Zu diesen Entscheidungen zählen unter anderem:
- Wichtige strategische Entscheidungen: Welche Fachbereiche sollte man zusätzlich anbieten, welche nicht mehr? Sollte man eine weitere Praxis eröffnen oder Praxen zusammenlegen? Welche Praxis könnte man übernehmen oder an wen sollte man die Praxis verkaufen?
- Teamführung: Einstellen von Personal, Gehaltsverhandlungen, Leistungsbeurteilung, Unterstützung und Schulung, Konfliktbereinigung, Entlassungen, etc.
- Management-Schlüsselfunktionen: Definition des Know-how, Verbesserung der Dienstleistungen, Preis- und Einkaufspolitik.
- Investitionsmanagement: Ausstattung der Praxis, Räumlichkeiten...
Wie Sie sehen, hat keine dieser Entscheidungen direkt etwas mit Tiermedizin zu tun. Wenn Sie also Zeit auf diese Aufgaben verwenden, wird Ihnen in der Tat weniger Zeit für die eigentliche tiermedizinische Tätigkeit zur Verfügung stehen. Sie werden also akzeptieren müssen, dass es erforderlich sein kann, Ihre eigentliche Arbeit als Tierarzt etwas hintanzustellen.
Somit ergeben sich die zwei Hauptfragen: „Werde ich das können?“ und „Will ich das überhaupt?“ Von diesen beiden Fragen ist die zweite zweifelsohne die wichtigere, denn für eine gute berufliche Leistung ist es unverzichtbar, dass man mit Überzeugung und Begeisterung bei der Sache ist und dabei ein gutes Team hat, das einen unterstützt. Eine derart wichtige Entscheidung sollte nicht getroffen werden, weil es halt jeder so macht oder weil es erwartet wird oder weil man meint, keine andere Wahl zu haben. Obwohl in der Vergangenheit alle, oder praktisch alle Tierärzte irgendwann ihre eigene Praxis aufmachten, handelte es sich doch in der Regel um kleine Unternehmen mit wenig Personal, einer begrenzten Anzahl an Kunden und nur mäßigen Investitionen. In den letzten Jahren allerdings sind die Praxen größer und komplexer geworden, obwohl die Situation je nach Land natürlich sehr stark variiert. Die großen Tierkliniken sind im Besitz einiger weniger Tierärzte und werden in manchen Fällen von professionellen Managern oder Investoren aus anderen Geschäftsbereichen betrieben.
Wann könnte es für Sie im Laufe Ihrer Karriere interessant werden, Partner oder Eigentümer einer Tierarztpraxis zu werden? Wie schon erwähnt, wird dies wohl kaum am Anfang Ihrer Karriere sein. Tatsächlich können wir mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass es besser ist, sich zunächst einmal in seinen fachlichen, unternehmerischen und zwischenmenschlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten sicher zu fühlen und zudem auch noch als Angestellter nützliche Erfahrungen im Management gemacht zu haben, bevor man den nächsten Schritt tätigt.
Das kann, je nach Person, 5, 10 oder auch 15 Jahre dauern. Es gibt einfach keine Standardantwort – die Zeit muss einfach reif sein. Für alle, die das Unternehmen „eigene Praxis“ starten wollen, haben wir hier noch eine vielleicht nützliche Checkliste:
- Ist mir wirklich klar, dass das Führen einer eigenen Praxis mit deutlich mehr finanziellen und beruflichen Risiken verbunden ist als die Arbeit als angestellter Tierarzt?
- Ist mir bewusst, dass die große Mehrheit der Tierärzte mit eigener Praxis/Klinik länger arbeitet und mehr Familienzeit opfert als ein angestellter Tierarzt?
- Möchte ich wirklich, dass meine Arbeit neben der rein klinischen Tätigkeit noch ganz andere Dimensionen annimmt? In anderen Worten, bin ich wirklich interessiert daran und bereit, ein Praxisteam zu leiten, die Finanzen meines Unternehmens zu managen, Pläne für die Kommunikation mit meinen Kunden zu entwickeln sowie Einstellungs- und Entlassungsentscheidungen zu treffen?
- Habe ich in diesen Bereichen bereits Erfahrungen?
- Habe ich mir in diesen Bereichen durch Schulungen ausreichendes Wissen angeeignet, sodass mein fachliches medizinisches Wissen durch unternehmerisches Know-how ergänzt wird?
Zum guten Schluss
Ungeachtet all der vielen Ratschläge, die wir Ihnen in dieser Broschüre gegeben haben, wollen wir festhalten, dass es im Leben darum geht, Gelegenheiten zu ergreifen und nicht darum, diese an sich vorübergehen zu lassen, und zwar auch, wenn sie unerwartet auftreten und das Timing nicht gerade ideal ist. Sollte dies einmal auf Sie zutreffen, dann liegt es an Ihnen, die richtige Entscheidung zu treffen (Abbildung 5).