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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 31.3 Ernährung

Zu Hause selbst zubereitete Tiernahrung – Gut oder schlecht?

veröffentlicht 04/08/2022

Geschrieben von Marjorie Chandler

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Português , Español , English und 한국어

Tierärzte haben es häufig mit Tierhaltern zu tun, die ihren Hund oder ihre Katze mit zu Hause selbst zubereiteter Nahrung füttern möchten. Dieser Artikel beleuchtet potenzielle Probleme und mögliche Vorteile einer solchen Ernährungsweise.

© Shutterstock

Nicht selten wählen Tierhalter Nahrungen, die sie für schmackhafter und genussreicher für ihr Tier halten

Kernaussagen

Auch wenn die Ernährung von Kleintieren überwiegend mit kommerziellen Nahrungen erfolgt, gibt es Tierhalter, die zu Hause selbst zubereitete Nahrungen mit guten Absichten füttern und dies aus einem gewissen Misstrauen gegenüber industriellem Fertigfutter. 


Die meisten über Webseiten und Bücher zugänglichen Rezepturen für zu Hause zubereitete Nahrungen decken nicht die Ernährungsbedarfe von Kleintieren und können zu Erkrankungen führen.


Bei Fütterung von Rohnahrungen besteht das Risiko einer Kontamination mit pathogenen Bakterien und einer Ausscheidung pathogener Erreger über den Kot. Dies gefährdet sowohl die Tierhalter als auch die Öffentlichkeit.


Das Verständnis der Fütterungsentscheidungen von Tierhaltern und eine klare, unvoreingenommene Kommunikation und Beratung sind erforderlich, um sicherzustellen, dass Kleintiere eine vollwertige und ausgewogene Ernährung erhalten.


Einleitung

Im Bereich der Kleintiernahrung umfasst der Begriff „zu Hause selbst zubereitet“ sämtliche nicht-kommerziellen Nahrungen und deckt somit das gesamte Spektrum von nur aus Fleisch bestehenden Rezepturen bis hin zu vegetarischen oder veganen Nahrungen ab und schließt dabei sowohl erhitzte (gekochte), als auch rohe Inhaltsstoffe ein. Die meisten Tierhalter, die sich dafür entscheiden, die Nahrung für ihr Tier selbst zuzubereiten, möchten ihrer Katze oder ihrem Hund das anbieten, was sie für eine hervorragend geeignete Nahrung halten. Während einige Tierhalter hierbei die Unterstützung zertifizierter veterinärmedizinischer Experten in Anspruch nehmen, z. B. von Fachtierärzten für Tierernährung und Diätetik, verwenden andere – und das dürfte die Mehrheit sein – Rezepte aus Büchern, aus dem Internet, von Freunden und von anderen Personen, denen eine adäquate Ausbildung im Bereich Kleintierernährung in aller Regel fehlt. Dieser Artikel gibt einen Überblick über solche Nahrungen und diskutiert deren Risiken und potenziellen Vorteile.

Marjorie L. Chandler

Tierhalter modifizieren Rezepturen nicht selten willkürlich, ein Phänomen, das auch als „Recipe Drift“ oder „Diet Drift“ bezeichnet wird. Diese Modifikationen können Veränderungen von Mengen umfassen, das Hinzufügen, Weglassen oder Ersetzen von Inhaltsstoffen oder das Weglassen oder Verändern von Supplementen. Jede dieser Abweichungen kann die nutritive Zusammensetzung einer Nahrung verändern und sie dadurch potenziell ungeeignet machen.

Marjorie L. Chandler

Prävalenz der Fütterung mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen 

Die genaue Bestimmung der Anzahl der Kleintiere, die mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen gefüttert werden, ist schwierig. So sagen zum Beispiel laut einer Umfrage in den USA und Australien aus dem Jahr 2008 mehr als 93,2 % der Hundehalter und über 98,9 % der Katzenhalter, dass die Nahrung ihrer Tiere zumindest teilweise aus kommerziellen Futtermitteln besteht 1. Allerdings erhielten 30,6 % der Hunde und 13,1 % der Katzen Tischabfälle, Speisereste oder zu Hause selbst zubereitete Nahrungen, und bei 16,2 % der Hunde und 9,6 % der Katzen waren Knochen oder Rohfutter integraler Bestandteil der Hauptmahlzeiten. Über 80 % der Halter in dieser Studie, die angaben, dass Knochen und Rohfutter Bestandteile der Nahrung ihrer Tiere sind, wohnten übrigens in Australien. Weniger als 3 % der befragten Tierhalter fütterten ausschließlich zu Hause selbst zubereitete Nahrungen, und bei etwa 7 % der Hunde bestand mindestens die Hälfte der Ration aus zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen.

Eine weitere Studie aus demselben Jahr fand heraus, dass 95,5 % der befragten Tierhalter ihre Katzen mit kommerziellen Nahrungen fütterten, während nur 2,7 % das Kriterium für eine Fütterung mit nicht-kommerziellen Nahrungen erfüllten. Von den befragten Hundebesitzern wurden 86,8 % als „kommerzielle“ Fütterer klassifiziert, und 10,0 % als „nicht-kommerzielle“ Fütterer, während die restlichen 3,2 % die Kriterien keiner der beiden Kategorien erfüllten 2. Eine etwas neuere internationale Studie ermittelte, dass 79 % der analysierten Hunde und 90 % der Katzen konventionelle kommerzielle Nahrungen erhielten, obgleich nur 13 % der Hunde und nur 32 % der Katzen ausschließlich mit solchen Nahrungen gefüttert wurden 3. Zu Hause selbst zubereitete Nahrungen wurden 64 % der Hunde und 46 % der Katzen angeboten, und 66 % der Hunde sowie 53 % der Katzen erhielten Rohfutter. Wie bereits in der oben genannten Studie hatte die Fütterung von zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen und/oder Rohfutter auch in dieser Untersuchung in Australien eine höhere Prävalenz. Offensichtlich gibt es bezüglich der Fütterungspraxis von Kleintieren beträchtliche geographische Unterschiede. Eine weitere Untersuchung zeigt im Unterschied zu den oben genannten Studien, dass 42 % der Hunde in Sri Lanka zu Hause selbst zubereitete Nahrungen erhalten, und nur 18 % mit kommerziellen Produkten gefüttert werden, wobei die restlichen 40 % eine Mischung aus beiden Optionen erhalten. Darüber hinaus fand diese Studie heraus, dass 49 % der Hunde neben ihrer normalen Nahrung zusätzlich Milch als separate Mahlzeiten erhalten, und 57 % der Hunde Ergänzungsfuttermittel bekommen 4.

Insgesamt geht aus diesen und weiteren Studien hervor, dass die Prävalenz der Fütterung zu Hause selbst zubereiteter Nahrungen unter Hunden bei etwa 7-10 % liegt und unter Katzen bei weniger als 4 %. Aufgrund von Verzerrungen bei der Auswahl der Probanden besteht allerdings die Möglichkeit, dass solche Ergebnisse nicht unbedingt die reale Situation der gesamten Kleintierpopulation repräsentieren. So wurde die Umfrage zum Beispiel in einer der oben genannten Studien 3 unter Besitzern durchgeführt, die mittels Selbstauswahl aus Interessengruppen für Hunde und Katzen in sozialen Medien rekrutiert wurden. Diese Art der Probandenauswahl kann die Ergebnisse natürlich verfälschen – so ist zum Beispiel denkbar, dass Tierhalter, die zu Hause selbst zubereitete Nahrungen füttern, durchaus ein höheres Interesse an einer Umfrage über Fütterungspraktiken zeigen oder aber im Gegenteil eher nicht so gern über ihre Fütterungspraktiken berichten wollen. Letztlich ist es also schwierig, den tatsächlichen prozentualen Anteil der Tierhalter zu ermitteln, die ihre Hunde oder Katzen mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen füttern.

Gründe für die Wahl einer Fütterung mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen

Hunde und Katzen werden heute vielfach als echte Familienmitglieder betrachtet. Die Entscheidung darüber, welche Art von Nahrung ein Tier erhalten soll, kann kulturelle Aspekte, bestimmte Ideologien oder gar die eigene Identität der Tierhalter widerspiegeln. So möchten einige Menschen ihre Tiere möglicherweise gemäß ihrer eigenen Ernährungsphilosophie füttern, also zum Beispiel ausschließlich vegan, biodynamisch oder nur mit natürlichem Futter. Im Rahmen der Vermenschlichung von Kleintieren kann natürlich auch das Anbieten einer optisch den Gerichten von uns Menschen ähnelnden Mahlzeit, für manche Tierhalter einen gewissen Reiz haben. Weitere Gründe für eine Fütterung von Hunden und/oder Katzen mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen sind die Akzeptanz/Schmackhaftigkeit des Futters (d. h., es wird das Futter gewählt, das die jeweiligen Tiere am liebsten mögen), ein Misstrauen gegenüber der Tiernahrungsindustrie, ein mangelndes Verständnis der Herstellung und Verarbeitung kommerzieller Tiernahrung, der Wunsch, bestimmte Inhaltsstoffe auszuschließen (z. B. Getreide, Fleischnebenerzeugnisse oder Fleischderivate) oder der Wunsch nach „besserer“ Kontrolle über die Nahrung des Tieres (Abbildung 1). Weitere genannte Gründe für das Füttern von zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen oder Rohfutter sind der Wunsch, Tiere zu verwöhnen, Bedenken, dass kommerzielle Nahrungen weniger gesund und weniger nährstoffreich seien oder der Wunsch, mit der Nahrung einen tatsächlichen oder vermeintlichen medizinischen Nutzen zu erzielen 2 (Tabelle 1).

Tabelle 1. Von Tierhaltern genannte Gründe für die Fütterung von zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen.

•  Schmackhaftigkeit/Akzeptanz – der Halter kann selbst wählen, was sein Tier mag
•  Wunsch, das Tier zu verwöhnen
•  Passt zur Ernährungsphilosophie des Tierhalters, z. B. vegetarisch, biodynamisch 
•  Missverständnisse oder Misstrauen gegenüber der Verarbeitung von Tiernahrung und der Glaube, dass verarbeitetes (gekochtes) Futter ungesund ist.
•  Misstrauen gegenüber der Tiernahrungsindustrie
•  Wunsch, bestimmte Inhaltsstoffe auszuschließen, z. B. Getreide oder Nebenprodukte
•  Wunsch, die Nahrung zu kontrollieren 
•  Wunsch, eine proteinreiche oder für Karnivoren geeignete Nahrung zu füttern
•  Nahrung für bestimmte nutritive Zwecke, für die kommerzielle Nahrungen nicht verfügbar sind, z. B. bei Komorbiditäten oder Unverträglichkeiten gegenüber multiplen Inhaltsstoffen

 

Mindestens eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es einen Zusammenhang zwischen den Bedenken von Tierhaltern hinsichtlich kommerzieller Tiernahrungen und der Praxis der Fütterung zu Hause selbst zubereiteter Nahrungen gibt. So haben Halter, die ihre Tiere zu mindestens 50 % mit nicht-kommerziellen Futterbestandteilen füttern, ein höheres Maß an Bedenken und Zweifel hinsichtlich kommerzieller Tiernahrung, des Herstellungsprozesses dieser Produkte und der Tiernahrungsindustrie insgesamt als Halter, die ihren Tieren mindestens 75 % kommerzielle Produkte anbieten 2. Diese „nicht-kommerziellen“ Fütterer zeigen im Vergleich zu „kommerziellen“ Fütterern auch positivere Einstellungen gegenüber Rohfutter und zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen. Tierhalter, die zu Hause selbst zubereitete Nahrungen füttern, glauben eher, dass industriell verarbeitetes Futter für Tiere ungesund sei, dass durch das Erhitzen lebensnotwendige Nährstoffe zerstört werden und dass biologische Futtermittel sicherer und gesünder sind als konventionelle Produkte. Einige Tierhalter haben auch schlicht Freude daran, das Futter für ihr Tier selbst zuzubereiten, und auch dies könnte ihre Antworten beeinflusst haben 2.

Untersuchungen zufolge sind Befürworter von Rohfutternahrung oft der Auffassung, dass Rohfutter und proteinreiche Nahrungen eine natürlichere Ernährung für Karnivoren darstellen, vergleichbar mit dem, was wild lebende Caniden und Feliden zu sich nehmen 1. In einer Studie mit 218 Haltern, die ihre Hunde mit Rohnahrung fütterten, nannten 26 % als Hauptgrund für diese Art der Fütterung das Respektieren der karnivoren Natur des Hundes, 24 % eine Verbesserung der Gesundheit ihres Tieres, 21 % vorangegangene Probleme ihres Tieres durch kommerzielle Nahrungen, 19 % ein Misstrauen gegenüber kommerzieller Tiernahrung, 6 % die Weigerung ihres Hundes, kommerzielle Tiernahrung zu fressen und 4 % andere Gründe 5. Als Hauptvorteil einer Fütterung von Rohfutter gaben 57 % dieser Hundehalter an, dass sie dadurch eine vollständige Kontrolle über die Nahrung ihres Hundes und deren Zusammensetzung hatten, während 23 % ihre Präferenz für tierische Proteine als Hauptbestandteil der Nahrung als wichtigsten Vorteil nannten. Für 11 % der Hundehalter lag der entscheidende Vorteil darin, dass der Verzehr der einzelnen Mahlzeiten ihrer Wahrnehmung nach länger dauert und der Hund dadurch offensichtlich eine höhere Zufriedenheit empfindet. Nur 3 % der Befragten nannten als wichtigsten Vorteil eine gute Akzeptanz/Schmackhaftigkeit, 1 % das Fehlen von Kohlenhydraten in der Nahrung und 1 % den rohen Zustand der Inhaltsstoffe.

Nicht selten wählen Tierhalter Nahrungen, die sie für schmackhafter und genussreicher für ihr Tier halten

Abbildung 1. Nicht selten wählen Tierhalter Nahrungen, die sie für schmackhafter und genussreicher für ihr Tier halten. 
Credit: Shutterstock 

Zu Hause selbst zubereitete Nahrungen für diätetische Therapien

Heute gibt es zwar eine breite Vielfalt kommerzieller Tiernahrungen für gesunde Tiere und therapeutischer Diätnahrungen für kranke Tiere, dennoch können zu Hause selbst zubereitete Nahrungen sinnvoll sein, wenn im Einzelfall kein geeignetes Produkt für ein individuelles Tier mit spezifischen Problemen verfügbar ist. So kann zum Beispiel ein tierärztlicher Ernährungsexperte für einen Hund mit chronischer Pankreatitis und gleichzeitiger Nierenerkrankung eine geeignete Rezeptur für eine zu Hause selbst zubereitete Nahrung mit niedrigem Fettgehalt und niedrigem Phosphorgehalt zusammenstellen, und in einigen Fällen von Darmerkrankungen wie zum Beispiel einer Lymphangiektasie kann eine spezifisch formulierte Diätnahrung mit einem Fettgehalt, der noch unter dem kommerzieller Nahrungen liegt, hilfreich sein. Zudem zeigen einige Tiere Unverträglichkeitsreaktionen gegenüber mehreren Futtermittelinhaltsstoffen und können von einer speziell auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Diätnahrung profitieren. Und nicht zuletzt können zu Hause selbst zubereitete Nahrungen in einigen Situationen auch schmackhafter sein und somit eine höhere Akzeptanz aufweisen, da Tierhalter (und Tiere) ihre bevorzugten Futtermittelbestandteile selbst wählen können. Besonders hilfreich kann eine hohe Akzeptanz bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung sein, da diese Erkrankung nicht selten mit reduziertem Appetit einhergeht. Eine hohe Akzeptanz der Nahrung kann sich aber auch nachteilig auswirken, wenn es sich um ein Tier mit problematischem Übergewicht handelt.

Postuliert wird darüber hinaus, dass zu Hause selbst zubereitete Nahrungen eine höhere Verdaulichkeit aufweisen können als kommerzielle Trocken- und Feuchtnahrungen, und somit zu besserer Kotqualität und kleineren Kotvolumina führen. Die Verdaulichkeit einer Nahrung wird jedoch von zahlreichen verschiedenen Faktoren beeinflusst wie den Inhaltsstoffen, der Menge und dem Typ der enthaltenen Fasern und den unterschiedlichen Erhitzungsmethoden im Rahmen der Herstellungs- und Verarbeitungsprozesse. Eine Studie bei Katzen, die eine Trockennahrung, eine Rohnahrung und dieselbe Rohnahrung gekocht erhielten, zeigt eine höhere scheinbare Verdaulichkeit der Rohnahrung und der zu Hause selbst zubereiteten Nahrung gegenüber der Trockennahrung 6. Eine weitere Studie verglich die fäkale Verdaulichkeit von zwei Rohnahrungen und einer erhitzten Trockennahrung bei Katzenwelpen und zeigt, dass die Verdaulichkeit der organischen Substanz, der Proteine und der Energie bei den Rohprodukten höher lag und zu kleineren Kotvolumina führte, aber keinen Einfluss auf den Kot-Score hatte 7. In diesen Studien wurden Nahrungen mit einer großen Vielfalt verschiedener Inhaltsstoffe und verschiedener Verarbeitungsprozesse miteinander verglichen, so dass die Effekte der Verarbeitung allein schwierig zu bestimmen sind.

Solange die Verdaulichkeit der Nahrung ausreichend hoch ist, um eine bedarfsgerechte Nährstoff- und Energieversorgung sicherzustellen, ist eine erhöhte Verdaulichkeit nicht notwendigerweise vorteilhaft für alle Tiere. So können übergewichtige Tiere, die eher eine geringere Kaloriendichte benötigen, und Tiere, die einen hohen diätetischen Fasergehalt zur Förderung ihrer Dickdarmgesundheit brauchen, von einem erhöhten diätetischen Faseranteil profitieren, der die Verdaulichkeit herabsetzt. Umgekehrt kann eine hohe Verdaulichkeit ein Vorteil sein für einige Patienten mit bestimmten Dünndarmerkrankungen oder für Patienten, die eine höhere diätetische Kaloriendichte benötigen.

Potentielle Probleme mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen

Nährstoffimbalanzen 

In zahlreichen Fallberichten und Fallserien wird über Probleme berichtet, die infolge der Fütterung nutritiv unausgewogener und/oder nicht vollwertiger zu Hause selbst zubereiteter Nahrungen entstehen können (Tabelle 2). Viele dieser Probleme betreffen im Wachstum befindliche Hunde- oder Katzenwelpen, bei denen Nährstoffimbalanzen besonders kritisch sind, beschrieben werden entsprechende Probleme aber auch bei adulten Hunden und Katzen 8,9. Metabolische Knochenerkrankungen und ernährungsbedingter sekundärer Hyperparathyreoidismus entstehen bei diätetischem Calciummangel oder gestörtem Calcium:Phosphor-Verhältnis (Abbildung 2) und können gleichzeitig mit Rachitis infolge eines Vitamin-D-Mangels auftreten. Bei Hunden, die mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen gefüttert werden, werden Hypovitaminose D, Hypokalzämie, Vitamin-A-Mangel 10, Hyponatriämie, Hypochlorämie, Hyperphosphatämie und Taurinmangel 11 beschrieben. Zudem gibt es Berichte über Skeletterkrankungen bei Katzenwelpen infolge eines Calcium- und/oder Vitamin-D-Mangels im Zusammenhang mit unausgewogenen zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen 12. Pansteatitis infolge der Aufnahme fettreicher Nahrungen mit defizitärem Vitamin-E-Gehalt wird bei Katzen beschrieben, die unausgewogene zu Hause selbst zubereitete Nahrungen erhalten 13. Eine überwiegend aus Leber bestehende Ernährung kann bei Katzen zu Hypervitaminose A führen, die irreversible, ausgedehnte Osteophyten und Exostosen hervorruft, die zu Schmerzen und Lahmheit führen. Klar ist aber auch, dass viele in der tierärztlichen Praxis auftretende ernährungsbedingte Fälle nicht in wissenschaftlichen Berichten erfasst werden, so dass die tatsächliche Prävalenz dieser Störungen nicht bekannt ist.

Tabelle 2. Häufige Nährstoffmängel bei zu Hause selbst zubereiteten Erhaltungsnahrungen.

•  Calcium
•  Vitamin D
•  Zink
•  Essentielle Fettsäuren (Linolsäure, Omega-3-Fettsäuren)
•  Vitamin E
•  Cholin
•  Kupfer
•  Eisen
•  Thiamin
•  Mangan
•  Selen

 

Dorsoventrale Röntgenaufnahme des Schädels eines Hundes mit chronischer Nierenerkrankung, der mit einer nährstoffdefizitären, zu Hause selbst zubereiteten Nahrung gefüttert wurde

Abbildung 2. Dorsoventrale Röntgenaufnahme des Schädels eines Hundes mit chronischer Nierenerkrankung, der mit einer nährstoffdefizitären, zu Hause selbst zubereiteten Nahrung gefüttert wurde. Die Folge ist ein nutritiver sekundärer Hyperparathyreoidismus und wahrscheinlich auch ein sekundärer renaler Hyperparathyreoidismus. Generalisierte Osteopenie mit Verdünnung einiger Kortizes.
Credit: Dr Pauline Jamieson, VetsNow Referrals 

Nährstoffanalysen von Rezepten zu Hause selbst zubereiteter Nahrungen

Mehrere Studien analysierten Rezepturen von zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen, und sämtliche dieser Untersuchungen berichten über Mängel in den meisten der veröffentlichten Rezepte 14,15,16 (Abbildung 3). Eine Studie über 200 Rezepturen für zu Hause selbst zubereitete Erhaltungsnahrungen für Hunde (64,5 % von Tierärzten geschrieben und 35,5 % von Nicht-Tierärzten) aus 34 Quellen kam zu dem Ergebnis, dass die meisten nutritiv nicht vollwertig waren 14. In 92 % dieser Rezepturen wurden vage oder unvollständige Instruktionen festgestellt (z. B. bezüglich Zutaten, Zubereitungsmethode und Supplementen), und bei 29 % fehlten Supplemente. Die Kalorien pro Rezept schwankten zwischen 380 und 16348 kcal, und während in 95 % der Rezepturen mindestens ein essentieller Nährstoff unterhalb der Empfehlungen in den NRC*- oder AAFCO**-Leitlinien lag, wiesen 83,5 % sogar multiple Mängel auf. Am häufigsten festgestellt wurden Mängel von Vitamin D, Vitamin E, Zink, Cholin, Kupfer, Omega-3-Fettsäuren und Calcium. Eine Untersuchung von 114 zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen für Katzen fand ähnliche vage und unzureichende Instruktionen sowie verschiedenste Nährstoffmängel, insbesondere an Cholin, Eisen, Thiamin, Zink, Mangan, Vitamin E und Kupfer. Keine dieser Rezepturen erfüllte die Nährstoffempfehlungen des NRC 16.

* NRC = National Research Council
** AAFCO = Association of American Feed Control Officials

Im Bereich der therapeutischen Diätnahrungen berichtet eine weitere Studie, dass keines der analysierten 67 Rezepte für zu Hause selbst zubereitete Nierendiätnahrungen für Hunde und Katzen (aus veterinärmedizinischen Dokumenten, Tierhalterbüchern und Webseiten) sämtliche NRC-Nährstoffempfehlungen erfüllte. Häufig lag ein Mangel an Aminosäuren vor, und zahlreiche Rezepturen wiesen niedrige Gehalte an Cholin, Selen, Zink und Calcium auf 17. Ein Bericht beschreibt 18 Hunde mit chronischer Nierenerkrankung (CNE) und Hyperkaliämie, die mit kommerziellen therapeutischen Nierendiätnahrungen gefüttert worden waren; nach der Umstellung auf eine kaliumreduzierte zu Hause selbst zubereitete Nierendiätnahrung, die unter der Aufsicht eines Board-zertifizierten tierärztlichen Ernährungsexperten formuliert worden war, kehrten die Kaliumkonzentrationen bei allen Hunden außer einem innerhalb von 14 Tagen in den Normalbereich zurück 18.

Viele veröffentlichte Rezepturen verwenden unspezifische Vitamin- und Mineralstoffsupplemente. Bei diesen Produkten variiert jedoch die Zusammensetzung, und die meisten für Kleintiere vermarkteten Ergänzungsfuttermittel sind nicht für eine Verwendung in zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen formuliert. Zudem können einige Nahrungsergänzungsmittel für Menschen zu hohe Vitamin D-Mengen für Hunde und Katzen aufweisen. Nahrungsergänzungen für Menschen enthalten darüber hinaus in der Regel kein Taurin, das für Katzen essentiell ist und in zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen möglicherweise nicht in ausreichender Menge enthalten ist. So zeigt zum Beispiel eine Studie, dass Proben ganzer Kaninchenkaskassen, die für Katzennahrung verwendet werden, keine der Nährstoffempfehlungen bezüglich Taurin erfüllten und Tauringehalte aufwiesen, die lediglich zwischen 20 und 90 % der empfohlenen Mindestwerte lagen 19.

Vielfach wird davon ausgegangen, dass eine Rotation verschiedener Formulierungen zu einer vielfältigeren Zufuhr von Nährstoffen führt, die etwaige Mängel in einzelnen dieser Nahrungen kompensiert. Eine Studie, die den Effekt einer rotierenden Anwendung von sieben separaten Rezepturen analysierte, zeigt jedoch, dass Nährstoffmängel durch eine solche Fütterungspraxis nicht behoben wurden 14. Da viele Rezepturen für zu Hause selbst zubereitete Nahrungen ganz ähnliche Mängel aufweisen (z. B. Zinkmangel), führt auch eine alternierende oder rotierende Anwendung unterschiedlicher Rezepturen letztlich nicht zu einer vollwertigen und ausgewogenen Ernährung. 

Abbildung 3. Ergebnisse einer Computeranalyse mit Hilfe der Software BalanceIt®.com zur Beurteilung einer Rezeptur aus dem Internet für eine zu Hause selbst zubereitete Nahrung für einen adulten Hund auf der Basis von Pute, Reis und gemischtem Gemüse. Die grauen Zahlen zeigen ausreichende Gehalte der jeweiligen Nährstoffe an, die roten Zahlen zeigen an, welche Nährstoffe defizitär sind.
Credit: Balanceit.com 

Nährstoff % des Bedarfs Menge
(pro Mcal)
Spanne
Protein 170,4 % 76,702 g 45 bis (kein Max.) g
Arginin 434,1 % 5,556 g 1,28 bis (kein Max.) g
Histidin 458,9 % 2,203 g 0,48 bis (kein Max.) g
Isoleucin 362,9 % 3,448 g 0,95 bis (kein Max.) g
Leucinne 364,6 % 6,199 g 1,7 bis (kein Max.) g
Lysin 391,3 % 6,182 g 1,58 bis (kein Max.) g
Methionin 246,8 % 2,049 g 0,83 bis (kein Max.) g
Methionin - Cystin 176,0 % 2,869 g 1,63 bis (kein Max.) g
Phenylalanin 276,2 % 3,121 g 1,13 bis (kein Max.) g
Phenylalanin - Tyrosin 312,2 % 5,776 g 1,85 bis (kein Max.) g
Threonin 283,2 % 3,398 g 1,2 bis (kein Max.) g
Tryptophan 218,8 % 0,875 g 0,4 bis (kein Max.) g
Valin 301,4 % 3,707 g 1,23 bis (kein Max.) g
Gesamtfett   189,7 % 26,181 g 13,8 bis (kein Max.) g
Kohlenhydrate 100,0 % 114,014 g 0 bis (kein Max.) g
Cholin 81,4 % 273,063 mg 335,429 bis (kein Max.) mg
Folsäure 162,3 % 87,653 mcg 54 bis kein Max. µg
Niacin 780,7 % 26,543 mg 3,4 bis (kein Max.) mg
Pantothensäure 132,6 % 3,978 mg 3 bis (kein Max.) mg
Riboflavin 69,6 % 0,905 mg 1,3 bis (kein Max.) mg
Thiamin 124,2 % 0,696 mg 0,56 bis (kein Max.) mg
Vitamin A
185,5 % 695,680 mcg 375 bis 18750 µg
Vitamin B12 41,7 % 0,003 mg 0,007 bis (kein Max.) mg
Vitamin B6 549,0 % 2,086 mg 0,38 bis (kein Max.) mg
Vitamin E 11,8 % 1,477 IU 12,5 bis (kein Max.) IU
Calcium 14,3 % 0,179 g 1,25 bis 6,25g
Chlorid 219,0 % 0,657 g 0,3 bis (kein Max.) g
Kupfer 49,5 % 0,906 mg 1,83 bis (kein Max.) mg
Iod 0,0 % 0,000 mg 0,25 bis 2,75 mg
Eisen 73,7 % 7,368 mg 10 bis (kein Max.) mg
Magnesium 181,5 % 0,272 g 0,15 bis (kein Max.) g
Mangan 328,7 % 4,102 mg 1,25 bis (kein Max.) mg
Phosphor 97,6 % 0,976 g 1 bis 4 g
Kalium 86,3 % 1,295 g 1,5 bis (kein Max.) g
Selen 126,2 % 0,101 mg 0,08 bis 0,5 mg
Natrium 146,0 % 0,292 g 0,2 bis (kein Max.) g
Zink 52,9 % 10,580 mg 20 bis kein Max. mg
Ca:P Verhältnis  100,0 % 0,183 0 bis 2 n/a
EPA + DHA 100,0 % 0,042 g 0 bis 10,53 g
Vitamin D 14,0 % 17,642 IU 125 bis 750 IU

 

Formulierungen und Rezepturen von zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen

Selbst bei gut formulierten Nahrungen können Nährstoffimbalanzen auftreten, da die letztlich gefütterte Ration nur dann mit der Computerrezeptur übereinstimmt, wenn die tatsächlich verwendeten Inhaltsstoffe und Zutaten mit den in der Datenbasis verzeichneten Inhaltsstoffen übereinstimmen. Eine Studie zeigt zwar eine gute Übereinstimmung zwischen der chemischen Analyse von Nahrungen und der entsprechenden Computeranalyse 14, Tierhalter wählen unter Umständen aber nicht exakt die empfohlenen Inhaltsstoffe, und zum Beispiel kann der Fettgehalt von Hackfleisch unterschiedlicher Art und Herkunft in beträchtlichem Maße variieren. Von noch größerer Relevanz ist in diesem Zusammenhang, dass Tierhalter die Rezepturen nicht selten nach eigenem Ermessen modifizieren – ein Phänomen, das auch als „Recipe Drift“ oder „Diet Drift“ bezeichnet wird. Diese Modifikationen können Veränderungen von Mengen umfassen, das Hinzufügen, Weglassen oder Ersetzen von Inhaltsstoffen oder das Weglassen oder Veränderung von Supplementen. Jede dieser Abweichungen kann die nutritive Zusammensetzung einer Nahrung verändern und sie dadurch potenziell ungeeignet machen.

Nutritive Probleme werden aber auch in kommerziellen Tiernahrungen festgestellt, zum Beispiel wurden Thiaminkonzentrationen (Vitamin B1) unterhalb des AAFCO-Mindestwertes in 12 von 90 Dosennahrungen für Katzen in den USA gefunden, insbesondere in Pâtés und Produkten kleinerer Hersteller 20. Zudem gab es Rückrufe kommerzieller Kleintiernahrungen aufgrund eines überschüssigen Vitamin-D-Gehaltes, dessen Ursache zum Beispiel in einem Fehler bei einer für Hundenahrung verwendeten Vormischung liegen kann. Solche Fehler sollten im Rahmen der Qualitätskontrolle der Hersteller zuverlässig entdeckt werden und zu konsequenten Rückrufen betroffener Chargen führen. Die Gefahr solcher Imbalanzen unterstreicht die wichtige Bedeutung von Qualitätskontrollen und regelmäßiger nutritiver Analysen von Tiernahrung. Hier liegt ein inhärenter Nachteil von zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen, da es entsprechende Qualitätskontrollen vor, während und nach der Zubereitung nicht gibt, und weil die entsprechenden Rezepturen im Unterschied zu denen kommerzieller Tiernahrungen in der Regel nicht auf ihre Nährstoffbalance und ihre Nährstoffsicherheit geprüft werden. Im Grunde genommen findet mit zu Hause selbst zubereiteten Nahrungen unter diesen Voraussetzungen ein „Fütterungsversuch“ am individuellen Tier statt. Selbst wenn ein Tierhalter die Nahrung korrekt auswählt und die Rezeptur nicht verändert, kann eine exakte Übereinstimmung mit der Datenbasis nicht garantiert werden, insbesondere nicht über einen längeren Zeitraum, da Lieferanten die verfügbaren Zutaten und Inhaltsstoffe verändern können. Besonders wichtig ist dieser Aspekt bei Tieren, die zu Hause selbst zubereitete therapeutische Diätnahrungen erhalten, da entsprechende Abweichungen das gesamte Krankheitsmanagement beeinflussen können.

Kosten 

Einige Tierhalter bevorzugen zu Hause selbst zubereitete Nahrungen, weil sie glauben, dadurch Geld sparen zu können. Eine Studie zeigt jedoch, dass vollwertige, zu Hause selbst zubereitete Nahrungen für Hunde in der Regel teurer sind als kommerzielle Trockennahrungen, im Vergleich zu einigen Dosennahrungen allerdings auch billiger sein können 21.

Risiken von Rohnahrung

Zu Hause selbst zubereitete Nahrungen können Produkte auf Rohfleischbasis und Knochen enthalten. Das Kauen großer Knochen liefert aber kein ausreichendes diätetisches Calcium, kann Plaque und Parodontitis nicht verhindern und kann Zahnfrakturen hervorrufen. Nahrungen auf Rohfleischbasis – ob zu Hause selbst zubereitet oder kommerziell – können aufgrund potenzieller Kontaminationen mit pathogenen Keimen ein Gesundheitsrisiko für Hunde, für Katzen und für deren Halter darstellen. Gelegentlich wird dies zwar auch bei kommerziellen, erhitzten Trockennahrungen beschrieben, es handelt sich hierbei aber um ein eher ungewöhnliches Problem, da solche Produkte bei der Herstellung hohen Temperaturen ausgesetzt werden, die Bakterien in aller Regel zuverlässig abtöten. Sogar noch unwahrscheinlicher ist eine mikrobielle Kontamination bei ungeöffneter Dosennahrung, da diese Produkte in der Dose sterilisiert werden. Sehr viel wahrscheinlicher ist eine mikrobiologische Kontamination dagegen bei Rohfutternahrungen, wie schon vielfach an anderer Stelle berichtet. Zahlreiche Studien stellen zum Beispiel fest, dass einige kommerzielle tiefgefrorene oder gefriergetrocknete Rohnahrungen für Tiere mit verschiedensten pathogenen bakteriellen und parasitären Zoonoserregern kontaminiert sind 22,23.

Welcher prozentuale Anteil von zu Hause selbst zubereiteten Rohnahrungen tatsächlich kontaminiert ist, wissen wir nicht, da diese nicht überwacht werden. Gut bekannt ist dagegen die Prävalenz der Kontaminationen von Fleisch- und Geflügelprodukten für den menschlichen Verzehr. Eine Meta-Analyse von 78 Studien aus 21 europäischen Ländern zeigt, dass Staphylococcus aureus der häufigste pathogene Keim war und in 38,5 % der Geflügelfleischproben (Spanne 25,4-53,4 %) nachgewiesen wurde, gefolgt von Campylobacter spp. in 33,3 % der Proben (22,3-46,4 %). Eine geringere Prävalenz zeigten Listeria monocytogenes und Salmonella spp. mit 19,3 % (14,4-25,3 %) bzw. 7,1 % (4,60-10,8 %) 24.

Ein wichtiger Punkt ist, dass Tierhalter bei mit kontaminierter Rohnahrung gefütterten Tieren möglicherweise keine offensichtlichen klinischen Symptome einer bakteriellen Infektion beobachten, die betroffenen Tiere aber dennoch pathogene Erreger über den Kot und über den Speichel ausscheiden können. Die Ausscheidung pathogener Erreger über den Kot stellt eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar, ist aber auch ein Risiko für die Haushaltsmitglieder, und hier insbesondere für immunkompromittierte, jüngere oder ältere Menschen sowie für schwangere Frauen. Rohfütterung kann darüber hinaus auch zu bakterieller Antibiotikaresistenz beitragen. Bei Hauskatzen wurden Rohnahrungen als Risikofaktoren für die Ausscheidung von Extended-Spectrum Beta-Lactamasen-bildenden Enterobacteriaceae identifiziert 25.

Diskussion der Nahrungswahl mit den Tierhaltern

Für Tierhalter kann die Wahl der Nahrung ihrer Hunde oder Katzen mit starken Emotionen verknüpft sein, so dass sich die Diskussion des Themas Ernährung für den Tierarzt als eine große Herausforderung erweisen kann. Wichtig im Rahmen der Beurteilung der Ernährungssituation eines Tieres sind gezielte Fragen zur Fütterung und eine unvoreingenommene Diskussion über die Gründe des Tierhalters für seine Wahl der Nahrung (Abbildung 4). Tierhalter haben zum Teil fehlerhafte Informationen über Inhaltsstoffe oder die Herstellung und Verarbeitung kommerzieller Tiernahrungen, und können ihre „Daten“ und „Fakten“ aus tendeziösen Onlinequellen oder Büchern beziehen. Es kann also durchaus ratsam sein, Tierhalter zunächst zu fragen, ob sie mehr Information und Beratung bezüglich der Ernährung ihres Tieres wünschen. Insbesondere, wenn die gegenwärtig gefütterte Nahrung nicht vollwertig und nicht ausgewogen ist, was Studien zufolge bei den meisten Rezepturen für zu Hause selbst zubereitete Nahrungen der Fall ist, können fundierte Informationen über den Ernährungsbedarf des Tieres sehr hilfreich sein. Und wenn Risiken für eine ernährungsbedingte Erkrankung bestehen (z. B. ein sekundärer nutritiver Hyperparathyreoidismus bei einem jungen Tier) oder wenn eine solche Erkrankung bereits vorliegt, besteht durchaus eine gewisse Dringlichkeit, die Ernährung zeitnah zu korrigieren. Visuelle und schriftliche Informationen sind dabei oft sehr viel wirksamer als eine ausschließlich mündliche Beratung, an die sich Tierhalter später möglicherweise nicht richtig erinnern oder die schlicht falsch interpretiert wird.

Das Praxisteam sollte aber stets berücksichtigen, dass Tierhalter ihre Fütterungswahl sehr wahrscheinlich deshalb treffen, weil sie hoffen, dass diese im besten Interesse ihres Tieres ist. Positive Aspekte der Versorgung und Pflege eines Tieres durch den Tierhalter sollten deshalb in jedem Fall festgestellt und anerkannt werden. Denn wenn Tierhalter spüren, dass sie wegen der schlechten Versorgung ihres Tieres auf der Anklagebank sitzen oder verurteilt werden, besteht die Gefahr, dass sie eine Abwehrhaltung einnehmen und die erforderlichen Fütterungsumstellungen dann umso weniger umsetzen. Signalisiert ein Tierhalter seine Bereitschaft, eine Umstellung der Ernährung in Erwägung zu ziehen, sollte ein klarer Plan für den Übergang von der bisherigen Fütterung zu einer vollwertigen und ausgewogenen Nahrung erstellt werden. Dieser Plan kann mehrere Optionen aufzeigen, wie z. B. die Umstellung der Fütterung auf eine kommerzielle Nahrung, die Anwendung eines speziellen Programms von einer angesehenen Webseite (z. B. Balanceit.com), oder die Überweisung an einen Fachtierarzt für Tierernährung und Diätetik. 

Eine Beurteilung der Ernährungssituation, einschließlich einer Diskussion der aktuellen Fütterung des Tieres

Abbildung 4. Eine Beurteilung der Ernährungssituation, einschließlich einer Diskussion der aktuellen Fütterung des Tieres, sollte integraler Bestandteil jeder Konsultation sein.
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Schlussfolgerung

Nicht selten entscheiden sich Tierhalter für zu Hause selbst zubereitete Nahrungen für ihren Hund oder ihre Katze, weil sie glauben, dass diese die gesündeste – oder möglicherweise einzige – verfügbare Wahl sind. Tierhalter sollten sich aber nicht nur über die möglichen oder vermeintlichen Vorteile einer solchen Fütterungspraxis im Klaren sein, sondern auch über die potenziellen Risiken. Letztlich sollte jede Nahrung so sicher wie möglich vor pathogenen Erregern sein und muss eine vollwertige und ausgewogene Ernährung des Tieres sicherstellen, einschließlich der Versorgung mit geeigneten Supplementen. Tierärzte sollten anstreben, in jede Konsultation auch eine Ernährungsberatung einfließen zu lassen, da die Vernachlässigung dieses wichtigen Themenfeldes zur Entstehung ernährungsbedingter Erkrankungen führen kann, und zwar sowohl kurzfristig als auch in der längerfristigen Perspektive.

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Marjorie Chandler

Marjorie Chandler

Dr. Chandler erwarb den Grad des BS an der California State University und den Grad des MS sowie den Grad des DVM an der Colorado State University (CSU). Mehr lesen

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