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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 25.1 Sonstiges Wissenschaft

Canines Cushing-Syndrom

veröffentlicht 17/08/2023

Geschrieben von Bradley Bishop und Patty Lathan

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English

Das canines Cushing-Syndrom (canine Hyperadrenocorticismus oder HAC) ist eine der häufigsten Endokrinopathien bei Hunden. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch eine Reihe von klinischen Symptomen im Zusammenhang mit einem Cortisolüberschuss, wobei die betroffenen Patienten am häufigsten mit Polyurie und Polydipsie vorgestellt werden.

Cocker Spaniel

Kernaussagen

Spontaner Hyperadrenocorticismus ist das Ergebnis einer überschüssigen Cortisolsekretion, die entweder durch einen Nebennierentumor oder durch einen Hypophysentumor verursacht wird. Die klinische Untersuchung und der Vorbericht sind Schlüsselelemente für die Erstellung der Diagnose.


Es gibt zahlreiche Screening- und Differenzierungstests für Hyperadrenocorticismus. Der Tierarzt muss bei der Auswahl der Tests und bei der Interpretation der Ergebnisse ein gutes Urteilsvermögen entwickeln.


Eine Behandlung von Patienten ohne klinische Symptome wird nicht empfohlen.


Die optimale Behandlung für Patienten mit Nebennierentumor ist die Adrenalektomie, während bei Patienten mit hypophysenabhängiger Erkrankung eine medikamentöse Therapie empfohlen wird.


Einleitung

Hervorgerufen wird HAC entweder durch einen Nebennierentumor (15% aller Fälle) oder durch einen Hypophysentumor, der zu einem hypophysenabhängigen Hyperadrenocorticismus führt (85% alle Fälle). Möglich ist aber auch ein iatrogener Hyperadrenocorticismus infolge einer übermäßigen Applikation von Glucocorticoiden. Nebennierentumoren sezernieren direkt überschüssiges Cortisol, während bei Hypophysentumoren in übermäßiger Menge adrenocorticotropes Hormon (ACTH) freigesetzt wird, und schließlich die Nebennierenrinde dazu stimuliert, Cortisol in überschüssiger Menge zu sezernieren. Die meisten Fälle eines hypophysenabhängigen HAC werden durch Mikroadenome verursacht, Tumoren also, die aufgrund ihrer geringen Größe keine neurologischen Symptome hervorrufen. Es können aber auch Markroadenome auftreten, die unter Umständen zu einer neurologischen Erkrankung führen.

Klinisches Bild

Eine gründliche Anamnese und eine sorgfältige klinische Untersuchung sind die wesentlichen Ausgangspunkte auf dem Weg zur Diagnose. Es gibt zahlreiche klinische Symptome, die darauf hinweisen können, dass ein Patient unter einem HAC leidet. Um eine HAC-Diagnose stellen zu können, müssen zwar nicht sämtliche Symptome vorhanden sein, je mehr Symptome vorliegen, desto höher ist jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass HAC die richtige Diagnose ist. Stets zu berücksichtigen ist dabei aber, dass auch atypische Erscheinungsbilder vorkommen. Patienten mit HAC sind in der Regel nicht „krank“ – wenn also ein Hund mit Symptomen wie Erbrechen, Diarrhoe oder Anorexie zur Untersuchung vorgestellt wird, ist es eher unwahrscheinlich, dass HAC die primäre Diagnose ist. Spezifische diagnostische Maßnahmen sollten also zunächst zurückgestellt werden, bis andere zugrunde liegende Erkrankungen diagnostiziert und behandelt sind.

Vorbericht und klinische Untersuchung

Das mediane Alter bei der Diagnose beträgt 10 bis 12 Jahre, und während prinzipiell sämtliche Rassen betroffen sein können, sind insbesondere Hunde kleiner Rassen prädisponiert für hypophysenabhängigen HAC 2. Etwa die Hälfte aller Nebennierentumoren wird dagegen bei Hunden mit einem Körpergewicht von über 20 kg gefunden. Hündinnen entwickeln sowohl hypophysenabhängigen HAC als auch Nebennierentumoren mit geringfügig höherer Wahrscheinlichkeit als Rüden 3.

Die von Besitzern betroffener Hunde am häufigsten vorgebrachten Beschwerden sind Polyurie und Polydipsie (PU/PD) 3,4. Cortisol senkt die Freisetzung des antidiuretischen Hormons (ADH) aus der Hypophyse, hemmt die ADH-Wirkung in der Niere und verursacht eine psychogene Polydipsie. Auch Polyphagie kommt vor, in erster Linie sind es aber Symptome wie das permanente Betteln, nach draußen zu gehen oder Harnabsatz an ungeeigneten Stellen, die Besitzer dazu veranlassen, ihren Hund beim Tierarzt vorzustellen.

Ein runder Hängebauch ist das typische Erscheinungsbild eines Hundes mit HAC. Betroffene Tiere neigen zwar nahezu immer auch zu Polyphagie, die Zunahme des abdominalen Umfangs ist aber nur selten auf eine Zunahme des Körpergewichts zurückzuführen. Die Hauptursachen für den typischen Hängebauch liegen vielmehr in einer Hepatomegalie und einer Schwächung der Bauchmuskulatur infolge eines katabolen Effektes des überschüssigen Cortisols. Hautveränderungen sind ein extrem häufiger Befund. Bei der klinischen Untersuchung wird oft eine bilateral symmetrische Alopezie festgestellt, die in einigen Fällen lediglich den Kopf und die distalen Gliedmaßenabschnitte ausspart. Weitere dermatologische Symptome sind eine dünne Haut, Hyperpigmentierung, Komedonen, Pyodermie und eine Calcinosis cutis.

Tabelle 1 fasst typische klinische Symptome zusammen, und Abbildung 1 zeigt einen Cocker Spaniel mit dem klassischen Erscheinungsbild dieser Erkrankung.

 

Tabelle 1. Anamnestische und klinische Befunde bei Hunden mit HAC.

Häufig Seltener
Polyurie
Polydipsie
Polyphagie
Abdominale Erweiterung
Bilateral symmetrische
Alopezie
Pyodermie
Hepatomegalie
Schwäche
Dünne Haut
Calcinosis cutis
Hyperpigmentierung
Komedonen
Lethargie
Hodenatrophie
Thromboembolie
Bandrupturen
Dieser Cocker Spaniel zeigt zahlreiche klassische Symptome eines Hyperadrenocorticismus

Abbildung 1. Dieser Cocker Spaniel zeigt zahlreiche klassische Symptome eines Hyperadrenocorticismus: Dünnes Haarkleid, erweitertes Abdomen und Calcinosis cutis
© Tom Thompson

Labortests

Vor der Einleitung von HAC-Screeningtests sollten bei einem Hund mit verdächtigen klinischen Symptomen zunächst routinemäßige Labortests durchgeführt werden. Diese Tests liefern nicht nur erste Hinweise auf einen HAC, sondern unterstützen darüber hinaus den Ausschluss weiterer Differenzialdiagnosen und begleitender Erkrankungen. HAC-Screeningtests sollten nicht ohne einen hinreichenden Verdacht auf der Grundlage von Fakten des Vorberichts, der klinischen Untersuchung und routinemäßiger Labortests durchgeführt werden. Einzelne Abweichungen des großen Blutbildes, der Serumchemie oder der Harnanalyse sind nicht pathognomonisch für die Erkrankung, einige pathologische Laborergebnisse können jedoch als Indikatoren für die Notwendigkeit weiterführender Tests dienen 5. Häufige labordiagnostische Befunde bei Hunden mit HAC werden in Tabelle 2 zusammengefasst.

 

Tabelle 2. Häufige Laborbefunde bei Patienten mit HAC.

Großes Blutbild Serumchemie Harnanalyse
Neutrophilie
Monozytose
Lymphopenie
Eosinopenie
Thrombozytose
Geringgradige Erythrozytose
ALP erhöht
ALT erhöht
Hyperglycämie (geringgradig)
Hypercholesterinämie
BUN herabgesetzt
Spezifisches Gewicht < 1.020
Proteinurie
Harnwegsinfektion*

*erfordert oft eine Kultur für die Diagnose

 

Großes Blutbild

Aufgrund der überschüssigen Cortisolproduktion wird bei betroffenen Tieren häufig ein Stress-Leukogramm festgestellt (Neutrophilie, Monozytose, Lymphopenie und Eosinopenie). Gelegentlich werden auch eine geringgradige Thrombozytose und Polycythämie festgestel 1,5.

Serumchemie

Der bei Hunden mit HAC am häufigsten erhöhte Serumwert ist die alkalische Phosphatase (ALP), die in etwa 90% aller Fälle oberhalb ihres Referenzbereiches liegt. Die Erhöhung der ALP ist ein sensitiver Indikator für HAC, besitzt aber aufgrund zahlreicher Isoenzyme der ALP (glucocorticoid-induziert, hepatisch, ossär, plazental, intestinal) keine besonders hohe Spezifität. Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass der Grad der ALP-Erhöhung mit der Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins eines HAC korreliert. Ein extremer Anstieg der ALP ist also keineswegs ein deutlicherer Hinweis auf einen HAC als eine geringgradige ALP-Erhöhung. Häufig erhöht ist darüber hinaus auch die Aktivität der Alaninaminotransferase (ALT) aufgrund geschwollener Hepatozyten, einer Akkumulation von Glycogen oder einer Störung des hepatischen Blutflusses als Folge einer Steroidhepatopathie 1.

Glucocorticoide führen über zwei Mechanismen zur Entwicklung einer Hyperglycämie, zum einen über eine erhöhte hepatische Gluconeogenese und zum anderen über eine Insulin-Antagonisierung. Der Anstieg des Blutzuckers ist bei Hunden mit HAC in der Regel jedoch eher geringgradig (< 150 mg/dl oder 8,3 mmol/l), und ein begleitender Diabetes mellitus kommt nur selten vor (in 5% der HAC-Fälle). Die Cholesterinkonzentration im Serum ist bei der Mehrzahl der Hunde mit HAC als Folge einer glucocorticoid-stimulierten Lipolyse erhöht.

Die Konzentration des Blutharnstoffstickstoffs (BUN) ist in vielen Fällen herabgesetzt, da die im Zusammenhang mit der PU/PD gesteigerte Diurese zu einem konstanten BUN-Verlust und einer medullären Auswaschung führt.

Harnanalyse

Da die meisten betroffenen Hunde eine PU/PD aufweisen, liegt das spezifische Harngewicht von HAC-Patienten in der Regel < 1.020. Proteinurie kommt häufig vor, ist aber nur selten ausreichend hochgradig, um eine Hypalbuminämie oder eine Hypoproteinämie hervorzurufen. Im Falle einer hochgradigen Proteinurie (Protein/Creatinin-Verhältnis im Harn > 2-3) sollten andere potenzielle Ursachen einer Proteinverlustnephropathie differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Aufgrund der infolge der persistierend hohen Cortisolkonzentration im Serum bestehenden Immunsuppression sollte in allen Verdachtsfällen auch eine Harnkultur eingeleitet werden. Etwa 50% aller Hunde mit HAC weisen zum Zeitpunkt der Untersuchung eine Harnwegsinfektion auf 6.

Aufgrund der antiinflammatorischen Eigenschaften von Cortisol und des verdünnten Harns findet man bei Hunden mit HAC und Harnwegsinfektion aber nicht immer ein aktives Sediment, so dass eine Harnkultur bei betroffenen Hunden immer eingeleitet werden sollte – wie im Übrigen auch generell als integraler Bestandteil des diagnostischen Work-Ups in allen PU/PD-Fällen.

Bild gebende Diagnostik

Die Bild gebende Diagnostik ist im Rahmen der Diagnose und Behandlung eines HAC nicht unbedingt erforderlich, sie unterstützt in vielen Fällen aber die differenzialdiagnostische Abgrenzung zwischen hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus und Nebennierentumor. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei den meisten betroffenen Hunden um geriatrische Patienten handelt, unterstützen Bild gebende Untersuchungen von Thorax und Abdomen auch die diagnostische Abklärung möglicher begleitender Erkrankungen (z. B. Neoplasien), die nach Möglichkeit vor der Einleitung einer spezifischen Behandlung des Hyperadrenocorticismus diagnostiziert und behandelt werden sollten.

Röntgen

Die häufigste radiographische Veränderung bei Hunden mit HAC ist eine Hepatomegalie 7. Bei einigen Hunden mit Nebennierentumoren kann eine einseitige Adrenomegalie mit Verkalkung auffallen, wobei der Nachweis einer Verkalkung im Röntgenbild eine Differenzierung zwischen Adenom und Karzinom nicht zulässt. Bei Patienten mit Calcinosis cutis kann in Röntgenaufnahmen eine periphere Weichteilgewebeverkalkung erkennbar sein. Thoraxaufnahmen können Verkalkungen der Bronchien und der Trachea erkennen lassen oder Lungenmetastasen eines Nebennierenrindenkarzinoms zeigen (Abbildung 2). Bei etwa 50% aller Nebennierentumoren handelt es sich um Karzinome, und davon haben wiederum 50% zum Zeitpunkt der Diagnose bereits Metastasen gebildet 3.

Diese ventrodorsale Thoraxröntgenaufnahme einer 10 Jahre alten

Abbildung 2. Diese ventrodorsale Thoraxröntgenaufnahme einer 10 Jahre alten, kastrierten Cocker Spaniel Hündin mit HAC zeigt eine Zubildung im linken kaudalen Lungenlappen. Es handelt sich um einen Zufallsbefund, der die Vorteile des Thoraxröntgens zum Zeitpunkt der HAC-Diagnose unterstreicht. 
© Dr. Erin Brinkman-Ferguson

Abdominale Sonographie

Eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens ist hilfreich für die Beurteilung der Nebennieren und der Leber sowie zum Nachweis eventuell vorhandener begleitender Erkrankungen. Die sonographische Beurteilung von Größe und Form der Nebennieren kann zudem die Differenzierung zwischen Nebennierentumor und hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus unterstützen. Bei einem Patienten mit hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus sind die Nebennieren in der Regel bilateral symmetrisch vergrößert (> 6-7 mm Durchmesser), haben aber eine relativ physiologische Form (Abbildung 3). Sind die Nebennieren nicht vergrößert, kann ein hypophysenabhängiger Hyperadrenocorticismus aber nicht ausgeschlossen werden. Im Falle eines Nebennierenrindentumors ist oft eine Nebenniere vergrößert und unregelmäßig geformt, während die kontralaterale Nebenniere aufgrund der herabgesetzten zirkulierenden ACTH-Konzentration sonographisch klein und atrophiert erscheint.

Abdominale Sonogramme der Hündin

Abbildung 3. Abdominale Sonogramme der Hündin aus Abbildung 2. Die Nebennieren dieser 10 Jahre alten, kastrierten Cocker Spaniel Hündin sind beidseitig vergrößert (> 6-7 mm). Eine Kombination von klinischen Symptomen und Befunden der Bildgebung führt bei dieser Hündin zum erhöhten Verdacht eines hypophysenabhängigen HAC.
© Dr. Erin Brinkman-Ferguson

Moderne Bildgebung

Die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztomographie (MRT) sind beide gleichermaßen geeignet für den Nachweis von Makroadenomen der Hypophyse (bislang definiert als Hypophysenzubildung > 10 mm, neuerdings aber als Zubildung, die mit bloßem Auge zu sehen ist). Die Wahl der Methode richtet sich im Einzelfall also nach externen Faktoren wie den Kosten und der Verfügbarkeit. Zu empfehlen sind moderne Bild gebende Verfahren jedoch generell bei Hunden mit diagnostiziertem hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus. Bei Patienten, die bereits neurologische Symptome zeigen, dient die Bildgebung der Bestätigung eines Makroadenoms, während eine entsprechende Untersuchung bei Patienten ohne neurologische Symptome entweder ein dennoch vorhandenes Makroadenom nachweisen kann oder aber erkennen lässt, ob sich ein Makroadenom in Zukunft entwickeln könnte. Studien zeigen, dass etwa 10-25% aller Patienten mit hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus innerhalb eines Jahres nach HAC-Diagnose neurologische Symptome entwickeln 8, und weisen darauf hin, dass entsprechende Symptome am wahrscheinlichsten entstehen, wenn die Hypophysenzubildung einen Durchmesser > 10 mm aufweist. Findet man also eine Hypophysenzubildung mit einem Durchmesser > 8 mm, rechtfertigt dies eine Strahlentherapie, um die Größe potenzieller Hypophysenmakroadenome zu reduzieren. Bei Patienten ohne neurologische Symptome ist eine Bild gebende Untersuchung des Gehirns dagegen nicht unbedingt zu empfehlen, es sei denn, man kann davon ausgehen, dass die Besitzer im Falle des Nachweises eines Tumors entsprechender Größe einer Strahlenbehandlung zustimmen werden 8.

Moderne Bild gebende Verfahren sind bei der Diagnose von Nebennierentumoren sehr viel sensitiver als die konventionelle Röntgendiagnostik. Ist die chirurgische Resektion einer Nebenniere angezeigt, sind CT oder MRT zudem extrem wertvolle Hilfsmittel für die Bestimmung der exakten Lokalisierung und der Evaluierung der Invasivität des Tumors und ermöglichen damit die Erstellung eines chirurgischen Plans im Vorfeld der Laparotomie.

Diagnostische Tests

Da die Erkrankung sowohl von einem Hypophysen- als auch von einem Nebennierentumor verursacht werden kann, sind neben Screeningtests zum Nachweis eines HAC auch Tests zur Differenzierung zwischen beiden Ursachen zu empfehlen. Ein Screeningtest zur Bestätigung der HAC-Diagnose sollte zuerst durchgeführt werden, bevor weitere Schritte zur Differenzierung zwischen hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus und Nebennierentumor eingeleitet werden (da sich Prognose und Therapiempfehlungen beider Entitäten unterscheiden können).

Screeningtests

Low-dose Dexamethason Suppressionstest (LDDST)

Der LDDST wird eingesetzt, um eine herabgesetzte Sensitivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse (HHNA) gegenüber einem negativen Glucocorticoid-Feedback nachzuweisen 5. Die physiologische HHNA ist in Abbildung 4 dargestellt, und Abbildung 5 demonstriert die Unterschiede zwischen der HHNA von Hunden mit Nebennierentumoren und Hypophysentumoren. Bei einem gesunden Hund führt eine Dexamethasongabe zu einer Suppression der ACTH-Freisetzung durch die Hypophyse, die wiederum 8 Stunden später zu einer niedrigeren Cortisolkonzentration im Plasma führt. Bei Patienten mit hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus bzw. Nebennierentumor werden die Cortisolkonzentrationen aufgrund der autonomen Produktion von ACTH bzw. Cortisol nicht adäquat supprimiert. Dexamethason wird in diesen Tests eingesetzt, da es den Cortisol-Assay nicht beeinträchtigt.

Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HHNA) stellt bei einem gesunden Tier die Serumcortisolhomöostase sicher. Stress veranlasst den Hypothalamus zur Sekretion von Corticotropin Releasing Hormon (CRH).

Abbildung 4. Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HHNA) stellt bei einem gesunden Tier die Serumcortisolhomöostase sicher. Stress veranlasst den Hypothalamus zur Sekretion von Corticotropin Releasing Hormon (CRH). CRH stimuliert die ACTH-Produktion in der Hypophyse, und die Nebennieren reagieren auf die Stimulation durch ACTH mit der Produktion von Cortisol. Neben der Stimulation der Nebennieren hat ACTH auch einen Feedback-Effekt auf den Hypothalamus, der eine Hemmung der CRH-Produktion induziert. Erhöhte Serumcortisolkonzentrationen haben einen negativen Feedback-Effekt auf den Hypothalamus und die Hypophyse mit der Folge einer reduzierten Produktion von CRH bzw. ACTH. 
© Dr. Patty Lathan

Zur Durchführung des Tests wird unmittelbar vor der intravenösen Applikation von 0,01 mg/kg Dexamethason eine Serumprobe gewonnen, um die Basalcortisolkonzentration zu bestimmen. Vier und acht Stunden nach der Applikation werden weitere Blutproben entnommen und die Cortisolkonzentration bestimmt. Die Diagnose HAC wird auf der Grundlage des Cortisolwertes nach acht Stunden gestellt. Aufgrund des breiten Erkrankungsspektrums und der Unterschiede zwischen individuellen Patienten gibt es keinen bei allen Patienten gültigen Cut-off-Wert für die Diagnose, jedoch gilt eine Cortisolkonzentration über 1,4 μg/dl (39 nmol/l) zum Zeitpunkt acht Stunden nach der Dexamethasonapplikation allgemein als Hinweis für eine insuffiziente Suppression und damit als Nachweis für einen HAC.

Neben seiner Eigenschaft als Screeningtest kann der LDDST unter bestimmten Umständen auch zwischen hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus und Nebennierentumor differenzieren. Sobald ein HAC auf der Grundlage einer inadäquaten Suppression nach acht Stunden bestätigt ist, können weitere Untersuchungen der Cortisolkonzentration nach vier und acht Stunden eingeleitet werden. Zur Diagnose eines hypophysenabhängigen Hyperadrenocorticismus mit Hilfe des LDDST können drei unterschiedliche Parameter herangezogen werden: Eine Cortisolkonzentration nach vier Stunden von weniger als 50% der Basalkonzentration, eine Cortisolkonzentration nach acht Stunden von weniger als 50% der Basalkonzentration oder eine Cortisolkonzentration von weniger als 1,4 μg/dl (39 nmol/l) zum Zeitpunkt vier Stunden nach der Dexamethasonapplikation. Da eine mangelhafte Suppression allein eine Differenzierung nicht zulässt, sind weitere Tests erforderlich, um zur endgültigen Diagnose zu gelangen.

Die Sensitivität des LDDST ist hervorragend und liegt Untersuchungen zufolge zwischen 85 und 100% 5. Die Spezifität des Tests kann jedoch aufgrund von Stress oder einer begleitenden Erkrankung sehr niedrig sein (44-73%). Der LDDST sollte deshalb erst nach Ausschluss bzw. Behandlung begleitender Erkrankungen durchgeführt werden. Trotz seiner niedrigen Spezifität gilt der LDDST aber als Screening-Test der Wahl für HAC bei Hunden.

Diagramm der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HHNA) eines Hundes mit Nebennierentumor

Abbildung 5. (a) Diagramm der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HHNA) eines Hundes mit Nebennierentumor. Eine Nebenniere ist aufgrund eines Tumors vergrößert und produziert große Mengen Cortisol. Diese Erhöhung des Cortisolspiegels im Blut hat eine reduzierte ACTH-Produktion in der Hypophyse zur Folge, die wiederum eine Atrophie der kontralateralen, tumorfreien Nebenniere hervorruft. Die sich autonom verhaltende, tumorös veränderte Nebenniere produziert große Mengen Cortisol ohne Stimulation durch ACTH. 
© Dr. Patty Lathan

(b) Diagramm der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HHNA) eines Hundes mit hypophysenabhängigem HAC. Die Hypophyse agiert autonom und produziert große Mengen ACTH. Da beide Nebennieren funktionell sind, führt der erhöhte ACTH-Spiegel zu einer beidseitigen Hypertrophie der Nebennierenrinde und zu erhöhter Cortisolproduktion. Eine gesunde Hypophyse würde in dieser Situation ihre ACTH-Produktion reduzieren, da sie in diesem Fall aber autonom agiert, produziert sie trotz hoher Cortisolkonzentrationen im Blut weiterhin große Mengen ACTH. 
© Dr. Patty Lathan

ACTH-Stimulationstest

Der ACTH-Stimulationstest verwendet exogenes, synthetisches ACTH (Cosyntropin oder Tetracosactrin), um die adrenale Reservekapazität zu testen 5. Aufgrund der Zunahme der Nebennierenrindenmasse bei Hunden mit HAC haben die Nebennieren die Kapazität, überschüssige Mengen an Cortisol zu sezernieren. Die Sensitivität des ACTH-Stimulationstests reicht von 57 bis 95%, wobei in Fällen eines hypophysenabhängigen Hyperadrenocorticismus eine höhere Sensitivität besteht. Die Spezifität liegt mit 59 bis 93% höher als beim LDDST. Vor der intravenösen oder intramuskulären Injektion von 5 μg/kg (bis zu 250 μg/Hund) synthetischen ACTHs wird zunächst die Basalkonzentration von Cortisol im Serum gemessen. Eine Stunde nach ACTH-Applikation wird die Serumcortisolkonzentration erneut gemessen. Wie oben erwähnt, produzieren Hunde mit HAC aufgrund der erhöhten Nebennierenmasse nach Applikation von ACTH oft überschüssige Mengen an Cortisol. Cortisolkonzentrationen von 17-22 μg/dl (470-607 nmol/l) gelten als „Grauzone“ für die HAC-Diagnose, während Konzentrationen über 22 μg/dl (607 nmol/l) als diagnostisch betrachtet werden. Eine Behandlung mit Glucocorticoiden, Progestagenen oder Ketoconazol führt bekanntermaßen zu einer Suppression der Cortisolkonzentration und kann deshalb bei diesem Test falsch negative Ergebnisse hervorrufen. Aufgrund der niedrigeren Sensitivität des ACTH-Stimulationstests sollte bei einem Patienten mit post-ACTH-Konzentrationen des Cortisols von unter 17 μg/dl, aber für HAC sprechenden klinischen Symptomen, vor Ausschluss der HAC-Diagnose zunächst ein LDDST durchgeführt werden.

Cortisol/Creatinin-Quotient im Harn (Urine corticoid:creatinine ratio; UCCR)

Die Ausscheidung von Creatinin ist relativ stabil, so dass sich der UCCR den sich verändernden Konzentrationen im Blut anpasst und die Cortisolkonzentration sehr genau widerspiegelt, unter der Voraussetzung, dass keine Nierenerkrankung vorliegt 5. Spontanharn wird aufgefangen und darin der Quotient aus Cortisol und Creatinin bestimmt. Zu beachten ist, dass die Probe vom ersten Harnabsatz des Tages an zwei bis drei aufeinanderfolgenden Tagen aufgefangen und der Durchschnitt dieser Werte gebildet werden sollte. Ein Quotient unter 15-20 gilt als negativ für HAC. Der Test ist extrem sensitiv (75-100%), hat aber eine sehr niedrige Spezifität (20-25%), wenn die Probe in der tierärztlichen Klinik genommen wird, da betroffene Patienten infolge des mit dem Transport und der stationären Aufnahme verbundenen Stresses erhöhte Cortisolkonzentrationen aufweisen. Empfohlen wird daher die Sammlung von Harnproben zu Hause durch den Besitzer mindestens zwei Tage nach dem Tierarztbesuch. Aufgrund der niedrigen Spezifität sollte der UCCR primär eingesetzt werden, um die Wahrscheinlichkeit eines HAC auszuschließen, und weniger, um die Diagnose dieser Erkrankung zu stützen.

Tests für die Differenzierung

High-dose Dexamethason Suppressionstest (HDDST)

Hunde mit hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus, die beim LDDST keine Cortisolsuppression zeigen, können nach dem HDDST eine entsprechende Suppression entwickeln 5. Für diesen Test werden 0,1 mg/kg Dexamethason intravenös appliziert, darüber hinaus gilt das gleiche Protokoll wie beim LDDST. Eine Cortisolsuppression wird definiert als Serumcortisolwerte unterhalb des Referenzbereiches (in der Regel 1,4 μg/ dl oder 39 nmol/l) nach vier oder acht Stunden oder als Serumcortisolkonzentrationen, die nach vier oder acht Stunden um 50% unterhalb der Basalkonzentration liegen. Während bei Hunden mit Nebennierentumor nach einem LDDST oder HDDST nur selten eine Suppression zu beobachten ist, zeigen etwa 65% aller Hunde mit hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus Anzeichen einer Cortisolsuppression nach dem LDDST, und 75% nach dem HDDST. In Anbetracht dieses nur geringen Unterschiedes bei der Differenzierung wird der HDDST nur in den Fällen empfohlen, in denen der Test auf endogenes canines ACTH (eACTH) nicht zur Verfügung steht und eine abdominale Sonographie nicht durchgeführt werden kann.

Endogene ACTH-Konzentration

Bei gesunden Hunden und bei Hunden mit hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus wird eACTH episodisch freigesetzt. Aufgrund des negativen Feedbacks von Cortisol auf die Hypophyse sollte eACTH bei Hunden mit Nebennierentumor unterhalb des Referenzbereiches liegen 5. Bei Hunden mit hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus liegt aber eine funktionelle Störung der Hypophyse vor. Da die betroffene Hypophyse resistent ist gegenüber einem negativen Feedback, entstehen in der Regel physiologische bis hohe eACTH-Konzentrationen. Aufgrund des oben erwähnten episodischen Sekretionsmusters können die eACTH-Konzentrationen bei Hunden mit hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus jedoch unterhalb der Nachweisgrenze einiger Assays liegen.

Das größte Problem bei den eACTH-Tests ist das korrekte Handling der Probe. Das Nichteinhalten des Testprotokolls kann zu ungenauen Ergebnissen führen. Nach der Entnahme muss die Blutprobe unmittelbar in ein gekühltes, mit Silicon beschichtetes Plastikröhrchen mit EDTA überführt werden. Die Proben müssen anschließend innerhalb von 15 Minuten zentrifugiert werden, das Plasma muss unmittelbar in ein Plastikröhrchen dekantiert und tiefgefroren werden. Bis zur Analyse muss das Plasma lückenlos tiefgefroren bleiben. Vor dem Versand der Proben zum Analyselabor müssen also zunächst entsprechende Transportbedingungen gewährleistet sein. Alternativ verhindert die Zugabe von Aprotinin einen Abbau von ACTH durch Plasmaproteasen, dieses Verfahren kann jedoch bei Verwendung bestimmter Assays zu falsch-niedrigen Werten führen. Es empfiehlt sich deshalb, vor einer Probenentnahme zunächst Kontakt mit dem untersuchenden Labor aufzunehmen, um spezifische Anweisungen für Handling und Versand der Proben einzuholen.

Behandlung

Für die Behandlung des HAC stehen verschiedene Optionen zur Verfügung. Selbst wenn die Diagnose dieser Erkrankung bei einem Hund eindeutig bestätigt wurde, ist eine Behandlung nur dann zu empfehlen, wenn tatsächlich klinische Symptome vorhanden sind. Die Wahl der Behandlungsmethode richtet sich nach verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel der Lokalisation der ursächlichen Läsionen (hypophysenabhängiger Hyperadrenocorticismus oder Nebennierentumor), den finanziellen Möglichkeiten der Besitzer und den Vorlieben des behandelnden Tierarztes.

Chirurgische Behandlung

Die Adrenalektomie ist die Behandlung der Wahl bei kleinen, nicht invasiven Nebennierentumoren. Nach erfolgreicher chirurgischer Behandlung haben Hunde mit Nebennierentumoren gute Langzeitprognosen, die intra- und perioperative Mortalität liegt jedoch bei 20 bis 30% 9,10. Eine Computertomographie ist zu empfehlen, um abzuklären, ob eine ausgedehnte Invasion der umliegenden Gefäße und Gewebe vorliegt 3. Nach einseitiger Adrenalektomie muss der Patient mit ausschleichenden Glucocorticoid-Dosen behandelt werden, damit die atrophierte kontralaterale Nebenniere Zeit hat, auf ACTH zu reagieren und ihre physiologische Funktion wiederzuerlangen.

Die transsphenoidale Hypophysektomie ist eine wirksame chirurgische Methode zur Behandlung des hypophysenabhängigen Hyperadrenocorticismus. Leider gibt es jedoch nur wenige Standorte, an denen diese Operation durchgeführt wird, und der Eingriff erfordert zudem ein erhebliches Maß an speziellem Training des Operateurs. Beschrieben wird eine Remissionsrate von 91% nach einem Jahr post operationem und von 80% nach zwei Jahren 11.

Medikamentöse Therapie

Eine medikamentöse Therapie wird empfohlen für hypophysenabhängigen Hyperadrenocorticismus, aber auch bei Nebennierentumoren, bei denen eine Adrenalektomie aufgrund von Faktoren auf Seiten des Patienten oder des Besitzers nicht in Frage kommt. Die beiden in der Tiermedizin am häufigsten eingesetzten Arzneistoffe sind Trilostan und Mitotan (o,p’-DDD). Verfügbarkeit und Zulassung dieser beiden Arzneistoffe unterscheiden sich jedoch von Land zu Land. Studien zeigen bezüglich der Wirksamkeit bei der Behandlung von Nebennierentumoren und hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus keine signifikanten Unterschiede zwischen diesen beiden Arzneistoffen. Die Wahl des Wirkstoffes richtet sich also häufig nach den Erfahrungen und Vorlieben des behandelnden Tierarztes. Nach Erfahrung der Autoren hat Trilostan eine schnellere Lernkurve und wirkt unkomplizierter als Mitotan.

Trilostan ist das in einigen Ländern zurzeit einzige zugelassene Arzneimittel für die Behandlung von sowohl hypophysenabhängigem Hyperadrenocorticismus als auch von Nebennierentumoren bei Hunden. Es handelt sich um einen kompetitiven Hemmer der 3β-Hydroxysteroiddehydrogenase. Diese Hemmung mindert die Synthese von Cortisol, Aldosteron und Androstendion in der Nebennierenrinde, wobei die Abnahme der Cortisolsynthese am signifikantesten ausgeprägt ist.

Trilostan sollte zusammen mit Nahrung verabreicht werden, da die gastrointestinale Absorption dadurch signifikant gesteigert wird. Die Wirkungsdauer beträgt 10-18 Stunden. Dies bedeutet, dass die Cortisolsynthese wieder zunimmt, wenn der Wirkstoff metabolisiert wird, wobei klinische Symptome vor der Applikation der nächsten Dosis auftreten können, aber nicht auftreten müssen. Die veröffentlichten Protokolle für die Behandlung von Hunden mit Trilostan unterscheiden sich. Die Autoren ziehen es vor, die Behandlung mit einer Einzeldosis von 2-3 mg/kg morgens einzuleiten, und anschließend auf eine zweimal tägliche Dosierung umzustellen, wenn der Hund klinische Symptome (z. B. PU/PD) am Abend zeigt. Andere Autoren empfehlen, die Behandlung mit zwei täglichen Dosen zu beginnen. Zehn bis 14 Tage nach Beginn der Behandlung sollten ein biochemisches Serumprofil erstellt und ein ACTH-Stimulationstest durchgeführt werden, um die Wirksamkeit der aktuellen Dosierung zu verifizieren. Da der Test drei bis fünf Stunden nach der Applikation von Trilostan durchgeführt werden muss, ist eine Applikation am Morgen optimal.

Tabelle 3 zeigt die empfohlenen Maßnahmen in Abhängigkeit von den Serumcortisolwerten nach den ACTH-Stimulationstests und den klinischen Symptomen. Zu berücksichtigen ist, dass die Wirkung von Trilostan im Verlauf des ersten Monats zuzunehmen scheint, so dass die Dosis bei der ersten Kontrolluntersuchung in der Regel nicht erhöht wird, es sein denn, der Cortisolwert nach ACTH-Stimulation liegt über 10 μg/dl (275 nmol/l). Nach dieser ersten Kontrolluntersuchung wird das Behandlungsprotokoll eng eingehalten, wobei die Dosierung in der Regel bei jedem Schritt je nach Indikation um 10 bis 25% angepasst wird. Liegt die Cortisolkonzentration nach ACTH-Stimulation unter 2 μg/dl (55 nmol/l) und zeigt der Hund keine klinischen Symptome einer Erkrankung oder Addison-Krise, kann das Trilostan abgesetzt werden. Rezidivieren die klinischen Symptome, kann das Arzneimittel in einer geringeren Dosis wieder eingesetzt werden.

 

Tabelle 3. Trilostantherapie nach ACTH-Stimulationstest.

Cortisolkonzentration im Serum Therapeutische Maßnahme
< 2 µg/dl (55 nmol/l), Symptome einer Hypocortisolämie Behandlung wie bei Addison; Trilostan erst dann wieder einsetzen, wenn ein ACTH-Stimulationstest eine Erholung bestätigt
< 2 µg/dl (55 nmol/l), keine klinischen Symptome einer Erkrankung Therapie absetzen bis klinische Symptome wiederkehren, und mit niedrigerer Dosierung wieder einleiten
2-6 µg/dl (55-165 nmol/l) Aktuelle Therapie fortsetzen
6-9 µg/dl (165-248 nmol/l) Wenn keine klinischen Symptome einer HAC vorhanden sind, fortsetzen der aktuellen Therapie. Dosiserhöhung, wenn der Patient Symptome zeigt
> 9 µg/dl (248 nmol/l) Dosis erhöhen

 

Bei klinischen Anzeichen einer Hypocortisolämie (Erbrechen, Diarrhoe, verminderter Appetit etc.) sollte Trilostan abgesetzt werden. Verschlechtert sich der Zustand des Hundes erheblich und/oder entwickelt sich eine Hyponatriämie und/oder Hyperkaliämie, kann eine stationäre Aufnahme für die Behandlung einer Addison-Krise erforderlich werden. Bei geringgradigen Symptomen kann der Hund alternativ auch für eine Behandlung zu Hause mit Dexamethason oral (0,1-0,2 mg/kg alle 24 Std.) entlassen werden. Die Trilostanbehandlung sollte erst dann wieder mit einer um 10-25% niedrigeren Dosierung begonnen werden, wenn klinische Symptome eines HAC rezidivieren und mit einem ACTH-Stimulationstest eine adäquate adrenale Reservekapazität nachgewiesen werden konnte.

Im Anschluss an die erste Kontrolluntersuchung sollten betroffene Hunde nach 14 Tagen, dann nach 30 Tagen und schließlich alle drei Monate untersucht werden. Bei diesen Kontrolluntersuchungen sollte zur Beurteilung der Elektrolyte auch ein chemisches Serumprofil erstellt werden. Da es sich beim HAC um eine dynamische klinische Erkrankung handelt, müssen ACTH-Stimulationstests in den genannten Intervallen durchgeführt werden, um die Behandlung optimal anpassen zu können. Wenn der Besitzer lediglich über begrenzte finanzielle Mittel verfügt und berichtet, dass es seinem Hund klinisch gut geht, kann eine einzelne Basalcortisolbestimmung durchgeführt werden, um einen Hypoadrenocorticismus auszuschließen, auch wenn diese Vorgehensweise in der Regel keine optimale Kontrolle der Erkrankung gewährleistet. Liegen die Basalcortisolwerte über 2 μg/dl (55 nmol/l) und sind keine unerwünschten klinischen Symptome vorhanden, kann die Trilostanbehandlung fortgesetzt werden. Liegt die Basalkonzentration dagegen unter diesem Wert, muss zunächst ein ACTH-Stimulationstest durchgeführt werden, bevor die Trilostandosis erhöht werden kann.

Abgesehen von klinischen Symptomen im Zusammenhang mit einem Cortisolmangel sind unerwünschte Nebenwirkungen nach Trilostanapplikation selten. Lethargie und Inappetenz während der ersten Behandlungstage werden gelegentlich beobachtet. Beschrieben werden zudem geringgradige Abweichungen im chemischen Serumprofil (Hyperkaliämie und Azotämie). Bei einigen Hunden entwickelt sich jedoch eine idiosynkratische Nebennierennekrose, eine unvorhersehbare Reaktion unbekannter Ursache, die zu jedem Zeitpunkt der Behandlung auftreten kann. Diese Patienten zeigen einen Cortisolmangel mit oder ohne Elektrolytstörungen und benötigen in der Regel eine Notfallbehandlung wie bei einer hypoadrenocorticalen Krise. Auch wenn dieses Phänomen nur selten auftritt, müssen Besitzer über die entsprechenden Risiken aufgeklärt werden, damit sie wissen, auf welche Anzeichen sie achten müssen. Nach den Erfahrungen der Autoren ist bei einem Hund, der unter Trilostan-Therapie eine vollständig ausgeprägte Addison-Krise mit Elektrolytstörungen durchlebt, die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er lebenslang ein Addison-Patient bleibt.

Vorsicht ist geboten, wenn Trilostan gleichzeitig mit ACE-Hemmern eingesetzt wird, da beide Wirkstoffe einen Aldosteron senkenden Effekt haben. Eine geringgradige Hyperkaliämie (< 7 mmol/l) kommt nicht selten vor, eine höhergradige Hyperkaliämie erfordert jedoch eine entsprechende Anpassung der Medikation.

Trilostan ist kommerziell in Präparaten unterschiedlicher Konzentrationen erhältlich, bei sehr kleinen Hunden sind gelegentlich jedoch sehr niedrige Dosierungen erforderlich (z. B. 5 mg). Die pharmazeutische Herstellung von Trilostanpräparaten ist kompliziert, und kommerzielle Apotheken verwenden unter Umständen den nicht zugelassenen chemischen Grundstoff anstelle des zugelassenen Arzneistoffes. Mindestens eine Studie zeigt signifikante Schwankungen des Wirkstoffgehaltes und der Absorptionscharakteristika, wenn Trilostan aus einem nicht zugelassenen Grundstoff hergestellt wurde 12. Es muss also sichergestellt werden, dass die Apotheke bei der Herstellung entsprechender Präparate auf den zugelassenen Arzneistoff zurückgreift.

Mitotan war in der Vergangenheit der am häufigsten verordnete Arzneistoff zur Behandlung des HAC. Dieser Wirkstoff verursacht eine selektive Nekrose der Zona fasciculata und der Zona reticularis der Nebennierenrinde und schont normalerweise die Zona glomerulosa (außer in Fällen hypersensibler Patienten und bei unzureichendem Monitoring), so dass die Elektrolytkonzentrationen bei behandelten Hunden in der Regel im physiologischen Bereich liegen. Die Behandlung wird in zwei Phasen unterteilt: Eine Einleitungsphase und eine Erhaltungsphase. Während der Einleitungsphase werden täglich hohe Dosen Mitotan über einen Zeitraum von sieben bis zehn Tagen verabreicht, bis eine Besserung der klinischen Symptome eintritt oder unerwünschte Nebenwirkungen (wie Anorexie, Lethargie, Erbrechen etc.) zu beobachten sind und der ACTH-Stimulationstest eine wirksame Kontrolle anzeigt. Im Anschluss an diese Phase erhält der Patient als Erhaltungstherapie eine wöchentliche Dosis mit dem Ziel, das erneute Wachstum der während der Einleitungsphase zerstörten Zellen zu verhindern. Potenzielle Nebenwirkungen sind Symptome eines Hypoadrenocorticismus und eine Lebertoxizität.

Trilostan und Mitotan sind die zur Behandlung des HAC bei weitem am häufigsten eingesetzten Arzneistoffe. In der Vergangenheit wurden aber auch L-Deprenyl und Ketoconazol angewendet. L-Deprenyl ist ein Dopaminagonist, dessen Wirkung auf einer irreversiblen Hemmung der Monoaminooxidase Typ B beruht. Die Wirkungen finden in der Pars intermedia der Hypophyse statt, also in der Lokalisation von etwa 30% aller Hypophysentumoren, die einen hypophysenabhängigen Hyperadrenocorticismus hervorrufen. L-Deprenyl wird extrem gut vertragen und hat nur wenige Nebenwirkungen, aber nur ein geringer prozentualer Anteil betroffener Hunde spricht auf die Behandlung an. Ein Einsatz zur Behandlung eines hypophysenabhängigen Hyperadrenocorticismus ist daher nicht zu empfehlen. Ketoconazol ist ein Imidazol, das die 11β-Hydroxylase hemmt und dadurch die Fähigkeit besitzt, die Steroidogenese zu hemmen. Nach Applikation zeigen einige Hunde niedrigere zirkulierende Cortisolkonzentrationen, Ketoconazol wirkt aber nicht so zuverlässig wie Mitotan und Trilostan und wird deshalb gegenwärtig nicht für die Behandlung des HAC empfohlen, wenn Mitotan und/oder Trilostan verfügbar sind 13.

Schlussfolgerung

Beim caninen Hyperadrenocorticismus handelt es sich um eine häufige Endokrinopathie des Hundes. Es gibt gegenwärtig aber keinen Einzeltest, der zur endgültigen Diagnose führt. Die Behandlung erfolgt entweder medikamentös oder auf chirurgischem Weg, aber auch hier gibt es nicht die eine, allgemein bevorzugte Option. Da viele Fälle auf Hypophysentumoren zurückzuführen sind, ist die medikamentöse Behandlung die häufigste Option. Eine regelmäßige Überwachung der klinischen Symptome und eine Beurteilung des Patienten mit Hilfe von Blutuntersuchungen sind obligatorisch, da eine Überbehandlung tödlich enden kann. Mit geeigneter Überwachung und guter Besitzercompliance können richtig behandelte Hunde jedoch eine gute Lebensqualität erreichen.

Literatur

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  13. Peterson ME. Medical treatment of canine pituitary dependent hyperadrenocorticism (Cushing’s disease). Vet. Clin. North Am. (Small Anim. Pract.) 2001;31(5):11.

Bradley Bishop

Bradley Bishop

Bradley Bishop schloss sein Biologiestudium 2011 mit einem Bachelor of Science an der Mississippi State University Mehr lesen

Patty Lathan

Patty Lathan

Patty Lathan ist Associate Professor of Small Animal Internal Medicine am College of Veterinary Medicine der Mississippi State University (USA) Mehr lesen

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