Prävalenz der Fütterung mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen
Die genaue Bestimmung der Anzahl der Kleintiere, die mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen gefüttert werden, ist schwierig. So sagen zum Beispiel laut einer Umfrage in den USA und Australien aus dem Jahr 2008 mehr als 93,2 % der Hundehalter und über 98,9 % der Katzenhalter, dass die Nahrung ihrer Tiere zumindest teilweise aus kommerziellen Futtermitteln besteht 1Laflamme DP, Abood SK, Fascetti AJ, et al. Pet feeding practices of dog and cat owners in the United States and Australia. J. Am. Vet. Med. Assoc. 2008;5:687-694.
. Allerdings erhielten 30,6 % der Hunde und 13,1 % der Katzen Tischabfälle, Speisereste oder zu Hause selbst zubereitete Nahrungen, und bei 16,2 % der Hunde und 9,6 % der Katzen waren Knochen oder Rohfutter integraler Bestandteil der Hauptmahlzeiten. Über 80 % der Halter in dieser Studie, die angaben, dass Knochen und Rohfutter Bestandteile der Nahrung ihrer Tiere sind, wohnten übrigens in Australien. Weniger als 3 % der befragten Tierhalter fütterten ausschließlich zu Hause selbst zubereitete Nahrungen, und bei etwa 7 % der Hunde bestand mindestens die Hälfte der Ration aus zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen.
Eine weitere Studie aus demselben Jahr fand heraus, dass 95,5 % der befragten Tierhalter ihre Katzen mit kommerziellen Nahrungen fütterten, während nur 2,7 % das Kriterium für eine Fütterung mit nicht-kommerziellen Nahrungen erfüllten. Von den befragten Hundebesitzern wurden 86,8 % als „kommerzielle“ Fütterer klassifiziert, und 10,0 % als „nicht-kommerzielle“ Fütterer, während die restlichen 3,2 % die Kriterien keiner der beiden Kategorien erfüllten 2Michel JE, Willoughby KN, Abood SK, et al. Attitudes of pet owners toward pet foods and feeding management of cats and dogs. J. Am. Vet. Med. Assoc. 2008;233:1699-1703.
. Eine etwas neuere internationale Studie ermittelte, dass 79 % der analysierten Hunde und 90 % der Katzen konventionelle kommerzielle Nahrungen erhielten, obgleich nur 13 % der Hunde und nur 32 % der Katzen ausschließlich mit solchen Nahrungen gefüttert wurden 3Dodd S, Cave N, Abood S, et al. An observational study of pet feeding practices and how these have changed between 2008 and 2018. Vet. Rec. 2020;186:(19):643.
. Zu Hause selbst zubereitete Nahrungen wurden 64 % der Hunde und 46 % der Katzen angeboten, und 66 % der Hunde sowie 53 % der Katzen erhielten Rohfutter. Wie bereits in der oben genannten Studie hatte die Fütterung von zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen und/oder Rohfutter auch in dieser Untersuchung in Australien eine höhere Prävalenz. Offensichtlich gibt es bezüglich der Fütterungspraxis von Kleintieren beträchtliche geographische Unterschiede. Eine weitere Untersuchung zeigt im Unterschied zu den oben genannten Studien, dass 42 % der Hunde in Sri Lanka zu Hause selbst zubereitete Nahrungen erhalten, und nur 18 % mit kommerziellen Produkten gefüttert werden, wobei die restlichen 40 % eine Mischung aus beiden Optionen erhalten. Darüber hinaus fand diese Studie heraus, dass 49 % der Hunde neben ihrer normalen Nahrung zusätzlich Milch als separate Mahlzeiten erhalten, und 57 % der Hunde Ergänzungsfuttermittel bekommen 4Seneviratne M, Subasinghe DWD, Watson PJ. A survey of pet feeding practices of dog owners visiting a veterinary practice in Colombo, Sri Lanka. Vet. Med. Sci. 2016;2(2):106-116. DOI: 10.1002/vms3.16
.
Insgesamt geht aus diesen und weiteren Studien hervor, dass die Prävalenz der Fütterung zu Hause selbst zubereiteter Nahrungen unter Hunden bei etwa 7-10 % liegt und unter Katzen bei weniger als 4 %. Aufgrund von Verzerrungen bei der Auswahl der Probanden besteht allerdings die Möglichkeit, dass solche Ergebnisse nicht unbedingt die reale Situation der gesamten Kleintierpopulation repräsentieren. So wurde die Umfrage zum Beispiel in einer der oben genannten Studien 3Dodd S, Cave N, Abood S, et al. An observational study of pet feeding practices and how these have changed between 2008 and 2018. Vet. Rec. 2020;186:(19):643.
unter Besitzern durchgeführt, die mittels Selbstauswahl aus Interessengruppen für Hunde und Katzen in sozialen Medien rekrutiert wurden. Diese Art der Probandenauswahl kann die Ergebnisse natürlich verfälschen – so ist zum Beispiel denkbar, dass Tierhalter, die zu Hause selbst zubereitete Nahrungen füttern, durchaus ein höheres Interesse an einer Umfrage über Fütterungspraktiken zeigen oder aber im Gegenteil eher nicht so gern über ihre Fütterungspraktiken berichten wollen. Letztlich ist es also schwierig, den tatsächlichen prozentualen Anteil der Tierhalter zu ermitteln, die ihre Hunde oder Katzen mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen füttern.
Gründe für die Wahl einer Fütterung mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen
Hunde und Katzen werden heute vielfach als echte Familienmitglieder betrachtet. Die Entscheidung darüber, welche Art von Nahrung ein Tier erhalten soll, kann kulturelle Aspekte, bestimmte Ideologien oder gar die eigene Identität der Tierhalter widerspiegeln. So möchten einige Menschen ihre Tiere möglicherweise gemäß ihrer eigenen Ernährungsphilosophie füttern, also zum Beispiel ausschließlich vegan, biodynamisch oder nur mit natürlichem Futter. Im Rahmen der Vermenschlichung von Kleintieren kann natürlich auch das Anbieten einer optisch den Gerichten von uns Menschen ähnelnden Mahlzeit, für manche Tierhalter einen gewissen Reiz haben. Weitere Gründe für eine Fütterung von Hunden und/oder Katzen mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen sind die Akzeptanz/Schmackhaftigkeit des Futters (d. h., es wird das Futter gewählt, das die jeweiligen Tiere am liebsten mögen), ein Misstrauen gegenüber der Tiernahrungsindustrie, ein mangelndes Verständnis der Herstellung und Verarbeitung kommerzieller Tiernahrung, der Wunsch, bestimmte Inhaltsstoffe auszuschließen (z. B. Getreide, Fleischnebenerzeugnisse oder Fleischderivate) oder der Wunsch nach „besserer“ Kontrolle über die Nahrung des Tieres (Abbildung 1). Weitere genannte Gründe für das Füttern von zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen oder Rohfutter sind der Wunsch, Tiere zu verwöhnen, Bedenken, dass kommerzielle Nahrungen weniger gesund und weniger nährstoffreich seien oder der Wunsch, mit der Nahrung einen tatsächlichen oder vermeintlichen medizinischen Nutzen zu erzielen 2Michel JE, Willoughby KN, Abood SK, et al. Attitudes of pet owners toward pet foods and feeding management of cats and dogs. J. Am. Vet. Med. Assoc. 2008;233:1699-1703.
(Tabelle 1).
Tabelle 1. Von Tierhaltern genannte Gründe für die Fütterung von zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen.
Mindestens eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es einen Zusammenhang zwischen den Bedenken von Tierhaltern hinsichtlich kommerzieller Tiernahrungen und der Praxis der Fütterung zu Hause selbst zubereiteter Nahrungen gibt. So haben Halter, die ihre Tiere zu mindestens 50 % mit nicht-kommerziellen Futterbestandteilen füttern, ein höheres Maß an Bedenken und Zweifel hinsichtlich kommerzieller Tiernahrung, des Herstellungsprozesses dieser Produkte und der Tiernahrungsindustrie insgesamt als Halter, die ihren Tieren mindestens 75 % kommerzielle Produkte anbieten 2Michel JE, Willoughby KN, Abood SK, et al. Attitudes of pet owners toward pet foods and feeding management of cats and dogs. J. Am. Vet. Med. Assoc. 2008;233:1699-1703.
. Diese „nicht-kommerziellen“ Fütterer zeigen im Vergleich zu „kommerziellen“ Fütterern auch positivere Einstellungen gegenüber Rohfutter und zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen. Tierhalter, die zu Hause selbst zubereitete Nahrungen füttern, glauben eher, dass industriell verarbeitetes Futter für Tiere ungesund sei, dass durch das Erhitzen lebensnotwendige Nährstoffe zerstört werden und dass biologische Futtermittel sicherer und gesünder sind als konventionelle Produkte. Einige Tierhalter haben auch schlicht Freude daran, das Futter für ihr Tier selbst zuzubereiten, und auch dies könnte ihre Antworten beeinflusst haben 2Michel JE, Willoughby KN, Abood SK, et al. Attitudes of pet owners toward pet foods and feeding management of cats and dogs. J. Am. Vet. Med. Assoc. 2008;233:1699-1703.
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Untersuchungen zufolge sind Befürworter von Rohfutternahrung oft der Auffassung, dass Rohfutter und proteinreiche Nahrungen eine natürlichere Ernährung für Karnivoren darstellen, vergleichbar mit dem, was wild lebende Caniden und Feliden zu sich nehmen 1Laflamme DP, Abood SK, Fascetti AJ, et al. Pet feeding practices of dog and cat owners in the United States and Australia. J. Am. Vet. Med. Assoc. 2008;5:687-694.
. In einer Studie mit 218 Haltern, die ihre Hunde mit Rohnahrung fütterten, nannten 26 % als Hauptgrund für diese Art der Fütterung das Respektieren der karnivoren Natur des Hundes, 24 % eine Verbesserung der Gesundheit ihres Tieres, 21 % vorangegangene Probleme ihres Tieres durch kommerzielle Nahrungen, 19 % ein Misstrauen gegenüber kommerzieller Tiernahrung, 6 % die Weigerung ihres Hundes, kommerzielle Tiernahrung zu fressen und 4 % andere Gründe 5Morelli G, Bastianello S, Catellani P, et al. Raw meat-based diets for dogs: survey of owners’ motivations, attitudes and practices. BMC Vet. Res. 2019;15:74.
. Als Hauptvorteil einer Fütterung von Rohfutter gaben 57 % dieser Hundehalter an, dass sie dadurch eine vollständige Kontrolle über die Nahrung ihres Hundes und deren Zusammensetzung hatten, während 23 % ihre Präferenz für tierische Proteine als Hauptbestandteil der Nahrung als wichtigsten Vorteil nannten. Für 11 % der Hundehalter lag der entscheidende Vorteil darin, dass der Verzehr der einzelnen Mahlzeiten ihrer Wahrnehmung nach länger dauert und der Hund dadurch offensichtlich eine höhere Zufriedenheit empfindet. Nur 3 % der Befragten nannten als wichtigsten Vorteil eine gute Akzeptanz/Schmackhaftigkeit, 1 % das Fehlen von Kohlenhydraten in der Nahrung und 1 % den rohen Zustand der Inhaltsstoffe.