Fütterung stationärer Katzen
Wann sollte eine Katze gefüttert werden? Grundsätzlich so früh wie möglich!
Ausgabe nummer 26.2 Sonstiges Wissenschaft
veröffentlicht 01/04/2021
Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English
Das „Grooming“ ist ein normales Verhalten von Katzen und besteht aus dem Belecken und Beknabbern von Haaren und Haut und dem Abreiben des Gesichts mit den Vorderpfoten. Primärer Zweck dieses katzentypischen Verhaltens ist das Säubern des Fells, das Entfernen von Parasiten und die Thermoregulation.
Alopezie infolge Overgrooming sollte von spontanem Haarverlust unterschieden werden. Dies erfordert eine systematische Herangehensweise, um die zugrunde liegende Ursache zu ermitteln.
In den meisten Fällen von Overgrooming liegt ursächlich Juckreiz zugrunde, insbesondere im Zusammenhang mit Ektoparasitenbefall und Überempfindlichkeiten.
Bevor die Diagnose einer psychogenen Alopezie gestellt wird, sollten zunächst potenzielle Juckreizursachen ausgeschlossen werden.
Das „Grooming“ ist ein normales Verhalten von Katzen und besteht aus dem Belecken und Beknabbern von Haaren und Haut und dem Abreiben des Gesichts mit den Vorderpfoten. Primärer Zweck dieses katzentypischen Verhaltens ist das Säubern des Fells, das Entfernen von Parasiten und die Thermoregulation 1. Overgrooming ist ein bei Katzen häufig auftretendes erworbenes Problem, das durch einen Haarverlust infolge exzessiven Leckens und übertriebener Fellpflege gekennzeichnet ist. In der Regel entsteht dadurch eine bilateral symmetrische Alopezie am ventralen Abdomen, an den kaudalen und medialen Flächen der Beckengliedmaßen und im Bereich des Perineums (Abbildung 1). Haarverlust kann aber auch am lateralen Abdomen und in anderen Körperregionen entstehen 2 (Abbildung 2).
Abbildung 1. Overgrooming im Bereich des kaudoventralen Abdomens. © Dr Stephanie Köbrich
Abbildung 2. Overgrooming in der Sakralregion. © Sarah Warren
Overgrooming ist die häufigste Ursache der felinen symmetrischen Alopezie (FSA), eines der vier wichtigsten Hautreaktionsmuster bei Katzen. Die anderen zentralen Reaktionsmuster sind Juckreiz an Kopf und Hals, die Effloreszenzen des eosinophilen Granulomkomplexes und die miliare Dermatitis. Alle vier Muster treten als Reaktion auf eine große Bandbreite unterschiedlicher zugrunde liegender Erkrankungen auf 3 (Tabelle 1). Früher wurde diese Erkrankung als „feline endokrine Alopezie“ bezeichnet, heute weiß man jedoch, dass die Mehrzahl der FSA-Fälle keinen endokrinen Hintergrund hat, sondern durch Overgrooming als Reaktion auf Juckreiz verursacht wird 4.
Overgrooming (selbstinduzierter Haarverlust) | Spontaner Haarverlust |
---|---|
Pruritus
• Parasiten
Flöhe
Läuse
Demodex-Milben (D. gatoi)
Cheyletiella-Milben
Otodectes-Milben
Notoedres-/Sarcoptes-Milben
Neotrombicula spp.
• Dermatophytosen
• Überempfindlichkeiten
Flohstichüberempfindlichkeit
Futtermittelüberempfindlichkeit
Umweltüberempfindlichkeit
Arzneimittelreaktion
• Hyperthyreose
Psychogene Alopezie
Schmerz, Neurodermatitis, Neuralgie (selten)
|
Endokrinopathien
• Hyperadrenocorticismus
• Diabetes mellitus
• Hypothyreose
Paraneoplastische Alopezie
Neoplasie
• Epitheliotropes T-Zelllymphom
Infektionen/Ektoparasiten
• Dermatophytose
• Demodex-Milben
Andere
• Trichorrhexis nodosa
• Degenerative Mucinotic Mural Folliculitis
• Telogenes Effluvium
• Pseudopelade
• Alopecia areata
• Exzessiver physiologischer Haarverlust
|
Wenn eine Katze mit symmetrischer Alopezie zur Untersuchung vorgestellt wird, muss zunächst mit Hilfe einer gründlichen und systematischen Vorgehensweise geklärt werden, ob es sich tatsächlich um die Folge von Overgrooming handelt oder – seltener – um einen spontanen Haarverlust. Voraussetzung hierfür sind ein sorgfältiger Vorbericht, eine gründliche dermatologische und allgemeine klinische Untersuchung sowie einige grundlegende diagnostische Tests.
Dieser Artikel beschreibt, wie die Autorin in Fällen von Overgrooming vorgeht. Für weitere Details über Erkrankungen, die spontanen Haarverlust hervorrufen, für deren Diagnose in vielen Fällen eine histopathologische Untersuchung und weitere Labortests erforderlich sind, sei der Leser auf die einschlägige dermatologische Literatur verwiesen.
Ein gründlicher Vorbericht ist der erste wichtige Schritt einer systematischen Annäherung an den Fall einer Katze mit Overgrooming. Katzen sind aber leider sehr verschlossene und heimliche Tiere, so dass viele Besitzer das Overgrooming möglicherweise gar nicht beobachten oder das Fell- und Körperpflegeverhalten ihrer Katze nicht als abnorm einschätzen. Hoch verdächtig für einen selbstinduzierten Haarverlust sind anamnestische Hinweise auf Haare im Kot, Erbrechen von Haarballen oder das Auffinden von Haaren in der Wohnung.
Ein gründlicher Vorbericht sollte darüber hinaus folgende Aspekte berücksichtigen:
• Details zur Lebensweise der Katze und einer potenziellen Ansteckung.
Hat der Besitzer weitere Haustiere und haben diese Hautprobleme?
Hat die Katze Zugang nach draußen? Besteht direkter oder indirekter Kontakt zu anderen Katzen, Hunden, Igeln oder Kaninchen?
Besucht die Katze andere Wohnungen oder Katzenpensionen/Tierheime? Kommen andere Haustiere zu Besuch in die Wohnung des Besitzers?
• Details zur durchgeführten Parasitenbekämpfung.
Wird ein wirksames Antiparasitikum in den richtigen Intervallen bei allen Tieren mit Kontakt zur betroffenen Katze angewendet?
Findet eine korrekte Umgebungsbehandlung statt?
• Details zu vergangenen oder aktuellen Hautproblemen und zum Ansprechen auf vorangegangene Behandlungen? Hat die Katze Juckreiz?
• Details zur systemischen Gesundheit der Katze.
• Gibt es weitere Verhaltensanzeichen für Stress, wie z. B. Unsauberkeitsprobleme?
• Gibt es offensichtliche potenzielle Stressursachen – Mehrkatzenhaushalt? Veränderungen im Haushalt (z. B. neues Haustier im Haushalt oder in der Nachbarschaft, neues Baby)?
Auch das Signalement kann einige wichtige Informationen liefern. So entwickeln sich Überempfindlichkeiten in der Regel bei jungen adulten Katzen. Futtermittelallergien können grundsätzlich jedoch in jedem Alter entstehen. Neoplasien und systemische Erkrankungen kommen dagegen eher bei älteren Tieren vor. Perserkatzen besitzen eine rassespezifische Prädisposition für Dermatophytosen, und Orientalen für eine psychogene Alopezie 6.
Bei betroffenen Katzen sollte im Anschluss an den Vorbericht immer eine vollständige klinische Allgemeinuntersuchung durchgeführt werden, um nach Hinweisen auf systemische Erkrankungen zu suchen, die insbesondere einem spontanen Haarverlust zugrunde liegen können.
Wenn sich die Haare in den betroffenen Körperregionen stoppelig und gebrochen anfühlen, ist dies ein erster Hinweis auf Overgrooming. Gestützt wird die Verdachtsdiagnose Overgrooming durch weitere Effloreszenzen, die im Zusammenhang mit pruriginösen, allergischen oder ektoparasitären Erkrankungen auftreten können, wie zum Beispiel Exkoriationen, miliare Dermatitis oder Effloreszenzen des eosinophilen Granulomkomplexes (Abbildung 3). Gleiches gilt für sichtbare Ektoparasiten wie Flöhe, Läuse oder Herbstgrasmilben. Haarverlust in Körperregionen, die die Katze mit der Zunge nicht erreichen kann, und leicht ausziehbare Haare würden dagegen eher für einen spontanen Haarverlust sprechen.
Weitere Evidenzen ergeben sich aus einem Trichogramm, das sich auch als ein wertvolles Hilfsmittel erweisen kann, wenn skeptische Besitzer davon überzeugt werden sollen, dass der Haarverlust bei ihrer Katze tatsächlich auf Overgrooming zurückzuführen ist und nicht etwa auf einen spontanen Haarverlust. Hierfür werden Haare aus den von Haarverlust betroffenen Körperregionen mit Hilfe einer Pinzette ausgezogen, parallel angeordnet in flüssiges Paraffin (Mineralöl) auf einen Objektträger gelegt, mit einem Deckglas abgedeckt und unter geringer sowie starker Vergrößerung mikroskopisch untersucht. Abgewinkelte und ausgefranste distale Haarenden sprechen für Overgrooming (Abbildung 4), während die distalen Haarenden bei spontanem Haarverlust eher spitz zulaufend sind. Auch die Untersuchung der Haarzwiebeln kann einige wertvolle Informationen liefern. So befinden sich bei der gesunden Katze 10-20 % der Haarfollikel in der anagenen Phase (aktives Wachstum) und 80-90 % in der telogenen Phase (Ruhephase) (Abbildung 5 und 6). Wenn in mehreren Proben 100 % der Haarfollikel in der telogenen Phase sind, weist dies auf einen spontanen Haarverlust und eine zugrunde liegende Ätiologie, wie zum Beispiel eine Endokrinopathie, ein telogenes Effluvium oder eine systemische Erkrankung hin.
Sobald die Diagnose Overgrooming bestätigt ist, muss die Ursache ermittelt werden, um eine wirksame Behandlung einleiten zu können.
Dieser initiale Schritt muss sehr sorgfältig und gewissenhaft erfolgen, da Überempfindlichkeit gegen Flöhe die häufigste Juck reizursache bei Katzen ist 7.
Ektoparasiten: Das Fell der Katze sollte über einem großen, weißen Blatt Papier gekämmt oder gebürstet werden, um nach Hinweisen auf Flöhe, Flohkot und Läuse zu suchen. Kammproben und Hautgeschabsel sollten in flüssigem Paraffin auf Cheyletiella spp., Otodectes spp., Demodex spp. und selten Notoedres spp. oder Sarcoptes spp. untersucht werden. Bei Befall mit Läusen und Cheyletiella spp. können im Trichogramm auch Eier an Haarschäften nachzuweisen sein (Abbildung 7).
Demodex gatoi, eine Demodexmilbe mit breitem, abgestumpftem Abdomen (Abbildung 8), kommt in einigen geographischen Regionen vor und kann Overgrooming bei Katzen hervorrufen. Im Unterschied zu D. cati besiedelt D. gatoi die oberflächlichen Hautschichten und kann daher sowohl in Klebestreifenabklatschproben als auch in oberflächlichen Hautgeschabseln zu finden sein. Aufgrund der geringen Größe und der Transparenz dieser Milben sollten die Proben mit dem 10-fachen Objektiv und bei schwacher Intensität der Lichtquelle untersucht werden, damit die Parasiten nicht übersehen werden. Da es infolge einer Entfernung der Milben durch das Overgrooming jedoch zu falsch negativen Ergebnissen kommen kann, sollten zusätzlich Hautgeschabsel auch in offensichtlich nicht betroffenen Arealen außerhalb der Reichweite der Katze genommen werden. Da es sich um ein kontagiöses Geschehen handelt, kann die Diagnose auch durch eine Untersuchung asymptomatischer Katzen mit Kontakt zum Patienten unterstützt werden. Nach oraler Aufnahme im Rahmen der Fellpflege können die Milben auch bei der parasitologischen Kotuntersuchung nachzuweisen sein. Wenn trotz des fehlenden Nachweises der Milben der Verdacht auf einen Befall mit D. gatoi besteht, kann eine akarizide Versuchsbehandlung durchgeführt werden. Im Idealfall verwendet man eine schwefelhaltige Waschlösung (2 %-iges Lime-Sulfur-Dip), die in dreimal jeweils wöchentlichem Abstand bei allen Katzen mit Kontakt zum betroffenen Patienten aufgetragen wird. Alternativ wird die orale Applikation von Ivermectin (0,2-0,3 mg/kg alle 24-48 h) beschrieben, diese Behandlung ist bei Katzen aber nicht zugelassen und geht mit der Gefahr einer Neurotoxizität einher 8 9 10.
Abbildung 3. Alopezie infolge Overgrooming am kaudoventralen Abdomen und an den kaudomedialen Flächen der Beckengliedmaßen. Zu beachten sind die begleitenden erythematösen Papeln und Exkoriationen bei dieser Katze mit Überempfindlichkeit gegen Umweltallergene (feline Atopie). © Sarah Warren
Abbildung 4. Ausgefranste distale Haarspitzen infolge Overgrooming (40fache Vergrößerung). © Kate Griffiths
Abbildung 5. Anagene Haarwurzeln sind keulenförmig und können pigmentiert sein (40fache Vergrößerung). © Kate Griffiths
Abbildung 6. Telogene Haarwurzeln sind lanzenförmig und nie pigmentiert (40fache Vergrößerung). © Credit Kate Griffiths
Abbildung 7. Ei einer Laus an einem Haarschaft (100fache Vergrößerung).
Abbildung 8. Demodex gatoi (100fache Vergrößerung). © Steve Waisglas
Vor der Einleitung dieser diagnostischen Untersuchungen ist es sinnvoll, den Besitzer über die Möglichkeit falsch negativer Ergebnisse aufzuklären. Selbst bei negativem Parasitenbefund sollte deshalb eine Versuchsbehandlung gegen Ektoparasiten über einen Zeitraum von mindestens 12 Wochen durchgeführt werden, um eventuell vorhandene Flöhe und andere nicht-demodektische Milben zu eliminieren. Spot-On-Präparate wie Selamectin oder Imidacloprid/Moxidectin sollten bei allen Hunden und Katzen mit Kontakt zur erkrankten Katze appliziert werden und führen in diesen Fällen sehr wahrscheinlich zum Erfolg, obgleich sie in der Regel nicht zur Bekämpfung von Milben bei Katzen zugelassen sind.
Eine wirksame begleitende Umgebungsbehandlung mit einem Spray, das einen adultiziden Wirkstoff und einen Insektenwachstumsregulator enthält, ist von entscheidender Bedeutung, wird aber häufig unterlassen. Wichtig ist hierbei auch die Berücksichtigung von Bereichen außerhalb der Wohnung, an denen sich die Katze häufiger aufhält, wie zum Beispiel das Auto, Außengebäude und Katzentransportkörbe. Abhängig von der Wirkungsdauer des eingesetzten Adultizids sollte die Behandlung nach vier bis acht Wochen wiederholt werden. Da Puppen zum Teil erst nach bis zu drei Monaten schlüpfen, von der adultiziden Behandlung jedoch unbeeinflusst bleiben, stellen regelmäßige Wiederholungsbehandlungen mit dem Adultizid sicher, dass auch weiterhin frisch schlüpfende Flöhe unmittelbar abgetötet werden, bevor sie stechen können. Wenn die Katze weiterhin Zugang ins Freie hat, insbesondere zu unbehandelten Tieren oder Wohnungen, kann eine Reinfestation, insbesondere mit Flöhen, möglicherweise nicht verhindert werden. Hier muss eine Abwägung getroffen werden zwischen den Vorteilen einer Verhinderung eines erneuten Parasitenbefalls auf der einen Seite und den praktischen Schwierigkeiten sowie dem potenziellen Stress für die Katze im Zusammenhang mit dem Einsperren in der Wohnung.
Wenn eine Besserung eintritt, muss eine regelmäßige Flohkontrolle dauerhaft aufrechterhalten werden. Hierbei werden systemische Produkte bevorzugt, weil sie in ihrer Wirksamkeit nicht durch das Overgrooming beeinträchtigt werden. Zur Verbesserung der Compliance können regelmäßig Behandlungserinnerungen per Email oder Textnachricht an die Besitzer betroffener Katzen versendet werden 11.
Infektionen: Das Fell betroffener Katzen sollte mit einer Wood‘schen Lampe auf Dermatophyten untersucht werden. Nach dem Einschalten sollte man die Lampe etwa fünf Minuten aufwärmen lassen, bevor man mit der Untersuchung beginnt. Da es hierbei jedoch oft zu falsch negativen Ergebnissen kommt, sollte parallel eine Probe für eine kulturelle Untersuchung auf Dermatophyten eingesandt werden. Am besten geeignet ist hierfür eine sterile Zahnbürste, mit der man Fell bzw. Haut der betroffenen Katze gebürstet hat, zusammen mit Haarzupfproben, die mit steriler Pinzette aus der Peripherie der Effloreszenz entnommen werden.
Darüber hinaus kann eine zytologische Untersuchung der Hautoberfläche mit Hilfe angefärbter Abklatsch- oder Klebestreifenpräparate durchgeführt werden, insbesondere bei Verdacht auf bakterielle Infektionen oder Malassezia-Infektionen. Sämtliche nachgewiesenen Infektionen sind zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit sekundäre Folgen einer primär zugrunde liegenden Ursache, sie sollten aber dennoch wirksam behandelt werden.
Unter der Voraussetzung, dass keine Hinweise auf eine Infektion oder eine Demodikose zu finden sind, können bei Katzen mit inakzeptablem Juckreiz in der Anfangsphase einer Versuchsbehandlung gegen Ektoparasiten zusätzlich Glucocorticoide verabreicht werden, im Idealfall orales Prednisolon (1-2 mg/kg alle 24 h). Die anfängliche Dosierung kann anschließend auf die geringste wirksame Dosis heruntertitriert und im weiteren Verlauf der Versuchsbehandlung vollständig ausgeschlichen werden, um die Wirkung der ektoparasitiziden Behandlung allein beurteilen zu können.
Potenzielle arzneimittelinduzierte Ursachen sollten im Rahmen des Vorberichts abgeklärt werden und verdächtige Arzneimittel sollten nach Möglichkeit abgesetzt werden.
Wenn das Overgrooming auch nach Ausschluss möglicher ektoparasitärer und infektiöser Ursachen persistiert, werden in einem nächsten Schritt Untersuchungen auf Überempfindlichkeiten gegenüber diätetischen Allergenen oder Umweltallergenen eingeleitet. Auch wenn der Vorbericht auf eine gastrointestinale Problematik hinweist und damit den Verdacht in Richtung Futtermittelüberempfindlichkeit lenkt, muss eine solche nicht immer vorliegen. Allein anhand des klinischen Bildes können diese beiden Formen der Überempfindlichkeit – diätetisch oder umweltbedingt – oft nicht unterschieden werden.
Futtermittelüberempfindlichkeit: Da In-vitro-Tests zur Diagnose von Futtermittelallergien von fraglicher Genauigkeit sind 12, sollte eine strenge Eliminationsdiät über einen Zeitraum von mindestens sechs bis acht Wochen durchgeführt werden. Traditionell wurden hierfür zu Hause selbst zubereitete Nahrungen mit neuen, das heißt zuvor bei diesem Patienten noch nie gefütterten Protein- und Kohlenhydratquellen verwendet. Heute setzt man jedoch in zunehmendem Maße kommerzielle Diätnahrungen mit vollständig neuen Inhaltsstoffen ein, da sie zum einen sehr anwenderfreundlich sind und zum anderen einen ausgewogenen Nährstoffgehalt aufweisen. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass alle Inhaltsstoffe lückenlos deklariert werden und tatsächlich neu sind, was bei zahlreichen der sogenannten „hypoallergenen“ Diätnahrungen nicht immer der Fall ist, insbesondere, wenn es sich um frei verkäufliche Produkte handelt 13. Darüber hinaus stehen Diätnahrungen mit hydrolysierten Proteinen zur Verfügung. Aufgrund von Bedenken, dass Tiere mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber dem nativen Protein bei Fütterung dieser Nahrungen mit der hydrolysierten Variante des Proteins Rezidive entwickeln könnten, wird empfohlen, nach Möglichkeit immer auf eine hydrolysierte Diätnahrung auf der Basis der neuartigsten Proteinquellen zurückzugreifen 14 15.
Die praktische Durchführung einer strikten Eliminationsdiät kann sich bei einer Katze als schwierig erweisen und erfordert unter Umständen mehr oder weniger stark ausgeprägte Kompromisse. Wenn eine Katze eine bestimmte Diätnahrung ablehnt, empfiehlt die Autorin, mehr als eine geeignete Diätnahrung anzubieten, um die Nahrungsvielfalt zu erhöhen. In Mehrkatzenhaushalten kann es zudem erforderlich sein, alle Katzen über den Zeitraum der Eliminationsdiät mit der Testnahrung zu füttern, da Katzen gern mehrfach über den Tag verteilt fressen und eine strikte individuelle Fütterung unter diesen Bedingungen sehr schwierig ist. Wie bei der Ektoparasitenkontrolle empfiehlt es sich, die betroffene Katze während der Eliminationsdiät in der Wohnung zu halten, um eine unkontrollierte Nahrungsaufnahme im Freien auszuschließen. Ist dies aus praktischen Gründen oder wegen des damit verbundenen Stresses für die Katze nicht möglich, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um die Auswirkung eines Freigangs so weit wie möglich abzuschwächen (z. B. Nachbarn, bei denen die Katze frisst mit der geeigneten Diätnahrung ausstatten). Gewisse Einschränkungen der Aussagekraft einer Eliminationsdiät müssen in diesen Fällen aber hingenommen werden.
Ist der Juckreiz nach sechs bis acht Wochen zurückgegangen, ist es sinnvoll, die Eliminationsdiät zunächst über einen Zeitraum von mindestens einem Monat weiter fortzusetzen und parallel die strikte Ektoparasitenkontrolle aufrechtzuerhalten, damit eine nachhaltige Besserung sichergestellt ist. Die Diagnose einer Futtermittelüberempfindlichkeit kann jedoch erst dann endgültig bestätigt werden, wenn sich nach Wiedereinführung der zuvor gefütterten Nahrung ein Rezidiv des Overgrooming entwickelt. Ist dieser Nachweis erbracht, wird die Ernährung der Katze anschließend wieder auf die zuvor erfolgreiche Eliminationsdiätnahrung umgestellt bis das erneut ausgebrochene Overgrooming wieder zurückgegangen ist. Anschließend wird eine geeignete Nahrung gewählt, mit der die Katze dauerhaft gefüttert werden kann. Dabei kann es sich um die zuvor erfolgreich eingesetzte Eliminationsdiätnahrung handeln, wenn diese nährstoffmäßig ausgewogen ist, oder um eine andere kommerzielle Nahrung, deren Zusammensetzung möglichst nahe an der der erfolgreichen Eliminationsdiätnahrung liegen muss. Alternativ können die bei diesem Patienten spezifischen allergieauslösenden Inhaltsstoffe auch im Rahmen einer sogenannten Provokationsdiät gezielt identifiziert werden, indem man einzelne Inhaltsstoffe systematisch nacheinander in Abständen von jeweils 7 bis 14 Tagen zur Nahrung der Katze hinzugibt und beobachtet, ob es dadurch zu einem erneuten Rezidiv der Symptomatik kommt. Anschließend wählt man eine Nahrung mit einer Zusammensetzung ohne die identifizierten allergenen Inhaltsstoffe.
Bei Ausbleiben eines Rezidivs nach Wiedereinführung der zuvor gefütterten Nahrung ist zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Juckreiz möglicherweise auch durch ein nahrungsunabhängiges Allergen verursacht worden war, dem die Katze am Ende der Eliminationsdiät nicht mehr ausgesetzt ist. Dies gilt insbesondere für saisonale Allergene, die unter Umständen erst wieder im gleichen Zeitraum des darauffolgenden Jahres auftreten.
Wie bei der Versuchsbehandlung gegen Ektoparasiten können auch in der ersten Phase einer Eliminationsdiät zunächst Glucocorticoide erforderlich sein, um das akute Overgrooming unter Kontrolle zu bringen. Im weiteren Verlauf sollten die Glucocorticoide dann aber ausgeschlichen und schließlich vollständig abgesetzt werden, um die Wirkung der Diät allein beurteilen zu können. Wenn mit Hilfe der Eliminationsdiät keine Besserung zu erreichen ist, besteht der Verdacht einer umweltbedingten Überempfindlichkeit.
Umweltbedingte Überempfindlichkeit (Atopie): Es handelt sich um die zweithäufigste Ursache von Juckreiz bei Katzen 7. Eine aussagekräftige Diagnose kann nur dann gestellt werden, wenn die oben genannten Schritte systematisch abgehandelt werden, das heißt, es handelt sich um eine klinische Diagnose. Wie bei Hunden gehen Intradermaltests und die IgE-Serologie auch bei der Katze mit dem Risiko falsch-positiver und falsch-negativer Ergebnisse einher und eignen sich deshalb auch bei dieser Spezies nicht für die sichere Diagnose einer umweltbedingten Überempfindlichkeit 16 17 18. Hinzu kommt, dass das Ablesen von Intradermaltests bei Katzen sehr viel schwieriger sein kann und dass In vitro-Tests auf IgE zwar einfacher durchführbar sind, bei Katzen aber noch weniger gut validiert sind als bei Hunden 19 20 .
Wenn die Diagnose einer umweltbedingten Überempfindlichkeit bestätigt ist, stehen verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung, deren Wahl im Einzelfall vom Grad der klinischen Erkrankung, den Wünschen des Besitzers und der Disposition des Patienten abhängt. Allergenspezifische Immuntherapien können auch bei Katzen eingesetzt werden, bei dieser Spezies liegen diesbezüglich jedoch weniger Evidenzen vor als bei Hunden 18 21. Die Wahl der Allergene für die Therapie basiert auf den Ergebnissen von Intradermaltests oder der IgE-Serologie, wenn auch mit den oben diskutierten Einschränkungen. Ansonsten erfolgt die Behandlung symptomatisch und basiert in erster Linie auf der Bekämpfung des Juckreizes und auslösender bzw. unterhaltender Faktoren (z. B. Flohbefall und sekundäre mikrobielle Infektionen). Eine Vermeidung der auslösenden Allergene kann ebenfalls versucht werden, ist in vielen Fällen aber unter praktischen Gesichtspunkten nicht möglich.
Juckreiz kann mit Glucocorticoiden, Cyclosporin oder möglicherweise auch mit Antihistaminika bekämpft werden. Früher wurden auch andere Arzneimittel eingesetzt, wie zum Beispiel Megestrolacetat, diese sollten aber heute nach Möglichkeit vermieden werden, da es sicherere Alternativen gibt 22.
Wenn Glucocorticoide zum Einsatz kommen, sollte die orale Applikation bevorzugt werden, damit das Arzneimittel auf die niedrigste wirksame Dosierung und Applikationsfrequenz für die Langzeitapplikation heruntertitriert werden kann (Tabelle 2). Prednisolon ist Prednison bei Katzen vorzuziehen, da Letzteres ineffektiv metabolisiert wird. Katzen, bei denen eine orale Medikation nicht möglich ist, können Depot-Glucocorticoide erhalten. Die Besitzer sollten in diesen Fällen aber über die Risiken iatrogener Nebenwirkungen einer Langzeitanwendung aufgeklärt werden.
Orale Glucocorticoide | Initialdosis | Ausschleichen auf |
---|---|---|
Prednisolon oder Methylprednisolon | 1-2 mg/kg alle 24 h | 0,5-1,0 mg/kg alle 48 h |
Dexamethason | 0,1-0,2 mg/kg alle 48-72 h | 0,05-0,1 mg/kg alle 48-72 h oder weniger häufig |
Triamcinolon | 0,1-0,2 mg/kg alle 24 h | 0,05-0,1 mg/kg alle 48-72 h |
Cyclosporin ist in vielen Ländern zur Behandlung allergischer Dermatitiden bei Katzen nach initialer Überprüfung des FeLV-, FIV- und Toxoplasmose-Status zugelassen. Eine Anfangsdosierung von 7 mg/kg alle 24 Stunden kann in vielen Fällen nach vier bis sechs Wochen auf eine entsprechende Dosis jeden zweiten Tag reduziert, und im weiteren Verlauf bei einigen Individuen weiter heruntergefahren werden auf eine Applikation zweimal pro Woche (Abbildung 9 und 10).
Kate Griffiths
Abbildung 9. Overgrooming infolge umweltbedingter Überempfindlichkeit. © Paul Sands
Abbildung 10. Dieselbe Katze wie in Abbildung 9 nach 11wöchiger Behandlung mit Cyclosporin. © Paul Sands
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Kate Griffiths
Kate Griffiths, University of Nottingham School of Veterinary Medicine and Science, Nottingham, UK Mehr lesen
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