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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 29.1 Marketing und Verkauf

Das „Cat Friendly practice“ Programm

veröffentlicht 28/03/2019

Geschrieben von Paula Monroe-Aldridge

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Português , Español und English

Katzen und Tierarztpraxen – das ist nicht unbedingt automatisch „der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“. Vermutlich kann jeder praktische Tierarzt mehrere Geschichte über unkooperativen Katzenpatienten erzählen. Paula Monroe-Aldridge beschreibt kurz ein Programm, das die Dinge weniger traumatisch für alle Beteiligten macht.

Das „Cat Friendly practice“ Programm

Kernaussagen

Das „Cat Friendly Program“ berücksichtigt die einzigartigen Verhaltensweisen und Bedürfnisse der Katze und hat zum Ziel, den mit einem Tierarztbesuch verbundenen Stress für Katze und Besitzer zu reduzieren.


Das weltweite Programm gewinnt an Bekanntheit, da für teilnehmende Praxen zahlreiche Vorteile deutlich werden.


Einleitung

Das Cat Friendly Practice® (CFP) Programm hatte seinen Ursprung in einem Wettbewerb der International Society of Feline Medicine (ISFM) und wurde im Jahr 2012 auf der Basis einer engen Partnerschaft zwischen ISFM 1 und der American Association of Feline Practitioners (AAFP) zu einer weltweiten Initiative weiterentwickelt 2. Aktuell gibt es über 1200 anerkannte CFPs in Nord- und Südamerika, und gegenwärtig wird das Programm von der AAFP aktiv auf andere Regionen Lateinamerikas ausgedehnt. Im Rest der Welt treibt die ISFM das Cat Friendly Clinic (CFC) Programm voran, an dem aktuell insgesamt 1270 akkreditierte Praxen und Kliniken teilnehmen, wovon 590 in Großbritannien liegen, 324 im Rest Europas, 77 in Australasien und 279 in Asien.

Hauptziel des Programms ist die Ausrichtung der Praxis auf die einzigartigen Verhaltensweisen und Bedürfnisse der Katze, einen artgerechten Umgang mit diesen Patienten und damit letztlich die Reduzierung des mit einem Tierarztbesuch verbundenen Stresses für die Katze und ihren Halter. Das Programm sorgt aber auch für eine Reduzierung von Stress für das Praxisteam, indem es die für einen angemessenen und artgerechten Umgang mit felinen Patienten erforderlichen Werkzeuge und Ressourcen anbietet. In der Cat Friendly Practice® (CFP) Umfrage aus dem Jahr 2018 berichten 88 % der akkreditierten Praxen und Kliniken von einer positiven Teamdynamik, wenn es um das Handling, die Behandlung und die Versorgung von Katzen geht 3. Alle diese Faktoren führen letztlich zu einer besseren Versorgung von Katzen und damit zu einem längeren, glücklicheren und gesünderen Leben für diese Tiere.

Die globale Initiative zur Verbesserung der Erfahrungen von Katzen in der Tierarztpraxis ist eine gemeinschaftliches Projekt, welches das gesamte Praxisteam einbindet. Praxen in Nord-, Zentral- oder Südamerika nehmen an dem von der AAFP gemanagten Programm teil, und Kliniken oder Praxen in anderen Teilen der Welt am Cat Friendly Clinic Program der ISFM. Die Mitgliedschaft in der AAFP/ISFM ist die Voraussetzung für die Teilnahme an beiden Programmen, die als Leistungen für die Mitglieder dieser Organisationen zur Verfügung gestellt werden.

Was beinhaltet das Programm?

1. Schulung und Fortbildung des Praxisteams | Kundenkommunikation
2. Räumlichkeiten der Tierarztpraxis | Wartebereich
3. Umgang mit Katzen & Interaktionen mit Kunden
4. Untersuchungsraum | Klinische Aufzeichnungen
5. Stationäre Behandlung & Aufnahme von Katzen
6. Schmerzmanagement | Operationsraum & Anästhesie
7. Chirurgisches Equipment | Zahnbehandlung
8. Bildgebende Diagnostik | Laboreinrichtungen
9. Behandlung | Gesundheit & Sicherheit
10. Präventive Gesundheitsvorsorge, individuell nach Lebensstadium
Übersicht 1. Die 10 wichtigsten Themen, die das CFP-Programm abdeckt.

Das Programm beinhaltet eine Selbsteinschätzung anhand einer Liste von Anforderungen, die eine Praxis erfüllen muss, um als CFP anerkannt zu werden. Diese Liste umfasst katzenspezifische Bedürfnisse und Anforderungen in 10 zentralen Bereichen (Übersicht 1).

Das Programm bietet darüber hinaus Fortbildungsressourcen (Lern- und Lehrmaterialien) mit ausführlichen Informationen über die wichtige Bedeutung jedes einzelnen Punktes der Checkliste und zeigt kreative Wege, wie diese Punkte in den Praxisalltag eingebaut werden können. Nach offizieller Akkreditierung erhält die Praxis Zugang zu einem Marketing-Toolkit, um ihren neuen Status werbewirksam darstellen zu können, und zu weiteren fortlaufenden Fortbildungsmodulen.

Wo liegen die Vorteile?

Die wichtigsten von Praxen aus dem Cat Friendly Programm beschriebenen Vorteile sind weniger Stress für die felinen Patienten, eine höhere Zufriedenheit unter den aktuellen Kunden, eine verbesserte Kundenbindung oder der Wunsch von Katzenbesitzern nach häufigeren Praxisbesuchen, eine verbesserte Aufmerksamkeit und mehr Zeit während der Untersuchungen und schließlich eine Demonstration nach außen, dass sich die Praxis besonders um feline Patienten kümmert. Darüber hinaus zeigt die Umfrage aus dem Jahr 2018 3, dass 93 % der CFPs ihr Wissen über die Versorgung von Katzen verbesserten, 83 % die Anzahl der Besuche feliner Patienten erhöhten, weil sie eine CFP sind, 79 % ihren Umsatz erhöhten, 80 % neue Katzenpatienten hinzugewannen, und 61 % Verletzungen im Zusammenhang mit dem Handling von Katzen reduzieren konnten.

Durch Umsetzung dieser katzenfreundlichen Konzepte bereits bei Katzenwelpen kann der Tierarzt den Praxisbesuch angenehmer gestalten, so dass es für den Besitzer auch im späteren Leben der Katze einfacher wird, sein Tier zum Tierarzt zu bringen, zum Beispiel für die routinemäßigen Impfungen. Das CFP-Programm hat zum Ziel, Praxen dabei zu unterstützen, eine angenehmere Umgebung für Katzen und ihre Besitzer zu schaffen, und darüber hinaus das Praxisteam in die Lage zu versetzen, folgende Punkte zu verwirklichen:

• Kommunikation mit dem Besitzer über seine neue Katze oder seinen Katzenwelpen. Das Team wird in die Lage versetzt, dem Kunden (und sogar potenziellen Kunden am Telefon) konkrete Empfehlungen zu geben, wie sie ihren Katzenwelpen an die Transportbox gewöhnen und wie sie eine Katze am besten transportieren. Zudem können die Teammitglieder häufig gestellte Fragen zum Verhalten beantworten (z. B.: „Warum verhält sich meine Katzenwelpe so?“ oder „ Warum kratzt meine Katze?“).

Der Wartebereich kann ein Auslöser für Stress beim Besitzer und bei der Katze sein. Das CFP-Programm schlägt Wege zur Minderung der Anspannung vor.
Abbildung 1. Der Wartebereich kann ein Auslöser für Stress beim Besitzer und bei der Katze sein. Das CFP-Programm schlägt Wege zur Minderung der Anspannung vor. © Shutterstock

• Schaffung einer Umgebung mit geringerer Stresspotential für Katzenpatienten im Wartebereich (Abbildung 1) und/oder im Untersuchungsraum. Ungewohnte Gerüche, Geräusche oder unerwartete Interaktionen können eine Katze erschrecken und verängstigen, insbesondere Katzenwelpen. Das Praxisteam lernt, was einen Katzenwelpen ängstigen könnte und wie der damit verbundene Stress proaktiv gemindert werden kann. Dieses Konzept kann ein insgesamt ruhigeres Umfeld für die klinische Untersuchung schaffen und eine positive Assoziation mit dem Tierarztbesuch. Richtig eingesetzt, kann selbst etwas so Einfaches wie ein Snack eine positive Bindung schaffen und den Untersuchungsraum für den Katzenwelpen zu einer freundlicheren Umgebung machen.

• Richtiges Handling des Katzenwelpen. Katzenfreundliches Handling ist der Schlüssel für die Schaffung einer positiven Erfahrung beim Tierarzt, da die Art und Weise wie wir mit einem Katzenwelpen umgehen, die Weichen für den Rest seines Lebens stellt. Ein respektvoller Umgang trägt in erheblichem Maße dazu bei, dass zukünftige Tierarztbesuche für die Katze, ihren Besitzer und das Praxisteam zu einer entspannten Angelegenheit werden (Abbildung 2 und Abbildung 3).

Das CFP-Programm hat zum Ziel, alle Mitglieder des Praxisteams in der Lage zu versetzen mit Katzen und Katzenwelpen auf empathische Weise umzugehen.
Abbildung 2. Das CFP-Programm hat zum Ziel, alle Mitglieder des Praxisteams in der Lage zu versetzen mit Katzen und Katzenwelpen auf empathische Weise umzugehen. © Shutterstock
 Katzen haben individuelle Bedürfnisse und Anforderungen, wenn es um diagnostische Maßnahmen geht. Entscheidend ist, dass diese Aspekte vom Praxisteam vollständig berücksichtigt werden.
Abbildung 3. Katzen haben individuelle Bedürfnisse und Anforderungen, wenn es um diagnostische Maßnahmen geht. Entscheidend ist, dass diese Aspekte vom Praxisteam vollständig berücksichtigt werden. © Shutterstock

• Berücksichtigung spezifischer Bedürfnisse von Katzenwelpen im Zusammenhang mit der stationären Behandlung und/oder Unterbringung. Wird der Katzenwelpe krank und muss stationär behandelt oder lediglich beobachtet werden, führt ein so angenehm wie möglich gestalteter Aufenthalt dazu, dass die Katze auch bei zukünftigen Aufenthalten in der Klinik kooperativ ist. Wichtig ist, dass Katzen Zugang zu allen notwendigen Ressourcen und möglichst ihren gewohnten Komfort haben, damit sie sich sicher und wohl fühlen, wenn sie stationär aufgenommen oder behandelt werden (Abbildung 4).

Wenn ein Katzenwelpe stationär aufgenommen werden muss, ist es wichtig, den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Dies sorgt dafür, dass die Katze auch bei zukünftigen Aufenthalten umgänglicher ist.
Abbildung 4. Wenn ein Katzenwelpe stationär aufgenommen werden muss, ist es wichtig, den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Dies sorgt dafür, dass die Katze auch bei zukünftigen Aufenthalten umgänglicher ist. © Shutterstock

• Erlernen der besonderen Anforderungen an die Anästhesie und die Schmerzerkennung bei Katzen. Es ist wichtig, zu verstehen, dass Katzen bei Anästhesie und Schmerzbekämpfung spezielle Bedürfnisse haben. Insbesondere gilt dies im Zusammenhang mit der bei vielen jungen Katzen durchgeführten Kastration. Diese Aspekte müssen unbedingt berücksichtigt werden, um die Sicherheit der entsprechenden Maßnahmen besonders für junge feline Patienten zu gewährleisten. Da Katzen im Allgemeinen wahre Meister darin sind, Schmerzen zu verbergen, muss man wissen, wie man erkennt, ob ein Patient Beschwerden hat und wie man diesen entgegenwirkt.

• Kenntnisse über die verschiedenen Lebensstadien, um die bestmögliche präventive Versorgung feliner Patienten in allen Lebensabschnitten zu gewährleisten. Nach einer aktuellen Studie 4, werden 83 % aller neu erworbenen Katzenwelpen beim Tierarzt vorgestellt, aber mehr als die Hälfte kommt nie mehr zurück. Diese traurige Statistik zeigt, dass Katzenhaltern oft gar nicht bewusst ist, wie wichtig eine Fortsetzung der regelmäßigen Check-ups über das Welpenalter hinaus ist.

Paula Monroe-Aldridge

Praxen, die am Cat Friendly Practice Programm teilnehmen, beschreiben zahlreiche Vorteile. Dazu gehören weniger Stress für feline Patienten, eine höhere Zufriedenheit unter den aktuellen Kunden, eine verbesserte Kundenbindung oder der Wunsch von Katzenbesitzern nach häufigeren Praxisbesuchen, eine verbesserte Aufmerksamkeit und mehr Zeit während der Untersuchungen und eine Demonstration nach außen, dass sich die Praxis besonders um feline Patienten kümmert.

Paula Monroe-Aldridge

Das Bemühen, den Tierarztbesuch so angenehm wie möglich zu gestalten, ist wichtig für alle Katzen, insbesondere aber für Katzenwelpen. Das Schaffen einer positiven Erfahrung für Katzenwelpen wird beim Besitzer für Vertrauen sorgen und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Welpe auch später als adulte Katze wieder in die Praxis zurückkehrt. Wir alle müssen eng zusammenarbeiten, um diese Initiative in unserem Berufsstand voranzubringen. Es ist erforderlich, das Praxisteam und die Katzenhalter kontinuierlich zu schulen, damit Besuche in der Tierarztpraxis so positiv und stressarm wie möglichgestaltet werden können. Katzen verdienen die bestmögliche Versorgung, die wir ihnen aber nur dann angedeihen lassen können, wenn sie immer wieder in unsere Praxis zurückkommen. Eine Akkreditierung als Cat Friendly Practice® ist daher ein Gewinn für alle Beteiligten.

Literatur

  1. https://catfriendlyclinic.org/ Accessed 16th November 2018
  2. https://www.catvets.com/ Accessed 16th November 2018
  3. https://www.catvets.com/public/PDFs/CatFriendlyPractice/2018_CFP_Survey_Results.pdf Accessed 14th December 2018
  4. Volk JO, Felsted KE, Thomas JG, et al. Executive summary of phase 3 of the Bayer veterinary care usage study. J Am Vet Med Assoc 2014;244:799-802.
Paula Monroe-Aldridge

Paula Monroe-Aldridge

Dr. Monroe-Aldridge schloss ihr Studium an der Oklahoma State University ab und ist Teilhaberin des River Trail Animal Hospital in Tulsa, Oklahoma. Mehr lesen

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