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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 32.2 Kardiologie

Kardiale Biomarker bei der Katze

veröffentlicht 20/10/2022

Geschrieben von Clémence Peyron und Fanny Bernardin

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Română , Español und English

Jüngste wissenschaftliche Fortschritte zeigen, dass Biomarker die Diagnose von Herzerkrankungen bei Katzen unterstützen können. Dieser Artikel diskutiert die Anwendungsmöglichkeiten und Grenzen solcher Tests. 

Der TnI-Assay ist hilfreich, um zu bestimmen, ob eine Katze mit Dyspnoe eine primäre Herzerkrankung aufweist oder nicht

Kernaussagen

NT-proBNP ist ein Marker der Herzmuskeldehnung und der Volumenüberladung. Als Indikator der Herzmuskelfunktion kann NT-proBNP die Diagnose von Kardiomyopathien unterstützen.


Troponin I (TnI) ist ein Marker myokardialer Schäden, insbesondere ischämischer Natur. Eine TnI- Bestimmung kann die Präzisierung der Prognose bei Herzerkrankungen unterstützen, da die Serumkonzentration stark mit dem Todesrisiko korreliert.


Qualitative NT-proBNP-Schnelltests liefern unmittelbar Cage-Side-Ergebnisse bei Tieren mit Atemnot und können schnell bestätigen oder ausschließen, ob eine Dyspnoe eine kardiale Ursache hat. 


Die Bestimmung dieser beiden Biomarker liefert Tierärzten wertvolle Informationen, sie kann bildgebende Untersuchungen und weitere ergänzende Tests aber nicht ersetzen.


Einleitung

NT-proBNP und Troponin I werden in der Katzenmedizin oft als Bestandteile des Arsenals ergänzender Untersuchungen zur Abklärung der Herzfunktion oder möglicher myokardialer Läsionen genannt. Vor dem Hintergrund, dass Assays zur Bestimmung dieser beiden Biomarker in der Tiermedizin heute weithin verfügbar sind, stellen sich einige Fragen:

  • Wann sollten diese Biomarker gemessen werden?
  • Welche(r) Biomarker sollte(n) gewählt werden und warum?
  • Inwieweit korrelieren die Ergebnisse dieser Biomarker-Tests mit anderen Untersuchungen wie z. B. dem Thoraxröntgen?
  • Wie werden die Ergebnisse der Assays interpretiert?

 

Kardiale Biomarker

Bei einem Biomarker handelt es sich um eine Substanz, die als Teil des diagnostischen Prozesses zum Nachweis spezifischer Erkrankungen bestimmt wird – in diesem Fall im Rahmen der Diagnose von Herzerkrankungen. Der ideale kardiale Biomarker leistet einen Beitrag zum Screening, zur Diagnose, zur Prognose und zum Follow-up verschiedener Kardiomyopathien 1, und der entsprechende Assay sollte eine hervorragende Sensitivität (d. h., wenige falsch negative Ergebnisse) aufweisen, um einen frühen Nachweis der Erkrankung zu gewährleisten, aber auch eine gute Spezifität (d.h., wenige falsch positive Ergebnisse), um eine möglichst hohe diagnostische Verlässlichkeit zu erreichen 2.

Troponin I

Troponine sind Proteine, die an der Kontraktion und Relaxation von Herz- und Skelettmuskeln beteiligt sind. Zusammen mit Actin und Myosin befinden sich Troponine in den Myofibrillen, und kommen in drei unterschiedlichen Isotypen vor (I, T, C), abhängig von der Art des jeweiligen Muskels (Abbildung 1). Troponin I (TnI) kommt ausschließlich im Herzmuskel vor, so dass eine 100 %ige Spezifität gegeben ist, und gilt als Marker ischämischer Herzmuskelschäden. Die Plasmakonzentration von TnI steigt innerhalb von Stunden nach Eintritt einer kardialen Läsion an und erreicht ihren Peak am ersten Tag, während die Werte über die Dauer von einer Woche erhöht bleiben können (3, 4).3,4.

Struktureller Aufbau der verschiedenen Proteine

Abbildung 1. Struktureller Aufbau der verschiedenen Proteine (Actin, Myosin, Tropomyosin und Troponine I, T und C), die für die gleitende Bewegung der Filamente im Sarkomer der Herzmuskelzelle verantwortlich sind. 
Credit: Clémence Peyron/Redrawn by Sandrine Fontègne

NT-proBNP

Natriuretische Peptide (NPs) sind eine Familie von Hormonen, die das intravaskuläre Volumen regulieren und den Blutdruck kontrollieren. Sie werden von Herzmuskelzellen als Reaktion auf eine abnorme kardiomyozytäre Dehnung und eine Volumen- und/oder Drucküberladung sezerniert, können aber auch von anderen Geweben gebildet werden. Die Hauptwirkung der NPs ist gegen das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System gerichtet, das bei Herzerkrankungen hyperaktiv ist und für das kardiale Remodelling verantwortlich zeichnet. Wie der Name schon sagt, verursachen NPs eine Natriurese und beeinflussen darüber hinaus auch die Diurese, die Vasodilatation, die Diastole sowie die Gefäßpermeabilität und hemmen darüber hinaus die Multiplikation glatter Muskelzellen.

Das Brain Natriuretic Peptide oder BNP, wurde erstmals aus dem Gehirn von Schweinen isoliert, es wird aber auch von den Herzventrikeln sezerniert. Da die Serumkonzentration von BNP bei pathologischen kardialen Zuständen ansteigt, gilt das Peptid als Marker der Herzfunktion. BNP wird initial in Form eines Vorläufermoleküls sezerniert, das von Serumproteasen aufgespalten wird in C-BNP, die aktive Form, und in NT-proBNP, die inaktive Form. Aufgrund der sehr kurzen Halbwertszeit von C-BNP (90 Sekunden) wird NT-proBNP zu diagnostischen Zwecken herangezogen, das sich durch eine größere Stabilität bei der Probenentnahme und Lagerung auszeichnet 2 und eine deutlich längere Halbwertszeit von etwa 120 Minuten aufweist.

Biomarker und feline Kardiomyopathien 

Der Begriff Kardiomyopathie bezeichnet eine Erkrankung des Herzmuskels, die durch eine oder mehrere strukturelle und/oder funktionelle Anomalien des Herzmuskels gekennzeichnet ist. Die bei Katzen am häufigsten beschriebene Herzmuskelerkrankung ist die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM). Auch wenn es um die Rolle von Biomarkern bei Herzerkrankungen geht, handelt es sich bei der HCM um die in der Literatur und in Studien am häufigsten adressierte Erkrankung, und bis heute ist die Rolle von Biomarkern bei anderen Formen von Herzmuskelerkrankungen wie den restriktiven, dilatativen und unspezifischen Kardiomyopathien bei weitem weniger ausführlich untersucht 5.

Für die Untersuchung einer Katze mit Kardiomyopathie sind verschiedene diagnostische Tests und Maßnahmen erforderlich, die zum Teil komplexer und sehr spezieller Natur sind (z. B. Echokardiographie und Elektrokardiographie). Zu den Tests, die auch in der Allgemeinpraxis ohne größeren Aufwand durchgeführt werden können, gehören die Bestimmung von NT-proBNP und Troponin I, das Thoraxröntgen und die Messung des systemischen Blutdrucks. Das Management eines Patienten und die Priorisierung der unterschiedlichen ergänzenden Untersuchungen und diagnostischen Maßnahmen richten sich in erster Linie nach der individuellen Situation (z. B. eine Katze, die lediglich auf eine mögliche Herzerkrankung gescreent werden soll, hat diesbezüglich ganz andere Erfordernisse als eine Katze mit akuter Atemnot). Da sich die Anwendungsgebiete und Indikationen für NT-proBNP- und TnI-Assays zum Teil überschneiden, ist es wichtig, zu wissen, welche Aspekte genau mit jedem dieser Tests beurteilt werden können, um so ein möglichst zielgerichtetes diagnostisches Vorgehen zu gewährleisten (Tabelle 1).

Tabelle 1. Zusammenfassung der verschiedenen Anwendungen von NT-proBNP und Troponin I – Tests bei Katzen.

Quantitativer NT-proBNP-Test
Qualitativer NT-proBNP-Test 
(SNAP® Schnelltest)
Troponin I-Test
  • Unterscheidung zw. kardialem und nicht-kardialem Ursprung bei Katzen mit Dyspnoe +/- Pleuraerguss – mit Plasma oder Ergussflüssigkeit
  • Unterscheidung zw. Katzen mit subklinischer Herzerkrankung und gesunden Katzen: in Erwägung zu ziehen, wenn Herzultraschall nicht möglich ist. Ergänzende Untersuchungen sind gerechtfertigt, wenn das Resultat abnorm ist. Schließt Herzerkrankung nicht aus, wenn das Ergebnis im Referenzintervall liegt
  • Unterscheidung zw. Katzen mit okkulter HCM und gesunden Katzen 
  • Unterscheidung zw. obstruktiver und nicht-obstruktiver HCM 
  • Unterscheidung zw. HCM-Katzen mit CNE + Hypertonie und HCM-Katzen mit CNE ohne Hypertonie 
  • Unterscheidung zw. Katzen mit fortgeschrittener CNE und Katzen mit früher/intermediärer CNE 
  • Unterscheidung zw. kardialem und nicht-kardialem Ursprung bei Katzen mit Dyspnoe +/- Pleuraerguss – mit Plasma oder Ergussflüssigkeit, vorzugsweise verdünnt 
  • Unterscheidung zw. Katzen mit fortgeschrittener subklinischer Herzerkrankung und gesunden Katzen oder Katzen mit intermediärer subklinischer Herzerkrankung – höhere Sensitivität, wenn ein Herzgeräusch vorliegt. Ergänzende Untersuchungen sind gerechtfertigt, wenn das Resultat abnorm ist. Schließt Herzerkrankung nicht aus, wenn das Ergebnis im Referenzintervall liegt 
  • Unterscheidung zw. kardialem und nicht-kardialem Ursprung bei Katzen mit Dyspnoe +/- Pleuraerguss 
  • Prognostischer Wert – Zusammenhang mit kardialem Todesrisiko
  • Unterscheidung zw. Katzen mit HCM und gesunden Katzen (Screening) 
  • Unterstützt die Beurteilung des klinischen Patienten – Konzentrationen steigen mit dem Grad der HCM (gesunde Katze < Katze mit okkulter HCM < Katze mit fortgeschrittener HCM < Katze mit HCM und Thromboembolie).
  • Unterscheidung zw. kompensierter und dekompensierter HCM

 

Biomarker für Katzen mit Atemnot

Bei einer Katze mit Atemnot ist es hilfreich, möglichst schnell zu bestimmen, ob die Ursache der Dyspnoe kardialen Ursprungs ist oder nicht. Diese Erkenntnis kann unter anderem dazu beitragen, im weiteren Verlauf der Untersuchung unnötige Störungen und Belastungen dieser klinisch oft instabilen Patienten zu vermeiden. Vor einer Entnahme von Blutproben für entsprechende Tests müssen zunächst die Frage der Durchführbarkeit geklärt und das Nutzen/Risiko-Verhältnis erörtert werden (Abbildung 2). Wenn Röntgenaufnahmen aufgrund der Instabilität des Patienten in der akuten Situation nicht ratsam sind, kann ein (Cage-Side) NT-proBNP-Schnelltest wie der SNAP® Feline proBNP Test (Abbildung 3) in Erwägung gezogen werden, kombiniert (wenn möglich) mit einer Ultraschalluntersuchung des Thorax. Ein negatives Testergebnis wird dann mit ausreichender Verlässlichkeit darauf hinweisen, dass die vorliegende Dyspnoe höchstwahrscheinlich nicht-kardialen Ursprungs ist 5.

Vor der Durchführung ergänzender diagnostischer Maßnahmen kann eine Stabilisierung feliner Herzpatienten erforderlich sein

Abbildung 2. Vor der Durchführung ergänzender diagnostischer Maßnahmen kann eine Stabilisierung feliner Herzpatienten erforderlich sein, insbesondere bei Atemnot. Dazu gehören Aspekte wie ein minimales Handling und die Anwendung eines Sauerstoffkäfigs. 
Credit: Fanny Bernardin

Studien über Katzen mit Atemnot und Pleuraerguss zeigen, dass der SNAP® Feline proBNP Test mit Blutproben eine Sensitivität von 93,9-100 % und eine Spezifität von 72,2-87,5 % für die Diagnose einer kongestiven Herzinsuffizienz als Ursache der Dyspnoe hat 6,7,8. Der Test wurde darüber hinaus auch mit Pleuraergussproben durchgeführt und zeigte hierbei eine sehr gute Sensitivität (d. h., wenige falsch negative Ergebnisse), aber eine variable Spezifität mit zahlreichen falsch positiven Resultaten 6. Eine weitere Studie zeigt bessere Resultate, wenn die Pleuraergussprobe vor dem Test im Verhältnis 1:1 mit 0,9 %iger NaCl-Lösung verdünnt wurde, nämlich eine Sensitivität von 100 % und eine deutlich bessere Spezifität von 85,7 % 8. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Cage-Side SNAP® Feline proBNP Test offiziell nur für Serum oder EDTA-Plasma validiert ist.

Der SNAP Feline proBNP Test nutzt eine Technologie zum Nachweis normaler oder abnorm erhöhter proBNP-Konzentrationen im Serum oder EDTA-Plasma

Abbildung 3. Der SNAP® Feline proBNP Test nutzt eine Technologie zum Nachweis normaler oder abnorm erhöhter proBNP-Konzentrationen im Serum oder EDTA-Plasma. Der bidirektionale Durchfluss verbessert die Sensitivität (da die Probe zwei Chancen erhält, um an die Antikörper zu binden). Ein zusätzlicher Waschschritt entfernt unspezifisches, nichtgebundenes Substrat und Blutbestandteile und maximiert dadurch die Spezifität. Das Testkit wird im Kühlschrank gelagert, sämtliche Komponenten sollten vor der Durchführung des Tests aber über 30 Minuten bei Raumtemperatur liegen. Die Ergebnisse können 10 Minuten nach Durchführung aller Testschritte abgelesen werden.
Credit: Laboratoire Idexx

Der Hauptnachteil des quantitativen NT-proBNP-Assays besteht in der benötigten Zeit für den Versand der Probe zum Labor und der Dauer bis zum Vorliegen der Ergebnisse, die eine Anwendung dieses Tests in Notfallsituationen natürlich ganz erheblich einschränken kann. Dennoch handelt es sich um einen verlässlichen Test für die Unterscheidung zwischen kardialer und nicht-kardialer Atemnot 5. Zahlreiche Studien beschreiben bei Verwendung von Blutproben Sensitivitäten von 86,4-100 % und Spezifitäten von 82,4-88,9 %. Bei Verwendung unverdünnter Pleuraergussproben liegen die Sensitivitäten durchweg bei 100 % (keine falsch negativen Ergebnisse), und die Spezifitäten zwischen 76,5 und 94,4 %, abhängig vom jeweils verwendeten Schwellenwert 7,8,9.

Auch der TnI-Assay kann bei der Unterscheidung zwischen einem Patienten mit kardialer Atemnot und einem Patienten mit Atemnot aufgrund anderer Ursachen helfen (Abbildung 4). So haben Katzen mit Dyspnoe infolge einer Kardiomyopathie in der Tat signifikant höhere TnI-Konzentrationen im Blut als gesunde Katzen oder Katzen mit Dyspnoe nicht-kardialen Ursprungs 5,10. Aber ebenso wie der quantitative NT-proBNP-Assay muss auch die Analyse der TnI-Konzentration in der Regel in einem externen Labor durchgeführt werden. Dies verzögert die Ergebnisse und kann dadurch den gesamten diagnostischen Prozess verlangsamen, was sich bei Patienten, die dringend akute Hilfe benötigen, natürlich als problematisch erweisen kann.

Der TnI-Assay ist hilfreich, um zu bestimmen

Abbildung 4. Der TnI-Assay ist hilfreich, um zu bestimmen, ob eine Katze mit Dyspnoe eine primäre Herzerkrankung aufweist oder nicht.
Credit: Shutterstock

Biomarker bei Verdacht auf subklinische Kardiomyopathie 

Subklinische Kardiomyopathie wird definiert als jegliche Form einer Herzmuskelerkrankung, die bei einem Patienten nicht zu nachweisbaren klinischen Symptomen führt. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Katzen in einigen Fällen bereits eine weit fortgeschrittene Kardiomyopathie aufweisen können, bevor erste klinische Symptome auftreten, und dass betroffene Katzen über lange Zeit asymptomatisch bleiben können, bevor sich ihr Zustand plötzlich verschlechtert. In den meisten dieser Fälle ist dann das plötzliche Auftreten einer akuten Atemnot der Anlass für den Tierarztbesuch und für weiterführende Untersuchungen. Bei Individuen mit erhöhtem Risiko für Herzerkrankungen oder in Fällen, in denen die Auskultation auf eine mögliche kardiale Anomalie hinweist, kann der frühzeitige Nachweis einer Kardiomyopathie die zeitnahe Einleitung einer geeigneten Behandlung ermöglichen, mit deren Hilfe der Beginn einer Dekompensation hinausgeschoben werden kann. Aus diesem Grund sind nicht-invasive diagnostische Techniken für die Anwendung vor Ort in der Allgemeinpraxis sehr hilfreich und verwenden in erster Linie kardiale Biomarker wie NT-proBNP oder TnI.

Qualitative Point-of Care-Schnelltests sind weniger nützlich, wenn das Ziel ein Screening ist, um herauszufinden, ob der Patient als gesund betrachtet werden kann oder in die Kategorie der subklinischen Kardiomyopathie eingeordnet werden muss. In subklinischen Situationen liegt der größte Wert von Biomarkern in der Unterscheidung zwischen Katzen mit fortgeschrittener Kardiomyopathie und gesunden Katzen oder Katzen mit geringgradiger Kardiomyopathie 5. In einer Studie über scheinbar gesunde Katzen, die für ein Screening vorgestellt wurden, zeigte der SNAP® Feline NT-proBNP Test eine Sensitivität von 43 % (d.h., zahlreiche falsch negative Ergebnisse) und eine Spezifität von 96 % (wenige falsch positive Ergebnisse). Die Sensitivität stieg auf 71 % bei einer Spezifität von 92 %, wenn nur asymptomatische Katzen mit nachweisbarem Herzgeräusch eingeschlossen wurden. Diese Beobachtungen legen nahe, dass ein positiver SNAP® Test wahrscheinlich mit einer Kardiomyopathie assoziiert ist, und dann weiterführende diagnostische Maßnahmen rechtfertigt, wie zum Beispiel eine Herzultraschalluntersuchung, während ein negatives Schnelltestergebnis das Vorhandensein einer Kardiomyopathie auf der anderen Seite nicht ausschließen kann 11.

Clémence Peyron

Ein negativer SNAP® Test wird mit ausreichender Verlässlichkeit darauf hinweisen, dass die Dyspnoe höchstwahrscheinlich nicht-kardialen Ursprungs ist.

Clémence Peyron

Die quantitative NT-proBNP-Bestimmung ist hilfreich bei der Untersuchung eines Patienten mit potenzieller Kardiomyopathie, insbesondere, wenn eine Herzultraschalluntersuchung nicht möglich ist. Nicht zu empfehlen ist dieser Test dagegen, wenn das Ziel eine Differenzierung zwischen einer gesunden Katze und einer Katze mit HCM im Frühstadium ist. Zwar steigt die Plasmakonzentration von NT-proBNP mit zunehmendem Schweregrad der Herzschädigung, aufgrund des Überlappens von Werten zwischen verschiedenen Gruppen ist eine klare Gradeinteilung von Kardiomyopathien (geringgradig, mittelgradig, hochgradig) allein auf der Basis der NT-proBNP-Resultate jedoch nicht möglich 5. Hinzu kommt, dass ein innerhalb des üblichen Referenzintervalls liegender Wert nicht den Rückschluss zulässt, dass der Patient gesund ist, insbesondere dann nicht, wenn eine Kardiomyopathie im Frühstadium vorliegt. Und darüber hinaus kann aufgrund eines solchen Ergebnisses im Referenzbereich nicht prognostiziert werden, dass dieser Patient nie eine Kardiomyopathie entwickeln wird. Bei einem Patienten mit starkem klinischem Verdacht auf eine entsprechende Herzerkrankung schließt ein „normales“ Ergebnis die Notwendigkeit weiterer ergänzender Untersuchungen, zum Beispiel einer Echokardiographie, nicht aus. Auf der anderen Seite sollte ein abnormes Ergebnis immer Anlass für weiterführende Untersuchungen sein 5. Eine Studie zeigt jedoch, dass mit Hilfe einer quantitativen NT-proBNP-Bestimmung zwischen Katzen mit okkulter HCM und gesunden Katzen unterschieden werden kann, sowie zwischen Katzen mit obstruktiver HCM und Katzen mit nicht-obstruktiver HCM. Dieselbe Studie fand darüber hinaus eine Korrelation zwischen NT-proBNP und TnI sowie eine Korrelation zwischen NT-proBNP und verschiedenen echokardiographischen Markern 12.

Die Bestimmung der TnI-Konzentration kann für die Identifizierung von Katzen mit subklinischer HCM in Betracht gezogen werden, vorausgesetzt, es wird ein Assay mit sehr hoher Sensitivität angewendet 5. Betroffene Katzen weisen höhere TnI-Konzentrationen im Serum auf als gesunde Katzen, und die Höhe der Konzentrationen korreliert mit der gemessenen Dicke der linksventrikulären freien Wand. Interessanterweise differieren TnI-Konzentrationen im Serum in signifikantem Maße zwischen verschiedenen Gruppen (gesunde Katzen, geringgradige HCM, mittelgradige HCM, hochgradige HCM, Vorhandensein oder Fehlen eines arteriellen Thrombus, dekompensiert vs. kompensiert etc.), und stiegen mit zunehmendem Schweregrad der HCM an 13,14. Eine Studie fand heraus, dass ein Tnl-Schwellenwert von 0,06 ng/ml zwischen gesunden Katzen und Katzen mit subklinischer HCM unterscheiden konnte, und dies mit einer Sensitivität von 87,8 % und einer Spezifität von 95,4 %. Die Sensitivität erreicht 100 % (bei gleicher Spezifität von 95,4 %), wenn der genannte Schwellenwert für eine Unterscheidung zwischen gesunden Katzen und Katzen mit weit fortgeschrittener subklinischer HCM verwendet wurde 15. Zu beachten ist jedoch, dass die Sensitivitäten und die Spezifitäten je nach Studie, je nach Ziel der Studie und je nach verwendetem Schwellenwert variieren.

Biomarker zur Überwachung feliner Kardiomyopathien

Es gibt nur wenige Studien über die Anwendung dieser beiden Biomarker im Rahmen des Follow-ups bei Katzen mit Kardiomyopathien, denn meist wird ihr Einsatz als einer der Schritte im diagnostischen Prozess beschrieben. Untersuchungen zufolge hat TnI einen gewissen prognostischen Wert, wobei erhöhte Plasmakonzentrationen mit einem erhöhten kardialen Todesrisiko einhergehen, insbesondere bei Katzen mit HCM, und zwar unabhängig vom Vorhandensein einer kongestiven Herzinsuffizienz oder einer linksatrialen Dilatation 5,16,17. Regelmäßige Messungen des TnI im Rahmen des Follow-ups sind jedoch nur von mäßigem Wert und liefern letztlich nur wenige zusätzliche Informationen 17.

Fanny Bernardin

TnI hat Untersuchungen zufolge einen prognostischen Wert, wobei erhöhte Plasmakonzentrationen mit einem erhöhten kardialen Todesrisiko einhergehen, insbesondere bei Katzen mit HCM.

Fanny Bernardin

Biomarker bei nicht-kardialen Erkrankungen

Da TnI über die Nieren ausgeschieden wird, können Katzen mit chronischer Nierenerkrankung (CNE) erhöhte TnI-Werte aufweisen, auch ohne Kardiomyopathie 15,18. Eine hochgradige Einschränkung der respiratorischen oder renalen Funktion kann zudem zu einer erhöhten NT-proBNP-Konzentration führen und somit die Wahrscheinlichkeit falsch positiver Diagnosen von Herzerkrankungen in diesen Situationen erhöhen 19. Katzen mit CNE und Hypertonie weisen höhere NT-proBNP-Konzentrationen auf als gesunde Katzen oder Katzen mit CNE ohne begleitende Hypertonie. Und auch bei Katzen mit fortgeschrittener CNE sind die NT-proBNP-Konzentrationen höher als bei Katzen in anderen Stadien einer Nierenerkrankung. NT-proBNP scheint daher ein potenzieller Marker für einen erhöhten systemischen Blutdruck zu sein. Allerdings unterschieden sich die NT-proBNP-Konzentrationen bei Katzen mit gering- bis mittelgradig fortgeschrittener CNE nicht signifikant von denen gesunder Katzen.

Bei Hunden wurde der mögliche prognostische Wert von TnI in kritischen Situationen wie Magendrehung, Systemic Inflammatory Response Syndrome (SIRS), Multiorganversagen oder Babesiose (mit Nachweis einer sekundären Myokarditis) untersucht. Für Katzen fehlen ähnliche Studien und Daten jedoch, insbesondere in Situationen wie SIRS, Toxinexposition, Hypoxie, Anämie und Hyperthermie 4.

Schlussfolgerung

NT-proBNP und TnI sind integrale Bestandteile des ergänzenden diagnostischen Arsenals für die Abklärung der Herzfunktion und möglicher kardialer Läsionen bei Katzen. Wenn die Testergebnisse vorliegen, dürfen aber keine überhasteten Rückschlüsse gezogen werden. Vielmehr sind diese Resultate stets als Teile eines Puzzles zu betrachten und sollten systematisch in Kombination mit den Ergebnissen anderer ergänzender diagnostischer Maßnahmen interpretiert werden, wobei hier an erster Stelle die Herzultraschalluntersuchung zu nennen ist. Ergänzende Tests und die kritische Interpretation ihrer Resultate im Lichte der Befunde der klinischen Untersuchung und der Informationen aus dem Vorbericht führen letztlich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer fundierten Diagnose.

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Clémence Peyron

Clémence Peyron

Dr. Peyron schloss ihr Tiermedizinstudium 2007 an der Tierärztlichen Hochschule Lyon in Frankreich ab, bildete sich über ein Jahr an der tierärztlichen Klinik Aquivet in der Nähe von Bordeaux fort und absolvierte anschließend eine European College Residency für Companion Animal Internal Medicine, die sie im Jahr 2013 abschloss Mehr lesen

Fanny Bernardin

Fanny Bernardin

Dr. Bernardin schloss ihr Tiermedizinstudium 2007 an der Tierärztlichen Hochschule Maison Alfort, Frankreich ab, absolvierte ein Internship in den USA und schließlich ein Internship in Companion Animal Medicine and Surgery an der Universität Montreal. Ihr Interesse für Innere Medizin führte sie 2009 zurück nach Frankreich, wo sie ein Internship in Innerer Medizin absolvierte und das Certificate of Advanced Veterinary Studies (CEAV) in Innerer Medizin errang Mehr lesen

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