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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 1 Kommunikation

Die smarte Konsultation (Teil 3)

veröffentlicht 02/04/2020

Geschrieben von Miguel Ángel Díaz , Iván López Vásquez , Cindy Adams und Antje Blättner

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Polski , Português , Română , Español und English

Dieser letzte Abschnitt befasst sich mit der Bedeutung der Pädagogik. Er erläutert außerdem die ideale Struktur für eine Konsultation in drei einzelnen Phasen. Und schließlich diskutieren wir die schwierigen Situationen, denen der Tierarzt ausgesetzt sein kann, insbesondere der besten Einstellung zu emotionaler Erpressung.

Die smarte Konsultation (Teil 3)

Kernaussagen

Wenn der Kunde bei der Entscheidungsfindung miteinbezogen wird, fühlt er sich verpflichtet, aktiv bei der Behandlung seines Tieres mitzuwirken.


Der erste Schritt ist die Veränderung der inneren Einstellung vom allwissenden, diktatorischen „Halbgott in Weiß“ hin zum fürsorglichen, interaktiven „Gesundheits-Partner“.


 Der beste Partner für den Kunden ist ein empathischer Tierarzt, der immer das Ziel vor Augen hat, für jeden Kunden und sein Tier die optimale Lösung zu finden.


Wenn Kunden Extrawürste auf Verlangen bekommen, wird diese Kundengruppe stetig wachsen.


Erklären und Beteiligen

Für eine gelungene Konsultation sind nicht nur ein Warm-Up, eine gute Beziehungsebene, die richtigen Fragen und Antworten sowie Zuhören und Feedback immens wichtig. Es zählt aber auch, ob und wie es dem Tierarzt gelingt, seine Befunde und Therapie so zu erklären, dass der Kunde sie versteht und sein OK dazu gibt.

Und das „Sahnehäubchen“ dabei ist, wenn der Kunde bei der Entscheidungsfindung miteinbezogen wird, denn dann ist es eben auch seine Entscheidung und nicht nur die des Tierarztes, was bewirkt, dass der Kunde sich verpflichtet fühlt, aktiv bei der Behandlung seines Tieres mitzuwirken. Dies ist die Grundvoraussetzung für Therapietreue und Kundenbindung schlechthin, etwas, das sich jeder Tierarzt und jeder Anbieter von Dienstleistungen wünscht!

Dabei liegt der Gewinn für den Tierarzt ganz klar auf der Hand: Tierärzte, die bewusst an ihrem Kommunikationsstil arbeiten, haben deutlich weniger Stress, zufriedenere Kunden und insgesamt eine bessere Stimmung am Arbeitsplatz! Denn sie kümmern sich aktiv um gute und klare Kommunikation – die beste Prophylaxe von Missverständnissen und Stress und der beste Weg zu einer positiven und guten Kundenbeziehung.

Doch wie geht das und was muss dazu getan werden? Und wie geht man positiv mit merkwürdigen oder provozierenden Kunden um? Schauen wir zunächst auf die Bausteine einer idealen Konsultation, bei der der Tierarzt:

  • den Kunden wie ein Lotse durch die Konsultation führt,
  • seine Handlungen durchweg transparent macht,
  • seine Befunde in Kundensprache erklärt,
  • immer wieder an entscheidenden Stellen Feedback einholt, ob und wie der Kunde ihn verstanden hat und wie er zu den Empfehlungen steht,
  • den Kunden – wo immer möglich - bei Entscheidungen zu Diagnostik und Therapie beteiligt, d.h. ihm Optionen mit klaren Empfehlungen gibt, die zusammen diskutiert und beschlossen werden,
  • den Kunden nach seinen Wünschen fragt:
    • allgemein als Einleitung der Konsultation (siehe „Fragen & Antworten“ im Kapitel „Die smarte Konsultation, Teil 2“),
    • um Therapie & Diagnostik so anzubieten, dass der Kunde nicht das Gefühl hat, überrannt zu werden,
    • um eine Therapie möglichst optimal in den Alltag des Kunden einzubauen.

Klingt nach viel? Und braucht viel Zeit? Tatsächlich ist es so schwierig nicht, und nach einer gewissen Zeit ergibt sich sogar Zeitersparnis, weil der Kommunikationsstil effektiver ist und nur noch sehr wenige Nachfragen und Missverständnisse seitens des Kunden im Nachhinein (mühsam und oft telefonisch) geklärt werden müssen – alles läuft geschmeidiger.

Strategie für die Konsultation 

Kunden wollen den Tierarzt als Ihren Führer durch die Konsultation sehen, dem sie vertrauen, der sie durch die Untersuchungs- und Therapiereise begleitet und ihnen hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Abbildung 1. Kunden wollen den Tierarzt als Ihren Führer durch die Konsultation sehen, dem sie vertrauen, der sie durch die Untersuchungs- und Therapiereise begleitet und ihnen hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen. © Manuel Fontègne

Um die Kommunikation in der Konsultation zu verbessern, ist der erste Schritt zunächst eine Veränderung der inneren Einstellung (hier wird bewusst etwas übertrieben!): vom allwissenden, diktatorischen „Halbgott in Weiß“ hin zum fürsorglichen, interaktiven „Gesundheits-Partner“ (Abbildung 1).

In Schritt 2 heißt es üben, üben, üben und am Kommunikationsstil arbeiten, und dann – wie bei allem, was neu begonnen wird – macht die Übung den Meister.

Und in Schritt 3 kommen die komplizierteren Fälle und merkwürdige Kundenanfragen dran.

Wie eine unkomplizierte Konsultation mit bewusster und optimierter Kommunikation im Praxisalltag aussehen kann, zeigen folgende Abschnitte eines Beispieldialogs (Tabelle 1).

Überblick über Abschnitte 1-3 und die verwendeten Kommunikationstechniken.
Abschnitt 1
Technik Ziel
Start
„Wir starten jetzt mit… OK?”
Zusammenfassung der Wünsche des Kunden & Feedback Sicherstellen, dass nichts übersehen wurde und dass Frau Schmidt versteht, was jetzt geschieht und damit einverstanden ist.
Körperliche Untersuchung
“Ich untersuche jetzt….”
Führen des Kunden durch die Konsultation und Erläuterung der Maßnahmen
Dem Kunden die Perspektive und die Sicherheit geben, dass alles Weitere im Detail erläutert werden wird.
Abschnitt 2 Technik
Ziel
Zusammenfassung & Empfehlungen Nr. 1
So, nun habe ich…. Wie klingt das für Sie?”
Erläuterung des Hauptproblems – die Zähne, und Aussprechen einer klaren Empfehlung mit Bitte um Feedback Darstellung des wichtigsten Befundes allein, damit Frau Schmidt diese Information „verdauen“ und sich dazu äußern kann, bevor man weitergeht
Empathie
“Oh je, Narkose…”
“Das tut mir Leid….”
• Offene Fragen
• Empathische Antwort
• Positives Bild (neue Arzneimittel, bessere Methoden) 
„Graben“ bis man auf die Wurzeln von Frau Schmidts Angst vor Narkose stößt
Zeigen, dass man Frau Schmidts Ängste ernst nimmt
Frau Schmidt beruhigen
Empfehlung Nr. 2
Und jetzt möchte ich Ihnen noch vorschlagen…zusätzliche Sicherheit…”
Welche Informationen kann ich Ihnen noch geben…?
“Das können wir sofort machen oder … Was passt für Sie am besten?”
Vorteile benennen
Offene Fragen
Zwei Alternativen anbieten und um eine Meinung bitten
Darstellung des zweiten Problems (nach dem ersten) und überprüfen, ob Frau Schmidt alles vollständig verstanden hat
Frau Schmidt eine Wahl geben und sie mit einbeziehen, indem sie um ein Feedback gebeten wird
Abschnitt 3 Technik Ziel
Vereinbarungen
“In Ordnung, dann…”
“Welche Fragen haben Sie noch an mich?”
Zusammenfassung der Vereinbarungen
Geschlossene Frage
Sicherstellen, dass nichts vergessen wurde, Frau Schmidt mit einbeziehen, ihr Einverständnis verstärken
Abschluss
“Es war mir eine Freude…”
Verabschiedung mit einem Kompliment für den Kunden Abschluss der Konsultation mit einer positiven Bemerkung

Tabelle 1. Überblick über Abschnitte 1-3 und die verwendeten Kommunikationstechniken.

Abschnitt 1 – Start und körperlichen Untersuchung

einschließlich Erläuterung der Maßnahmen und deren Gründe.

  • Tierarzt: Frau Schmidt, wir starten jetzt mit dem jährlichen Gesundheitscheck und der Impfung für Lucky, dabei achte ich besonders auf die Ohren, ok?

Der Tierarzt startet die körperliche Untersuchung, indem er Frau Schmidts Wünsche wiederholt, ihr Feedback einholt und fragt, ob sie (immer noch) damit einverstanden ist.

  • Kunde: Klingt gut!
  • T: Ich untersuche jetzt von Schnauze bis Schwanzspitze und kommentiere, was ich mache und sehe. Wenn ich fertig bin, bekommen Sie eine Zusammenfassung und Empfehlungen von mir. Ich werde mich neben Lucky´s Ohren auch intensiv mit seinem Herz beschäftigen, denn Lucky ist ja jetzt 10 Jahre alt, und da müssen wir aufmerksam sein, was die inneren Organe betrifft.
  • K: Gut!
  • T: Die Augen sehen sehr gut aus: klar und glänzend. Auch die Nase sieht gesund aus. Die Zähne und das Maul insgesamt sind in einem guten Zustand, ich sehe Zahnstein, den ich später mit Ihnen besprechen möchte.

Nun untersucht und kommentiert der Tierarzt die Ohren, die Haut, das Abdomen, das Herz usw.

Abschnitt 2 – Zusammenfassung, Erklärung, Empfehlung und Beteiligung

einschließlich Erläuterung der Maßnahmen und deren Gründe.

T: So, nun habe ich Lucky insgesamt untersucht und habe ein vollständiges Bild. Ich freue mich, dass Lucky sehr gesund ist – auch Ohren und Herz sind topfit! Natürlich gibt es bei einem Hund im besten Alter auch Themen, über die wir sprechen sollten: das sind Lucky´s Zähne. An den Schneide- und Eckzähnen hat Lucky deutlichen Zahnstein, und der kann unbehandelt Zahnfleischentzündung und Herzprobleme fördern. Das bedeutet: Ich empfehle Ihnen, den Zahnstein innerhalb des nächsten Monats entfernen zu lassen. Dazu benötigt Lucky eine kurze Narkose. Wie klingt das für Sie?

Der Tierarzt fasst die wichtigsten Befunde kurz und prägnant zusammen, erklärt die Relevanz und spricht eine klare Empfehlung aus. Zusätzlich kombiniert er die Empfehlung ganz bewusst eine offene Frage, um herauszufinden, wie Frau Schmidt seinen Vorschlag findet. Dies ist für die weitere Behandlung wichtig, um eventuelle Barrieren und/oder Einwände abzubauen, und die Kundenwünsche bei Planung der Therapie zu berücksichtigen.

  • K: Oh je, Narkose...das ist doch gefährlich, oder?
  • T: Welche Bedenken haben Sie dabei?
  • K: Mein letzter Hund vor Lucky, der Cassy hat nach einer Narkose Tage gebraucht, um richtig wach zu werden, das war schrecklich. Er hat 3 Tage geweint, konnte nicht aufstehen, und war unglücklich!
  • T: Wie lange ist das her?
  • K: Ungefähr 10 Jahre...

Durch das mehrmalige Nachhaken mit offenen Fragen konnte die Situation, die zu Frau S. Vorbehalten gegen eine Narkose geführt hat, aufgeklärt und im Folgenden auf ihre Bedenken optimal und empathisch reagiert werden. Dr. T. hat ihre Ängste aufgenommen, und dann ein positives Bild von der neuen Situation gezeichnet, in der Lucky mit moderner Medizin und fürsorglicher Betreuung gut durch den Eingriff kommt.

  • T: Das tut mir leid, dass muss eine sehr unangenehme Situation gewesen sein. Aber ich kann Sie beruhigen: Heute haben wir viel modernere Narkosemittel, mit denen das Aufwachen viel ruhiger und sanfter läuft und Lucky bleibt garantiert bei uns, bis er wieder alleine laufen kann und es ihm gut geht. Klingt das besser?
  • K: Viel besser!
  • T: Und jetzt möchte ich Ihnen noch vorschlagen, dass wir vor der Narkose Lucky´s Blut untersuchen und nachsehen, ob die Blutzellen und die Organwerte alle in Ordnung sind – das gibt uns zusätzliche Sicherheit für die Narkose. Mit einem Blutcheck wissen wir, welche Medikamente am besten für Lucky passen und am schonendsten sind. Welche Informationen kann ich Ihnen noch geben, damit Sie eine Entscheidung fällen können? 
Angebote an den Kunden sollten Schritt für Schritt in sogenannten „Chunks and Checks“ platziert werden, sodass er nicht überwältigt oder überfordert wird und eine gute Entscheidung treffen kann.
Abbildung 2. Angebote an den Kunden sollten Schritt für Schritt in sogenannten „Chunks and Checks“ platziert werden, sodass er nicht überwältigt oder überfordert wird und eine gute Entscheidung treffen kann. © Manuel Fontègne

Nachdem Frau S. positiv auf Dr. T´s Erklärungen reagiert hat, hat Dr. T den zweiten Vorschlag – eine präoperative Blutuntersuchung – kombiniert mit dem Nutzen „erhöhte Sicherheit“ platziert. Dies erst jetzt zu tun, hat den Vorteil, dass wichtige Informationen in kleinen Einheiten besser verständlich sind, und der Kunde Stück für Stück folgen und „verdauen“ kann, und sich nicht von einer Fülle von Informationen und Empfehlungen überwältigt fühlt. Das beugt vor, dass der Kunde ein Angebot einfach deswegen ablehnt, weil ihm alles zu schnell geht, und er das Gefühl hat zu einer Entscheidung gedrängt zu werden (Abbildung 2).

  • S: Jetzt weiß ich alles und habe ein besseres Gefühl. Ich denke, wir machen das so schnell wie möglich. Wie läuft das mit der Blutuntersuchung?
  • T: Das können wir sofort machen oder 2 Tage vor dem Termin. Was passt für Sie am besten?
  • S: Dann machen wir das doch gleich, dann ist es erledigt.

Dadurch, dass Dr. T komplett ohne Druck 2 zeitliche Optionen für die Blutuntersuchung vorgibt, kann Frau S. frei entscheiden und wählt den nächsten Termin, nämlich sofort.

Abschnitt 3 – Vereinbarungen und Abschluss

einschließlich Erläuterung der Maßnahmen und deren Gründe.

  • T: In Ordnung. Dann wird meine Assistentin jetzt bei Lucky Blut nehmen und in unser Labor bringen. Die Ergebnisse haben wir dann morgen früh, doch ich schlage vor, dass Sie jetzt schon mit meiner Assistentin den Termin für die Zahnsteinentfernung festmachen. Sie wird Ihnen auch den Ablauf genau erklären, mit Ihnen die Einverständniserklärung durchgehen und Ihnen ein Merkblatt mit allen wichtigen Details mitgeben. Welche Fragen haben Sie noch an mich?
  • S: Wann bekomme ich über das Blutergebnis Bescheid?
  • T: Meine Assistentin vereinbart mit Ihnen dafür einen Telefontermin in den nächsten 2 Tagen. Ist das ok?
  • S: Ja, das passt alles wunderbar. Vielen Dank Dr. T!
  • T: Es war mir eine Freude, Lucky und Sie zu betreuen. Wir sehen uns dann am OP Termin. Und denken Sie dran: Wenn Sie Fragen haben – bitte melden Sie sich!

Merke: Der beste Partner des Tierhalters ist ein empathischer Tierarzt, der für jeden Kunden und jedes Tier die beste Lösung findet.

Schwierige Situationen und Interaktionen

Meist lassen sich Kunden mit positiver Kommunikation gut lenken und daraus entsteht oft eine win-win Situation für Tier, Kunde und Praxis. Doch ab und zu gibt es auch Kunden, die unsere Empfehlungen infrage stellen und plötzlich ist die Konsultation nicht mehr smart, sondern es hakt und das Team muss aufpassen, dass es cool bleibt und den Konflikt nicht eskalieren lässt. Gründe für unterschiedliche Meinungen und daraus resultierende Diskussionen sowie Konflikte zwischen Tierarzt und Tierhalter gibt es im Praxisalltag einige, z.B.:

  • der Kunde hat im Internet etwas gefunden, das er mit dem Tierarzt besprechen und dessen Meinung dazu haben möchte,
  • der Kunde ist von anderen Meinungsbildnern beeinflusst: Züchter, Hundeclubs, Freunden und Familie,
  • in ein und derselben Praxis gibt es bei Tierärzten und TFA verschiedene Meinungen zu ein und demselben Thema.

Und oft empfinden wir als Praxisteam eine einfache Frage des Kunden, die mit „Ich habe im Internet gelesen...“ oder „der Züchter hat gesagt“ schon als (milde) Provokation, obwohl es vom Kunden – bis auf ganz wenige – Ausnahmen nicht so gemeint ist. Im Gegenteil: Es ist sogar ein Kompliment, dass der Kunde „seinen“ Tierarzt um Rat fragt anstatt das im Internet angepriesene getreidefreie Futter einfach zu kaufen. 

Antje Blaettner

Meist lassen sich Kunden mit positiver Kommunikation gut lenken und daraus entsteht oft eine win-win Situation für Tier, Kunde und Praxis.

Antje Blaettner

Wir zeigen Ihnen jetzt am leicht veränderten Dialog zum Abschluss der Konsultation zwischen Frau Schmidt und Dr. T, wie Dr. T. souverän und gelassen mit einer typischen Kundenfrage umgeht:

  • Kunde: Ach, bevor ich es vergesse. Ich wollte noch fragen, ob wir Lucky nicht besser auf ein getreidefreies Futter umstellen sollten?
  • Tierarzt: Die Frage ist interessant! Welche Informationen haben Sie dazu?

Hier ist es wichtig, nicht sofort zu reagieren und in einen belehrenden „Mini-Vortrag“ zum Thema Getreide usw. einzusteigen, sondern eine offene Frage zu stellen, mit der die Hintergründe offengelegt werden.

  • K: Ich habe im Internet gelesen, dass Getreide, besonders Weizen, viele Allergien auslöst und dass man besser ohne Getreide füttert.
  • T: Welche Allergien werden denn im Internet beschrieben?
  • K: Juckreiz, Erbrechen und Durchfall. Das möchte ich auf keinen Fall, ich will das Beste für Lucky!
  • T: Und was haben Sie bisher an Lucky bemerkt?
  • K: Nichts. Er verträgt und frisst sein Diätfutter sehr gerne.
  • T: Das freut mich, und wenn sich das ändert, kommen Sie bitte umgehend auf mich zu! Es gibt derzeit viele Informationen im Netz, die aus wissenschaftlicher Sicht keinen Sinn machen und die von Leuten stammen, die einfach nur Umsatz mit ihren eigenen Produkten machen wollen. Welche Quellen oder Studien und Untersuchungen sind denn beim Thema „getreidefrei“ angegeben?

Diese (offene) Frage dient dazu, Quellen zu erfragen, und um Frau S. zu zeigen, dass ein Tierarzt Wert auf wissenschaftliche Belege legt, diese hinterfragt und auch bereit ist, sich für seine Kunden mit dem Thema auseinander zu setzen.

  • K: Da habe ich nichts gelesen, aber ich kann Ihnen gerne die Internetseite nennen, dann können Sie einmal gucken.
  • T: Das mache ich sehr gerne, das ist eine gute Idee. Geben Sie die Seite einfach telefonisch meinem Empfang durch, und ich melde mich bei Ihnen, wenn ich Infos dazu habe, ok?
  • K: Das klingt gut. Ich weiß, dass Sie davon viel mehr verstehen. Aber es gibt so viel Seiten im Netz, da wird man als Laie ganz verwirrt.
  • T: Das verstehe ich gut. Und ich will auch das Beste für Lucky und Sie. Danke, dass Sie mit der Frage zu mir gekommen sind – wir telefonieren bald dazu.

In diesem Dialog hat Dr. T. die „Kommunikationstür“ offengehalten und signalisiert, dass er an einem Austausch interessiert ist und die Themen seiner Kunden auch seine Themen sind – für beide Seiten eine zufriedenstellende und positive Beziehung.

Merke: Jede Kundenfrage ist zunächst (nur) eine einfache Frage und verdient eine freundliche und klare Antwort.

Emotionale Erpressung 

Zwischen all den guten und engagierten Kunden gibt es leider ab und zu auch welche, die ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellen, nicht verhandlungsbereit sind, und versuchen, dem Praxisteam ihren Willen aufzuzwingen.
Abbildung 3. Zwischen all den guten und engagierten Kunden gibt es leider ab und zu auch welche, die ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellen, nicht verhandlungsbereit sind, und versuchen, dem Praxisteam ihren Willen aufzuzwingen. © Shutterstock

Zwischen all den guten und engagierten Kunden gibt es leider ab und zu auch welche, die ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellen, nicht verhandlungsbereit sind, und versuchen, dem Praxisteam ihren Willen aufzuzwingen (Abbildung 3) nach dem Motto „Wenn ich nicht kriege, was ich will, dann gehe ich halt woanders hin!“

Dies kann z.B. passieren, wenn:

  • wenn Kunden Zeiten für Termine fordern, die außerhalb der Öffnungszeiten der Praxis liegen,
  • wenn Kunden Preisrabatte fordern, weil es ein anderer „billiger macht“,
  • wenn Kunden die Bestellung bestimmter Produkte fordern, die nicht im Sortiment der Praxis enthalten sind.

Manchmal hat der Kunde im Kontakt mit Praxisteams gelernt, dass er seinen Willen bekommt, wenn er nur hartnäckig genug an seinen Wünschen festhält und diese mit Druckmitteln wie „aber Sie wollen mich doch als Kunden nicht verlieren“ oder „aber Sie sind doch tierlieb, und ich kann mir die Impfung für 3 Katzen nicht leisten“ durchzusetzen versucht.

Wenn das Praxisteam dann nachgibt, bestärkt es solche Kunden nicht nur, immer wieder um eine Extrawurst zu betteln, es führt sogar dazu, dass auch andere Kunden dies versuchen, weil sie mitbekommen, dass das Team erpressbar ist. Hier helfen ganz einfach klare Regeln, die im Team erstellt und dann konsequent angewendet werden sollten. Und das Team sollte natürlich auch hier wieder gelassen und souverän reagieren und nicht auf die emotionale Erpressung eingehen.

Bei Anfragen zu Terminen außerhalb der Sprechzeit, der Bestellung bestimmter Produkte oder anderen Dingen, die wir nicht erfüllen können und wollen, empfiehlt sich, immer gleichbleibend und freundlich abzulehnen und mit einem Alternativ-Angebot zu kombinieren, z.B. so:

  • Das können wir Ihnen leider nicht anbieten.
    • Wie passt Ihnen ein Termin morgen um 7 oder übermorgen um 4?
    • Ich habe hier eine sehr gute und schmackhafte Alternative zu dem Futter, auf das Sie mich angesprochen haben. Darf ich es Ihnen kurz vorstellen?

Bei Anfragen zu Rabatten empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:

  • Kunde: Ich habe drei Katzen – wie viel Rabatt können Sie mir bei der Impfung geben?
  • Tierarzt: Ich kann verstehen, dass Sie sparen möchten und nach Rabatt fragen! Das ist ganz normal, wenn es um Waren geht – aber bei der Impfung handelt es sich um eine medizinische Leistung und um ein Medikament. Das bedeutet, ich habe 2 Möglichkeiten: Ich kann am Impfstoff sparen und jeder Katze weniger davon geben, sodass die Impfung wahrscheinlich nicht richtig wirkt. Oder ich spare an meiner Leistung und untersuche die Katzen nicht vollständig vor der Impfung, sodass ich evtl. eine Erkrankung übersehen, und die Impfung nicht wirkt. Wo soll ich sparen?

Merke: diese Vorgehensweise dient nur dazu, dem Kunden zu zeigen, dass wir wenig Spielraum haben, wenn es um medizinische Leistungen und Medikamente geht. Keinesfalls soll hier angedeutet werden, dass Dr. T. dies tatsächlich dann auch gemacht hätte!

Dann stellt er eine offene Frage und gibt die (scheinbare) Entscheidung an den Kunden zurück.

  • K: Nein, das habe ich nicht gemeint, ich möchte schon die volle Leistung, aber weniger bezahlen. Es muss Ihnen doch wichtig sein, dass alle Tiere geimpft sind!
  • T: Und weil Sie die volle Leistung wünschen, muss ich meinen Job als Tierarzt fachlich korrekt ausführen, das bedeutet: komplette und eingehende Untersuchung der Impflinge und volle Dosis eines gut wirksamen Impfstoffs. Da sehe ich keine Möglichkeit des Rabattes. Doch wenn wir z.B. über Futter für Ihre 3 Kleinen sprechen, dann kann ich Ihnen bei entsprechender Abnahme eine Rückvergütung in Form von Ware anbieten. Wie klingt das?
  • K: Für die Impfung suche ich mir eine billigere Praxis, wegen des Futters komme ich wieder auf Sie zurück.
  • T: In Ordnung. Herzlichen Dank für Ihren Besuch und alles Gute für Ihre 3 Katzen.

In diesem Dialog hat sich die Kundin eindeutig als Erpresserin und Preisdrückerin enttarnt, d.h. sie ist eine Kundin, die mehr Wert auf niedrige Preise als auf Qualität achtet. Da gilt es als Team zu überlegen: Wie wollen wir mit solchen Kunden umgehen? Wollen wir auf ihre Forderungen eingehen, sie halten und damit die Tür öffnen für ein „mehr“ an Forderungen und Kunden, die Bedingungen stellen? Oder setzen wir unseren eigenen Standard an Qualität und Preis und bleiben konsequent dabei? Wenn wir das tun, gewinnen wir an Seriosität, fokussieren uns auf Kunden, die unsere Qualität schätzen und werden den Posten „Auseinandersetzung mit unsinnigen Kundenforderungen“ los – das ist gut zur Stressreduktion und sorgt für positive Stimmung im Team.

Merke: Wenn Kunden Extrawürste auf Verlangen bekommen, wird diese Kundengruppe stetig wachsen!

Miguel Ángel Díaz

Miguel Ángel Díaz

Miguel Ángel Díaz erhielt seine tierärztliche Approbation 1990. Nach Tätigkeiten in verschiedenen tierärztlichen Kliniken eröffnete er 1992 seine eigene Klinik Mehr lesen

Iván López Vásquez

Iván López Vásquez

Iván López Vásquez stammt aus einer Tierarztfamilie, sein Vater und sein älterer Bruder teilen dieselbe Leidenschaft. Er schloss sein Tiermedizinstudium 1991 Mehr lesen

Cindy Adams

Cindy Adams

Cindy Adams ist Professorin am Department of Veterinary Clinical and Diagnostic Sciences an der University of Calgary, Veterinary Medicine, Mehr lesen

Antje Blättner

Antje Blättner

Dr. Blaettner wuchs in Südafrika und Deutschland auf und graduierte 1988 nach dem Veterinärmedizinstudium in Berlin und München. Mehr lesen

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