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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 34.1 Kommunikation

Häufige Fallstricke und Tipps für eine bessere Teamkommunikation

veröffentlicht 20/09/2024

Geschrieben von Leïla Assaghir

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Português , Español und English

In diesem Artikel erläutert die als praktische Tierärztin und Beraterin für Sicherheit im Gesundheitswesen tätige Autorin, auf welche Weise die Kommunikation innerhalb einer Praxis optimiert werden kann, um so letztlich die Versorgung der Patienten zu verbessern. 

Person übermittelt einer anderen eine Botschaft

Kernaussagen

Eine schlechte Kommunikation zwischen Teammitgliedern einer Praxis kann zu einer mangelhaften Versorgung der Patienten führen.


Es gibt sechs grundlegende Wege, auf denen ein Kommunikationsfehler zwischen zwei Menschen entstehen kann. 


Das menschliche Gehirn arbeitet auf zwei Arten: die erste ist schnell und intuitiv, die zweite langsamer und reflektierter – eine gute Kommunikation muss dies berücksichtigen.


Die Einführung einiger einfacher Verfahren kann eine bessere Kommunikation zwischen Teammitgliedern fördern und so die Patientenversorgung optimieren.


Einführung

Eine falsch ausgefüllte Arzneimittelbestellung, eine nicht optimal durchgeführte Versorgung eines Patienten, eine Verwechslung von Arzneimitteln, die einem Hund verabreicht werden sollen, ein falsches Tier, das für eine Operation vorbereitet wird, oder eine nicht korrekt berechnete Dosierung für einen stationären Patienten – all dies sind unerwünschte Ereignisse, denen letztlich eine gemeinsame Grundursache zugrunde liegt: ein Kommunikationsfehler. Solche Fehler innerhalb eines Teams können die Ursache für alle möglichen Ereignisse sein, die zum Teil zwar nicht unbedingt schwerwiegend sein müssen, aber dennoch zu Spannungen innerhalb des Teams führen, während andere fehlerbedingte Ereignisse dramatischer Natur sein können und unter Umständen sogar den vermeidbaren Tod eines Patienten zur Folge haben. In Hochrisikobranchen wie der Luftfahrt und der Kernkraftindustrie, in denen der Zusammenhang zwischen Kommunikation und Sicherheit seit langer Zeit klar bekannt ist, wurde die Kommunikation aus diesem Grund durch ein striktes Regelwerk kodifiziert, das eine gemeinsame Sprache und einen sicheren Informationsaustausch gewährleistet, um Fehler zu vermeiden oder zu begrenzen. Ziel dieses Artikels ist es, einige einfache Regeln für eine sichere Kommunikation vorzustellen, die innerhalb eines Praxisteams umgesetzt werden können, und deren Ziel es ist, Fehler zu vermeiden oder zu begrenzen und eine sichere Versorgung unserer Patienten zu gewährleisten. Natürlich fällt es nicht immer leicht, die seit langem gewohnten „Communication Shortcuts“ aufzugeben, wenn man sich aber die damit verbundenen Risiken vor Augen hält, fällt die Umstellung leichter. 

Kommunikationsfehler und sichere tierärztliche Versorgung  

Während die Verbindung zwischen Kommunikation und Kundenzufriedenheit schon seit langer Zeit Gegenstand ausführlicher Untersuchungen ist, betrachtet man die Zusammenhänge zwischen Kommunikation und Patientensicherheit in der Tiermedizin erst seit kurzem etwas detaillierter. Der erste Artikel, in dem die Rolle von „Soft Skills“ einschließlich Kommunikation als Ursache für Fehler in der Veterinärmedizin beleuchtet wird, wurde 2015 veröffentlicht 1. Es folgten weitere Studien 2,3, in denen eine schlechte Kommunikation als Faktor für unerwünschte Ereignisse betrachtet wird. Wichtig wird dies insbesondere, wenn es sich um ein komplexes Gefüge handelt, sei es in Bezug auf die Größe des Teams oder wenn eine Klinik zahlreiche multidisziplinäre Richtungen anbietet oder wenn es viele Teilzeitkräfte gibt – all diese Faktoren erhöhen die Anzahl der Informationsübertragungen zwischen den einzelnen Mitarbeitern. Ein kürzlich erschienener Artikel zeigt, dass Kommunikationsmängel innerhalb eines Teams oder zwischen dem Team und externen Einrichtungen (z. B. Labor, Überweisungsklinik) zu 40 % aller Klagen gegen Hundetierärzte wegen beruflicher Fahrlässigkeit beitragen 4. Die Sicherstellung einer hervorragenden internen Kommunikation gilt daher als ein Schlüsselfaktor für die Sicherheit im Gesundheitswesen – wie gehen wir also vor?  

Sechs Quellen für Kommunikationsfehler

Wichtig ist es in erster Linie, mögliche Fehlerquellen zu verstehen, um zu erkennen, wie man sie vermeiden kann. Es ist leicht vorstellbar, dass ein Kommunikationsfehler entweder vom Absender ausgeht, der einen Fehler macht, bei dem was er sagt, oder aber vom Empfänger, der das Gesagte schlicht missversteht. Wenn wir die während einer einfachen Anfrage oder Anweisung ablaufenden kognitiven Aufgaben im Detail aufschlüsseln, so wird deutlich, dass ein Fehler in der Kommunikation sechs verschiedene Ursachen haben kann (Abbildung 1).

Eine Person übermittelt einer anderen eine Botschaft

Abbildung 1. Die kognitiven Phasen eines Informationsaustauschs.
© Leïla Assaghir/gezeichnet von Sandrine Fontègne

Der Absender der Botschaft kann sich irren…:

  • …bei dem, was er tun möchte: z. B. eine Arzneimitteldosis falsch berechnen oder die zu verordnende Zusatzuntersuchung falsch einschätzen;
  • …bei der Anweisung, die er gibt: Der Tierarzt bittet zum Beispiel seinen Kollegen, einer nach einem Verkehrsunfall hospitalisierten Katze, Morphin zu verabreichen. Er teilt ihm die Dosierung mit, denkt aber nicht daran, anzugeben, dass er das Morphin der Infusion beigefügt und nicht etwa als Bolus verabreicht haben möchte; 
  • … bei den Worten, die er für seine Anweisung verwendet; also der klassische „Versprecher“ oder „Lapsus linguae“, bei dem eine Sache gesagt wird, aber eine andere gemeint ist, wie in Beispiel 1. 

 

Beispiel 1 

„Sie haben mich gebeten, den Tropf zu stoppen!“
„Nein, das habe ich nicht gesagt, ich habe Sie gebeten, den Tropf zu wechseln!“
„Das ist nicht wahr, ich kann Ihnen versichern, dass Sie gesagt haben, ich soll ihn stoppen!“
„Ich weiß, was ich gesagt habe! Sie haben mich missverstanden!“

 

Möglich ist auch, dass sich der Empfänger der Botschaft irrt…:

  • …indem er das Gesagte akustisch falsch versteht: z. B. wenn man die „Null“ in 0,3 nicht hört und deshalb die zehnfache Dosis eines Arzneimittels verabreicht;
  • …indem er das Gesagte missversteht. Wir haben nicht alle dieselbe Wahrnehmung einer bestimmten Situation, so dass ein und dieselbe Botschaft innerhalb eines Teams unterschiedlich interpretiert und verstanden werden kann. Ein Beispiel: Ein Chirurg bittet eine TFA, die nächste Hündin für die Operation vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass ein großer Bereich des Fells geschoren wird. Der Mitarbeiter legt los und rasiert das gesamte ventrale Abdomen – bei der geplanten Operation geht es aber um die Entfernung einer Zyste an der rechten Schultergliedmaße und nicht um eine Hysterektomie;
  • …indem er zwar versteht, was von ihm verlangt wird, aber einen Fehler macht, wenn es an die praktische Umsetzung geht. Ein Mitarbeiter kann zum Beispiel gebeten werden, eine Arzneimittelbestellung online vorzubereiten, diese aber „offen“ zu lassen; er füllt die Bestellung aus und klickt dann aber aus Gewohnheit auf „senden“.  
Leïla Assaghir

Der beste Weg, einen Fehler zu erkennen und zu korrigieren, besteht darin, die Botschaft zusammenzufassen und die Kommunikationsschleife erst dann zu schließen, wenn man sicher ist, dass die Botschaft richtig verstanden wurde.

Leïla Assaghir

Abgleich des Informationsaustauschs in der Kommunikationsschleife

Wenn wir aufgefordert werden, etwas zu tun, schließen wir die Kommunikationsschleife normalerweise mit einem „Ja“ oder „OK“ oder mit einem Kopfnicken oder indem wir einfach direkt zur Tat schreiten. Auf diese Weise können wir aber nicht erkennen, ob sich ein Fehler bei der Übermittlung oder beim Verstehen der Botschaft eingeschlichen hat. Eine einfache und wirksame Alternative, um die Information zu überprüfen und Fehler gegebenenfalls zu beheben, ist das „Wiedergeben“ der Botschaft. Bei dieser aus der Luftfahrt stammenden Methode wiederholt der Empfänger die übermittelte Botschaft vollständig oder teilweise. Der Absender schließt dann die Kommunikationsschleife, indem er die wiederholte Botschaft validiert, korrigiert oder vervollständigt (Abbildung 2). Diese Vorgehensweise mag uns zunächst etwas unnatürlich oder sogar ein wenig roboterhaft erscheinen. Letztlich ist es aber einfach nur eine Frage der Gewohnheit, und wenn man sich diese Methode erst einmal angeeignet hat, spart man viel Zeit und vermeidet zahlreiche Fehler.

Abbildung 2. Beispiel für das Erkennen eines Fehlers bei der Übermittlung einer Botschaft durch Kollationieren (Abgleichen und Überprüfen).
© Leïla Assaghir/gezeichnet von Sandrine Fontègne

Das „Gehirn der zwei Geschwindigkeiten“

Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass unser Gehirn mit zwei verschiedenen Systemen und mit zwei Geschwindigkeiten arbeitet: „System 1“, ist schnell, instinktiv und emotional, während „System 2“ langsam, reflektierend und logisch arbeitet. In 95 % der Zeit werden wir standardmäßig von System 1 geleitet, das es dem Gehirn ermöglicht, Energie zu sparen, indem es komplexe Aufgaben durch Shortcuts und Automatismen vereinfacht. Wenn aber die intuitiven Mechanismen von „System 1“ nicht ausreichen, um komplexere Probleme zu lösen, müssen wir zu einem analytischen Denken mit „System 2“ übergehen. Dies geschieht jedoch nicht automatisch, und aufgrund von menschlichen Faktoren wie Stress, Müdigkeit oder Dehydrierung kann unser Gehirn im „Routinemodus“ verharren. Obwohl wir also in einem sehr komplexen Beruf arbeiten, der eine hohe Konzentration und Aufmerksamkeit erfordert, führen wir viele Aufgaben automatisch aus: eine Spritze vorbereiten, einen Infusionsschlauch legen, eine Bestellung ausführen, eine klinische Untersuchung durchführen, eine Katze kastrieren usw. Mit zunehmender Erfahrung werden diese sich häufig wiederholenden Handlungen und Gesten allmählich integraler Teil unseres „Systems 1“. In Beispiel 2 handelt der Empfänger der Botschaft in diesem System, also gewissermaßen im „Autopilot“-Modus. Nachdem der Mitarbeiter drei Anästhetika nach demselben Protokoll vorbereitet hat, bereitet er automatisch auch das vierte Anästhetikum nach diesem gewohnten Schema vor. Auch wenn der Absender der Botschaft die richtigen Anweisungen gegeben hat, besteht die Möglichkeit, dass der Empfänger durch selektives Hören gar nicht wahrnimmt, dass anstelle von Propofol in diesem Fall Alfaxalon angegeben wurde, obwohl die beiden Wörter nicht einmal ähnlich klingen. 

 

Beispiel 2

„Dienstagmorgen, 11:30 Uhr; mein Kollege und ich führen eine Reihe von chirurgischen Eingriffen durch. Unser Standard-Anästhesieprotokoll besteht aus Medetomidin + Diazepam + Propofol. Unser vierter und letzter Eingriff ist eine Zahnsteinentfernung bei einem älteren Chihuahua. Da der Hund relativ adipös ist, beschließe ich, ihm Alfaxalon anstelle von Propofol zu geben und bitte meinen Mitarbeiter, 0,3 ml Medetomidin, 0,3 ml Diazepam und 1,8 ml Alfaxalon vorzubereiten. Ich leite die Anästhesie ein, intubiere, schalte auf Isofluran um... und plötzlich ist der Hund völlig apnoisch! Ich beatme ihn manuell, aber er spricht nicht an, und ich verstehe nicht, wie das passieren konnte, und allen Beteiligten bereitet die Situation großen Stress. Als ich meinen Mitarbeiter darauf anspreche, stelle ich fest, dass er aus Gewohnheit Propofol statt Alfaxalon vorbereitet hat.“

 

Neben dem Abgleich, der es dem Absender ermöglicht, ein mangelndes Verständnis auf Seiten des Empfängers zu erkennen, besteht die Herausforderung bei wichtigen Informationen oder bei einer Änderung einer Routine insbesondere darin, den Empfänger dazu zu bringen, vom schnellen und intuitiven System 1, auf das langsamere und reflektierendere System 2 umzuschalten. Hierbei ist es wichtig, die Änderung ausdrücklich anzukündigen, oft noch bevor man die konkreten neuen Anweisungen gibt. Erreicht werden kann dies durch die konkrete Nennung des Ansprechpartners bei seinem Namen, durch die Verwendung eines Schlagworts wie „Achtung“ und durch die explizite Formulierung dessen, was man dieses Mal nicht tun wird. In Beispiel 2 könnten Sie beispielsweise statt „1,8 ml Alfaxalon“ sagen: „Achtung Frau Schmitt, diesmal verwenden wir nicht Propofol, sondern Alfaxalon“. 

Seien Sie präzise in Ihrer Botschaft  

Es ist durchaus normal, unterschiedliche Wege der Kommunikation und des Handelns zu verfolgen, denn das macht letztlich auch die spezifische Unternehmenskultur aus. Wenn aber implizite Regeln nicht von allen Mitarbeitern geteilt werden, kann dies eine Quelle von Fehlern sein (Beispiel 3).

 

Beispiel 3

„An meinem dritten Tag in der Praxis hospitierte ich meiner Chefin bei der Kastration einer Hündin, damit ich diesen Eingriff in Zukunft eigenständig vornehmen kann. Wir sprachen über das Anästhesieprotokoll, die verwendeten Arzneimittel und so weiter. Sie erläuterte mir, dass in der Praxis mit Medetomidin prämediziniert wird, und ich fragte nach der Dosierung. Sie antwortete: „Wir verwenden 0,3“. Ich multiplizierte mit dem Gewicht der Hündin (x5) und verabreichte die Injektion. Im Studium hatte man mir beigebracht, die Dosis immer mit der Einheit mg/kg anzugeben, hier in der Praxis wird die Dosis aber immer direkt in ml angegeben. Glücklicherweise haben wir den Fehler sofort erkannt, und er war mit Atipamazol reversibel.“ 

 

Um jegliches Risiko zu vermeiden, muss eine Zahl immer zusammen mit ihrer Einheit angegeben werden. Wenn der Absender die Einheit nicht selbst nennt oder wenn diesbezüglich Zweifel bestehen, zögern Sie nicht, eine entsprechende Spezifikation zu erfragen. 

Darüber hinaus gibt es in der Sprache zahlreiche Kuriositäten, unsachgemäße Verwendungen und banale, oberflächliche Ausdrücke, die letztlich zu Kommunikationsfehlern führen können. Zum Beispiel: „Ich würde gerne ein Glas trinken“ (Ersetzung des eigentlichen Ausdrucks durch einen anderen, der in naher sachlicher Beziehung zum ersten steht, bekannt als Metonymie) oder „er ist ein bisschen ein Einstein“ (Ersetzung der Bezeichnung einer Person oder Sache durch einen Eigennamen oder Markenmanen eines ihrer typischen Vertreter, bekannt als Antonomasie). Auch Ihr Praxisteam wird solche Formulierungen wahrscheinlich täglich einsetzen, ohne sich dessen tatsächlich bewusst zu sein. Einige Beispiele: „Bereiten Sie die TPLO für mich vor“, „Hat die FUS-Katze schon gefressen?“, „Geben Sie dem Hund seine Kortikos“, „Wir werden die Katze jetzt schlafen legen“ oder die Verwendung eines bestimmten Handelsnamens für ein Arzneimittel auf einer Rechnung, obwohl die Praxis bereits seit zwei Jahren eine generische Version verwendet. Die Bezeichnung eines Patienten nach seiner Spezies, Rasse und/oder Farbe, Erkrankung oder sogar nach der durchgeführten oder geplanten Operation, die Bezeichnung eines Arzneimittels mit seinem ursprünglichen Namen, einer Abkürzung seines Wirkstoffs oder sogar eines anderen Produkts mit demselben Wirkstoff – all dies sind Angleichungen, die in tierärztlichen Praxen regelmäßig verwendet und die mitunter schwerwiegende Folgen haben können (Beispiel 4).  

 

Beispiel 4 

„In unserer Praxis bin ich hauptsächlich für den Großtierbereich zuständig, aber an einem relativ ruhigen Morgen half ich meinen Kollegen in der Kleintierpraxis aus. Sie fragten mich, ob ich bereit wäre, die nächste Katze, eine Maine Coon, für die Kastration vorzubereiten. Ich lief also zu den Stationskäfigen und anästhesierte, intubierte, rasierte, desinfizierte die Patientin und deckte sie für die OP ab. Aber dann erhielt ich einen Anruf wegen einer lahmenden Kuh, verließ die Praxis und überließ die Operation meiner Kollegin. Als ich in die Praxis zurückkam, stürzte meine Kollegin in Panik auf mich zu. Ich hatte die falsche Katze vorbereitet, und meine Kollegin hatte die Sache nicht doppelt überprüft... An diesem Tag befanden sich nämlich zwei Maine Coons in der Praxis, eine zur Kastration und die andere eine Zuchtkatze, die der Kunde morgens abgegeben hatte, damit sie im Laufe des Tages untersucht werden können. Ich hatte nicht überprüft, ob sich an diesem Morgen mehr als eine Maine Coon Katze in der Station befand. Die Züchterin hat anschließend einen riesigen Wirbel um diese Sache veranstaltet...“

 

Auch die Verwendung einiger unpräziser Verben mit mehreren Bedeutungen, wie zum Beispiel geben, tun, machen oder setzen, kann zu Fehlern führen (Beispiel 5). Es ist daher wichtig, das von uns verwendete Arzneimittel, die von uns gewünschte Maßnahme und den zu behandelnden Patienten genau zu beschreiben, um eine Fehlinterpretation durch den Empfänger der Botschaft auszuschließen.  

 

Beispiel 5

„Meine Kollegin sagte mir, ich solle: „die Injektionen machen“, wenn der Patient aufwacht, also spritzte ich dem Hund Atipamezol und Antibiotika. Da ich dann nicht mehr gebraucht wurde, ging ich, um etwas anderes zu tun. Kurz darauf gab meine Kollegin die Injektionen noch einmal, weil sie dachte, ich hätte sie nicht gegeben. Mit „machen“ hatte sie „vorbereiten“ gemeint.“ 

 

Identifizieren Sie den Empfänger Ihrer Botschaft

Schließlich ist es wichtig, nicht nur mit Worten und Zahlen präzise zu sein, sondern auch die der Person genau zu definieren, an die Sie Ihre Botschaft senden (Beispiel 6). 

 

Beispiel 6 

„Der Tierarzt verließ das Sprechzimmer und eilte zum Labor der Praxis, legte ein Blutröhrchen ab und verlangte lautstark „Bitte ein biochemisches 10-er Profil für Titou“, bevor er in die Sprechstunde zurückkehrte. Die Mitarbeiter, die an der Rezeption mit dem Klingeln des Telefons, den Kunden, die Futter abholen wollten, und dem Auspacken der Bestellungen beschäftigt waren, hörten dem Tierarzt kaum zu. Jeder dachte, dass sein Kollege, der zweifellos weniger beschäftigt war, sich darum kümmern würde. Fünfzehn Minuten später kam der Tierarzt zurück und ärgerte sich, dass die Blutprobe noch nicht bearbeitet wurde."

 

In vielen tierärztlichen Praxen und Kliniken sind solche Situationen an der Tagesordnung. Bestenfalls können sie unangenehm sein, manchmal auch aber schwerwiegende Folgen haben: ein resezierter Tumor, der fälschlicherweise entsorgt wird, weil niemand die Verantwortung für die Einsendung an das Labor übernimmt, obwohl die Tierärztin darum gebeten hatte; die stationäre Katze mit einer Hyperthermie, die unentdeckt blieb, weil zwei Kollegen denken, der jeweils andere kümmere sich um den Patienten, um nur zwei Beispiele zu nennen. Und wenn der Empfänger nicht eindeutig identifiziert wird, kann es auf der anderen Seite auch passieren, dass Aufgaben – von Bestellungen bis hin zu administrativen Maßnahmen – doppelt ausgeführt werden. Vermeiden können wir solche Situationen, indem wir die Person, an die eine Botschaft gerichtet ist, eindeutig nennen und uns von dieser Person bestätigen lassen, dass sie sich um die gewünschte Aufgabe kümmern wird. Das schriftliche Fixieren bestimmter Dinge (z. B. in speziellen Formularen zu Behandlungs- und Pflegeprotokollen) erweist sich oft als hilfreich, um sicherzustellen, dass eine Aufgabe auch tatsächlich von der richtigen Person ausgeführt wird. 

 

6 Tipps für eine bessere Kommunikation im Team

  1. Identifizieren Sie Ihren Gesprächspartner klar und deutlich
  2. Benennen Sie den Patienten, um Verwechslungen zu vermeiden
  3. Spezifizieren Sie den Injektionsweg und die Einheit für jedes Arzneimittel, den für die Operation vorzubereitenden Bereich etc.
  4. Seien Sie spezifisch bei der Formulierung Ihrer Bitten und Aufträge – vermeiden Sie Verben wie „tun“ und „machen“ etc.
  5. Weisen Sie deutlich darauf hin, wenn Ihre Bitte oder Ihr Auftrag von der üblichen Vorgehensweise abweicht.
  6. Bitten Sie den Empfänger, die gesamte Botschaft zu wiederholen, um sicherzustellen, dass er sie verstanden hat.
 

Die Autorin dieses Artikels erklärt, dass sie keinen Interessenkonflikt mit dem betreffenden Thema hat.

 

Schlussfolgerung

Schlechte Kommunikation innerhalb des Praxisteams ist eine Quelle zahlreicher Fehler, die sich letztlich nachteilig auf unsere Patienten auswirken. Wählen Sie einen konkreten Angriffspunkt (z. B. Patienten mit Namen ansprechen oder das Verb „tun“ nicht mehr verwenden) und versuchen Sie, sich daran zu halten. Wenn möglich, arbeiten Sie zu zweit oder idealerweise mit dem gesamten Team und korrigieren Sie sich gegenseitig. Der beste Weg, einen Fehler zu erkennen und zu korrigieren, besteht darin, Ihre Botschaft abzugleichen und die Kommunikationsschleife erst zu schließen, wenn Sie sicher sind, dass der Empfänger Ihre Botschaft richtig verstanden hat. Das Vermeiden unklarer Andeutungen, das deutliche Kennzeichnen ungewöhnlicher Aufträge oder solcher, die eine besondere Aufmerksamkeit erfordern, das Verwenden präziser Verben, das Versehen einer Zahl mit ihrer Einheit und das Nennen Ihres Gesprächspartners bei seinem Namen – all dies trägt zu einer sicheren Kommunikation bei.

Weiterführende Literatur

  • Cros J. Mieux communiquer entre soignants. Un enjeu majeur de sécurité : Guide de phraséologie médicale (1re édition). Arnette Edition 2018 
  • Kahneman D. Système 1/Système 2 : Les deux vitesses de la pensée. Flammarion 2012 

Literatur

  1. Oxtoby C, Ferguson E, White K, et al. We need to talk about error: causes and types of error in veterinary practice. Vet. Rec. 2015;177(7):438-445.

  2. Wallis J, Fletcher D, Bentley A, et al. Medical errors cause harm in veterinary hospitals. Front. Vet. Sci. 2019;6(2):12.

  3. Kinnison T, Guile D, May SA. Errors in veterinary practice: preliminary lessons for building better veterinary teams. Vet. Rec. 2015;177;492492.

  4. Russell E, Mossop L, Forbes E, et al. Uncovering the “messy details” of veterinary communication: An analysis of communication problems in cases of alleged professional negligence. Vet. Rec. 2022;190(3);e1068. 

Leïla Assaghir

Leïla Assaghir

Neben ihrer tierärztlichen Tätigkeit in einer erstversorgenden Kleintierpraxis in Paris leitet Dr. Assaghir eine Beratungsagentur (Éclaireur Formation) Mehr lesen

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