Denken Sie an das Umfeld, in dem Sie arbeiten möchten!
Wenn Sie sich für die Arbeit als Großtierpraktiker entscheiden, müssen Sie bedenken, dass Sie bei jedem Wetter im Freien arbeiten werden und zwar Tag und Nacht. Außerdem müssen Sie täglich oft weite Strecken mit dem Auto fahren und die meiste Zeit alleine sein. Ein anderer Punkt ist, dass die gesetzlichen Vorschriften für lebensmittelproduzierende Tiere in den meisten Ländern immer strenger und komplexer werden, was immer mehr Einfluss auf die Arbeit des Tierarztes ausübt. In der Regel müssen Großtierpraktiker immer mehr Zeit auf organisatorische und administrative Arbeiten verwenden. Das ist ein Punkt, der signifikante Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit und den Karrierefortschritt hat.
In der Kleintierpraxis ist es hingegen üblicher, in einer Gemeinschaft aus Tierärzten, tiermedizinischen Fachkräften oder Rezeptionisten zu arbeiten. Die Patienten werden zu Ihnen in die Praxis gebracht, sodass Sie Ihre Arbeitszeit und die Arbeitsumgebung selbst gestalten und kontrollieren können. Allerdings gibt es auch Notfälle oder Sie müssen Hausbesuche durchführen. In manchen Ländern wird die Sparte der mobilen Tierarztpraxen immer beliebter. Ähnlich wie bei Großtieren kann sich aber auch die Behandlung von Kleintieren außerhalb der eigenen Praxis als deutlich komplizierter erweisen, was schon mit der Fixierung der Tiere beginnt. Auch die diagnostischenI Möglichkeiten sind außerhalb der Praxis begrenzt. Diese Faktoren sind zu berücksichtigen, wenn Sie sich für die Arbeit als mobiler Tierarzt entscheiden.
Denken Sie an die Mentalität der Tierbesitzer!
Ein weiterer Punkt, den Sie bei der Wahl Ihrer zukünftigen tierärztlichen Laufbahn berücksichtigen sollten, ist die Mentalität der Tierbesitzer mit denen Sie täglich zu tun haben werden. Die Einstellung von Tierbesitzern hinsichtlich ihrer Tiere unterscheidet sich enorm, je nachdem, ob es sich um Kleintiere oder Nutztiere handelt. Besitzer von Nutztieren leben davon, Tiere zu züchten und/oder für die Milch- bzw. Fleischproduktion zu halten, während Kleintierbesitzer die Tiere als Familienmitglieder ansehen (vielleicht mit Ausnahme von Wachhunden oder anderen Tieren, die für kommerzielle Zwecke gehalten werden). Diese völlig unterschiedlichen Aspekte der Tierhaltung gehen mit extrem unterschiedlichen Erwartungen der Kunden an den Tierarzt einher. Als Großtierpraktiker haben Sie es vorwiegend mit Herdenmanagement zu tun, sodass die Frage, ob man ein einzelnes Tier behandeln soll, oft eine Entscheidung über Leben und Tod ist, weil jede aufwändige Behandlung in der Regel eher unwirtschaftlich ist.
In der Kleintiermedizin hingegen werden die meisten Entscheidungen hinsichtlich Diagnostik und Therapie nicht allein anhand des Preises getroffen, auch wenn die Tierbesitzer immer preisbewusster werden. Die Kleintiermedizin ist eine viel emotionalere Angelegenheit.
Die Auseinandersetzung mit Emotionen und den oft unrealistischen Erwartungen der Tierbesitzer macht daher einen Großteil der Kleintiermedizin aus – etwas, wofür viele Tierärzte in ihrer täglichen Arbeit nicht wirklich vorbereitet sind.
Allgemeinpraktiker oder Fachtierarzt?
AIn den letzten Jahren hat sich ein neues Wertesystem immer mehr durchgesetzt, zunächst an Universitäten und in der Folge bei der jüngeren Tierarztgeneration, nämlich dass „Spezialisten“ an der Spitze der beruflichen Hierarchie stehen und zwar weit über den „einfachen“ Allgemeinpraktikern. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass wir hier von zwei vollkommen unterschiedlichen Berufen reden. Das Wichtigste ist, dass jeder junge Tierarzt die Version wählen sollte, die am besten seinen persönlichen und beruflichen Ambitionen entspricht.
Der Allgemeinpraktiker befasst sich vorwiegend mit Präventivmedizin inklusive Screening sowie mit internistischer und chirurgischer Primärversorgung, was in der großen Mehrheit der Praxen und Kliniken unter guten Bedingungen durchgeführt werden kann. Somit umfasst die Tätigkeit des Allgemeinpraktikers alle Disziplinen der Tiermedizin und erfordert eine breitgefächerte Fachkompetenz und einen vielfältigen Fokus auf berufliche Fort- und Weiterbildung. Kunden von Allgemeinpraktikern sind Tierbesitzer, die ihr ganzes Vertrauen in den praktischen Tierarzt setzen.
Fachtierärzte praktizieren fast ausschließlich in ihrer eigenen Fachrichtung und zwar medizinisch und/oder chirurgisch. Dafür sind spezielle Fertigkeiten und/oder fachliche Expertise bzw. ein ganzes Team erforderlich, was der Grund dafür ist, dass es nur eine relativ geringe Anzahl solcher Fachpraxen oder Fachkliniken gibt. Die fachmedizinische Versorgung der Patienten erfordert spezielle Kenntnisse auf einem fokussierten, speziellen Fachgebiet und somit auch eine kontinuierliche, intensive Fort- und Weiterbildung.
Die beiden Berufsbilder lassen sich hinsichtlich fachlicher oder wissenschaftlicher Kenntnisse nicht miteinander vergleichen, da Spezialisten auf einem bestimmten Gebiet kompetenter, dafür aber in anderen Fachbereichen oft weniger versiert sind.