Erkrankungen der Maulhöhle sind die häufigste Diagnose bei Hunden und bei Katzen 1. Viele dieser Erkrankungen wären aber nicht zuletzt auch mit tierärztlicher Unterstützung zu verhindern. Zudem sollten die bei Tieren 2 3 4 und bei Menschen 5 6 beschriebenen Zusammenhänge zwischen parodontaler Erkrankung und systemischen Erkrankungen den Tierarzt dazu veranlassen, sich mit proaktiven Maßnahmen auseinanderzusetzen, die letztlich die Lebensqualität von Tieren und deren Besitzern positiv beeinflussen werden.
Analysemethoden
Für diese Populationsanalyse wurden stationär behandelte feline Patienten aus dem Jahr 2006 ausgewählt, die fünf Jahre alt oder älter waren und bei denen eine oder mehrere Diagnosen aus der Kategorie Zahn-/Maulhöhlenerkrankungen gestellt worden waren. Diese Fälle wurden verglichen mit einer Population von 5.000 stationären felinen Patienten mit ähnlicher Altersverteilung, aber ohne Diagnose einer Zahn-/Maulhöhlenerkrankung.
Die Gesamtprävalenzraten für sämtliche Zahn-/Maulhöhlenerkrankungen, einschließlich der Diagnose parodontale Erkrankung, wurden in der stationären Population von Banfield ermittelt. Ebenfalls ermittelt wurde die Prävalenz der in der Population mit parodontaler Erkrankung beschriebenen klinischen Symptome (Zahnstein, Gingivitis, Zahnfleischschwund, Parodontaltaschen und/oder subgingivaler Zahnstein).
Das Verfahren der logistischen Regression wurde eingesetzt, um Risikofaktoren zu bestimmen, die vorhersagen, bei welchen Katzen mit der höchsten Wahrscheinlichkeit eine parodontale Erkrankung diagnostiziert wird. Potenzielle Risikofaktoren in diesem Modell waren das Alter, die Rasse, das Geschlecht, die Region und aktuelle Diagnosen (z.B. Übergewicht, Adipositas, Herzgeräusch, chronische Nierenerkrankung, aggressives Verhalten, Diabetes mellitus, Dermatitis, Felines Immundefizienz Virus [FIV], akute Nierenschädigung, hypertrophe Kardiomyopathie oder felines Leukämie Virus [FeLV]). Die Quantifizierung des Risikos erfolgte anhand der Schätzung des relativen Risikos (RR) unter Verwendung des Quotenverhältnisses (Odds ratio = OR) 7 für den Zusammenhang zwischen Alter, Rasse, Geschlecht und relevanten begleitenden Erkrankungen. Für die Bestimmung der statistischen Signifikanz wurde ein p-Wert von 0,05 festgelegt.
Ergebnisse
In den Aufzeichnungen von Banfield Hospital aus dem Jahr 2006 sind 103.934 stationär behandelte Katzen im Alter von fünf Jahren und darüber registriert, von denen 55.455 (53,4%) die Diagnose einer Zahn-/Maulhöhlenerkrankung aufwiesen. Bei 16.374 (15,8%) der Katzen wurde eine parodontale Erkrankung diagnostiziert. In dieser Gruppe wurden die folgenden klinischen Symptome beschrieben: Zahnstein (94,2%), Schwellung oder Entzündung des Zahnfleisches (69,5%), infizierte Zahnfleischtaschen (18,1%), Zahnfleischschwund (17,7%) und Foetor ex ore (13,0%). Das mittlere Alter der Fallgruppe betrug 9,8 Jahre, während das mittlere Alter der Kontrollpopulation bei 9,7 Jahren lag.
Tabelle 1 zeigt die Prävalenz ausgewählter oraler und parodontaler Erkrankungen in der Fallgruppe der parodontalen Erkrankungen, während Tabelle 2 Erkrankungen auflistet (Fallgruppe vs. Kontrollpopulation), die Hypothesen zufolge einen Zusammenhang mit der parodontalen Erkrankung haben. Die statistisch signifikanten Ergebnisse der multivarianten Analyse sind in Tabelle 3 aufgeführt.
* Die statistischen Daten für Zahnstein können variieren, da bei Banfield zwischen „dental calculus“ als DIAGNOSE und „tartar“ als UNTERSUCHUNGSBEFUND unterschieden wird. Wurde also „tartar“ bei der Untersuchung festgestellt, aber als nicht behandlungswürdig eingestuft, wurde die Diagnose „calculus“ nicht gestellt.
**Klassifizierung der parodontalen Erkrankung: Grad 1: Entzündung; Grad 2: Entzündung, geschwollenes Zahnfleisch und beginnender Knochenverlust; Grad 3: Entzündung, Schwellung, Knochenverlust und lockere Zähne; Grad 4: Entzündung, Schwellung, Eiter, Knochenverlust und lockere Zähne.
***Ermittelt unter Verwendung der Odds Ratio. Ein relatives Risiko (RR) > 1 legt eine positive Assoziation zwischen einem Outcome und einem Faktor nahe; während ein RR < 1 ein reziprokes Verhältnis zwischen einem Faktor und einem Outcome nahe legt; RR = 1 bedeutet keine Assoziation.
Diskussion
Auf der Grundlage der multivarianten Analyse sind ältere Katzen mit parodontaler Erkrankung mit höherer Wahrscheinlichkeit kastriert, als Katzen ohne parodontale Erkrankung. Zudem handelt es sich bei Katzen mit parodontaler Erkrankung mit höherer Wahrscheinlichkeit um Himalaya-, Siam- oder Perserkatzen.
Darüber hinaus besteht bei diesen Katzen eine höhere Wahrscheinlichkeit für Übergewicht oder Adipositas und Hinweise auf Herzgeräusche, Aggression, Diabetes mellitus oder FIV in ihren medizinischen Aufzeichnungen. Die Wahrscheinlichkeit der Diagnose von Übergewicht oder Adipositas oder eines Herzgeräusches lag bei Katzen mit parodontaler Erkrankung um den Faktor 5 höher als bei Katzen ohne parodontale Erkrankung.
Die begleitende Diagnose eines aggressiven Verhaltens ist ein interessanter Befund und könnte eine Verhaltensreaktion auf die vor allem in Fällen mit hochgradiger parodontaler Erkrankung vorkommenden begleitenden Schmerzen widerspiegeln.