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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 33.2 Sonstiges Management

Tiernahrung: So beugen Sie Insektenbefall vor

veröffentlicht 30/11/2023

Geschrieben von Maiara Ribeiro

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Português , Español und English

Die Kontamination von Tiernahrung durch Insekten ist vor allem in tropischen Ländern ein potenzielles Problem. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Situation und zeigt, wie die Risiken minimiert werden können.

Necrobia rufipes

Wichtigste Punkte

Kleintiernahrungen sind während der Herstellung und Lagerung anfällig für Insektenbefall, wenn keine geeigneten präventiven Maßnahmen getroffen werden.


Schlüsselbereiche für die Verhinderung eines Befalls sind die Minimierung potenzieller Zugänge für Insekten zu Futtermitteln und die Optimierung der Lagerungsbedingungen.


Einleitung

Bei der Beurteilung der Qualität einer Kleintiernahrung denkt man in der Regel an erster Stelle an das aus der Zusammensetzung der einzelnen Inhaltsstoffe resultierende Endprodukt und an die Art und Weise der Formulierung. Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass für die Qualität einer Tiernahrung auch zahlreiche weitere Aspekte eine Rolle spielen, wie zum Beispiel die verschiedenen Stufen des Herstellungs- und Vertriebsprozesses. Zu den derzeit größten Herausforderungen für die Tiernahrungsindustrie gehören der Erhalt der organoleptischen Eigenschaften eines Produkts (d. h. der Eigenschaften des Futtermittels, die über den Geruch, das Aussehen und den Geschmack die Erfahrung des Individuums prägen) aber auch der Erhalt des Nährwerts von der Herstellung über die Lagerung bis hin zum Verzehr des Produktes durch den Hund oder die Katze. Renommierte Hersteller von Tiernahrungen setzen Maßnahmen zur Qualitätskontrolle ein, um Insektenbefall zu verhindern. 

Treten Fehler während dieser Prozesse auf, sind sowohl Besitzer als auch deren Tiere betroffen. Immer häufiger kommt es zu Beschwerden über Abweichungen vom Produktstandard, wenn Besitzer die Verpackungen von Tiernahrung öffnen. Insbesondere in wärmeren Ländern haben diese Beschwerden oft einen Zusammenhang mit Insektenbefall. Tierhalter reagieren besonders empfindlich auf derartige Probleme, und während die Industrie beträchtliche Mittel investiert, um Schädlingsbefall während des Herstellungsprozesses zu verhindern 1, ist allgemein bekannt, dass es im Bereich der Qualitätskontrolle in der nachgelagerten Vertriebskette zu Fehlern kommt, die dann oft in einem direkten Zusammenhang mit entsprechenden Beschwerden von Verbrauchern stehen.

In nahezu allen Fällen einer Kontamination von Tiernahrung durch Insekten liegt die Ursache nicht in der Produktionsstätte, sondern in der nachgelagerten Vertriebskette, meist im Bereich der Lagerung in einem Vertriebslager oder am Verkaufsort.

Die wichtigsten Insektenschädlinge 

In wärmeren Ländern ist Necrobia rufipes, der Rotbeinige Schinkenkäfer, am häufigsten für einen Insektenbefall von Tiernahrungen verantwortlich. Es handelt sich um einen häufig vorkommenden fliegenden Schädling, der sich von proteinreichen Futtermitteln ernährt 2 und daher erhebliche Schäden an gelagerten Produkten verursachen kann. Das adulte Insekt ist grünlich-blau gefärbt und zwischen 3,5 und 7 mm lang (Abbildung 1). Abhängig von der Temperatur und der Verfügbarkeit von Nahrung hat der Entwicklungszyklus eine Dauer von 36 bis 150 Tagen oder mehr 3 und umfasst eine vollständige Metamorphose (d. h., Ei, Larve, Puppe und schließlich das adulte Insekt (Abbildung 2)). Die Larve sucht eine dunkle Umgebung auf und begibt sich gegen Ende dieses Stadiums an einen dunklen, trockenen Ort für den Bau ihres Kokons, der innerhalb von 24 Stunden abgeschlossen sein kann (Abbildung 3). Der Verpuppungskokon entsteht, indem die offenen Seiten einer von der Larve für die Verpuppung ausgewählten Spalte mit einem weißen Substrat gefüllt werden, das im Mund der Larve in Form von schaumigen Tröpfchen gebildet wird 4. Nicht bekannt ist, ob adulte N. rufipes in geschlossene (d. h. nicht beschädigte) Futtermittelverpackungen eindringen können 5 (Abbildung 4).

Zu den weiteren häufig in gelagerten Futtermitteln vorkommenden Insekten gehören Lasioderma serricorne (Zigarettenkäfer), Tribolium castaneum (Roter Mehlkäfer) und Plodia interpunctella (Indische Mehlmotte). 

Necrobia rufipes, der Rotbeinige Schinkenkäfer

Abbildung 1. Necrobia rufipes, der Rotbeinige Schinkenkäfer, ist ein fliegendes Insekt, das in tropischen Ländern häufig vorkommt und Tiernahrung befallen kann, wenn es die Gelegenheit dazu bekommt. Das adulte Tier ist zwischen 3,5 und 7 mm lang. 
© Shutterstock

Faktoren, die den Befall beeinflussen

Vier Faktoren sind erforderlich, damit sich ein Insektenbefall entwickeln kann: Zugang, Unterschlupf, Nahrung und Wasser. Da bei der Herstellung und Lagerung von Hunde- und Katzennahrung eine Verfügbarkeit von Wasser und Nahrung zwangsweise gegeben ist, liegt der Fokus bei der Vermeidung einer Kontamination auf dem potenziellen Zugang der Insekten zum Futtermittel und zu einem Unterschlupf. Diese präventive Strategie muss während der gesamten Herstellungs- und Vertriebskette umgesetzt werden. Wenn Insekten weder Zugang zu Nahrung noch zu Unterschlupf finden, werden sie auch nicht in der Nähe des gelagerten Produkts leben.

Bezüglich des Zugangs für Insekten besteht die Herausforderung insbesondere darin, die Integrität der gelagerten Produkte dauerhaft sicherzustellen. Tiernahrungsverpackungen müssen daher insbesondere vor Sonnenlicht und Hitze geschützt werden. Die Produkte sollten zudem nicht direkt auf dem Boden oder auf Holzpaletten gelagert werden. Wichtig ist auch die richtige Handhabung. So sollten Verpackungen nicht an den Schweißnähten gezogen und nicht punktiert werden. Außerdem sollten im Lagerraum stets alle Gegenstände und Materialien entfernt werden, die keinen Zweck erfüllen, wie z. B. Verpackungsmaterialien aus Plastik, Kartons oder alte Paletten.

Necrobia rufipes-Befall einer Tiernahrung – Larvenstadium

Abbildung 2. Necrobia rufipes-Befall einer Tiernahrung – Larvenstadium (eingekreist). 
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Wie ein Befall entsteht

Wie oben erwähnt stellen eine mangelhafte Lagerung und eine fehlerhafte Produkthandhabung erhebliche Risikofaktoren für einen Befall dar, wenn sich Insekten in der Umwelt befinden. Große Lagerbestände und eine niedrige Bestandsrotation können einen Befall zusätzlich begünstigen. Insektenbefall kann zwar grundsätzlich an jedem Punkt der Produktionskette auftreten, am wahrscheinlichsten entsteht er aber am Verkaufsort. 

Darüber hinaus haben auch das Klima und die Jahreszeiten einen erheblichen Einfluss auf Insektenbefall von Futtermitteln, insbesondere in tropischen Ländern und während der heißesten und feuchtesten Jahreszeiten, in denen hohe Temperaturen und eine hohe Luftfeuchtigkeit das perfekte Umfeld für einen signifikanten Befall bieten.

Eine Puppe nutzt Karton als Unterschlupf

Abbildung 3. Eine Puppe nutzt Karton als Unterschlupf.
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Schädigung der Gesundheit von Kleintieren und die Rolle des Tierarztes

Die orale Aufnahme eines adulten Insekts kann Auswirkungen haben, die mit denen der Aufnahme eines Fremdkörpers vergleichbar sind. Zu berücksichtigen sind hierbei jedoch die Größe des Tieres und die Anzahl der aufgenommenen Larven/Insekten. Eine wichtigere Rolle spielt wahrscheinlich jedoch die Gefahr, dass Insekten und Schädlinge als potenzielle Vektoren für eine Übertragung von Mikroorganismen (z. B. Kreuzkontamination durch Bakterien wie Salmonella spp. and E. coli) von einem entsprechend kontaminierten Ort auf die Tiernahrung fungieren können. In jeder Phase des gesamten Prozesses haben daher alle Beteiligten eine große Verantwortung dafür, dass die Risiken für einen Befall so gering wie möglich gehalten werden. Dazu gehört auch, dass Tierärzte oder Tierärztinnen im Rahmen der Ernährungs- und Fütterungsberatung ihren Kunden entsprechende Empfehlungen geben, insbesondere, wenn festgestellt wird, dass ein Produkt bereits von Insekten befallen wurde. 

Bei der Herstellung, beim Transport und bei der Lagerung von Tiernahrungen ist eine adäquate Schädlingskontrolle durch ein spezialisiertes Unternehmen erforderlich. Das Unternehmen muss das Risiko eines Befalls analysieren und ein Programm mit einer angemessenen Häufigkeit von Kontrollbesuchen implementieren, um so eine optimale Überwachung und Bekämpfung von Schädlingen zu ermöglichen. Wenn alle Vorschläge gemeinsam umgesetzt werden, können letztlich gute Ergebnisse erzielt werden.

Maiara Ribeiro

Eine mangelhafte Lagerung und eine schlechte Produkthandhabung stellen Risikofaktoren für einen Befall dar, wenn Insekten in der Umwelt vorhanden sind.

Maiara Ribeiro

Wichtig ist darüber hinaus, dass Tierärzte und Tierärztinnen proaktiv vorgehen und Besitzer gezielt dahingehend beraten, wie sie selbst dazu beitragen können, die Risiken einer Insektenkontamination von Futtermitteln zu minimieren, zum Beispiel mit Hilfe folgender Empfehlungen:

  • „Prüfen Sie beim Kauf des Produkts im Geschäft immer, ob die Verpackung intakt ist und keine Löcher oder andere Schäden aufweist. Seien Sie misstrauisch, wenn dort, wo Tiernahrung gelagert und zum Verkauf angeboten wird, Insekten vorkommen.“
  • „Lagern Sie das Futtermittel zu Hause an einem trockenen, gut belüfteten Ort und in geeigneten Behältern.“ „Lagern Sie Tiernahrung nicht direkt auf dem Boden oder nahe an Wänden.“
  • „Wenn Sie ihr Tier füttern, geben Sie die berechnete Menge der Nahrung in den Napf und verhindern Sie, dass Futter auf dem Boden verschüttet wird.“
  • „Entfernen Sie restliches Futter, wenn Ihr Tier nicht die gesamte Ration aufnimmt.“
  • „Reinigen Sie Futter- und Wassernäpfe Ihres Tieres regelmäßig.“

Wenn Schädlinge im Inneren von Futtermittelverpackungen gefunden werden, sollte betroffenen Besitzern geraten werden, sich an die Verbraucherabteilung des Herstellerunternehmens zu wenden, um entsprechende Anweisungen zur Entsorgung und zum eventuellen Umtausch des Produktes zu erhalten. Auf diese Weise kann unter Umständen auch herausgefunden werden, an welchem Punkt in der Kette eine Kontamination aufgetreten sein könnte. Und dies kann dazu beitragen, Ansatzpunkte für Verbesserungen zu identifizieren.

Necrobia rufipes-Befall einer Tiernahrung – adultes Insekt

Abbildung 4. Necrobia rufipes-Befall einer Tiernahrung – adultes Insekt.
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Schlussfolgerung

Die Verantwortung für den Erhalt der Qualität von Kleintiernahrung ist über die gesamte Produktions- und Lieferkette verteilt. Als Tierärzte und Tierärztinnen haben wir die Möglichkeit, das derzeit vorherrschende Narrativ zu verändern, indem wir unser Wissen mit den Besitzern teilen und so unmittelbar dazu beitragen, dass eine bessere Welt für unsere Kleintiere entsteht.

Literatur

  1. https://www.petfoodinstitute.org/blog/insects-want-steps-prevent-infestation-ingredient-bowl/

  2. Mahbub Hasan M, Athanassiou CG, Schilling MW, et al. Biology and management of the red-legged ham beetle, Necrobia rufipes De Geer (Coleoptera: Cleridae). J. Stored Prod. Res. 2020;88;101635.

  3. Lambkin TA, Khatoon N., 1990. Culture methods for Necrobia rufipes (De Geer) and Dermestes maculatus De Geer (Coleoptera: Cleridae and Dermestidae). J. Stored Prod. Res. 1990;26;59-60. 

  4. Simmons P, Ellington GW. The ham beetle, Necrobia rufipes (De Geer). Govern. Print. Office, 1925.

  5. Savoldelli S, Jucker C, Peri E, et al. Necrobia rufipes (De Geer) infestation in pet food packaging and setup of a monitoring trap. Insects 2020;11(9);623.

Maiara Ribeiro

Maiara Ribeiro

Dr. Ribeiro schloss ihr Tiermedizinstudium an der Pontificia Universidade Católica (PUC) in Brasilien Mehr lesen

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