Eine kurze Anleitung für... Die Intensivpflege neugeborener Hundewelpen
Hundewelpen sind bei der Geburt weniger weit entwickelt als Neonaten anderer Spezies.
Ausgabe nummer 26.1 Verdauungstrakt
veröffentlicht 12/03/2021
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Gastrointestinale Erkrankungen gehören zu den am häufigsten beschriebenen Gesundheitsproblemen bei Hunden, wobei Welpen ein höheres Diarrhoe-Risiko haben als adulte Hunde.
Absetzdiarrhoe ist ein komplexes Phänomen multifaktoriellen Ursprungs. Verschiedene infektiöse und nicht-infektiöse Ursachen können simultan und synergistisch die Gesundheit des Gastrointestinaltraktes schädigen.
Das canine Parvovirus Typ 2 ist einer der Hauptverursacher der Absetzdiarrhoe. Das Virus kann hochgradige systemische Symptome hervorrufen, aber auch lediglich die Kotqualität verändern ohne Einfluss auf die allgemeine Gesundheit.
Die Prävention der Absetzdiarrhoe erfordert sowohl eine medizinische Prophylaxe als auch die Implementierung von Managementprotokollen zum Erhalt der Gesundheit.
Welpen großer Rassen (> 25 kg als adulter Hund) bilden weicheren Kot als Welpen kleinerer Rassen, und junge Welpen (4-5 Wochen) bilden deutlich weicheren Kot als ältere Welpen. Der Schwellenwert, ab dem die Kotqualität bei Welpen als pathologisch definiert wird, variiert deshalb je nach Rasse-größe und Alter. Als pathologische Kotqualität gelten Werte ≤ 5 bei Welpen großer Rassen, Werte ≤ 6 bei Welpen kleiner Rassen im Alter von 4-5 Wochen und Werte ≤ 7 bei Welpen kleiner Rassen im Alter von 6-8 Wochen 7.
Bei der Absetzdiarrhoe handelt es sich aus mehreren Gründen um ein sehr komplexes Problem. Zunächst sind Hundewelpen häufig mit unterschiedlichen Erregern infiziert (Tabelle 1), das bloße Vorhandensein eines enteropathogenen Erregers geht aber nicht immer mit klinischen Symptomen einer gastrointestinalen Störung einher. Je nach Untersuchung scheiden in der Tat 18-54 % aller Hunde Parasiten oder Viren aus, ohne klinische Symptome zu entwickeln 5 10 11.
Pathogener Erreger | Alter der untersuchten Population | Anzahl Hundewelpen in der Studie | Prävalenz (%) |
Canines Parvovirus Typ-2 | 5-8 Wochen | 266 | 14,7 |
Canines Coronavirus | 5-8 Wochen | 266 | 20,3 |
Toxocara canis | 5-8 Wochen Verschiedene* < 3 Monate |
266 143 2661 |
22,2 12 12 |
Cystoisospora ohioensis-komplex | 5-8 Wochen < 3 Monate |
266 2661 |
25,6 15,6 |
Cystoisospora canis | 5-8 Wochen < 3 Monate |
266 2661 |
13,2 11,8 |
Cystoisospora spp. | Verschiedene* | 143 | 9 |
Giardia duodenalis | 5-8 Wochen Verschiedene* < 3 Monate |
266 143 2661 |
41 34 37,5 |
Cryptosporidium parvum | 5-8 Wochen | 266 | 25,9 |
* Welpen aus Zoohandlungen, deshalb verschiedene Altersbereiche
Zum Zweiten induziert ein und dasselbe Enteropathogen nicht immer dieselben klinischen Symptome bei allen Welpen. Die Pathogenität eines Infektionserregers und seine klinischen Auswirkungen hängen unter anderem vom Alter und vom Immunstatus des Welpen ab, aber auch vom jeweiligen Stamm des beteiligten Enteropathogens 12 13. Das canine Parvovirus gilt zum Beispiel klassischerweise als ein Erreger, der bei Hundewelpen eine Diarrhoe mit hochgradigen systemischen Symptomen (Erbrechen, Anorexie, Erschöpfung, Dehydratation) bis hin zu Todesfällen hervorruft. Bei einigen Welpen kann das Parvovirus jedoch lediglich zu einer Veränderung der Kotqualität ohne Beeinträchtigung des Allgemeinzustands führen, in anderen Fällen entwickeln infizierte Tiere sogar keinerlei klinische Symptome 5. Auch Coronaviren können bei Hundewelpen eine ganze Reihe unterschiedlicher klinischer Symptome hervorrufen. So scheint ein erst kürzlich identifizierter Stamm dieses Virus (pantropes Coronavirus) eine sehr viel hochgradigere klinische Erkrankung mit einigen Todesfällen zu verursachen. Auch eine Coccidiose kann bei Hundewelpen Darmerkrankungen unterschiedlicher Grade hervorrufen. Der Cystoisospora ohioensis-Komplex kann Verdauungsstörungen bei sehr jungen Tieren (<7 Tage) hervorrufen, beeinträchtigt Welpen in der Absetzphase jedoch nicht, während Cystoisospora canis klinische Symptome hauptsächlich bei Welpen im Absetzalter induziert, insbesondere nach Stress (z. B. nach Vermittlung in ein neues Zuhause) 14.
Zum Dritten kommt es häufig zu Co-Infektionen und unterschiedlichen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Enteropathogenen. Eine Studie über 316 Hundewelpen mit Diarrhoe zeigt, dass bei 75 % dieser Patienten mehr als ein infektiöses Agens nachweisbar ist (Abbildung 2) 5. Einige dieser infektiösen Agenzien können interagieren und den Grad der klinischen Symptome erhöhen. So verstärken beispielsweise Coronaviren die klinischen Symptome bei Co-Infektion mit dem caninen Parvovirus Typ 2 15.
Schließlich werden ständig neue Enteropathogene identifiziert. So wurden in der letzten Zeit zahlreiche canine gastrointestinale Viren und Parasiten isoliert (z. B. Astrovirus 16, Norovirus 17 und Trichomonaden 18 19). Trotz ihrer zum Teil hohen Prävalenz bei Hundewelpen (zwischen 5 und 23 %, abhängig vom Pathogen und der Herkunft der Tiere), ist ihre Rolle bei der Absetzdiarrhoe bislang noch nicht eindeutig geklärt 16 18 20, und in der Mehrzahl der entsprechenden Studien werden mögliche Co-Infektionen nicht berücksichtigt.
Im Unterschied zu vielen anderen Erkrankungen, die auf stark vereinfachende Weise betrachtet werden können (d. h. ein Erreger = eine Krankheit), handelt es sich bei der Absetzdiarrhoe um ein sehr komplexes biologisches Phänomen, das deshalb auch auf „systemische“ Weise in Angriff genommen werden muss. Im Wesentlichen werden Absetzdiarrhoen von drei Faktoren beeinflusst:
Erforderlich ist deshalb ein multidisziplinärer Ansatz mit einer Evaluierung von drei zentralen Aspekten: Ernährung, kausale Enteropathogene und Umwelt (Abbildung 3).
Evaluierung der Ernährung
Die Abklärung des Faktors Ernährung erfordert einen vollständigen diätetischen Vorbericht (Fütterungsanamnese). Dabei müssen Besitzer betroffener Welpen insbesondere zu folgenden Aspekten der Fütterung befragt werden:
Evaluierung der Enteropathogene
Wichtig ist darüber hinaus die Klärung der Frage, ob das betroffene Tier ein oder mehrere Enteropathogene ausscheidet und in welcher Menge. Dabei kann die Farbe des Kotes hilfreiche Hinweise zur Identifizierung der für die Diarrhoe verantwortlichen Pathogene geben. So verursachen beispielsweise Giardien eine partielle Atrophie der Darmzotten und eine Reduzierung der Disaccharidase-Aktivität mit der Folge einer verminderten Nährstoffabsorption und einer Steatorrhoe. Der Kot betroffener Welpen kann gelblich gefärbt sein (Abbildung 4), und es kann zu Koprophagie kommen, da die Fäzes aufgrund des höheren Fettgehaltes schmackhafter sind. Ungeformter Kot mit Schleim- und Blutbeimengungen kann auf eine Coccidiose hinweisen (Abbildung 5), in anderen Fällen erkennt man bereits mit bloßem Auge Parasiten im Kot (Abbildung 6).
Diese adspektorischen Unterschiede erlauben jedoch keine endgültige Diagnose, und in der Regel sind weiterführende Tests erforderlich. Verschiedene Untersuchungsoptionen einschließlich Mikroskopie, ELISA und PCR können bei der Diagnosefindung hilfreich sein und sollten je nach finanziellen Möglichkeiten der Besitzer, Erfahrung des Tierarztes und im Einzelfall bestehender klinischer Verdachtsdiagnosen eingesetzt werden. Eine mikroskopische Kotuntersuchung ist immer sinnvoll, wenn der Verdacht auf Parasiten besteht. Das Probenmaterial muss jedoch frisch sein und darf insbesondere für den Nachweis von Protozoen nicht zu flüssig sein. Da ursächliche Erreger auch intermittierend ausgeschieden werden können und ein einzelner negativer Test deshalb meist eine nur geringe Aussagekraft hat, sollten entsprechende Tests nach Möglichkeit immer an drei aufeinanderfolgenden Tagen täglich wiederholt werden. Wenn ein ganzer Wurf oder eine Gruppe von Welpen betroffen ist, können Sammelkotproben untersucht werden. Dadurch sinkt die Gefahr falsch negativer Ergebnisse im Zusammenhang mit der Präpatentperiode der jeweiligen Parasiten und einer intermittierenden Parasitenausscheidung. Für den Nachweis bestimmter Parasiten (z. B. Giardia spp.) stehen verschiedene kommerzielle Test-Kits zur Verfügung. Diese sind relativ kostengünstig, liefern schnelle Ergebnisse und erfordern kein spezifisches Probenmaterial. Solche Tests ermöglichen jedoch in der Regel nur den Nachweis jeweils eines infektiösen Agens, was sich bei Infektionen mit multiplen Enteropathogenen als limitierender Faktor erweisen kann.
Das canine Parvovirus sollte bei Hundewelpen mit Absetzdiarrhoe oder plötzlichen Todesfällen immer auf der Liste der möglichen Ursachen stehen. Entsprechende Virustests sind bei diesen Patienten unabhängig vom Impfstatus in jedem Fall obligatorisch. ELISA-Tests sind einfach und schnell durchführbar und haben eine hohe Spezifität, sie weisen jedoch eine mit der ausgeschiedenen Virusmenge zusammenhängende variable Sensitivität auf (18-82 %) 24 25 26. Falsch negative Ergebnisse kommen deshalb bei niedriger Virusausscheidung relativ häufig vor. Negative Testresultate können eine Parvovirusinfektion also nicht ausschließen. Darüber hinaus besteht aber auch das Risiko falsch positiver Ergebnisse, wenn wenige Tage nach der Impfung getestet wird, auch wenn diese Ergebnisse in der Regel weniger definitiv sind als bei Tieren, die tatsächlich unter einer Parvovirose leiden. Echtzeit-PCR-Tests besitzen eine höhere Sensitivität und Spezifität. Es handelt sich um die Methode der Wahl für die Diagnose der caninen Parvovirose, da diese Tests zwischen postvakzinaler Ausscheidung (geringe bis sehr geringe Virusausscheidung) und klinischer Erkrankung (im Allgemeinen hohe bis sehr hohe Virusausscheidung) unterscheiden können.
Eine bakterielle Kotkultur ist bei der Evaluierung einer Absetzdiarrhoe nur selten hilfreich. In der Tat werden die als kausal betrachteten Erreger der Diarrhoe häufig auch im Kot klinisch gesunder Tiere isoliert. Besteht jedoch ein konkreter Verdacht auf einen spezifischen pathogenen Erreger, können bestimmte Erreger, wie zum Beispiel Salmonella spp., Campylobacter jejuni, Clostridium perfringens und C. difficile, in der Kotkultur nachweisbar sein.
Aufgrund der zahlreichen und vielfältigen Faktoren, die einen Einfluss auf die Verdauungsgesundheit haben, wird für das Management und die Behandlung der Absetzdiarrhoe eine globale Herangehensweise empfohlen. Zur näheren Illustration dieser globalen Strategie folgen nun einige beispielhafte Situationen:
Situation 1: Hundewelpen mit Diarrhoe, aber ohne systemische Symptome
Häufig wird empfohlen, betroffene Welpen über 24-48 Stunden fasten zu lassen, bevor man schrittweise wieder kleine Nahrungsmengen über einen Zeitraum von drei bis sieben Tagen einführt. Auch wenn dieses diätetische Protokoll bislang noch nie wissenschaftlich überprüft wurde, gilt es heute als allgemein akzeptiert. Studien zeigen jedoch, dass eine enterale Ernährung während der akuten diarrhoischen Phase die Aufrechterhaltung der Integrität des Verdauungstraktes unterstützt und die Zerstörung der Darmzotten, die intestinale Permeabilität und Translokation von Bakterien begrenzt. Einer Studie zufolge zeigen Hundewelpen mit Parvovirose, die frühzeitig enteral ernährt werden, im Unterschied zu Welpen, die bis zur Remission des Erbrechens gefastet werden, eine schnellere Gewichtszunahme und eine schnelle Wiederherstellung des normalen Appetits und der physiologischen Kotqualität 27. Einige Autoren empfehlen deshalb bei diesen Patienten eine minimale enterale Ernährung (25 % des täglichen Erhaltungsbedarfes eines Hundes über eine hochverdauliche Nahrung), um die Exazerbation der bestehenden Diarrhoe zu begrenzen und dabei aber gleichzeitig von den oben genannten Vorteilen der enteralen Ernährung zu profitieren. Letztlich liegt die Entscheidung pro oder contra enterale Ernährung im Einzelfall aber immer im Ermessen des behandelnden Tierarztes.
Bei einem nachgewiesenen Parasitenbefall sollte das betroffene Tier natürlich entsprechend behandelt werden. Zudem sollten geeignete Maßnahmen zur Umgebungsbehandlung eingeleitet werden, um den parasitären Infestationsdruck aus der Umwelt zu senken. Zu empfehlen ist eine gründliche Reinigung der Umgebung und eine anschließende Desinfektion mit quartären Ammoniumverbindungen. Eine antibiotische Therapie bei Tieren mit Diarrhoe, ohne weitere klinische Symptome wird kontrovers diskutiert. Antibiotika sollten aber tatsächlich nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die Darmschleimhaut des Patienten hochgradig geschädigt ist (d.h. deutliche Blutbeimengungen im Kot), wenn eine systemische entzündliche Reaktion vorhanden ist (Fieber und Leukozytose) und/oder wenn entsprechende spezifische Befunde einer Kotkultur vorliegen.
Situation 3: Hundewelpen mit Diarrhoe in einem Zuchtzwinger
Das Impfschema hängt zum Teil von der individuellen Situation ab. Wenn mehrere Tiere zusammen gehalten werden, sollte das Impfschema bei Hinweisen auf eine canine Parvovirusinfektion entsprechend angepasst werden. Studien zeigen nämlich, dass eine im Alter von vier Wochen verabreichte monovalente canine Parvovirus-Impfung bei 80 % der Welpen eine Serokonversion über die protektive Schwelle hinaus induziert 29. Eine routinemäßige frühzeitige Parvovirus-Impfung von Hundewelpen kann daher den negativen Einfluss dieses Virus in Zuchtzwingern reduzieren.
Schlussfolgerung
Aurélien Grellet
Aurélien Grellet, Research and Development, Royal Canin, Aimargues, Frankreich Mehr lesen
Hundewelpen sind bei der Geburt weniger weit entwickelt als Neonaten anderer Spezies.
Das canine Parvovirus (CPV) ist ein kleines, unbehülltes Virus mit einem sphärischen Kapsid (zusammengesetzt aus den drei Proteinen VP1, VP2 und VP3).
Die neonatale Periode ist eine Phase hohen Risikos im Leben eines Hundes.
Eines der Hauptziele des Kaiserschnitts (Sectio caesarea) ist die Minimierung fetaler Auswirkungen der bei der Hündin eingesetzten anästhetischen Arzneistoffe...