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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 1 Kommunikation

Warum in Kommunikation investieren (Teil 5)

veröffentlicht 13/02/2020

Geschrieben von Miguel Ángel Díaz , Iván López Vásquez , Cindy Adams und Antje Blättner

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Português , Română , Español und English

„Erkenne dich selbst“, wie Sokrates sagte. In diesem letzten Abschnitt werden die „Auslöser“ unserer Verhaltensweisen diskutiert, sowie die Art und Weise, wie wir sie kontrollieren können.

Warum in Kommunikation investieren (Teil 5)

Kernaussagen

Es gibt eine Reihe von externen und internen Stimuli, die einen starken Einfluss auf die Art und Weise haben, wie wir kommunizieren. Die Qualität unserer Kommunikation hängt von der Brücke ab, die wir zwischen diesen Stimuli und unserer Antwort bauen.


Trigger in der Kommunikation

Einleitung

Frau Schmidt kommt in die Praxis und fragt: „Ist denn niemand da?“ Christina, die TFA, steht hinter der Rezeption, schaut Frau Schmidt in die Augen und fragt sie sehr ernst: „Bin ich etwa niemand?“.

„Mädchen, ich wollte nur fragen, ob ein Tierarzt verfügbar ist, was ist denn mit Ihnen los?“ fragt Frau Schmidt mit gehobener Stimme.

„Ich bin kein Mädchen, ich bin eine verheiratete Frau und Mutter von zwei Kindern. Und Guten Morgen erst einmal, falls es Ihnen entgangen sein sollte, dass Sie nicht einmal Hallo gesagt haben als Sie hereingekommen sind.“ antwortet Christina. 

Abbildung 1. Seien Sie sich darüber im Klaren, dass Ihre Körpersprache und Ihre Tonlage Ihre negativen Emotionen verraten, egal was Sie sagen. © Manuel Fontègne
Abbildung 1. Seien Sie sich darüber im Klaren, dass Ihre Körpersprache und Ihre Tonlage Ihre negativen Emotionen verraten, egal was Sie sagen. © Manuel Fontègne

Ab hier eskaliert der Konflikt schrittweise, bis Frau Schmidt schließlich verärgert die Praxis verlässt und Christina vor Wut und Frustration Tränen in den Augen hat. Christina ist sich bewusst, dass es falsch war, so überzureagieren, sie war in diesem Moment aber nicht in der Lage, sich unter Kontrolle zu halten (Abbildung 1).

Es gibt eine ganze Reihe externer und interner Stimuli, die einen starken Einfluss darauf haben, wie wir kommunizieren. Die Qualität unserer Kommunikation ist letztlich abhängig von der Brücke, die wir zwischen diesen Stimuli und unserer Antwort bauen.

Welche sind nun diese Stimuli oder Trigger, auf die wir achten müssen?

Externe Trigger

Bitte stellen Sie sich folgende Fragen, um die kommunikative Situation in Ihrer eigenen Praxis zu beurteilen 1 2.

1. Umweltaspekte

Sorgen die Rahmenbedingungen dafür, dass die Kommunikation mit den Kunden flüssig verläuft, sodass die Kunden besser informiert werden, mehr lernen und sich wohl und respektiert fühlen?

Einige Beispiele:

  • Ist der Parkplatz sauber und gibt es freie Parkplätze?
  • Werden Kunden an der Rezeption immer mit einem Lächeln und einer Begrüßung für ihr Tier empfangen?
  • Gibt es im Wartezimmer Informationen zum Handling und zur Fütterung von Tieren?
  • Können Hunde und Katzen räumlich getrennt werden, so dass sie sich nicht gegenseitig stören?
  • Gibt es im Behandlungsraum didaktisches Anschauungsmaterial, wie zum Beispiel anatomische Modelle und ein Whiteboard, um Dinge zu erläutern?
  • Stelle ich sicher, dass Patienten nicht im Rezeptionsbereich oder zwischen Tür und Angel untersucht werden?

 (Siehe Veterinary Focus Sonderausgabe „Verbesserung der Kundenerfahrung in Ihrer Praxis“) 

Abbildung 2. Eine gute Stimmung und eine positive Einstellung haben einen großen Einfluss auf Ihre Interaktionen mit Kunden (Franklin Covey “Carry your own Weather”) ( 3 ). © Manuel Fontègne
Abbildung 2. Eine gute Stimmung und eine positive Einstellung haben einen großen Einfluss auf Ihre Interaktionen mit Kunden (Franklin Covey “Carry your own Weather”) ( 3 ). © Manuel Fontègne

2. Zeit

Ist Ihre Laune morgens dieselbe wie am Nachmittag? Haben Sie am Anfang Ihres Arbeitstages bessere Laune als gegen Ende? Sind Sie besonders fröhlich und optimistisch, wenn der Arbeitstag zu Ende geht?

Fragen Sie sich selbst… „Wenn ich rechtzeitig in die Praxis komme, erscheine ich entspannter, ich grüße Menschen, ich lächle und höre besser zu. Wenn ich dagegen verspätet und abgehetzt ankomme, lächle ich nicht und nehme mir nicht die Zeit, um Menschen zu grüßen. Dann übertrage ich meinen Stress auf mein Umfeld und mache Kommunikation schwieriger.“

3. Bestimmte Individuen

Einige Tierärzte und Praxismitarbeiter werden sehr gestresst, wenn sie mit bestimmten Kunden umgehen, wie das oben beschriebene Beispiel von Frau Schmidt zeigt. Andere scheinen wiederum extrem empathisch, wenn es sich um einen älteren oder sehr jungen Kunden handelt.

Können Sie einen Kundentypus erkennen, der Ihnen hilft, sich bei der Kommunikation von Ihrer besten Seite zu zeigen oder der dies umgekehrt verhindert?

Gibt es Zeitgenossen, die die Dinge einfacher oder schwieriger machen für Sie? Ein weinerlicher Nörgler, der erzählt, wie unfair das Leben zu ihm ist? Vielleicht ein Angestellter oder ein Chef, der nie zufrieden ist und permanent nach mehr verlangt?

4. Die unmittelbare Vergangenheit

Hat sich in unmittelbarer Vergangenheit irgendetwas ereignet, das Ihre Kommunikation fördern oder behindern könnte? So könnten Sie zum Beispiel immer noch angespannt sein nach einer schwierigen Operation und zu schnell sprechen. Wenn Sie mit einem verärgerten Kunden gesprochen haben, versuchen Sie zunächst, eine kleine Pause einzulegen, bevor Sie den nächsten Patienten hereinrufen. Fragen Sie sich Folgendes: „Bin ich in der Lage, mich von meiner besten Seite zu zeigen, nachdem, was gerade geschehen ist?“

5. Stimmung

Unser limbisches System scannt unsere Umwelt fünf Mal pro Sekunde nach Signalen: „Bin ich sicher oder bin ich in Gefahr?“

Unsere verbale Sprache und unsere Körpersprache senden Botschaften, die von unseren Kunden aufgenommen und analysiert werden, um feinste Signale zu entdecken und dann zu entscheiden, ob es eine gute Idee ist, zu bleiben oder nicht (Abbildung 2). Achten Sie also auf Ihre Stimmung und seien Sie sich der Signale bewusst, die Sie an Ihre Kunden senden!

Beispiele für gute Signale: Gehen mit guter Körperhaltung, ruhig, lächelnd, deutlich sprechend, ohne über Ihre Worte zu stolpern. Halten Sie Augenkontakt, während Sie sprechen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass wir durch Veränderung unserer Körperhaltung unsere Stimmung ändern können 4. (Tabelle 1) zeigt einige Beispiele. 

 Externe Trigger Positiv Negativ
Umweltaspekte
  • Rezeption ist sauber
  • Katzen und Hunde sind voneinander getrennt
  • Whiteboard im Sprechzimmer für Erläuterungen
  • Verschmutzte und chaotische Rezeption
  • Übler Geruch; Hunde, die Katzen verbellen…
  • Keine Hilfsmittel zur Verbesserung der Erklärungen für Kunden
Zeit
  • Frühe Ankunft in der Praxis
  • Frühe Ankunft zu Terminen
  • Kurze Pausen
  • Späte Ankunft in der Praxis
  • Zu spät kommen zu Terminen
  • Gehetzte Konsultationen
Bestimmte Individuen
  • Nette Kunden
  • Hilfreiche Mitarbeiter
  • Übermäßig fordernde Kunden
  • Übermäßig fordernde Mitarbeiter oder Chefs
  • Jammernde Nörgler, Menschen, die sich immer als Opfer sehen.
Unmittelbare Vergangenheit
  • Gerade erst gelobt worden
  • Erfolgreiche Konsultation
  • Gerade erst eine Beschwerde entgegengenommen
  • Unerwarteter Misserfolg bei der gerade durchgeführten Operation
Stimmung
  • Selbst lächeln und andere lächeln sehen
  • Aufrecht und erhobenen Hauptes gehen
  • Langsam atmen
  • Augenkontakt vermeiden
  • Gebeugt gehen
  • Übermäßig leise oder laut sprechen

Tabelle 1. Beispiele positiver und negativer Trigger.

Interne Trigger

Es gibt einige „interne Trigger“, die unsere Stimmung beeinflussen, und die wir beachten sollten, um Interaktionen positiver zu gestalten (Abbildung 3). 

Abbildung 3. Sie sind verantwortlich für die Stimmung während der Kommunikation: Stellen Sie sicher, dass Sie in einen Circulus virtuosus eintreten. © Sandrine Fontègne
Abbildung 3. Sie sind verantwortlich für die Stimmung während der Kommunikation: Stellen Sie sicher, dass Sie in einen Circulus virtuosus eintreten. © Sandrine Fontègne

1. Etikettierung unserer Kunden vermeiden

Wenn wir jemandem ein Etikett verpassen, trainieren wir unser Gehirn (das neuroplastisch ist und sehr schnell lernt), dass wir „überall schwierigen Kunden begegnen“. Dies prädisponiert uns für konfrontative Interaktionen auf der Basis unserer Vorurteile und ist natürlich nur selten hilfreich.

Wenn Sie zum Beispiel Frau Klawupke, diese Besitzerin einer 15 Jahre alten Katze mental als eine komplizierte Kundin abstempeln, die nie etwas versteht und andauernd zu viel redet, so transportieren Sie diese Haltung unbewusst mit Ihrer nonverbalen Sprache, wenn Sie mit dieser Kundin kommunizieren. Und sehr wahrscheinlich nimmt diese Kundin dann wahr, dass Sie nonverbale Botschaften senden, die nicht mit Ihren Worten übereinstimmen.

2. Mehr als mit schwierigen Kunden haben wir es mit „schwierigen Interaktionen“ zu tun

Diese Unterscheidung zwischen „schwieriger Kunde“ und „schwierige Interaktion“ ist fundamental, um mit einer positiven Prädisposition in eine Konversation zu gehen, unabhängig davon, welches Thema besprochen werden muss. Die häufigsten Ursachen schwieriger Interaktionen sind:

  • Der Tierarzt hört dem Kunden nicht richtig zu.
  • Mangel an Flexibilität (Empathie, Mitgefühl, Aufgeschlossenheit) auf Seiten eines oder beider Gesprächspartner.
  • Nicht übereinstimmende Erwartungen zwischen dem, was der Kunde will und dem, was der Tierarzt/ TFA denken oder tun könnte.
  • Und schließlich kein Erfolg, zum Beispiel, wenn sich der Besitzer eine Behandlung nicht leisten kann oder wenn das Tier nicht wie erwartet auf die Behandlung anspricht.

3. Sind schwierige Interaktionen häufiger in unserem Beruf oder sind sie ein Produkt unseres „Aufmerksamkeitsfokus“?

Denken Sie eine Minute lang darüber nach... wenn Sie alles, was Sie in Ihrer Karriere bisher erlebt haben, Revue passieren lassen, haben Sie dann das Gefühl, dass es in unserem Beruf mehr gute Momente oder mehr schlechte Momente mit Kunden gibt? Lautet Ihre Antwort, dass es mehr schlechte als gute Momente gibt, fragen Sie sich: Sind die schlechten Momente wirklich häufiger? Oder selektieren Sie die schlechten Momente, geben Ihnen mehr Aufmerksamkeit und erinnern sich eher daran, so dass sie gefühlt intensiver werden, Ihre Gedanken dominieren und verhindern, dass Sie die zahlreichen guten und schönen Momente in Ihrem Job wertschätzen?

Berücksichtigen müssen wir in diesem Zusammenhang insbesondere die Kraft des Fokussierens auf das Positive als ein wirksamer Modellierer der Art und Weise, wie unser Gehirn seine Umgebung betrachtet (positiver Erklärungsstil).

4. In unseren Sprechstunden gibt es mindestens drei Teilnehmer

Diese drei Teilnehmer sind der Besitzer, sein Tier und der Tierarzt bzw. die TFA. Als Tierärzte bzw. TFAs müssen wir dem Tier und dem Tierbesitzer unsere Aufmerksamkeit, unseren Respekt und unsere Zusammenarbeit anbieten. Dies ist wichtig, da unsere Kunden permanent beobachten und scannen, wie viel Fürsorge, Mitgefühl und Liebe wir ihrem „Kind“ widmen.

5. Interaktionen sind „flexibel“

Wenn ein Gespräch schlecht verläuft, kann es immer noch gut enden. Wir müssen eine solche Situation als eine Herausforderung begreifen und Werkzeuge anwenden, mit deren Hilfe wir ein negatives Szenario umkehren können, um so ein letztlich für alle Beteiligten günstiges Ergebnis zu erzielen.

Literatur

  1. Bungay Stanier M. The Coaching Habit, 2016 Box of Crayons Press.

  2. Goldsmith M. “Triggers. Sparking positive change and making it last”, 2015, Profile Books.

  3. https://www.franklincovey.com/blog/2017/9/29/carry_your_own_weath.html

  4. Cuddy A. “Presence”, 2016, Orion Publishing Group Ltd.

Miguel Ángel Díaz

Miguel Ángel Díaz

Miguel Ángel Díaz erhielt seine tierärztliche Approbation 1990. Nach Tätigkeiten in verschiedenen tierärztlichen Kliniken eröffnete er 1992 seine eigene Klinik Mehr lesen

Iván López Vásquez

Iván López Vásquez

Iván López Vásquez stammt aus einer Tierarztfamilie, sein Vater und sein älterer Bruder teilen dieselbe Leidenschaft. Er schloss sein Tiermedizinstudium 1991 Mehr lesen

Cindy Adams

Cindy Adams

Cindy Adams ist Professorin am Department of Veterinary Clinical and Diagnostic Sciences an der University of Calgary, Veterinary Medicine, Mehr lesen

Antje Blättner

Antje Blättner

Dr. Blaettner wuchs in Südafrika und Deutschland auf und graduierte 1988 nach dem Veterinärmedizinstudium in Berlin und München. Mehr lesen

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