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Die Pyodermie des Hundes: ein mehrstufiger Therapieansatz

veröffentlicht 03/05/2024

Geschrieben von Jason B. Pieper

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Português , Español und English

Unser Wissen über die Pyodermie bei Hunden entwickelt sich stetig weiter. Dieser Artikel beschäftigt sich mit aktuellen Überlegungen zur Herangehensweise an solche Fälle.

Intrazelluläre Paare oder Cluster von Kokken in Neutrophilen

Kernaussagen

Pyodermie ist eine bakterielle Infektion der Haut, die sich akut in Form von Papeln, Pusteln, Krusten und epidermalen Collarettes oder chronisch als Alopezie, Hyperpigmentierung und Ulzeration äußert.


Die Prävalenz Methicillin-resistenter Staphylococcus pseudintermedius hat in den letzten zehn Jahren signifikant zugenommen und erfordert künftig die vermehrte Berücksichtigung der Leitlinien des Antimicrobial Stewardship.


Die einer systemischen Therapie äquivalente topische Therapie stellt die bevorzugte Behandlung bei oberflächlicher Pyodermie dar, um die systemische Antibiotikaexposition zu reduzieren.


Die systemische Therapie einer Pyodermie sollte nach einem Stufensystem erfolgen, wobei Antibiotika der 1. Wahl als empirische Therapie eingesetzt werden, und Antibiotika der 2. Wahl nur dann, wenn die Kultur eine Empfindlichkeit anzeigt.


Einleitung

Bei einer Pyodermie handelt es sich um eine bakterielle Infektion der Haut, die je nach betroffener Hautschicht im Allgemeinen in eine oberflächliche und eine tiefe Kategorie unterteilt wird. Zu den typischen klinischen Effloreszenzen einer oberflächlichen Pyodermie gehören erythematöse Papeln und Pusteln (Abbildung 1), die sich um Haarfollikel zentrieren können. Häufig sind auch honigfarbene bis braun gefärbte Krusten (Abbildung 2) auf der Haut vorhanden und können an den Haarschäften haften. Weitere oft zu beobachtende Befunde sind epidermale Collarettes (Abbildung 3), die sich als ringförmige Schuppenbildung darstellen. In chronischeren Fällen sind Alopezie, Hyperpigmentierung und Ulzerationen festzustellen (Abbildung 4). Eine tiefe Pyodermie manifestiert sich klinisch in Form von Ulzera und Fistelgängen (Abbildung 5) 1.

Papel und Pustel auf der Haut eines Hundes

Abbildung 1. In der Mitte der Abbildung befindet sich eine Pustel, unten rechts eine Papel.
© Jason B. Pieper

Ursächliche Erreger

Im Wesentlichen stellen die mit einer Pyodermie assoziierten Bakterien eine Überwucherung der normalen Flora des Patienten dar. Bei den am häufigsten im Zusammenhang mit einer Pyodermie festgestellten Bakterien handelt es sich um Koagulase-positive Staphylokokken-Spezies. Aus dieser Gruppe ist S. pseudintermedius bei Hunden am häufigsten anzutreffen. S. aureus, ein weiterer Koagulase-positiver Organismus, der in diesem Zusammenhang ebenfalls als pathogenes Bakterium identifiziert wird, kommt dagegen häufiger bei Katzen vor. Untersuchungen zufolge ist S. schleiferi die zweithäufigste Bakterienspezies bei der caninen Pyodermie. Ein besonderer Aspekt dieses Erregers ist, dass es sich um eine Koagulase-variable Spezies handelt, die in einigen Berichten als Koagulase-positiv identifiziert wird und in anderen als Koagulase-negativ 2. Historisch wurden Koagulase-negative Staphylococcus spp. als nicht-pathogen betrachtet, neuere Berichte weisen jedoch darauf hin, dass auch Bakterien aus dieser Gruppe (zu denen S. epidermidis, S. xylosus und S. haemolyticus 1,3,4 gehören) pathogen sein können. Gelegentlich werden auch Streptococcus canis, Pseudomonas aeruginosa, Corynebacterium auriscanis, Escherichia coli und Proteus spp. als kausale Bakterien bei Hunden mit Pyodermie nachgewiesen 1.

Große Kruste mit eingebetteten Haaren

Abbildung 2. Eine ausgedehnte Kruste mit eingebetteten Haaren, typisch für eine oberflächliche Pyodermie.
© Jason B. Pieper

Antimikrobielle Resistenz

Bakterien entwickeln sich ständig weiter und bilden Resistenzmechanismen oder genetische Mutationen aus. So ist zum Beispiel Staphylococcus spp. gut bekannt für einige spezifische genetische Mutationen zur Umgehung der Wirkung von Antibiotika. Eine häufige Mutation, die in 80-94 % der Fälle von S. pseudintermedius festgestellt wird, ist die blaZ-Genmutation, die für eine Resistenz gegenüber Beta-Lactame verantwortlich ist. Die Folge ist, dass Wirkstoffe wie Amoxicillin, Ampicillin und Penicillin nicht wirksam sind. Amoxicillin kann in diesen Fällen aber immer noch wirksam sein, wenn es entsprechend potenziert wird, zum Beispiel mit Clavulansäure 5,6

Epidermiskollarette mit Erythem und Schuppen

Abbildung 3. Eine epidermale Collarette mit Erythem und Schuppenbildung in der Peripherie sowie zentraler Hyperpigmentierung.
© Jason B. Pieper

Ein noch größeres Problem in der Veterinärmedizin stellt insbesondere aus der One-Health-Perspektive die Mutation des mecA-Gens dar. Dieses Gen kodiert für ein verändertes Penicillin-Bindungsprotein (PBP2a) mit geringer Affinität zu allen β-Lactamen, einschließlich Penicillinen, Cephalosporinen und Carbapenemen. Die Folge ist, dass β-Lactame nicht an die bakterielle Zellwand binden können, um den Organismus über ihre hemmende Wirkung auf die Zellwandsynthese abzutöten. Staphylokokken mit dieser genetischen Mutation werden als Methicillin-resistente Staphylokokken (MRS) bezeichnet, wobei die Bezeichnung der jeweiligen betroffenen Staphylokokkenspezies hinten angehängt wird, z. B. Methicillin-resistenter Staphylococcus pseudintermedius (MRSP) und Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) 2,7. Die neu entwickelte Generation von Cephalosporinen mit Wirksamkeit gegen MRSA sollte aber als Reserveantibiotika der Humanmedizin vorbehalten bleiben. Häufig exprimieren Methicillin-resistente Staphylokokken eine Resistenz gegenüber einer Kombination weiterer antibiotischer Arzneistoffe, darunter Aminoglykoside, Chloramphenicol, Fluoroquinolone, Lincosamide, Tetracycline, potenzierte Sulfonamide und Rifampicin. In diesen Fällen spricht man dann von multiresistenten Erregern oder MDR-Erregern (MDR = Multidrug resistant), wenn Resistenzen gegen zwei weitere antibiotische Klassen vorliegen, bzw. von XDR-Erregern, also „extrem arzneimittelresistenten Erregern“, wenn Resistenzen gegen alle außer zwei oder weniger antibiotische Klassen vorliegen 2,7.

Chronische oberflächliche Pyodermie mit mäßiger Hyperpigmentierung, Krusten und multifokalen Ulzerationen

Abbildung 4. Chronische oberflächliche Pyodermie mit mittelgradiger Hyperpigmentierung auf der linken Seite der Abbildung und einigen Krusten im Fell. Zusätzlich sind multifokale Ulzerationen zu erkennen.
© Jason B. Pieper

Prävalenz und Risikofaktoren

MRSP wurden bei Tieren erstmals im Jahr 2005 in Belgien festgestellt 8, und seitdem in den meisten, wenn nicht sogar in allen Ländern bei Tieren nachgewiesen. Die Prävalenz von MRSP weist jedoch erhebliche geografische Schwankungen auf, was unter anderem auf unterschiedliche Leitlinien des Antimicrobial Stewardship (Strategien zur Sicherstellung eines rationalen Antibiotikaeinsatzes) zurückzuführen sein könnte und möglicherweise auch auf unterschiedliche Beschränkungen für den Einsatz von Antibiotika. Im Jahr 2011 wurden MRSP-Raten von 0-4,5 % bei Hunden insgesamt und von bis zu 7 % bei Hunden mit Hauterkrankungen dokumentiert. Zu diesem Zeitpunkt erwiesen sich je nach Land zwischen 30 und 66 % der untersuchten S. pseudintermedius-Isolate als Methicillin-resistent 9. Eine jüngste Studie in den Vereinigten Staaten zeigt, dass die Prävalenz von S. pseudintermedius-Isolaten mit Resistenz gegen Oxacillin (eine Determinante für Methicillin-Resistenz) zwischen 2010 und 2021 statistisch signifikant angestiegen ist 10, während eine andere US-Studie einen Anstieg von MRSP von 28 % im Jahr 2010 auf 80 % im Jahr 2020 zeigt 11. Weltweit hat die Prävalenz dieser resistenten Erreger in den letzten 10 Jahren signifikant zugenommen.

Bei der Untersuchung von Risikofaktoren stellte eine Studie fest, dass Hunde, die innerhalb des vorangegangenen Monats mit Antibiotika behandelt worden waren, ein höheres Risiko für MRSP aufweisen als für Methicillin-empfindliche Staphylococcus pseudintermedius (MSSP) 5. Eine weitere Studie zeigt, dass Tiere, denen im Vorjahr Antibiotika verabreicht worden waren, ein erhöhtes Risiko für eine Multiresistenz aufweisen 11. Die Entwicklung von MRSP wurde zudem mit einer vorangegangenen Fluoroquinolon-Exposition in Verbindung gebracht 12.

Tiefe Pyodermie mit serös-blutigem Ausfluss

Abbildung 5. Tiefe Pyodermie mit ulzeriertem Bereich und blutig-serösem Sekret.
© Jason B. Pieper

Diagnose

Zytologie

Der einfachste und effizienteste Weg zur Diagnose einer Pyodermie ist eine zytologische Untersuchung der klinischen Effloreszenzen (Pusteln, Krusten, epidermale Collarettes). Hierfür gibt es eine ganze Reihe verschiedener Möglichkeiten, darunter die direkte Abklatschmethode, die Tesafilm-Methode, die Wattestäbchen-Methode und die Slurry-Technik (vorsichtiges Suspendieren trockenen Probenmaterials in einem Tropfen physiologischer Kochsalzlösung) 13. Die Wahl der Entnahmetechnik hängt in erster Linie von den Merkmalen der zu beprobenden Effloreszenz ab. So lassen sich beispielsweise Pusteln und Ulzerationen leicht mit der direkten Abklatschmethode beproben, da Exsudat, also feuchtes Material, vorhanden ist. Bei Krusten und epidermalen Collarettes kann aufgrund der trockenen Beschaffenheit des Probenmaterials die Klebebandtechnik (Tesafilm-Methode) eine bessere Option sein. Beim mikroskopischen Nachweis von Entzündungszellen gemeinsam mit Bakterien (Abbildung 6) ist eine Pyodermie wahrscheinlich, und wenn Entzündungszellen mit intrazellulären Kokken nachzuweisen sind (Abbildung 7), gilt die Diagnose Pyodermie als bestätigt 1.

Bakterielle Kultur

Wenn der Patient auf eine empirische antibiotische Therapie nicht anspricht, ist eine Bakterienkultur mit Empfindlichkeitstest erforderlich, um das im Einzelfall geeignete systemische Antibiotikum zu ermitteln. Generell ist es nie falsch, bei einer Pyodermie auch eine Kultur anzulegen, es gibt aber einige Kriterien, die eine kulturelle Untersuchung unabdingbar machen. Nach den aktuellen Empfehlungen sollten Bakterienkulturen und Empfindlichkeitstests in folgenden Situationen in die Wege geleitet werden: 

  1. Ein weniger als 50%iger Rückgang der Effloreszenzen innerhalb von zwei Wochen nach Einleitung einer geeigneten systemischen antibiotischen Therapie;
  2. Das Auftreten neuer klinischer Effloreszenzen (Papeln, Pusteln, epidermale Collarettes, Krusten) zwei oder mehr Wochen nach Einleitung einer geeigneten antibiotischen Therapie bei zytologisch bestätigter Diagnose einer Pyodermie; 
  3. Das Vorhandensein klinischer Effloreszenzen nach sechswöchiger antimikrobieller Therapie bei zytologisch bestätigter Diagnose einer Pyodermie; 
  4. Der Nachweis intrazellulärer stäbchenförmiger Bakterien bei der zytologischen Untersuchung; 
  5. Ein Vorbericht über eine vorangegangene multiresistente Infektion beim Patienten oder bei einem anderen Tier im selben Haushalt 1

Pusteln sind die idealen Effloreszenzen für eine zytologische Probenahme, da sie aufgestochen und mit einem Kulturtupfer beprobt werden können. Auch unter Krusten ist die Probenahme mit einem Kulturtupfer eine gute Option, wenn entsprechend geeignetes eitriges Exsudat vorhanden ist. Ist die Effloreszenz dagegen vollständig trocken, wie zum Beispiel im Falle einer Kruste oder einer epidermalen Collarette, empfiehlt es sich, den Tupfer zunächst mit physiologischer Kochsalzlösung anzufeuchten, bevor er über die zu beprobende Hautstelle gerieben oder gerollt wird. Es hat sich gezeigt, dass mit Hilfe dieser Methode eine höhere Anzahl von Bakterien gewonnen werden kann als mit einem vollständig trockenen Tupfer 14. Bei keiner der oben genannten Probenentnahmetechniken ist eine Oberflächendesinfektion erforderlich. Soll dagegen eine Biopsie der Haut für eine Gewebekultur durchgeführt werden, wird empfohlen, die Hautoberfläche entsprechend zu reinigen, um Kontaminanten zu entfernen 1.

Mikroskopische Aufnahme mit Verdacht auf Pyodermie

Abbildung 6. In dieser mikroskopischen Aufnahme sind einige extrazelluläre Paare oder Cluster von Kokken zu erkennen, die den Verdacht auf eine Pyodermie nahelegen (x1000).
© Jason B. Pieper

Intrazelluläre Paare oder Cluster von Kokken in Neutrophilen: Verdacht auf Pyodermie

Abbildung 7. In dieser mikroskopischen Aufnahme erkennt man eine große Zahl intrazellulärer Paare oder Cluster von Kokken in neutrophilen Granulozyten, ein Befund, der die Diagnose einer Pyodermie bestätigt (x1000).
© Jason B. Pieper

Behandlung

Die Behandlung einer oberflächlichen Pyodermie erfolgt entweder topisch oder systemisch oder mit einer Kombination aus beiden Verfahren. Angesichts der Zunahme antibiotischer Resistenzen wird immer häufiger der vermehrte Einsatz topischer Therapien anstelle systemischer Antibiotika befürwortet 10. Bei der Behandlung der caninen oberflächlichen Pyodermie ergab eine Studie keinen Unterschied zwischen einem systemischen Antibiotikum (Amoxicillin-Clavulansäure) und einem topischen Chlorhexidin-Shampoo und einer Chlorhexidin-Lösung über einen Zeitraum von vier Wochen 15

Topische Therapie

In der Vergangenheit wurde die topische Therapie bei der Behandlung von oberflächlicher Pyodermie eher vernachlässigt 1. Die topische Behandlung hat jedoch unter anderem den Vorteil, dass höhere Wirkstoffkonzentrationen am Wirkort erreicht werden als dies bei systemischer Applikation möglich ist. Da das topische Therapeutikum direkt auf die Haut aufgetragen wird, unterliegt die Wirkstoffkonzentration auch keiner Reduzierung durch den Stoffwechsel des Patienten. Bei den Überlegungen hinsichtlich des Einsatzes einer topischen Therapie müssen zwei zentrale Fragen beantwortet werden; 

  1. Welcher Wirkstoff soll verwendet werden? 
  2. Und Welche pharmakologische Formulierung ist für die gegebene Situation ideal geeignet? 

Chlorhexidin ist weithin zugänglich und der in diesem Zusammenhang am häufigsten angewendete topische Wirkstoff. Erhältlich ist Chlorhexidin in verschiedenen Konzentrationen (2-4 %) und wird in einigen Produkten mit einem Antimykotikum wie Miconazol, Ketoconazol oder Climbazol kombiniert. Studien zeigen, dass die Höhe der Chlorhexidin-Konzentration nicht direkt mit der Wirksamkeit korreliert. So ist z. B. ein 4%iges Chlorhexidin-Shampoo einem Shampoo mit 2 % Chlorhexidin/2 % Miconazol in der Wirkung nicht überlegen. Zudem hat sich gezeigt, dass Chlorhexidin bei der Behandlung von MRSP und MSSP gleichermaßen wirksam ist, und obwohl auch Resistenzen gegenüber Chlorhexidin diskutiert werden, liegen bislang keine Hinweise darauf vor, dass es sich hierbei um ein klinisch relevantes Problem handelt 16.

Benzoylperoxid und Ethyllactat sind nach Chlorhexidin die am häufigsten verwendeten topischen Wirkstoffe. Benzoylperoxid hat sich bei der Behandlung von oberflächlicher Pyodermie als wirksam erwiesen. Zur Verfügung steht aber nur eine begrenzte Auswahl entsprechender Formulierungen, und in verschiedenen Berichten werden unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich des Behandlungserfolges beschrieben. Zu beachten ist dabei, dass für den Nachweis der tatsächlichen Wirksamkeit von Benzoylperoxid in-vivo-Studien erforderlich sind, da durch die Wechselwirkung des Moleküls mit der Haut hochreaktive Sauerstoffradikale entstehen, die sehr wirksam gegen Bakterien sind. Ethyllactat ist dem Benzoylperoxid in vielerlei Hinsicht ähnlich, aber auch hier sind entsprechende Formulierungen nur in begrenztem Maße verfügbar, und auch bei Ethyllactat sind in-vivo-Studien erforderlich, um die tatsächliche Wirksamkeit dieses Inhaltsstoffs nachzuweisen, da für die Hydrolyse von Ethyllactat zu Ethanol und Milchsäure eine entsprechende Wechselwirkung mit der Haut erforderlich ist 16

Zu den neueren Wirkstoffen, die sich bei der Behandlung der oberflächlichen Pyodermie als erfolgreich erwiesen haben, gehören Natriumhypochlorit, beschleunigtes Wasserstoffperoxid, Silberverbindungen und ätherische Öle sowie Pflanzenextrakte. Verdünnte Bleiche mit dem Wirkstoff Natriumhypochlorit hat sich in der Vergangenheit als wirksam gegen S. pseudintermedius erwiesen 16 und scheint bei gesunden Hunden in einer Verdünnung von 0,005 % auf der Haut gut verträglich zu sein 17. In einigen Ländern ist Natriumhypochlorit in Kombination mit Salicylsäure in Form eines Shampoos erhältlich. Beschleunigtes Wasserstoffperoxid hat sich ebenfalls als wirksam erwiesen und ist als Shampoo erhältlich. Silberverbindungen sind attraktive Inhaltsstoffe, wenn sie in Kombination mit anderen Produkten wie Chlorhexidin angewendet werden, wobei mehrere Formulierungen erhältlich sind. Einige ätherische Öle und Pflanzenextrakte werden topischen Produkten zugesetzt, um die Resolution einer Pyodermie bzw. deren Prävention zu unterstützen 16.

Für die topische Therapie steht eine Vielzahl verschiedener Formulierungen zur Verfügung, darunter Shampoos, Sprays, Wischtücher, Schäume (Mousses), Spülungen, Conditioner, Gele, Cremes und Salben. Die Wahl der am besten geeigneten Darreichungsform hängt unter anderem vom Ausmaß bzw. der Ausdehnung der Erkrankung ab, also davon, ob es sich um ein generalisiertes, lokalisiertes oder fokales Geschehen handelt. Bei generalisierter Erkrankung sind Shampoos, Sprays, Schäume, Spülungen und Conditioner ideale Darreichungsformen. Für lokalisierte oder fokale Effloreszenzen sind Tücher, Gele, Cremes und Salben gut geeignete Optionen. Shampoos sind die bei weitem gebräuchlichste Formulierung mit der größten Vielfalt an unterschiedlichen Wirkstoffen. Shampoos, Sprays und Schäume werden in der Regel 2-3 Mal pro Woche und bis zu sieben Tage über die Resolution der Effloreszenzen hinaus angewendet. Shampoos sollten erst nach zehnminütiger Einwirkzeit ausgespült werden. Wischtücher, Gele, Cremes und Salben sollten täglich angewendet werden 1.

Eine in letzter Zeit sowohl bei tiefer als auch bei oberflächlicher Pyodermie eingesetzte neuere Technologie ist die Fluoreszenzbiomodulation mittels Fluoreszenzlichtenergie (FLE). Bei dieser Technologie wird fluoreszierendes Licht mit Chromophoren in einem Gel kombiniert. Dabei werden Photonen mit unterschiedlichen Wellenlängen erzeugt, die tiefer in die Haut eindringen und dort die biologische Aktivität beeinflussen, die Hautregeneration fördern und die antimikrobielle Aktivität erhöhen. Als Monotherapie besitzt dieses neue Verfahren nachweislich eine mit der systemischen antibiotischen Therapie vergleichbare Wirksamkeit, was die Resolution klinischer Effloreszenzen und eine Verkürzung der erforderlichen Behandlungsdauer betrifft 18.

Systemische Therapie

Eine systemische antibiotische Therapie wird bei oberflächlicher Pyodermie derzeit über eine Dauer von 21 Tagen oder eine Woche über die Resolution der klinischen Effloreszenzen hinaus empfohlen, während bei tiefer Pyodermie eine Behandlungsdauer von sechs Wochen oder zwei Wochen über die Resolution der klinischen Effloreszenzen hinaus veranschlagt wird. Diese Empfehlungen werden gegenwärtig aber weiter geprüft und könnten sich in Zukunft durchaus ändern. Eine tiefe Pyodermie erfordert in jedem Fall eine systemische Therapie, da es unwahrscheinlich ist, dass die infizierten Areale mit einer topischen Behandlung erreicht werden. In Anbetracht der weltweiten antibiotischen Resistenzproblematik ist das Antimicrobial Stewardship auch in der Veterinärmedizin ein zentraler Aspekt. Aus diesem Grund wurden Leitlinien für die stufenweise Auswahl antibiotischer Wirkstoffe bei oberflächlicher Pyodermie entwickelt (Tabelle 1). Antibiotika der ersten Wahl („First-Line“) werden als empirische Therapie empfohlen, wenn keine bakterielle Kultur durchgeführt wurde. Cephalosporine der dritten Generation werden in eine Grauzone zwischen erster und zweiter Wahl eingeordnet. Grund hierfür sind Befürchtungen einer verstärkten Selektion in Richtung antimikrobieller Resistenzen bei Gram-negativen Erregern an verschiedenen voneinander entfernt liegenden Körperlokalisationen. Antibiotika der zweiten Wahl („Second-Line“) sollten nicht ohne Kultur mit entsprechendem Empfindlichkeitstest angewendet werden. Und Antibiotika der dritten Wahl („Third-Line“) sollten nur dann eingesetzt werden, wenn es keine andere Möglichkeit zur Behandlung der vorliegenden Infektion gibt, da sie aufgrund ihrer essenziellen Bedeutung für die Gesundheit des Menschen der Humanmedizin vorbehalten bleiben. Da oberflächliche Pyodermien topisch behandelt werden können, wird die Anwendung von Antibiotika der dritten Wahl in diesen Fällen nicht empfohlen. Die einzige Situation, in der ein Einsatz von Antibiotika der dritten Wahl gerechtfertigt sein kann, wäre eine tiefe Pyodermie, die eine systemische Therapie erfordert 1.

Eine Studie untersuchte die Veränderungen antimikrobieller Resistenzen zwischen den Jahren 2010 und 2021 in den Vereinigten Staaten. Festgestellt wurde unter anderem eine signifikante Zunahme der Resistenzen gegen Clindamycin, Amoxicillin-Clavulansäure, Oxacillin, Cefoxitin, Cefpodoxim, Tetracyclin, Chloramphenicol, Erythromycin, Marbofloxacin und Gentamicin. Die einzigen beiden untersuchten Antibiotika, für die in diesem Zeitraum kein Anstieg von Resistenzen zu verzeichnen war, sind Cephalothin und Sulfonamide 10. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, wie wichtig eine sorgfältige Einhaltung der Leitlinien des Antimicrobial Stewardship und eine vernünftige Anwendung systemischer Antibiotika gemäß ihrer Kategorisierung nach erster, zweiter oder dritter Wahl sind.

Tabelle 1. Kategorisierung systemischer Antibiotika.

Kategorie Antibiotika

1. Wahl („First-Line“)

  •  Die erste Wahl für die empirische Behandlung einer Pyodermie
  • Clindamycin oder Lincomycin
  • Cephalosporin der ersten Generation (z. B. Cephalexin, Cefadroxil)
  • Amoxicillin-Clavulansäure
  • Trimethoprim- oder Ormetoprim-potenzierte Sulfonamide
1. Wahl oder 2. Wahl  
  • Cephalosporine der dritten Generation (Cefpodoxim, Cefovecin)

2. Wahl („Second Line“)

  •  Anwendung erfolgt, wenn eine empirische Therapie und eine topische Therapie nicht geeignet sind und die Kultur eine entsprechende Empfindlichkeit anzeigt
  • Antibiotika der 1. Wahl (Clindamycin, potenzierte Sulfonamide, Cephalosporine), wenn die Kultur eine entsprechende Empfindlichkeit anzeigt
  • Doxycyclin oder Minocyclin
  • Chloramphenicol
  • Fluoroquinolone (Enrofloxacin, Marbofloxacin, Orbifloxacin, Pradofloxacin, Ciprofloxacin)
  • Rifampicin
  • Aminoglykoside (Amikacin, Gentamicin)

3. Wahl („Third Line“)

  •  Wenn 1. Wahl und 2. Wahl (sowie die topische Therapie) nicht geeignet sind und die Kultur eine entsprechende Empfindlichkeit anzeigt 
  • Linezolid
  • Teicoplanin
  • Vancomycin

 

Trägerstatus  

Wenn eine Pyodermie abgeklungen ist, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich die normale Flora aus demselben Organismus zusammensetzt, gegen den behandelt wurde. So zeigt eine Studie, dass bei nahezu der Hälfte (45,2-47,6 %) der Hunde mit einer durch MRSP verursachten Pyodermie nach Resolution der Infektion MRSP entweder auf der Haut des Patienten oder an den Trägerstellen nachzuweisen waren 19. Fast ebenso alarmierend ist, dass bei Hunden mit einer durch MSSP verursachten Pyodermie nach erfolgreicher Behandlung in 38,3 % der Fälle MRSP auf der Haut oder an den Trägerstellen nachgewiesen wurden 19. Der Versuch einer Dekolonisation von MRSP-infizierten Hunden analog zu dem bei Menschen mit MRSA durchgeführten Verfahren, erweist sich als nicht erfolgreich.

Darüber hinaus wurde festgestellt, dass asymptomatische Hunde mit Kontakt zu infektiösen Hunden ähnlich häufig positiv sind wie Hunde, die mit MRSP infiziert sind (67,4 % vs. 66,7 %) – ein Hinweis auf das hohe Übertragungspotenzial der Bakterien bei Hunden mit entsprechendem Kontakt im Haushalt 20. Ein MRSP-Trägerstatus wurde in dieser Studie intermittierend über eine Dauer von bis zu zehn Monate festgestellt. In Anbetracht dieser Ergebnisse ist eine kulturelle Untersuchung bei jedem Tier mit Pyodermie gerechtfertigt, das innerhalb des vorangegangenen Jahres eine Infektion mit MRSP aufgewiesen hatte. 

Jason B. Pieper

Auch die Ernährung kann zur Prävention von Pyodermie und zur Reduzierung von Rezidiven sowie zur Linderung des Schweregrades der klinischen Symptome von atopischer Dermatitis beitragen. In einer Studie zeigten betroffene Hunde, die eine geeignete Nahrung erhielten, einen signifikanten Rückgang der Symptome von atopischer Dermatitis über einen Zeitraum von neun Monaten.

Jason B. Pieper

Prävention von Rezidiven

Da es sich bei einer Pyodermie in den meisten Fällen um ein sekundäres Geschehen handelt, muss die primäre Erkrankung evaluiert und kontrolliert werden, um der Entstehung von Rezidiven der Pyodermie vorzubeugen 1. Die atopische Dermatitis ist eine häufig zugrundeliegende primäre Erkrankung und gewissermaßen eine Vorstufe von Pyodermie bei Hunden. In solchen Fällen sollte die Behandlung auf die Kontrolle der Atopie ausgerichtet werden, um einen übermäßigen Einsatz von Antibiotika zur Bekämpfung der Pyodermie zu vermeiden. Eine australische Studie untersuchte Hunde mit atopischer Dermatitis, die mit Oclacitinib behandelt wurden, und stellte fest, dass bei den mit Oclacitinib behandelten Hunden im Vergleich zu den Kontrollhunden weniger antibiotische Behandlungen verordnet wurden 21. Auch die Ernährung kann zur Prävention von Pyodermie sowie zur Reduzierung von Rezidiven und zur Linderung des Schweregrades der klinischen Symptome atopischer Dermatitiden beitragen. In einer Studie zeigten betroffene Hunde, die eine geeignete Nahrung erhielten, einen signifikanten Rückgang der klinischen Symptome von atopischer Dermatitis über einen Zeitraum von neun Monaten 22.

Zoonotische Aspekte

Besitzer, deren Tiere gegen eine Pyodermie behandelt werden, haben häufig Sorgen bezüglich des zoonotischen Potenzials der Erkrankung. Es besteht definitiv ein Risiko, dass Bakterien von einem Haustier auf den Besitzer und umgekehrt übertragen werden 1. Eine Studie in Taiwan zeigte, dass das Risiko einer Besiedlung mit S. pseudintermedius bei Besitzern erhöht ist, wenn diese drei oder mehr Hunden halten und wenn es den Hunden gestattet wird, das Gesicht des Besitzers abzulecken 5. Ist ein Besitzer mit von seinem Tier stammenden MRSP kolonisiert, könnte die genetische Mutation aus dem MRSP auf die normale Staphylokokken-Flora des Besitzers übertragen werden, und dies könnte bedeuten, dass der Besitzer dann einem erhöhten Risiko für MRS-Infektionen ausgesetzt ist 7.

Schlussfolgerung

Bakterielle Resistenzen im Zusammenhang mit Pyodermie nehmen in signifikantem Maße zu. Aus diesem Grund sollte als First-Line-Behandlung zunächst immer eine topische Therapie in Betracht gezogen werden, um zu verhindern, dass Bakterien einem Selektionsdruck in Richtung der Entwicklung von Resistenzen gegen systemische Antibiotika ausgesetzt werden. Wenn systemische Antibiotika erforderlich sind, ist die Einhaltung des Stufensystems von entscheidender Bedeutung. Antibiotika der 1. Wahl sind ideal für die empirische Therapie, während Antibiotika der 2. Wahl nur dann eingesetzt werden, wenn die bakterielle Kultur auf eine entsprechende Empfindlichkeit hinweist. 

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Jason B. Pieper

Jason B. Pieper

Dr. Pieper erwarb seinen Bachelor of Science in Veterinary Medicine an der University of Nebraska-Lincoln Mehr lesen