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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 26.1 Kardiologie

Persönliche empfehlungen… Junge Hundewelpen mit Herzgeräusch

veröffentlicht 10/03/2021

Geschrieben von Hannah Hodgkiss-Geere

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English

Herzgeräusche bei Hundewelpen sind ein häufiger klinischer Befund in der Kleintierpraxis. Meist werden Herzgeräusche während der routinemäßigen Untersuchung für die erste Impfung als „Zufallsbefund“ festgestellt, gelegentlich aber auch nach offensichtlichen klinischen Symptomen einer Herzerkrankung. 

Aszites bei einer Englischen Bulldogge mit hochgradiger Pulmonalstenose und Tricuspidaldysplasie.

Puntos clave

Herzgeräusche werden bei Hundewelpen häufig festgestellt, ihre Bedeutung kann jedoch erheblich variieren.


Ein umfassendes Verständnis der Herzanatomie und der Herzphysiologie ist hilfreich bei der Lokalisierung und beim Timing von Herzgeräuschen.


Eine Beurteilung und genaue Beschreibung des Herzgeräusches ermöglicht die Erstellung einer Liste von Differenzialdiagnosen.


Bei vielen kongenitalen Herzanomalien führt die frühzeitige Diagnose und Behandlung zu einem besseren Langzeitergebnis für den Patienten.


Eine Überweisung zum Kardiologen ist bei jedem Herzgeräusch zu empfehlen, um eine präzise Diagnose mit Hilfe einer Herzultraschalluntersuchung erstellen zu lassen.


Einleitung

Herzgeräusche bei Hundewelpen sind ein häufiger klinischer Befund in der Kleintierpraxis. Meist werden Herzgeräusche während der routinemäßigen Untersuchung für die erste Impfung als „Zufallsbefund“ festgestellt, gelegentlich aber auch nach offensichtlichen klinischen Symptomen einer Herzerkrankung. Da sich die Besitzer betroffener Tiere in Anbetracht der Diagnose eines Herzgeräusches bei ihren Welpen nicht selten große Sorgen machen, ist die aufklärende Beratung und Beruhigung des Besitzers in diesen Situationen eine vordringliche Aufgabe des behandelnden Tierarztes. Voraussetzungen für eine wirksame Behandlung dieser Patienten sind die Kenntnis der Differenzialdiagnosen, die richtige Einschätzung der Bedeutung des Herzgeräusches und die Wahl der richtigen Strategie für jeden Herzgeräuschtyp. Eine Überweisung zum Kardiologen sollte bei einem Hundewelpen mit einem Herzgeräusch immer in Betracht gezogen und mit dem Besitzer diskutiert werden.
 

Was ist ein Herzgeräusch?

Herzgeräusche sind Schallwellen infolge von Vibrationen, die durch einen turbulenten oder regurgitierenden Blutstrom im Herzen (Kammerwände, Klappen) oder in den angrenzenden Gefäßen (Blutgefäßwände) hervorgerufen werden. Um ausreichend starke Turbulenzen oder Regurgitationen zu erzeugen, die ein Herzgeräusch in hörbarer Lautstärke verursachen, muss sich Blut mit hoher Geschwindigkeit bewegen. Eine Schlüsselrolle spielt hierbei der Druckunterschied zwischen zwei Kammern. So zwingt zum Beispiel eine Mitralregurgitation das Blut in der Systole aus dem linken Ventrikel mit seinem hohen Druck (ca. 120 mmHg) in das linke Atrium mit seinem deutlich niedrigeren Druck (ca. 10 mmHg). In dieser Situation wird das Blut also mit einem Druckunterschied von 110 mmHg bewegt. Dadurch kommt es zu lokalen Gewebevibrationen, die sich als ein auskultatorisch nachweisbares Herzgeräusch äußern.

Blut, das durch Shunt-Defekte strömt, verursacht jedoch nicht immer ein Herzgeräusch. Wenn sich Blut zwischen zwei Niedrigdrucksystemen bewegt, wie zum Beispiel im Falle eines Vorhofseptumdefektes, entsteht kein hörbares Herzgeräusch. Darüber hinaus gibt es einige Links-Rechts-Shunts, bei denen der hohe Druckunterschied zwischen der systemischen und der pulmonalen Zirkulation besteht. Eine chronische Überladung der rechten Seite kann mit der Zeit jedoch die rechtsseitigen Drücke soweit erhöhen bis sie die linksseitigen Drücke erreichen und schließlich sogar übersteigen, sodass es zu einer Umkehrung, also einem Rechts-Links-Shunt, kommt. Dies kann sich als eine dramatische Verschlechterung der klinischen Symptome bei gleichzeitigem Sistieren oder signifikantem Rückgang des Herzgeräusches äußern.

Was ist wichtig im Vorbericht und beim Signalement?

Selbst bei routinemäßigen Gesundheits-Checks und Impfterminen muss stets ein gründlicher Vorbericht erhoben werden. Bei Verdacht auf ein Herzgeräusch gilt die Aufmerksamkeit dabei insbesondere der kardiovaskulären Anamnese, wobei im Mittelpunkt des Interesses die Parameter Leistungsintoleranz, Ruheatemfrequenz/Atmungsanstrengung in Ruhe und jeglicher Husten stehen. Überprüft wird zudem, ob der Welpe gegen Lungenwürmer entwurmt ist und ob eine Herzwurmprophylaxe durchgeführt wird (in Ländern mit entsprechender Prävalenz). Erfragt wird darüber hinaus, ob es Anhaltspunkte für entsprechende Probleme bei den Wurfgeschwistern oder Hinweise auf Herzerkrankungen oder Herzgeräusche bei den Eltern der Welpen gibt. Wichtig ist auch die Rasse des Welpen. Das Signalement kann bereits einige hilfreiche Hinweise in Richtung der Differenzialdiagnosen geben, auch wenn es hier keine absolut gültigen Regeln gibt.

Wie diagnostiziere ich ein Herzgeräusch bei einem Hundewelpen?

Die Auskultation ist eine diagnostische Standardtechnik, deren Grundlagen wir während unseres Studiums lernen, der wir aber erst durch die tägliche praktische Anwendung den nötigen Feinschliff verleihen können. Bei Welpen kann sich die Auskultation als eine große Herausforderung erweisen, da junge Hunde nicht selten zappelig, laut und unkooperativ sind. Vielfach müssen Welpen daher zunächst beruhigt werden, um entsprechende Untersuchungen überhaupt durchführen zu können. Eine Möglichkeit besteht darin, das Tier vom Tisch hochzunehmen und es sanft im Arm zu wiegen, während man das Stethoskop an den Brustkorb hält (Abbildung 1). Oder man gibt dem Welpen etwas Futter und lässt ihn sich zusammen mit dem Besitzer entspannen, bevor ein neuer Versuch gestartet wird (nicht selten schlafen Welpen dann ein).
 

Abbildung 1. Die Herzauskultation bei einem Hundewelpen kann sich als schwierige Herausforderung erweisen. Sanftes Wiegen auf dem Arm kann zur Beruhigung des Welpen beitragen und eine genauere Beurteilung ermöglichen. © Dr Hannah M. Hodgkiss-Geere

 

Das Verständnis der Herzanatomie und der Herzphysiologie unterstützt die Lokalisierung und die zeitliche Einordnung, also das sogenannte „Timing“ von Herzgeräuschen. Bei einer gründlichen Auskultation sollten immer mehrere Punkte der Thoraxwand berücksichtigt werden (Herzbasis und Herzspitze, rechte Seite und linke Seite). Auch dies kann sich bei Hundewelpen als große Herausforderung erweisen. Für eine bessere Lokalisierung von Herzgeräuschen bei kleinen Tieren eignen sich insbesondere Stethoskope mit kleinem Bruststück (aus der Pädiatrie, Neonatologie). Eine ausführliche Auskultation sowohl mit der Membranseite als auch mit der Trichterseite eines Doppelkopf-Bruststücks ermöglicht in vielen Fällen einen deutlicheren Nachweis einer größeren Bandbreite von Tonfrequenzen.

Wie beschreibe ich ein Herzgeräusch?

Wird ein Herzgeräusch festgestellt, sollten nach Möglichkeit Grad, Lokalisation und Zeitpunkt (Timing) bestimmt werden. Diese Parameter bilden die Grundlage für die Erstellung einer Liste der Differenzialdiagnosen. Klassischerweise werden Herzgeräusche mit Hilfe eines Gradeinteilungssystems von 1 bis 6 beschrieben (Tabelle 1). Definiert wird dabei die Intensität, also die „Lautstärke“ des Herzgeräusches im Verhältnis zu den physiologischen Herztönen. Herzgeräusche 5. und 6. Grades haben ein begleitendes, palpierbares Schwirren (Fremitus, „Thrill“). Eine Palpation der Thoraxwand sollte in jedem Fall durchgeführt werden (Abbildung 2). Hierfür legt man die flachen Handflächen cranioventral an die Brust des Welpen (so, als wolle man ihn hochheben) und deckt dabei insbesondere die dorsale axilläre Region ab.
 

 

Tabelle 1. Richtlinien zur Beurteilung des Grades von Herzgeräuschen.
Grad Beschreibung
1 Intermittierend, kaum zu hören, leiser als Herztöne, sehr fokal
2 Konstant, kaum zu hören, leiser als Herztöne, fokal
3 Ebenso laut wie die Herztöne, leicht zu hören, kann fokal sein
4 Lauter als die Herztöne, leicht zu hören, ausstrahlend
5 Wie Grad 4, aber mit palpierbarem Thrill
6
Wie Grad 5, aber hörbar ohne Kontakt des Stethoskops zur Brustwand

Abbildung 2. Eine Palpation zur Abklärung eines Schwirrens („Thrill“) sollte bei allen Hundewelpen durchgeführt werden. Untersucht wird dabei insbesondere die dorsale Achselregion. © Dr Hannah M. Hodgkiss-Geere

 

Nach der Gradeinteilung des Herzgeräusches erfolgt eine Beschreibung des Punktes der maximalen Intensität, also die Lokalisierung der Stelle, an der das Geräusch am lautesten ist bzw. an dem es den höchsten Grad aufweist. Im typischen Fall verwendet man hierzu die Ortsbezeichnungen links oder rechts und dann apikal oder basal. Weiter werden Herzgeräusche anhand ihres Zeitpunktes („Timing“) innerhalb des Herzzyklus als systolisch, diastolisch oder systolisch-diastolisch (kontinuierlich) beschrieben. Zusätzlich kann auch der Charakter eines Herzgeräusches beschrieben werden (z. B. weich, hart, blasend, Plateau-artig), obgleich es sich hierbei um eher subjektive Kriterien handelt. Schließlich sollte auch die Ausstrahlung des Herzgeräusches beurteilt werden. Als besondere Herausforderung kann sich dies insbesondere in Fällen erweisen, in denen zwischen einem ausstrahlenden Herzgeräusch und einem Welpen mit zwei separaten Herzgeräuschen unterschieden werden muss. Mit Hilfe der genannten Kriterien kann nun eine finale Beschreibung des Herzgeräusches durchgeführt werden, die in erster Linie dazu dient, die Liste der Differenzialdiagnosen einzugrenzen. Zum Beispiel könnte ein klassisches Mitralregurgitationsgeräusch beschrieben werden als „linksapikales, holosystolisches Geräusch 3. Grades (3/6) mit Ausstrahlung nach kranial und über die rechte Apex“.

Welche weiteren Aspekte der klinischen Untersuchung sind wichtig?

Die Beurteilung von Herzgeräuschen ist nur ein Aspekt einer vollständigen und sorgfältigen kardiovaskulären klinischen Untersuchung. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Farbe der Schleimhäute. Bei einem gesunden Hundewelpen sind sie rosafarben und weisen eine kurze kapilläre Rückfüllzeit auf (unter zwei Sekunden). Man achtet auf Anzeichen einer Zyanose und beurteilt sowohl kraniale (Gingiva) als auch kaudale (Vulva oder Präputium) Bereiche. Kardiale Rechts-Links-Shunts verursachen eine Zyanose, und abhängig von der Lokalisation des Shunts kann eine differentielle Zyanose zu erkennen sein (siehe unten).

Im nächsten Schritt werden die Ruheatemfrequenz und die Atmungsanstrengung in Ruhe gemessen und eine Lungenauskultation durchgeführt. Auch diese Maßnahmen können sich bei einem lebhaften, zappeligen Hundewelpen als sehr schwierig erweisen. Lässt man dem Patienten aber etwas Zeit, um sich zu beruhigen (und im Idealfall einzuschlafen), kann dies die Prozedur für alle Beteiligten erheblich erleichtern.

Der Puls sollte routinemäßig bei jedem Patienten beurteilt werden. Idealerweise geschieht dies während der Herzauskultation, damit die Übereinstimmung von Puls- und Herzfrequenz überprüft werden kann. Neben der Frequenz wird der Charakter des Pulses notiert, wobei insbesondere auf einen schwachen Puls und einen hyperdynamischen, „springenden“ Puls geachtet wird (siehe unten).

Bei der Beurteilung des Abdomens achtet man insbesondere auf Organomegalien oder Aszites (Ballottement?) als mögliche Hinweise auf eine Rechtsherzinsuffizienz (Abbildung 3). Am Hals achtet man auf Hinweise für eine Erweiterung der Jugularvenen, unterstützt durch den hepatojugulären Reflux-Test (sanfte Kompression des Abdomens und gleichzeitige Beurteilung der Jugularvenen).

Dokumentiert werden darüber hinaus im Detail die Herzfrequenz und der Herzrhythmus. Der Herzrhythmus ist ein wichtiger Parameter, und jegliche zweifelhaften oder verdächtigen Befunde sollten mit einem Elektrokardiogramm (EKG) abgeklärt werden, um einen regulären, physiologischen Sinusrhythmus zu bestätigen oder eine Arrhythmie zu diagnostizieren (siehe unten).

 

Abbildung 3. Aszites bei einer Englischen Bulldogge mit hochgradiger Pulmonalstenose und Tricuspidaldysplasie. © Dr Hannah M. Hodgkiss-Geere

 

Welche weiteren diagnostischen Maßnahmen kann ich durchführen?

Vorbericht und klinische Untersuchung bilden das Fundament der initialen Diagnostik. Wichtige weiterführende Untersuchungen in der Praxis sind die Blutdruckmessung, Thoraxröntgen und ein EKG. Um eine sorgfältige echokardiographische Untersuchung sicherzustellen, empfiehlt sich die Überweisung des Patienten an einen Kardiologen, insbesondere, wenn komplexere kongenitale Anomalien vorliegen.

Wie erstelle ich Differenzialdiagnosen?

Hier folgt eine Zusammenfassung der wahrscheinlichsten Differenzialdiagnosen auf der Grundlage der Beschreibung des Herzgeräusches und seiner Lokalisation. Diese Liste ist jedoch nicht erschöpfend, und stets muss berücksichtigt werden, dass Herzgeräusche nicht immer diesen „Regeln“ folgen. Wo angemessen, folgen zusätzlich kurze Anmerkungen zur Therapie. Zu berücksichtigen ist schließlich noch, dass es sehr seltene, komplexe, kongenitale Anomalien gibt, die typischere Herzgeräusche imitieren können.

Linke Herzspitze

In der linksapikalen Region liegt die Mitralklappe. Hier strömt das Blut in der Diastole vom linken Atrium durch die Mitralklappe in den linken Ventrikel. Während der Systole schließt sich die Mitralklappe, und das Blut wird aus dem linken Ventrikel in die Aorta ausgeworfen.

Systolische Geräusche in dieser Region entstehen infolge einer Regurgitation durch die Mitralklappe. Bei einem Hundewelpen ist der zugrunde liegende Defekt mit hoher Wahrscheinlichkeit kongenitalen Ursprungs. Eine Mitralklappendysplasie gilt deshalb als die Hauptdifferenzialdiagnose. Die Prävalenz ist bei reinrassigen Hunden und Mischlingen ähnlich hoch 1, der Englische Bull Terrier und der Deutsche Schäferhund weisen jedoch eine besondere Prädisposition auf 2 3. Patienten mit Mitralklappendysplasie neigen mit höherer Wahrscheinlichkeit zu klinischen Symptomen 4 als Patienten mit anderen kongenitalen kardialen Anomalien. Hier besteht jedoch ein Zusammenhang mit dem Alter zum Zeitpunkt der Diagnose, wobei jüngere Hunde tendenziell eher weniger klinische Symptome zeigen.

Diastolische Geräusche im linksapikalen Bereich kommen selten vor und sind in der Regel schwierig einzuschätzen. Es handelt sich um Füllungsgeräusche im Zusammenhang mit der Bewegung des Blutes vom linken Atrium in den linken Ventrikel, die im Falle einer Mitralklappenstenose entstehen. Bei einer Mitralklappenstenose kann es sich um die Weiterentwicklung einer hochgradigen Mitralklappendysplasie handeln, aber auch um einen eigenständigen Defekt mit einer Verengung der Mitralklappenöffnung, die eine dramatische Erhöhung des linksatrialen Druckes hervorruft 5. Auch hier gilt der Englische Bull Terrier als prädisponiert, ebenso wie der Neufundländer. Die Prognose ist in diesen Fällen sehr schlecht, und es muss von einer reduzierten Lebenserwartung ausgegangen werden (im typischen Fall etwa 2-3 Jahre) 6.

Bei einem Hundewelpen mit Mitraldysplasie und Mitralstenose steht die Behandlung einer Herzinsuffizienz im Mittelpunkt, wenn sich diese im weiteren Verlauf der Erkrankung entwickelt. Zudem können Arrhythmien wie Vorhofflimmern entstehen, so dass zusätzlich eine therapeutische Kontrolle der Herzfrequenz mit Antiarrhythmika angezeigt sein kann.

Linke Herzbasis

Im Bereich der linken Herzbasis befinden sich die Klappenringe der Pulmonalarterie und der Aorta. Auch in dieser Lokalisation sollte das Timing der Geräusche eine Unterscheidung zwischen Ausstromgeräuschen und Regurgitationsgeräuschen ermöglichen. Systolische Geräusche entstehen durch Turbulenzen des durch den Klappenring strömenden Blutes und führen zur Verdachtsdiagnose einer Aorten- oder Pulmonalstenose.

Die Pulmonalstenose (PS) ist die bei Hunden am häufigsten auftretende kongenitale Herzerkrankung (einer jüngsten Studie zufolge 32 % aller kongenitalen Herzprobleme) 7. Im klassischen Fall stellt sich eine Pulmonalstenose auskultatorisch als ein hartes Auswurfgeräusch dar (crescendo-decrescendo). Die Ursachen einer Pulmonalstenose sind entweder fusionierte (Typ A) oder dysplastische (Typ B) Klappen, mit oder ohne hypoplastischem Anulus 8. Da eine Unterscheidung zwischen Typ A und Typ B allein auf der Grundlage der Auskultation nicht möglich ist, sollten Patienten mit Pulmonalstenose immer für eine Herzultraschalluntersuchung zum Kardiologen überwiesen werden. Pulmonalstenosen werden grundsätzlich in gering-, mittel- und hochgradig klassifiziert, wobei die letztere Kategorie eine schlechtere Langzeitprognose hat 9. Der Grad der Herzgeräusche kann zwar die Differenzierung der Hochgradigkeit einer Pulmonalstenose unterstützen, die objektive Definition des Grades erfordert jedoch eine echokardiographische Bestimmung des Druckgradienten an der Stenose. Prädisponierte Rassen sind der Boxer, Bulldoggen (Französische und Englische) und der Staffordshire Bull Terrier 7. Eine Ballonvalvuloplastie kann bei Typ-A Pulmonalstenose sehr erfolgreich sein und die Langzeitprognose verbessern, während die Aussichten ohne Valvuloplastie insbesondere in den hochgradigeren Fällen schlecht sind 10. Eine weitere Behandlungsoption ist die Gabe von Beta-Blockern (z. B. Atenolol), die jedoch abgesetzt werden sollten, sobald sich eine Herzinsuffizienz entwickelt. Eine Pulmonalstenose kann auch im Zusammenhang mit aberrant verlaufenden Koronararterien auftreten (typischerweise bei brachyzephalen Rassen). In diesen Fällen muss vor einer Ballonvalvuloplastie zunächst eine Angiographie durchgeführt werden, um sich einen Überblick über die Anatomie der Koronargefäße zu verschaffen.

Eine Fallot-Tetralogie (Pulmonalstenose, rechtsventrikuläre Hypertrophie, Ventrikelseptumdefekt und reitende Aorta) kann sich mit dem typischen Herzgeräusch einer Pulmonalstenose darstellen. Es handelt sich um eine seltene Erkrankung (etwa 1 % aller kongenitalen kardialen Anomalien) 7, deren Diagnose nicht ohne Herzultraschall gestellt werden sollte. Betroffene Welpen haben in der Regel eine vorsichtige Langzeitprognose.

Ein diagnostischer Hinweis auf eine Aortenstenose ist eine erhöhte Geschwindigkeit des Blutstromes in die Aorta, verursacht durch eine Obstruktion unmittelbar unter der Klappe (Subaortenstenose), an der Klappe (Aortenstenose) oder oberhalb der Klappe (Supraaortenstenose). Bei Hunden ist die Subaortenstenose die bei weitem häufigste Form und macht etwa 20 % aller kongenitalen Herzdefekte aus 7. Subaortenstenosen treten häufiger bei reinrassigen Hunden auf, wobei Neufundländer, Boxer, Bull Terrier, Rottweiler, Golden Retriever, Bordeaux Dogge, Irish Terrier und Bouvier des Flandres besonders prädisponiert sind 1 7. Subaortenstenosen werden auf der Grundlage der echokardiographischen Beurteilung von Druckunterschieden zu beiden Seiten der Aortenobstruktion in gering-, mittel- oder hochgradig unterteilt. Geringgradige Fälle haben eine gute Prognose und erreichen meist die normale Lebenserwartung. Patienten mit hochgradiger Aortenstenose haben dagegen eine schlechte Langzeitprognose (geschätzte mediane Überlebenszeit 19 Monate) und ein erhöhtes Risiko plötzlicher Todesfälle 11. Die Behandlung besteht aus der Gabe von Beta-Blockern, die jedoch bei Anzeichen einer Herzinsuffizienz abgesetzt werden müssen. Aus physiologischer Sicht scheinen Beta-Blocker zwar sinnvoll, es gibt aber keine Evidenzen dafür, dass sie die Langzeitprognose in hochgradigen Fällen verbessern können 12. Beschrieben wird zudem eine interventionelle Therapie mit einer schneidenden Ballonvalvuloplastie 13, der Langzeitverlauf nach diesem Eingriff ist jedoch nicht dokumentiert. Da sich der Grad einer Subaortenstenose mit dem Alter eines Welpen verändern kann, wird eine endgültige Klassifizierung in der Regel erst nach Abschluss der Skelettreife vorgenommen 14. Eine frühzeitige Überweisung zu einem Kardiologen zur Bestätigung der Diagnose sollte dies jedoch nicht verzögern, da die zeitnahe Einleitung einer Behandlung mit Beta-Blockern angezeigt sein kann.

Diastolische Geräusche über der linken Herzbasis sprechen für eine Aorten- und Pulmonalklappeninsuffizienz. Diese Klappendefekte kommen selten vor und sind meist sehr schwierig zu diagnostizieren. Bei ausreichender Hochgradigkeit können erhöhte pulmonale Drücke im Zusammenhang mit pulmonaler Hypertonie ein auskultierbares Regurgitationsgeräusch hervorrufen. In diesen Fällen sollten zunächst mögliche Ursachen einer pulmonalen Hypertonie abgeklärt werden, wie zum Beispiel ein Parasitenbefall. Aortenklappeninsuffizienz kommt selten vor und kann auf eine Aortenklappendysplasie, eine Endokarditis (sehr selten) oder eine systemische diastolische Hypertonie zurückzuführen sein.

Ein kontinuierliches Geräusch über der linken Herzbasis ist pathognomonisch für einen Ductus arteriosus persistens. Diese Erkrankung macht etwa 20 % aller kongenitalen Herzdefekte bei Hunden aus 7, wobei weibliche Tiere prädisponiert 15 und Deutsche Schäferhunde überrepräsentiert sind 7 16. Es ist sehr wichtig, dieses Herzgeräusch zuverlässig zu erkennen, da ein bedeutender Anteil betroffener Patienten durch einen chirurgischen Verschluss des Defektes wirksam „geheilt“ werden kann. Die endgültige Diagnose erfordert eine Herzultraschalluntersuchung, obgleich der Charakter des Geräusches, der springende Puls und die Thoraxröntgenaufnahmen bereits einen starken klinischen Verdacht aufkommen lassen können. Dorsoventrale Thoraxaufnahmen zeigen im klassischen Fall einen sogenannten „Dreifachbuckel“ der Herzsilhouette, bestehend aus einer Erweiterung der aufsteigenden Aorta, des proximalen Truncus pulmonalis und des linken Herzohres (Abbildung 4). Anfangs können betroffene Welpen asymptomatisch sein, mit der Zeit kommt es aber zu einer signifikanten linksseitigen Volumenüberladung, die wiederum zu einer Dilatation und einem Remodeling der linken Herzseite und erhöhten Füllungsdrücken führt. In den typischen Fällen entwickelt sich somit letztlich eine kongestive Linksherzinsuffizienz. Ohne chirurgischen Verschluss haben Patienten mit persistierendem Ductus arteriosus eine schlechte Langzeitprognose. Es kann auch ein Rechts-Links-Shunt entstehen, der im typischen Fall durch einen Verlust des zuvor nachweisbaren lauten Herzgeräusches und eine Dekompensierung der klinischen Symptome mit differentieller Zyanose, pulmonaler Hypertonie und Polycythämie gekennzeichnet ist. Der Verschluss eines persistierenden Ductus arteriosus kann von einem Kardiologen interventionell mit Hilfe speziell entwickelter Implantate durchgeführt werden. Eine Alternative ist die chirurgische Ligatur des Ductus auf dem Wege einer Thorakotomie. Dieser Zugang ist insbesondere bei Tieren angezeigt, die für einen Zugang über das Gefäßsystem zu klein sind.

 

Abbildung 4. Dorsoventrale Thoraxröntgenaufnahme eines Hundewelpen mit persistierendem Ductus arteriosus und dem klassischen „Dreifachbuckel“ der Herzsilhouette, bestehend aus einer Erweiterung im Bereich der Aorta (auf 12-1 Uhr), des Truncus pulmonalis (1-2 Uhr) und des linken Herzohres (2-3 Uhr). © Dr Hannah M. Hodgkiss-Geere

 

Rechte Herzspitze

Im Bereich der rechten Herzspitze befindet sich die Tricuspidalklappe. Herzgeräusche in dieser Region entstehen bei der Passage von Blut aus dem rechten Atrium in den rechten Ventrikel. Im typischen Fall handelt es sich um systolische Regurgitationsgeräusche im Zusammenhang mit einer Tricuspidaldysplasie. Diese Erkrankung macht etwa 3 % aller kongenitalen Herzerkrankungen bei Hunden aus, wobei der Labrador überrepräsentiert ist 7. Langfristig kann eine Tricuspidaldysplasie zu einer Rechtsherzinsuffizienz fortschreiten. Eine frühzeitige Diagnose dieses Defektes eröffnet deshalb bessere Behandlungsmöglichkeiten. Diastolische Geräusche sind aufgrund der geringen Druckunterschiede zu beiden Seiten dieser Klappe in der Regel nicht nachweisbar und deshalb ein seltener Befund.

Rechte Herzbasis

Hier befindet sich die rechte Ventrikelwand. Bei einem Herzgeräusch in dieser Region handelt es sich im typischen Fall um einen Ventrikelseptumdefekt (VSD) mit Links-Rechts-Shunt. VSD-Geräusche zeigen ein interessantes Paradoxon: Je lauter sie sind, desto kleiner und weniger klinisch signifikant ist der zugrunde liegende Defekt. Sehr kleine Defekte (restriktive VSDs) erlauben die Passage eines kleinen Blutvolumens mit hoher Geschwindigkeit und verursachen damit ein lautes Geräusch. Dagegen erlaubt ein ausgedehnter VSD die Passage eines großen Blutvolumens und damit einen Ausgleich der links- und rechtsventrikulären Drücke, so dass das Blut letztlich mit geringerer Geschwindigkeit durch den Defekt strömt und somit ein sehr viel leiseres Geräusch hervorruft. Klinische Symptome eines VSD variieren je nach Grad des Defektes, wobei kleine restriktive VSDs asymptomatisch bleiben können, während ausgedehnte VSDs mit einer hochgradigen Volumenüberlastung einhergehen und zu einer Herzinsuffizienz fortschreiten. Ventrikelseptumdefekte werden in etwa 7,5 % aller Fälle mit kongenitalen Herzanomalien festgestellt und treten häufig kombiniert mit weiteren Defekten, wie zum Beispiel einer Pulmonalstenose, auf 7.

Auch bei Patienten mit Tricuspidaldysplasie und Ventrikelseptumdefekten besteht die Therapie in erster Linie in einer Behandlung der Herzinsuffizienz, wenn sich diese im weiteren Verlauf der Erkrankung entwickelt. Darüber hinaus können sich Arrhythmien wie Vorhofflimmern entwickeln, so dass eine medikamentöse Kontrolle der Herzfrequenz mit Hilfe von Antiarrhythmika angezeigt sein kann.

„Harmlose” Herzgeräusche

An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass zahlreiche Hundewelpen „harmlose“ Herzgeräusche aufweisen können. Im typischen Fall handelt es sich um geringgradige (< 3/6), frühsystolische, „musikalische“ Geräusche in der linksapikalen oder linksbasalen Region. Es besteht kein Zusammenhang mit strukturellen Herzerkrankungen, und man geht davon aus, dass solche Geräusche infolge von Veränderungen der Blutviskosität entstehen. „Harmlose“ Geräusche sollten sich jedoch mit der Zeit zurückbilden, in der Regel im Alter von etwa 20 Wochen 17.

Schlussfolgerung

Herzgeräusche bei Hundewelpen sind ein häufiger klinischer Befund. Sie werden im typischen Fall eher als Zufallsbefunde diagnostiziert und weniger aufgrund von offensichtlichen klinischen Symptomen. Die genaue Beschreibung des Geräusches ermöglicht eine bessere Beurteilung der Differenzialdiagnosen und damit eine präzisere Diagnose und letztlich eine wirksamere Behandlung. Bei der Mehrzahl der kongenitalen Herzerkrankungen führt eine frühzeitige Diagnose zu besseren Langzeitprognosen, wobei einige dieser Erkrankungen potenziell heilbar sind. In anderen Fällen gibt es keine echten Evidenzen dafür, dass eine vorbeugende medikamentöse Therapie das Einsetzen einer Herzinsuffizienz verzögern kann. Generell wird aber empfohlen, Besitzer betroffener Tiere möglichst umfassend über die Schwere der Herzerkrankung aufzuklären. Unterstützt wird dies durch eine Überweisung des Patienten an einen Kardiologen zur Herzultraschalluntersuchung. Wird eine Herzerkrankung nach der ersten Diagnose zunächst nicht behandelt, ist das wichtigste kurzfristige Ziel eine enge Überwachung auf Hinweise für ein Fortschreiten der Erkrankung in Richtung einer Herzinsuffizienz durch eine regelmäßige Kontrolle der Leistungstoleranz, der Ruheatemfrequenz und der Atmungsanstrengung in Ruhe.

 

References

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Hannah Hodgkiss-Geere

Hannah Hodgkiss-Geere

Hannah Hodgkiss-Geere, Small Animal Teaching Hospital, University of Liverpool, Großbritannien Mehr lesen

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