- Orale Zubildungen
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Plaque-anzeigende Färbelösungen, die entlang der Zahnoberflächen aufgetragen werden, sind ein äußerst wertvolles Hilfsmittel, um Tierhalter*innen die aktuell vorhandenen Plaque-Ansammlungen bei ihrem Tier zu veranschaulichen 6. Durch wiederholte Plaque-Anfärbung bei zukünftigen Kontrollterminen kann die Wirksamkeit der häuslichen Zahnpflegemaßnahmen beurteilt werden, ergänzt durch regelmäßige Fotos der Maulhöhle, zur Verfolgung und Dokumentation von Verbesserungen oder ein etwaiges Fortschreiten der Erkrankung 5. Mit Hilfe einschlägiger Ressourcen, wie zum Beispiel Postern über Fallstudien und anatomischen Modellen, können Tierhalter*innen Vergleiche zum Zustand ihrer eigenen Tiere ziehen (Abbildung 3). Diese Methoden motivieren Tierhalter*innen und eröffnen darüber hinaus Möglichkeiten für weitere gezielte Gespräche über die Maulhöhlen- und Zahngesundheit.