Diagnostische Methoden für Futtermittel-unverträglichkeit bei Hunden
veröffentlicht 06/09/2024
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Die Diagnose von Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen bei Hunden ist nicht ganz unproblematisch. Dieser Artikel liefert einen Überblick über diagnostische Optionen und gibt praktische Empfehlungen für Tierärzt*innen an vorderster Front.
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Kernaussagen
Bei allen Hunden mit chronischem Juckreiz sollte die Möglichkeit einer Futtermittelunverträglichkeit in Betracht gezogen werden, sobald andere pruriginöse Hauterkrankungen infektiösen/parasitären Ursprungs ausgeschlossen sind.
Allergietests bei Hunden mit chronischem Juckreiz können ein nützliches Hilfsmittel für die Formulierung einer restriktiven Diät sein und eine erfolglose Suche nach der geeigneten Zusammensetzung vermeiden.
Da es eine Standardisierung für kommerzielle „hydrolysierte Diätnahrungen“ nicht gibt, können solche Nahrungen alles enthalten von einfachen Aminosäuren bis zu Polypeptiden mit hohem Molekulargewicht.
Im Anschluss an eine Eliminationsdiät sollte eine Provokationsdiät über eine Dauer von maximal 14 Tage erforderlich sein, da die klinischen Symptome in der Regel innerhalb von fünf Tagen nach Exposition gegenüber dem auslösenden Futtermittelbestandteil rezidivieren.
Einleitung
Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen werden unterteilt in Futtermittelhypersensibilität und Futtermittelintoleranz, wobei letztere weiter unterteilt wird in die Futtermittelallergie, die in der Regel mit IgE-abhängigen Reaktionen einhergeht, und in zellvermittelte Entzündungsreaktionen auf diätetische Allergene oder Futtermittelbestandteile, wie sie bei Hunden mit atopischer Dermatitis häufig auftreten 1. Der Goldstandard für die Diagnose einer Futtermittelunverträglichkeitsreaktion ist eine Eliminationsdiät mit Besserung der Effloreszenzen und des Juckreizes während der restriktiven Phase, kombiniert mit einer anschließenden Provokationsdiät mit Rezidivierung der klinischen Symptome nach erneuter Exposition gegenüber der ursprünglichen Nahrung, da es keine zuverlässigen kommerziellen Tests für die Diagnose gibt 2,3,4.
Aufgrund der praktischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Eliminationsdiäten besteht heute ein zunehmendes Interesse an alternativen diagnostischen Protokollen, die einfacher praktisch durchführbar sind und bei Tierhalter*innen eine höhere Akzeptanz erreichen 1. Allergietests können bei Hunden mit chronischem Juckreiz ein nützliches Hilfsmittel für die Formulierung einer restriktiven Diätnahrung und bei der Entwicklung von Richtlinien für eine Provokationsdiät sein. Sie können dazu beitragen, eine erfolglose Suche nach der geeigneten Zusammensetzung solcher Diätnahrungen zu vermeiden und sind schließlich auch von Vorteil hinsichtlich des Zeit- und Kostenaufwands. Dieser Artikel liefert einen Überblick über die veterinärmedizinische Literatur zur praktischen Anwendung von Tests mit Futtermittelextrakten zur Evaluierung von Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen bei Hunden.
Eliminationsdiäten
Bei allen Hunden mit chronischem und dauerhaftem Juckreiz sollte die Möglichkeit einer Futtermittelunverträglichkeitsreaktion abgeklärt werden, nachdem andere pruriginöse Hauterkrankungen infektiösen/parasitären Ursprungs und Allergien im Zusammenhang mit Reaktionen auf Arthropodenspeichel differenzialdiagnostisch ausgeschlossen werden konnten 5. Im Allgemeinen besteht ein Verdacht auf Futtermittelunverträglichkeit dann, wenn der Juckreiz und die Effloreszenzen nach Einleitung einer Eliminationsdiät um mindestens 50 % zurückgehen, und die Erkrankung gilt als bestätigt, wenn die klinischen Symptome nach anschließender Einleitung einer Provokationsdiät rezidivieren 3.
Die Inhaltsstoffe für eine Eliminationsdiät werden in der Regel auf der Grundlage des Vorberichts des Tieres ausgewählt, wobei vorzugsweise ausschließlich Komponenten verwendet werden, gegenüber denen das Tier zuvor nicht regelmäßig exponiert war. Studien zeigen, dass Hunde mit Futtermittelallergie in der ersten Woche nach der Einleitung nur selten auf eine Eliminationsdiät ansprechen, aber etwa 50 % der betroffenen Individuen zeigen einen deutlichen Rückgang der klinischen Symptome nach drei Wochen, und bei mehr als 85 % bessern sich die Symptome nach fünf Wochen; dieser Anteil steigt über 95 %, wenn die Eliminationsdiät auf acht Wochen verlängert wird. Bei einigen wenigen Hunden kann auch eine Verlängerung der Eliminationsdiät auf zwölf Wochen erforderlich sein 3 (Abbildung 1).
Untersuchungen zufolge kann die erforderliche Dauer einer Eliminationsdiät verkürzt werden, indem der anfängliche allergische Juckreiz und das Entzündungsgeschehen mit Hilfe einer Kurzzeitbehandlung mit entzündungshemmenden Arzneimitteln kontrolliert werden 6. In einer Studie wurde entweder Prednisolon (über zwei oder drei Wochen) oder Oclacitinib (über drei Wochen) eingesetzt, wobei die diätetische Provokation nach vier Wochen eingeleitet wurde und die Diagnose innerhalb von sechs Wochen gestellt werden konnte. In dieser Studie lag die Diagnose von futtermittelinduzierten Reaktionen bei Hunden mit atopischer Dermatitis in beiden Gruppen bei 100 %, und der negative Vorhersagewert betrug 95 % bei Verwendung von Prednisolon, verglichen mit 63 % positivem und 100 % negativem Vorhersagewert bei Verwendung von Oclacitinib 7. Prednisolon scheint daher bei den meisten Hunden die bessere Option zu sein, wahrscheinlich aufgrund des schnelleren Wirkungseintritts und der breiteren entzündungshemmenden Wirkungen von Glukokortikoiden 6,7.
Selbst zubereitete restriktive Diätnahrungen
Zu Hause selbst zubereitete restriktive Diätnahrungen bestehen aus einer ursprünglichen Protein- und Kohlenhydratquelle, gegenüber der das Tier zuvor vorzugsweise noch nie regelmäßig exponiert war 8. Viele Jahrzehnte lang galten selbst zubereitete Diätnahrungen als ideal für die Diagnose von Futtermittelunverträglichkeiten, sie sind aber fast immer unausgewogen, insbesondere, wenn es um junge und schnell wachsende Hunde geht. Zudem haben die mit solchen Nahrungen verbundenen Einschränkungen, wie zum Beispiel Faktoren der Zubereitung, das Kontaminationsrisiko, allergische Kreuzreaktionen zwischen Futtermittelkomponenten, die Notwendigkeit der Überwachung durch Fachtierärzt*innen für Tierernährung und Diätetik sowie das erforderliche Engagement der Halter*innen dazu geführt, dass zunehmend kommerzielle Futtermittelprodukte für die Diagnose von Futtermitteunverträglichkeitsreaktionen und die anschließende diätetische Behandlung betroffener Tieren eingesetzt werden 8.
Diätnahrungen mit hydrolysiertem Protein (hypoallergene Diätnahrungen)
Das Hauptziel bei der Herstellung spezifischer Nahrungen durch Hydrolyse besteht darin, die Struktur der Proteine so weit aufzubrechen, dass Allergene und allergene Epitope entfernt und so eine immunologische Erkennung durch einen bereits für das intakte Protein sensibilisierten Patienten verhindert werden. Ein sekundäres Ziel kann darin bestehen, die Proteine so weit aufzuspalten, dass keine Antigene mehr vorhanden sind, die eine Immunreaktion auslösen können, die zu einer Sensibilisierung führen würde 9.
Hydrolysierte Tiernahrungen bestehen daher aus Proteinfragmenten mit einem Molekulargewicht von weniger als 10 kDa und sind gekennzeichnet durch eine höhere Verdaulichkeit, eine bessere Absorption und eine geringere Antigenität. Erreicht wird dies durch eine Zerstörung der dreidimensionalen Struktur der Proteine, wodurch die Struktur der Aminosäureseitenketten verändert wird. Zum Einsatz kommen dabei verschiedene Methoden wie Hitzebehandlung, pH-Wert-Manipulation, enzymatische Hydrolyse und Filtration 9.
Zur Beurteilung der Wirksamkeit hydrolysierter Nahrungen evaluierte eine Studie zwölf Hunde mit Symptomen einer allergischen Dermatitis nach Exposition gegenüber Huhn, und kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Situation bei elf Hunden besserte, wenn sie eine Nahrung mit hydrolysiertem Huhn erhielten 10. In einer weiteren Studie zeigten Hunden mit Allergie auf Soja eine signifikante Zunahme des Juckreizes nach oraler Provokation mit Soja, nicht jedoch, wenn sie eine Nahrung mit hydrolysiertem Soja erhielten 11.
Studien zum Vergleich der Wirksamkeit von selbst zubereiteten Diätnahrungen mit hydrolysierten Diätnahrungen zeigen ähnliche Ergebnisse bei der Diagnose von Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen bei Hunden, wobei sich die Symptome bei Hunden, die mit der kommerziellen hydrolysierten Diätnahrung gefüttert wurden, schneller besserten, was auf ein geringeres antigenes Potenzial dieser Produkte schließen lässt 12. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass es keine Standardisierung für kommerzielle Diätnahrungen mit hydrolysierten Proteinen gibt, und dass solche Futtermittel demnach prinzipiell alles von einfachen Aminosäuren bis hin zu Polypeptiden mit großem Molekulargewicht enthalten können, je nach Hydrolysegrad; letztere können eine Kreuzreaktivität zwischen diätetischen Allergenen begünstigen und die diagnostische Sensitivität der Diätnahrung verringern 8,9.
In einem Review über elf Studien zur Analyse klinischer Reaktionen auf hydrolysierte oder teilweise hydrolysierte Diätnahrungen bei Hunden wurden in vier Studien Hinweise auf Reaktionen auf hydrolysierte Futtermittel gefunden, und 20-50 % der Hunde mit Futtermittelallergien zeigten eine Verschlechterung der klinischen Symptome, wenn sie teilhydrolysierte Nahrungen erhielten 9. Hydrolysat-haltige Diätnahrungen werden daher wahrscheinlich am besten bei Hunden eingesetzt, bei denen kein Verdacht auf eine Überempfindlichkeit gegen die einzelnen Bestandteile besteht, und weniger als Diagnoseinstrument für Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen 8,9.
Elementardiäten
Hydrolysate enthalten im Allgemeinen einfache Aminosäuren und/oder Polypeptide mit hohem Molekulargewicht (je nach Hydrolysegrad) sowie Spuren von Enzymen, die im Rahmen dieses Prozesses verwendet werden 13. Hergestellt werden Elementardiäten (niedermolekular) durch Ultrafiltration von hydrolysierten Diäten, wobei Produkte mit einem Molekulargewicht unter 3 kDa entstehen, die reich an Aminosäuren sind (von 75-204 Da), wodurch IgE-abhängige Reaktionen verhindert und eine Proteinkontamination minimiert werden 14.
In einer Studie zum Vergleich der Serumkonzentration von spezifischem Hühner-IgE bei Hunden, die mit nicht-hydrolysierter, hydrolysierter oder ultrahydrolysierter Nahrung gefüttert wurden, zeigte sich, dass Hunde, die mit dem ultrahydrolysierten Produkt ernährt wurden, das geringste Vorkommen von Serum-IgE aufwiesen, wodurch die Auslösung einer allergischen Reaktion auf die Nahrung vermieden wurde 13. In einer weiteren Studie löste eine ultrahydrolysierte Nahrung auf Basis von Geflügelfedern bei Hunden mit Allergie auf Huhn keine Juckreizschübe aus, während eine ultrahydrolysierte Diätnahrung auf Basis von Hühnerleber bei 40 % der Hunde zu Juckreizschüben führte 15. Solche Diätnahrungen können daher für Tiere mit IgE-abhängigen Reaktionen auf Futtermittel von Vorteil sein und sollten für die Diagnose von Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen verwendet werden, während die Ergebnisse bei Tieren mit verzögerten zellvermittelten Reaktionen widersprüchlich sind 15.
Die erforderliche Dauer einer Eliminationsdiät kann verkürzt werden, wenn der anfängliche allergische Juckreiz und das Entzündungsgeschehen mit Hilfe einer Kurzzeitbehandlung mit entzündungshemmenden Arzneimitteln kontrolliert werden.
Vanessa Cunningham Gmyterco
In-vitro-Tests auf Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen
Serologische Tests
Serologische Tests zur Diagnose von Futtermittelunverträglichkeiten liefern kontroverse Ergebnisse. Gepaarte Seren von Hunden mit Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen und gesunden Hunden wurden im Labor auf spezifisches IgE und IgG gegen Futtermittel getestet, und signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen wurden nicht festgestellt 16. Eine weitere Studie, in der spezifische IgE- und IgG-Reaktionen auf Futtermittel bei Hunden mit allergischer Hauterkrankung untersucht wurden, zeigte ebenfalls eine unbefriedigende Wiederholbarkeit dieser Tests 16. Und schließlich kam eine Studie zur Beurteilung des serologischen Western-Blot-Tests als Tool für die Diagnose von Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen zu dem Schluss, dass dieser Test zwar für die Formulierung einer Eliminationsdiät hilfreich sein könnte, nicht aber für die Erstellung der endgültigen Diagnose einer Futtermittelallergie 17. Serologische Tests auf spezifisches IgE und IgG gegen Futtermittel haben also einen eher begrenzten Nutzen und werden für die Diagnose von Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen bei Hunden nicht empfohlen 8,16,17.
Lymphozytenproliferationstest (LPT)
Die Untersuchung der Lymphozytenproliferationsreaktion auf diätetische Antigene kann nützlich sein, um nicht-IgE-vermittelte Entzündungsreaktionen auf Futtermittelallergene bei Hunden in vitro nachzuweisen, wobei ein positiver prädiktiver Wert von 100 % und ein negativer prädiktiver Wert von 93 % beschrieben werden 18. In einer Studie lagen bei 14 Hunden, die im LPT eine positive Reaktion ausschließlich auf Futtermittel zeigten, in 12 Fällen vollständige medizinische Informationen vor, und sämtliche Hunde zeigten nach einer Eliminationsdiät ohne weitere Medikation eine signifikante Verringerung des Juckreizes 19. Aufgrund praktischer Schwierigkeiten ist dieser Test derzeit jedoch nur in experimentellen Settings von Nutzen und steht für die klinische Routinepraxis nicht zur Verfügung.
In-vivo-Tests auf Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen
Intrakutane Hauttests
In der Humanmedizin wird die intrakutane Testung (wobei das Allergen direkt in die Haut injiziert wird) mit Extrakten von Nahrungsmittelallergenen nicht empfohlen, aufgrund der hohen Irritabilität, die zu falsch-positiven Ergebnissen führen kann, und weil ein höheres Risiko für anaphylaktische Reaktionen bestehen kann. In der Veterinärmedizin wurden entsprechende Studien an gesunden Tieren durchgeführt, aufgrund der fehlenden Standardisierung von Futtermittelextrakten, der Unterschiede in der Technik und der kutanen Irritabilität besitzt diese Methode eine hohe Sensibilität, aber eine niedrige Spezifität 8.
Hautpricktest
Für die Beurteilung der Sensibilisierung gegenüber diätetischen Allergenen gilt der Pricktest mit Nahrungsmittelextrakten zwar als hoch sensitiv, aber wenig spezifisch. Tropfen der Allergenlösung werden auf die Hautoberfläche aufgetragen, und die Haut wird mit einer Lanzette angestochen, damit das Allergen in die Epidermis eindringen kann (Abbildung 2). In der Humanmedizin zeigt diese Methode bei Verwendung von standardisierten Extrakten einen positiven prädiktiven Wert (PPV) von 60-75 % und einen negativen prädiktiven Wert (NPV) von bis zu 95 % 20. Auch in der Veterinärmedizin sind entsprechende Studien bereits relativ weiter fortgeschritten. In einem Bericht wird ein Pricktest bei 34 Hunden mit chronischem Juckreiz beschrieben; 25 Hunde wurden anschließend 60 Tage lang einer Eliminationsdiät mit einem „negativen“ Futtermittel unterzogen, bevor sie anschließend mit einem „positiven“ Futtermittel, das zuvor im Pricktest identifiziert worden war, „provoziert“ wurden. Bei vier Hunden kam es nach der Provokation nicht zu einer Verschlechterung der Symptome, während bei den anderen 21 Hunden eine Futtermittelunverträglichkeitsreaktion bestätigt wurde 20. In einer weiteren (noch unveröffentlichten) Studie wurden 30 Hunde in drei Gruppen eingeteilt (Kontrolle, atopische Dermatitis sensu stricto und Futtermittelallergie), und einem Pricktest sowie einer auf dessen Ergebnissen basierenden Eliminationsdiät und einer anschließenden Provokationsdiät unterzogen. Die Untersuchung ergab eine Sensitivität von 46 %, eine Spezifität von 97 %, einen positiven Vorhersagewert von 66 % und einen negativen Vorhersagewert von 93 % im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Der Pricktest kann also bei der Auswahl von Futtermitteln für Eliminationsdiäten und bei der Auswahl spezifischer diätetischer Inhaltsstoffe für eine Provokationsdiät nützlich sein. Da Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen bei Hunden mit atopischer Dermatitis jedoch eine zellvermittelte Komponente aufweisen, werden Fälle, in denen diese überwiegen, mit Hilfe des Pricktests möglicherweise nicht erkannt, was die Sensibilität dieser diagnostischen Methode einschränkt 20.
Patch-Test
Angesichts der immunpathologischen Prozesse bei atopischer Dermatitis (AD), bei denen IgE-vermittelte Mechanismen vom Soforttyp mit einer verzögerten T-Zell-induzierten Hypersensitivität koexistieren, sind Patch-Tests von besonderem Interesse für einen Nachweis diätetischer Allergene, die atopische Reaktionen triggern können 21. Zur Durchführung des Patch-Tests werden Futtermittelextrakte in kleine Kammern (8-12 mm Durchmesser) gegeben, die dann mit hypoallergenem Klebeband auf der Haut befestigt werden. Um die Adhäsion zu unterstützen, wird das mit Klebeband befestigte Patch anschließend mit einem Verband zusätzlich fixiert und ein Wundschutz-Body angelegt. Um eine positive Reaktion hervorzurufen, scheint eine Hautkontaktzeit von 48 Stunden erforderlich zu sein1,4 (Abbildung 3), wobei die Interpretation der Ergebnisse auf einem Scoring-System basiert, wie in Tabelle 1 dargestellt 21.
In einer Studie wurden Patch-Tests mit Proteinen (roh und gekocht), Kohlenhydraten (gekocht) und kommerzieller Trockennahrung durchgeführt, und die nach einer diätetischen Provokation mit den getesteten Futtermitteln ermittelten NPVs lagen bei 100 % für Proteine, 79 % für Kohlenhydrate und 72 % für Trockennahrung 4. Um Reaktionen vom Soforttyp und vom verzögerten Typ auf Futtermittel nachzuweisen, wurde ein Patch-Test bei 21 Hunden mit atopischer Dermatitis und Futtermittelunverträglichkeitsreaktion mit dem Prick-Test kombiniert; der kombinierte Test ergab eine Sensitivität von 80 %, eine Spezifität von 66,7 %, einen PPV von 66,7 % und einen NPV von 80 % 1. Ein Patch-Test allein oder in Kombination mit einem Pricktest ermöglicht also keine endgültige Diagnose von Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen bei Hunden mit chronischem Juckreiz, kann aber einzeln oder in Kombination hilfreich sein bei der Auswahl von Komponenten für eine Eliminationsdiät und/oder eine Provokationsdiät 1,4.
Tabelle 1. Beurteilung der Reaktionen auf Patch-Tests bei Hunden mit atopischer Dermatitis und Futtermittelunverträglichkeit (aus 21)
0 | Keine sichtbare Reaktion oder Reizung |
1+ | geringgradiges Erythem |
2+ | mittelgradiges Erythem |
3+ | hochgradiges Erythem |
++ | Erytheme und multiple Papeln |
+++ | Erytheme mit Bläschenbildung und/oder Pusteln oder stärker ausgeprägte Effloreszenzen |
Orale Provokation
Eine klinische Besserung nach Eliminationsdiät, gefolgt von einem Rezidiv der klinischen Symptome nach Einleitung einer Provokationsdiät, ermöglicht die endgültige Diagnose einer kutanen Reaktion bei Futtermittelunverträglichkeit 3. Eine Provokationsdiät kann entweder mit der bisherigen Nahrung des Hundes oder auf dem Wege einer individuellen Exposition gegenüber jedem einzelnen potenziell auslösenden Futtermittelbestandteil durchgeführt werden 1,4.
Erkennbare objektive Symptome bei Hunden, die auf das „provozierende“ Futtermittel reagieren, wie z. B. Juckreiz, Otitis externa oder oberflächliche Pyodermie, können also als durch die Provokationsdiät ausgelöst betrachtet werden, aber auch gastrointestinale Symptome (Erbrechen und/oder Diarrhoe) können zu beobachten sein 22. Subjektive Symptome, wie Übelkeit, abdominale Schmerzen oder Verhaltensänderungen müssen dagegen in erster Linie von den Besitzer*innen interpretiert werden 22.
Rezidive klinischer Symptome nach der Exposition gegenüber dem auslösenden Futtermittel treten hauptsächlich im Bereich der Gliedmaßen und im Gesicht auf 23 (Abbildung 4). In einer Studie über 46 Hunde mit Futtermittelunverträglichkeitsreaktionen war das in 97,9 % der Fälle einzige objektiv feststellbare Symptom Juckreiz, der innerhalb von zwölf Stunden bis fünf Tagen nach Einleitung der diätetischen Provokation einsetzte; ein Hund aus dieser Gruppe entwickelte Juckreiz erst an Tag 10 23 (Abbildung 5). Die mittlere Anzahl von Tagen bis zur Rezidivierung beträgt Untersuchungen zufolge vier Tage (Spanne 1-13 Tage), so dass eine Provokationsdiät nur über eine Dauer maximal von 14 Tagen erforderlich sein sollte 14,22,23.
Sobald ein spezifisches Futtermittelallergen auf dem Wege der diätetischen Provokation identifiziert wird, sollte es unmittelbar aus der Ernährung des betroffenen Hundes entfernt werden; bei Bedarf sollte zusätzlich eine juckreizstillende Medikation verabreicht werden und die zuvor erfolgreiche Eliminationsdiät sollte über mindestens weitere fünfzehn Tage oder bis zur Rückbildung der klinischen Symptome wieder eingeführt werden 22. Nach dem erneuten Abklingen der klinischen Symptome wird die diätetische Provokation mit einer weiteren individuellen Futterkomponente durchgeführt, bis sämtliche Bestandteile der zuvor gefütterten auslösenden Nahrung auf diese Weise abgeklärt sind. Abbildung 6 zeigt einen Algorithmus für die Diagnose von kutanen Reaktionen bei Futtermittelunverträglichkeit.
Die Zukunft
In Zukunft könnte die molekulare Allergologie den verbesserten Nachweis einer Sensibilisierung auf allergene Komponenten (gereinigte oder rekombinante Proteine) ermöglichen und eine bessere Standardisierung unterstützen, als dies bei Verwendung von rohen natürlichen Allergenextrakten möglich ist. Zu erwarten ist möglicherweise auch ein besseres Verständnis von allergenen Kreuzreaktivitäten, und schließlich könnten auch spezifische IgE-Sensibilisierungsprofile verfügbar werden. Letztlich wird eine sensitivere und spezifischere Futtermittelallergiediagnostik zusammen mit der Möglichkeit einer Erstellung spezifischer, individuell auf den jeweiligen Patienten abgestimmten Ernährungspläne zu einer multimodalen Gesamtstrategie beitragen, die eine bessere Kontrolle von Futtermittelunverträglichkeiten ermöglicht 24.
Eliminationsdiäten gelten als Goldstandard für die Diagnose von Futtermittelunverträglichkeiten bei Hunden, und die diätetischen Bestandteile werden in der Regel auf der Grundlage des Vorberichts ausgewählt, wobei vorzugsweise ausschließlich Inhaltsstoffe verwendet werden, gegenüber denen das Tier zuvor nicht regelmäßig exponiert war.
Marconi Rodrigues de Farias
Schlussfolgerung
Die Diagnose einer Futtermittelunverträglichkeit bei Hunden muss derzeit auf dem Wege einer Eliminationsdiät und einer anschließenden Provokationsdiät gestellt werden. Elementardiäten eignen sich besser für das diagnostische Screening, während hydrolysierte Produkte als Erhaltungsdiäten geeignet sein können. Patch- und Pricktests mit Futtermittelextrakten sollten nicht zur Diagnose einer Futtermittelunverträglichkeit verwendet werden, sie können aber bei der Suche nach geeigneten Bestandteilen von Eliminations- und Provokationsdiäten behilflich sein. Hunde mit einer Futtermittelallergie sensu stricto und mit futtermittelinduzierter atopischer Dermatitis sollten mit hydrolysierten Nahrungen ernährt werden, deren Bestandteile keine Entzündungsreaktionen auslösen.
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Marconi Rodrigues de Farias
Dr. Farias schloss sein Tiermedizinstudium an der Federal University of Uberlândia in Brasilien Mehr lesen
Vanessa Cunningham Gmyterco
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