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Veterinary Focus

Ausgabe nummer 32.1 Sonstiges Wissenschaft

Umgang mit kranken neugeborenen Hundewelpen

veröffentlicht 18/05/2022

Geschrieben von Sylvie Chastant

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Português , Español , English , ภาษาไทย und Українська

Das „Fading Puppy Syndrome“ ist in der tierärztlichen Praxis gut bekannt. Dieser Artikel erläutert eine praktische Herangehensweise an dieses häufige Problem.

Hospitalisierte Welpen sollten in einem speziellen Inkubator untergebracht werden

Kernaussagen

Ein neugeborener Hundewelpe, dem es offensichtlich nicht gut geht, sollte stets als Notfall betrachtet und so schnell wie möglich in die Praxis gebracht werden.


Wichtig ist die Überwachung und Kontrolle der Umweltbedingungen eines Neugeborenen, insbesondere der Umgebungstemperatur, der Luftfeuchtigkeit und der Hygiene.


Eine gute Pflege einschließlich Ernährung und Stimulation von Defäkation und Miktion spielt eine entscheidende Rolle für die Verbesserung der Erholungschancen.


Septikämie ist das häufigste Problem während der neonatalen Periode, aber auch das „4H-Syndrom“ spielt eine wichtige Rolle bei neonatalen Erkrankungen und Todesfällen. 


Einleitung

Veterinärmedizinische Patienten im Alter von unter drei Wochen sind sehr anfällig und ihr Zustand kann sich – aus ganz verschiedenen Gründen – sehr schnell verschlechtern. Bei 85 % aller Hundewelpen, die während des ersten Lebensmonats sterben, treten die ersten klinischen Symptome weniger als fünf Tage vor dem Eintritt des Todes auf. Neugeborene, die nicht ganz gesund erscheinen, müssen deshalb stets als Notfall betrachtet werden, sobald der Besitzer die Praxis kontaktiert und von entsprechenden Problemen berichtet. Eine symptomatische Behandlung wird dann in der Regel unmittelbar eingeleitet, also noch vor einer präzisen ätiologischen Diagnose, wenn diese im Einzelfall überhaupt gestellt wird. Die klinischen Symptome bei neugeborenen Hundewelpen sind unspezifischer Natur und können Atemnot, Schreien, abdominale Erweiterung und abdominale Schmerzen, Anorexie, schlechte Gewichtszunahme, Schwäche und Hypothermie umfassen. Keines dieser Symptome ist pathognomonisch für eine spezifisch zugrundeliegende Ursache.

Initiale Faktoren, die berücksichtigt werden müssen

Der Besitzer sollte gebeten werden, nicht nur den kranken Hundewelpen in die Praxis zu bringen, sondern auch seine Wurfgeschwister und die Mutterhündin. Bei einem kurzen Check aller Welpen des Wurfes können weitere bereits erkrankte Welpen möglicherweise bereits frühzeitig erkannt werden. Bei der Untersuchung der Mutterhündin können Erkrankungen auffallen, die einen Einfluss auf die Gesundheit eines Welpen haben, wie zum Beispiel Metritis, Mastitis, Agalaktie/Hypogalaktie, eingestülpte Zitzen (verhindern das Saugen) oder (selten) Vulvavesikel, die auf eine Herpesvirusinfektion der Hündin hinweisen. Wenn der Besitzer zu Hause die Gewichtsentwicklung der Welpen überwacht hat, sollten auch diese Daten oder entsprechende Wachstumskurven zur Sprechstunde mitgebracht werden. Sehr wichtig sind auch Tipps für den richtigen Transport neugeborener Welpen zur Praxis. Da neugeborene Hundewelpen eine schlechte Thermogenese aufweisen, ist es wichtig, die Umgebungstemperatur während des gesamten Transportes konstant bei etwa 28 °C zu halten. Übermäßige Wärme ist aber ebenfalls zu vermeiden, da Neugeborene nicht in der Lage sind, sich aktiv von einer heißen Wärmequelle zu entfernen. Mikrowellengeeignete Wärmepads oder Wärmflaschen mit heißem Wasser sollten mit Vorsicht eingesetzt werden, um eine induzierte Hyperthermie und Hautverbrennungen zu vermeiden (zylindrische Flaschen können zudem ins Rollen geraten, und Neugeborene quetschen). Eine Hyperthermie beeinträchtigt nicht nur die klinische Beurteilung, da überhitzte Welpen schreien und oft hyperaktiv sind, sie steigert auch den Metabolismus des Welpen und damit seinen Energieverbrauch.

In der Praxis angekommen, sind einige grundlegende hygienische Vorsichtsmaßnahmen unerlässlich. Neugeborene besitzen ein noch unreifes Immunsystem und müssen besonders vor nosokomialen Infektionen geschützt werden. Die Aufenthaltsdauer im Wartebereich sollte deshalb so kurz wie möglich sein, und Kontakte zu Oberflächen oder anderen Tieren müssen vermieden werden. Die Untersuchung sollte mit desinfizierten Händen und Handschuhen auf einer sauberen, trockenen Oberfläche stattfinden, die nach Möglichkeit erwärmt ist (z. B. ein auf 28-35 °C eingestelltes Heizkissen). Der untersuchende Tierarzt sollte im Idealfall frische Schutzkleidung tragen.

Klinische Untersuchung der Hündin

Ein wichtiger Bestandteil der allgemeinen klinischen Untersuchung der Mutterhündin ist eine Beurteilung auf Anzeichen für eine Bakteriämie. Bestehen bei der Hündin zum Beispiel Hinweise auf eine Infektion der Haut, der Ohren oder der Maulhöhle (einschließlich Zahnstein), die eine Quelle für Bakterien sein könnte? Liegt ein übelriechender Vaginalausfluss vor, der auf eine Metritis hindeutet? Das Gesäuge wird überprüft auf Anzeichen für eine Mastitis, eine unzureichende Entwicklung des Milchdrüsengewebes und eine abnorme Anatomie/Morphologie der Zitzen, um zu verifizieren, ob die Neugeborenen problemlos saugen können (Abbildung 1). Darüber hinaus wird der Body Condition Score der Hündin beurteilt, um zu überprüfen, ob sie die körperlichen Voraussetzungen für eine ausreichende Milchbildung hat, und schließlich wird auch das maternale Verhalten beurteilt. Zeigt die Hündin Interesse an ihren schreienden Welpen? Bei der Untersuchung des Wurfes ist jedoch Vorsicht geboten, da übermütterliche Hündinnen in solchen Situationen beißen könnten.

Die Untersuchung der Mutterhündin darf nicht vernachlässigt werden

Abbildung 1. Die Untersuchung der Mutterhündin darf nicht vernachlässigt werden. Dazu gehören die Verifizierung einer ausreichenden Milchproduktion, sowie die Kontrolle, ob ausreichend Zitzen für die Welpen verfügbar und nicht eingestülpt sind.
Credit: Sylvie Chastant 

Klinische Untersuchung des Neugeborenen

Zunächst sollten einige Schlüsselfakten zur Ernährung des Welpen während der vergangenen Tage verifiziert werden: Wie wurde die Fütterung während der ersten acht Lebensstunden gemanagt (also in der Periode, in der die intestinale Barriere permeabel ist für den passiven Transfer kolostraler Antikörper) 1, und werden die Welpen mit der Flasche gefüttert (da hier die Gefahr einer Aspiration mit potenziellen respiratorischen Komplikationen besteht)? Wenn die Welpen regelmäßig gewogen wurden, kann die Berechnung ihrer Wachstumsrate zwischen der Geburt und dem Alter von zwei Tagen wichtige Informationen liefern, denn laut einer Studie wiesen 96 % aller Hundewelpen, die über die ersten beiden Lebenstage an Körpergewicht verloren hatten, einen unzureichenden passiven Immuntransfer auf 2. Während der ersten beiden Lebenstage sollte im Idealfall also kein Gewichtsverlust auftreten. Im weiteren Verlauf sollte die Gewichtsentwicklung des Welpen dann mit der Referenzwachstumskurve der jeweiligen Rasse abgeglichen werden (Abbildung 2) 3. Das Ziel ist eine tägliche Zunahme von etwa 2-4 g pro Kilogramm des antizipierten adulten Körpergewichts, wobei das Mindestziel das 1,5-Fache des Geburtsgewichts an Tag 7 und das 3-Fache an Tag 21 ist.

Das Körpergewicht ist ein entscheidendes Kriterium bei der ersten klinischen Untersuchung eines Welpen sowie bei sämtlichen Kontrolluntersuchungen

Abbildung 2. Das Körpergewicht ist ein entscheidendes Kriterium bei der ersten klinischen Untersuchung eines Welpen sowie bei sämtlichen Kontrolluntersuchungen. 
Credit: Sylvie Chastant 

Die Körpertemperatur des Hundewelpen sollte mit einem digitalen pädiatrischen Thermometer mit weicher Spitze gemessen werden. Die Anwendung kontaktloser Infrarotthermometer bei Neugeborenen ist bislang nicht verifiziert. Die Normaltemperatur eines Neugeborenen ist niedriger als die eines adulten Hundes. Als Richtlinie gilt, dass die meisten Hundewelpen eine mittlere Temperatur von 36,5 ± 1 °C an Tag 1, 37,0 ± 1,3 °C an Tag 7 und 37,2 ± 0,5 °C an Tag 14-21 haben 4. In diesem Zusammenhang müssen zwei kritische Punkte beleuchtet werden. Zum Ersten sollte ein Welpe mit Hypothermie stets schonend und schrittweise aufgewärmt werden (Steigerung um maximal 1 °C pro Stunde) da ein abruptes Aufwärmen zum Tod aufgrund einer peripheren Vasodilatation und einer Überaktivierung des zellulären Metabolismus führen kann. Im Idealfall erfolgt das Aufwärmen in einem Inkubator, in dem die Temperatur auf kontrollierte Weise fortschreitend um ein Grad über die Körpertemperatur des Welpen erhöht wird, bis 37 °C im Inkubator erreicht sind. Die Luftfeuchtigkeit im Inkubator sollte auf etwa 55-65 % eingestellt werden. Zum Zweiten muss die Fütterung bei einem hypothermischen Welpen zunächst aufgeschoben werden, bis das Neugeborene eine Körpertemperatur von 35 °C erreicht hat, da es bei Körpertemperaturen unter diesem Wert zu einem Stillstand des Darms und einer Hemmung der Aktivität von Verdauungsenzymen kommt. Die Folge ist, dass sich die Milch im Magen staut und/oder unverdaut bleibt, wodurch gute Bedingungen für eine Vermehrung von Bakterien entstehen, die zu einer Bakteriämie und zum Tod führen könnten.

Die Bestimmung des Hydratationsstatus kann bei neugeborenen Hundewelpen schwierig sein, da das Kriterium der zeltartig stehenbleibenden Hautfalte in diesem Alter keine zuverlässigen Informationen liefert. Eine Dehydratation kann entweder subjektiv bestimmt werden durch Beurteilung der Trockenheit der Maulschleimhaut oder objektiv durch Messung des spezifischen Harngewichts mit Hilfe eines Refraktometers (Abbildung 3). Harn kann nach Massage der Perinealregion mit einem lauwarm angefeuchteten Wattebausch in einem kleinen Plastikröhrchen aufgefangen werden, wobei jeder Wert des spezifischen Harngewichts über 1.030 als signifikant gilt. Ist kein Refraktometer verfügbar, kann auch die makroskopische Beurteilung der Farbe des Harns hilfreich sein. Da der physiologische Harn von Neugeborenen in der Regel nahezu farblos ist, spricht eine dunkelgelbe Farbe für eine Dehydratation.

Die Messung des spezifischen Harngewichts mittels Refraktometer ist der einzige präzise Weg zur Überprüfung des Hydratationsstatus eines Hundewelpen

Abbildung 3. Die Messung des spezifischen Harngewichts mittels Refraktometer ist der einzige präzise Weg zur Überprüfung des Hydratationsstatus eines Hundewelpen. Jeder Wert über 1.030 weist auf eine Dehydratation hin.
Credit: Sylvie Chastant 

Besondere Aufmerksamkeit muss dem Nabel neugeborener Welpen gewidmet werden. Der Nabel stellt eine bedeutende Eintrittspforte für Bakterien dar, da die Nabelvene in direkter Verbindung mit der Leber steht, und die Nabelarterien direkt mit der A. iliaca verbunden sind. Wenn die Nabelschnurreste nicht innerhalb von einer Woche nach der Geburt abgetrocknet sind, kann dies auf eine Omphalitis/Omphalophlebitis und eine mögliche Bakteriämie hinweisen.

Auch Welpen, die bereits mehrere Tage alt sind, müssen auf kongenitale Anomalien wie Hydrocephalus, Gaumenspalte und Atresia ani untersucht werden. Zu klären ist darüber hinaus, ob der Besitzer das Absetzen von Mekonium oder Fäzes beobachtet hat, obgleich dies schwierig festzustellen sein kann, weil die Mutterhündin ihre Welpen in der Regel zuverlässig säubert. Bei der Herzuntersuchung kann eine Bradykardie (100-150 Schläge pro Minute) festzustellen sein, der oft ein protektiver Reflex im Zusammenhang mit einer Hypothermie zugrunde liegt, so dass in diesen Fällen meist keine Indikation für die Verabreichung von Herzmedikamenten besteht.

Weitere diagnostische Tests

Blutproben 

Blut kann bei Hundewelpen in jedem Alter über eine Punktion der V. jugularis gewonnen werden (23-25 G Kanüle). Bei Neugeborenen muss jedoch auf die Verwendung von Alkohol zur Desinfektion der Haut verzichtet werden (um die Blutungsgefahr nach der Probenentnahme und eine Abkühlung des Neugeborenen zu begrenzen), und die Punktionsstelle muss nach der Entnahme über mindestens eine Minute sorgfältig komprimiert werden. Dennoch ist die Punktion der V. jugularis in der Regel sehr viel einfacher als gemeinhin vermutet, und für das Neugeborene letztlich relativ sicher. Die Referenzwerte für Neugeborene unterscheiden sich von denen adulter Hunde (Tabelle 1). Der am einfachsten zu messende und zugleich hilfreichste Parameter ist der Blutzuckerspiegel, der mit Hilfe eines Blutzuckermessgerätes für diabetische Patienten bestimmt werden kann. Hierfür wird nur ein Tropfen Blut durch Stechen am Ohr oder an der Pfote benötigt, und die Entnahme kann durch die Anwendung von Vaseline erleichtert werden.

Tabelle 1. Referenzwerte für Blutparameter bei neugeborenen Hundewelpen (modifiziert nach 5,6,7,8).

Alter in Wochen 1 2 3
Urea (g/l)
0,35-1,01
0,12-0,6 0,19-0,49
Creatinin (mg/l)
<1-7
2-10 2-7
Alkalische Phosphatase (IU/l)
3000-7000
600-1300 110-260
Gesamtprotein (g/l)
32-45
25-42 33-43
Glukose (g/l)
0,7-1,5
0,7-1,4 0,5-1,6
Hämatokrit (%)
21-46
18-33 21-37
Erythrozyten (x106/µL)
3,6-5,9
3,4-4,4 2,8-4,3
Leukozyten (x103/µL) 4-23
1,7-19
2,1-21

 

Bildgebende Diagnostik

Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen können verwirrend sein, da einige Befunde, die bei adulten Tieren abnorm wären, bei Neugeborenen unter Umständen keine pathologische Bedeutung haben (Abbildung 4). So beobachtet man zum Beispiel bei 60 % aller Hundewelpen während der ersten beiden Lebenswochen (und bei 30 % im Alter von einem Monat) einen Peritonealerguss, der keine klinischen Folgen hat, da sich die Flüssigkeit spontan zurückbildet. Ebenso wird bei 40 % der Hundewelpen eine Erweiterung des Nierenbeckens an Tag 2, bei 25 % an Tag 7 und bei 5 % im Alter von zwei Monaten festgestellt, die keine klinischen Symptome hervorruft. Die neonatale Nierenrinde kann bei der Ultraschalluntersuchung bis Tag 14 zwei deutlich unterscheidbare Schichten aufweisen (hypoechogene externe Schicht, echogenere interne Schicht). Bis zu Tag 21 kann das Milzparenchym im Sonogramm ein sehr charakteristisches „Leopardenmuster“ aufweisen, das auf die Aktivierung des neonatalen Immunsystems zurückzuführen sein könnte (unveröffentlichte Daten der Autorin).

Weitere Details zur klinischen Untersuchung findet man online (in französischer, englischer und deutscher Sprache) frei zugänglich unter: https://neocare.pro/le-developpement-du-chiot/.

Dorsoventrale Röntgenaufnahme des Thorax eines 7 Tage alten Mischlingswelpen

Abbildung 4. Dorsoventrale Röntgenaufnahme des Thorax eines 7 Tage alten Mischlingswelpen. Ein Lappen der rechten Lunge erscheint abnorm strahlenundurchlässig – ein Hinweis auf Hepatisation. Der Welpe zeigte eine hochgradige Dyspnoe, die nach systemischer antibiotischer Therapie und Kortikosteroid-Vernebelung zurückging. 
Credit: Sylvie Chastant 

Hospitalisierung – warum, wer und wo?

Warum hospitalisieren?

Eine Hospitalisierung erlaubt nicht nur die fachgerechte Durchführung spezifischer Behandlungsmaßnahmen (orogastrische Intubation, Flüssigkeitstherapie und medikamentöse Therapie), sie stellt auch eine intensive und engmaschige Überwachung und Pflege sicher. Dies ist wichtig, da sich der Zustand gesundheitlich angegriffener Neugeborener plötzlich und ohne Vorwarnung dramatisch verschlechtern kann. Die große Mehrzahl der bei jungen Hundewelpen auftretenden Erkrankungen weist eine bakterielle Komponente auf, aber drei zentrale Faktoren können in der Kombination dafür sorgen, dass sich der allgemeine Zustand eines Welpen in ganz erheblichem Maße verschlechtert: Hypothermie, Hypoglykämie und Dehydratation. Bei hospitalisierten Tieren können alle diese Faktoren gut überwacht werden, und ohne die richtige Pflege können medikamentöse Behandlungen unwirksam bleiben. Darüber hinaus kann eine Hospitalisierung auch dazu beitragen, die Sorgen und Ängste der Besitzer zu lindern, und – im Falle des Todes des Patienten – eine zeitnahe Sektion ermöglichen.

Wen hospitalisieren?

Die Hospitalisierung der Mutterhündin hat den Vorteil, dass der logistische Aufwand für die Pflege und Behandlung des erkrankten Welpen insgesamt gemindert wird, sie bedeutet aber gleichzeitig, dass man sich nun vor Ort in der Station um den gesamten Wurf kümmern muss, einschließlich der gesunden Welpen. Letztere werden dadurch aber unnötigerweise dem Risiko nosokomialer Erkrankungen ausgesetzt. Zudem ist es schwierig, Intensivmaßnahmen (wie z. B. eine Flüssigkeitstherapie per Infusion) bei Welpen in Anwesenheit der Mutterhündin durchzuführen, da sie ihre Welpen belecken wird und dabei Venenzugänge, Infusionsschläuche oder anderes Equipment beschädigen kann. Im Allgemeinen sollte nach Möglichkeit also nur der kranke Welpe hospitalisiert werden, und wenn tatsächlich mehrere Welpen desselben Wurfes aufgenommen werden, müssen diese mit Halsbändern unterschiedlicher Farben gekennzeichnet werden, um Verwechslungen auszuschließen. Wenn ein Teil oder der gesamte Wurf ohne die Hündin in der Klinik bleibt, muss das Gesäuge der Mutterhündin auf Anzeichen der Entwicklung einer Mastitis infolge des ausbleibenden Säugens überwacht werden.

Wo hospitalisieren?

Im Idealfall wird ein neugeborener Hundewelpe in einem separaten Raum getrennt von anderen stationären Patienten in einer Box mit regulierbarer Temperatur und Zugang zu einer Sauerstoffversorgung untergebracht. Dabei kann es sich um einen Inkubator speziell für Hundewelpen handeln, einen gebrauchten Neugeboreneninkubator aus der Humanmedizin (Abbildung 5), einen Vogelinkubator oder sogar um eine selbst hergestellte Box, zum Beispiel eine große Plastikkiste oder ein Aquarium mit Abdeckung (die aber eine Luftzirkulation zulässt). Kleine Inkubatoren haben den Vorteil, dass sie tragbar sind, so dass der Tierarzt die zu behandelnden Welpen mit nach Hause nehmen kann, wenn die Klinik nicht über nächtliches Personal verfügt, auch wenn dies sicherlich keine ideale Lösung ist. Inkubatoren erlauben in der Regel auch die Aufrechterhaltung einer hohen Luftfeuchtigkeit (60 %), die vor allem deshalb wichtig ist, weil Neugeborene durch den Verlust von Feuchtigkeit über die Haut und über den Atemtrakt eine signifikante Dehydratation entwickeln können, insbesondere bei offener Maulatmung. Die Temperatur im Inkubator sollte während der ersten Lebenswoche bei etwa 28-30 °C liegen, und in der zweiten Woche bei 26-28 °C, sie sollte aber stets individuell so angepasst werden, dass die Körpertemperatur der Neugeborenen zwischen 36 und 38 °C liegt. Zu berücksichtigen ist, dass Inkubatoren nur Wärme generieren, und die Temperatur nicht unter die Umgebungstemperatur in der Station senken können. Wenn kein temperaturregulierter Inkubator zugänglich ist, können Heizkissen oder mikrowellenfeste Wärmepads eingesetzt werden, nachdem man ihre Temperatur an der Kontaktstelle mit den Neugeborenen überprüft hat. Infrarot-Wärmelampen sind dagegen nicht zu empfehlen.

Hospitalisierte Welpen sollten in einem speziellen Inkubator untergebracht werden

Abbildung 5. Hospitalisierte Welpen sollten in einem speziellen Inkubator untergebracht werden, der eine genaue Kontrolle von Temperatur und Luftfeuchtigkeit ermöglicht. 
Credit: Sylvie Chastant 

Der Inkubator und sämtliche Oberflächen in der Welpenstation sollten regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden, um sicherzustellen, dass Neugeborene nicht mit Bakterien hospitalisierter adulter Tiere kontaminiert werden. Wichtig ist dabei jedoch die Wahl des richtigen Desinfektionsmittels, da einige Produkte die empfindliche neonatale Haut schädigen können. Entsprechende Hygienevorschriften gelten natürlich auch für sämtliches Equipment für die Fütterung der Welpen, wie zum Beispiel Flaschen, Sauger und Spritzen. Wird Ersatzmilch eingesetzt, muss diese gemäß den Angaben des Herstellers gelagert werden (auch zwischen aufeinanderfolgenden Hospitalisierungen).

Medikamentöse Therapie und Intensivbehandlung

Eine Rehydrierung von Neugeborenen kann auf subkutanem, intravenösem (IV) oder intraossärem (IO) Weg erfolgen (Letztere über den Femur). Bei der IV- und IO- Infusion ist es wichtig, vor dem Anschließen des Infusionsbestecks an den Welpen zunächst sorgfältig sämtliche Luft aus dem gesamten Applikationssystem zu entfernen. Zu beachten ist, dass bei neugeborenen Hundewelpen ein hohes Risiko einer Flüssigkeitsüberladung (mit nachfolgendem Lungenödem) besteht. Bei mittel- bis hochgradiger Dehydratation sollten zunächst Ringerlösung als Bolusinjektion (30-45 ml/kg) verabreicht werden, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusionsrate von 3-4 ml/kg/Stunde (bei Bedarf mit Zusatz von Dextrose) 9. Der intravenöse Applikationsweg ist vorzuziehen 10, und ein IO-Katheter sollte aufgrund des Osteomyelitisrisikos nicht länger als drei Tage liegen. Das Anwärmen der Infusionslösung ist aufgrund der niedrigen Infusionsrate nicht erforderlich, da sich erwärmte Flüssigkeiten während ihrer Passage durch das Applikationssystem schlicht und ergreifend wieder abkühlen würden.

Zur Behandlung einer Hypoglykämie erhält ein Hundewelpe einen IV-Bolus mit 12,5%iger Dextroselösung (50 %ige Dextroselösung 1:4 verdünnt) in einer Dosierung von 1 ml/kg und anschließend eine Dauertropfinfusion mit einer isotonischen Lösung (Ringerlösung) mit Dextrosezusatz (1,25-5 %). Weniger kritisch erkrankte Welpen mit normaler Körpertemperatur können eine 5-10%ige Glukoselösung (0,25 ml/30 g) erhalten 9,10. Zuckerlösungen (30%ige Glukoselösung oder Honig) können oral verabreicht werden, um die Entstehung einer Hypoglykämie zu vermeiden, wobei einige wenige Tropfen auf die Zunge oder in die Maulhöhle hinein gegeben werden.

Die medikamentöse Therapie bei Neugeborenen kann sich als problematisch erweisen. Bevor ein Arzneimittel verabreicht wird, muss zunächst dessen Sicherheit bei Neugeborenen kritisch beurteilt werden, und zwar am besten mit Hilfe entsprechender Lehrbücher (z. B. 11). Weniger geeignet sind hierfür die Empfehlungen der Hersteller, da die meisten Arzneimittel vor ihrer Zulassung nicht bei Neugeborenen evaluiert wurden. Da die Mehrzahl der neonatalen Erkrankungen eine bakterielle Komponente aufweist, wird nahezu immer routinemäßig antibiotisch behandelt. Wenn immer möglich, sollte die antibiotische Behandlung auf subkutanem oder intravenösem Weg erfolgen. Die orale Applikation bei kleineren Tieren erfordert flüssige Darreichungsformen und geht stets mit dem Risiko einer unkontrollierten Dosierung oder einer Fehldosierung einher. Zudem können einige oral verabreichte Antibiotika (insbesondere Ampicillin, Metronidazol und Amoxicillin) die Darmflora (zumindest vorübergehend) modifizieren und das Risiko einer Diarrhoe erhöhen. Die Antibiotika der ersten Wahl der Autorin sind Ampicillin/Amoxicillin und Amoxicillin-Clavulansäure, gefolgt von einigen Makroliden (Erythromycin, Tylosin) und Cefalexin oder Ceftiofur. Andere Antibiotika mit bekannten Nebenwirkungen (z. B. Aminoglykoside, die nephrotoxisch wirken können, und Tetracycline, die zu Verfärbungen des Zahnschmelzes führen können) können zwar durchaus in Erwägung gezogen werden, aber nur für eine kürzere Behandlungsdauer und ausschließlich in Fällen, in denen andere Antibiotika unwirksam sind (z. B. wenn nach dreitägiger Behandlung keine Besserung eintritt), oder wenn sie nach den Ergebnissen des Antibiogramms spezifisch angezeigt sind.

Sylvie Chastant

Ein hospitalisierter Hundewelpe sollte idealerweise in einem Inkubator untergebracht werden, der die für einen Neonaten optimale Temperatur und Luftfeuchtigkeit aufrechterhält.

Sylvie Chastant

Pflege von Hundewelpen

Der Erfolg medikamentöser und chirurgischer Behandlungen ist in hohem Maße abhängig von der Qualität der Pflege eines Welpen. Über die Verabreichung von Injektionen, Infusionen und dergleichen hinaus brauchen Hundewelpen eine vergleichsweise sehr viel intensivere Pflege als ältere Tiere, bestehend aus täglichem Wiegen, häufigem Füttern und Stimulieren der Defäkation/Miktion, ganz zu schweigen von den zahlreichen routinemäßigen prophylaktischen Maßnahmen wie dem regelmäßigen Entwurmen. In diesem Zusammenhang ist es von Vorteil, wenn das mit der Versorgung von Welpen beschäftigte Praxispersonal eine spezifische Ausbildung in Sachen Beurteilung und Pflege neugeborener Welpen hat. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die richtige Ernährung. Gefüttert werden Welpen entweder per Flasche oder über eine Sonde (Tabelle 2), aber in jedem Fall müssen zunächst die Rektaltemperatur gemessen werden (nur füttern, wenn > 35 °C) und der Füllungsgrad des Magen überprüft werden (nur füttern, wenn der Magen leer ist). Wenn sich der Magen auch vier Stunden nach der letzten Fütterung nicht geleert hat, ist eine mögliche Hypothermie abzuklären, und es muss überprüft werden, ob der Welpe Kot abgesetzt hat. Ist das Rektum gefüllt, kann die Defäkation mit Hilfe der Spitze des Thermometers stimuliert werden.

Tabelle 2. Fütterungsoptionen bei neugeborenen Hundewelpen.

  Vorteile Nachteile
Flaschenfütterung
• Das Neugeborene kann ad libitum trinken
• Beruhigende Situation für den Welpen
• Stimuliert Verdauung 
• Zeitaufwändig
• Risiko der Inhalation
• Nicht möglich bei fehlendem Saugreflex
• Kontraindiziert bei Gaumenspalte
Sondenfütterung
• Schnell
• Möglich auch bei fehlendem Saugreflex
• Sichere Fütterung bei Gaumenspalte 
• Risiko der Instillation in den Atemtrakt (gering) 
• Erfordert Übung (aber einfach)
• Risiko der Magenüberladung und Erbrechen/Regurgitation 

 

Die klinische Besserung eines geschwächten Welpen erkennt man in der Regel zunächst am Sistieren des permanenten Schreiens, einer insgesamt verbesserten Vitalität und einer Normalisierung der Rektaltemperatur. Weitere Gewissheit einer positiven Entwicklung erhält man, wenn der Welpe innerhalb etwa eines Tages beginnt, an Gewicht zuzunehmen. Wichtig ist es zudem, die Besitzer nicht zu vernachlässigen, die in dieser Situation sehr besorgt sein werden, und deshalb mindestens einmal täglich, wenn nicht sogar zweimal täglich über den Zustand des Patienten informiert werden sollten. Durch das Verschicken von Gewichtskurven, Fotos oder kurzen Videos des Welpen bei der Fütterung hält man die Besitzer ohne allzu großen Zeitaufwand auf dem Laufenden. Bei dieser Kommunikation können die mit der Pflege betrauten Praxismitarbeiter eine zentrale Rolle einnehmen.

Fortsetzung der Behandlung – Häusliche Pflege?

Selbst wenn es sich bei dem neugeborenen Hundewelpen um ein potenziell wertvolles Zuchttier handelt, ist es oft schwierig, die realen Kosten für die im Rahmen der stationären Behandlung tatsächlich aufgewendete Zeit angemessen in Rechnung zu stellen – und bei einem Mischlingshund oder bei einem nicht registrierten Hund ist dies vielleicht noch sehr viel schwieriger. Eine häusliche Pflege nach einem initialen Klinikaufenthalt könnte in diesen Fällen eine Alternative sein, unterstützt durch entsprechende Schulungen für Besitzer. Diese Möglichkeit kommt insbesondere für Züchter in Frage, da sie in der Regel mehr Zeit aufwenden können, eine starke Motivation haben und nicht selten über einen eigenen Inkubator verfügen. Dadurch werden die laufenden Kosten gesenkt und die Risiken nosokomialer Infektionen gemindert. Die Schulung von Besitzern in den grundlegenden Techniken der Welpenversorgung (subkutane Injektionen, Messung des spezifischen Harngewichts und Sondenfütterung) (Box 1) kann sich also lohnen, aber sobald ein Welpe in die häusliche Pflege entlassen ist, sollte der Fortschritt mit Hilfe täglicher Anrufe aus der Praxis weiter überwacht werden.

Box 1. Sichere Sondenfütterung.

  • Sonde wählen mit einem Durchmesser von 1,5 mm für Tiere unter 300 g, und 2,6-3,3 mm für Tiere über 300 g Körpergewicht.
  • Die einzuführende Länge der Sonde wird zwischen Kinn und Olecranon abgemessen und auf der Sonde wasserfest markiert.
  • Spritze mit 37 °C warmer Milch füllen, 4-5 ml/100 g Körpergewicht.
  • Sonde an die Spritze anschließen und mit Milch füllen, wobei sämtliche Luft aus der Sonde eliminiert werden muss.
  • Welpe in Bauchlage positionieren, Kopf und Körper in einer geraden Linie, Maulhöhle durch seitliches Drücken etwas öffnen. Kopf gerade halten und Sonde in die Maulhöhle einführen (Abbildung 6).
  • Sonde in Richtung Pharynx vorschieben und dem Neugeborenen erlauben, die Sondenspitze zu schlucken (dies sollte auch bei schwachen Welpen erfolgen). Zu beachten ist, dass Welpen bis zum Alter von 6-10 Tagen keinen Hustenreflex zeigen, selbst wenn die Sonde in die Trachea gelangt.
  • Um Regurgitation zu vermeiden, wird die Milchration begrenzt (4-5 ml/100 g Körpergewicht) und langsam über 1-2 Minuten verabreicht, um den Magen schrittweise zu füllen.
  • Nach Ende der Fütterung wird die Sonde vor dem Herausziehen in der Mitte abgeknickt (um weiteren Milchfluss zu verhindern). 
  • Sonde unmittelbar mit heißem Wasser und Detergenzien reinigen, dann ausspülen und trocknen vor der Lagerung für die nächste Mahlzeit.
  • Ersatzmilch sollte vor jeder Fütterung frisch zubereitet werden.
Richtige Positionierung eines neugeborenen Hundewelpen für das Legen einer Fütterungssonde

Abbildung 6. Richtige Positionierung eines neugeborenen Hundewelpen für das Legen einer Fütterungssonde.
Credit: Karine Reynaud 

Hauptursachen neonataler Mortalität

Wenn ein Hundewelpe stirbt, kann eine Sektion, gefolgt von bakteriologischen, histologischen und/oder PCR-Untersuchungen, dazu beitragen, die zugrundeliegende Ursache zu finden, die in vielen Fällen multifaktorieller Natur ist (Box 2). Verschiedene spezifische pathogene Erreger werden für neonatale Mortalität verantwortlich gemacht (Tabelle 3), Untersuchungen zufolge sind in 40 bis 65 % aller neonatalen Todesfälle aber unspezifische, opportunistische bakterielle Infektionen verantwortlich 12,13. Neugeborene werden hauptsächlich auf oralem Weg und/oder über Nabelgefäße infiziert, wobei die Entwicklung einer Septikämie von der Exposition gegenüber einer signifikanten Bakterienlast (aus der Umwelt oder von der Mutterhündin) abhängt und/oder von einer intrinsischen Schwäche des Neugeborenen infolge des so genannten „4H-Syndroms“ (Hypothermie – Hypoglykämie – Hypoxie – Hypovolämie). Aber auch andere Faktoren können beteiligt sein und eine relevante Rolle spielen, wie zum Beispiel signifikante Parasitenbürden (insbesondere Spulwürmer, Hakenwürmer und Kokkzidien), entweder durch direkten Wettbewerb um Nährstoffe und/oder indirekt durch die Verursachung einer Diarrhoe. Parasitenbefall kann aber auch indirekt für eine Bakteriämie verantwortlich sein, zum Beispiel wenn Toxocara-Larven vom Verdauungstrakt über die Leber in die Lunge wandern und dabei Bakterien aus dem Gastrointestinaltrakt verbreiten. Eine Rolle können schließlich auch Traumata spielen, die unbeabsichtigt durch eine grobe oder ungeduldige Vorgehensweise bei der Flaschenfütterung entstehen. Gefährdet sind insbesondere schwache Neugeborene mit ineffizientem Schluckreflex, der zu einer Inhalation von Milch führt. Auch Verletzungen der Welpen durch die Mutterhündin sind möglich. Wenn Neugeborene von der Hündin gequetscht oder gebissen werden, kann dies auf ein inadäquates maternales Verhalten zurückzuführen sein, der initiale Trigger ist in diesen Fällen aber oft eine Schwäche des Neugeborenen selbst (infolge von Hypoglykämie und Hypothermie).

Box 2. Prädisponierende Faktoren für neonatale Mortalität bei Hundewelpen.

Opportunistische Bakterien -> Septikämie
„4H“-Syndrom
Hypothermie – Hypovolämie –Hypoglykämie – Hypoxie
Spezifische pathogene Erreger
Trauma
Kongenitale Anomalien
Parasitenbefall

 

Tabelle 3. Spezifische infektiöse Ursachen neonataler Todesfälle (0-21 Lebenstage).

Viren Bakterien Parasiten
• CHV1 (Canines Herpesvirus)
• CPV1 (Canines Parvovirus Typ 1)
• CDV (Canines Staupevirus)
• CCoV (Canines Coronavirus)
• CAV2 (Canines Adenovirus Typ 2)
Brucella spp.
• Salmonella spp.
• Campylobacter jejuni
• Bordetella bronchiseptica 
Neospora caninum
• Toxocara canis
• Ancylostoma spp

 

Sektion und ergänzende Tests

Wenn ein Welpe stirbt, ist es wichtig, eine Sektion durchzuführen. Dabei müssen jedoch einige wichtige Faktoren berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass Ergebnisse optimaler Qualität erzielt werden. Kann die Sektion nicht unmittelbar nach Eintritt des Todes durchgeführt werden, sollte der Welpe bei +4 °C gelagert werden. Tiefgefrieren ist keine Option, da dies die histopathologische Untersuchung beeinträchtigt und sogar die makroskopische Untersuchung nach dem Auftauen stören kann. Oft müssen praktische Tierärzte ermutigt werden, Sektionen durchzuführen, möglicherweise weil sie befürchten, dass die Unterschiede zwischen Neugeborenen und adulten Tieren zu Verwirrung führen könnten. Dennoch liefert in vielen Fällen bereits die makroskopische Untersuchung des Kadavers wichtige Hinweise auf die Todesursache. Auffallen können zum Beispiel eine fehlende Milchaufnahme (leerer Magen und leerer Darm, volle Gallenblase, Mekoniumverhaltung), eine signifikante kongenitale Missbildung (z. B. Atresia jejuni) oder eine große Parasitenbürde (Parasiten im Darm sichtbar oder Narben in der Leber durch Larva migrans von Toxocara spp.). Fotos von Organen bei der Sektion können eine retrospektive Analyse ermöglichen. Da man bei der Sektion häufig aber keine offensichtlichen makroskopischen Läsionen findet, sollten stets Proben für weiterführende Untersuchungen (Bakteriologie, Histologie, PCR und Parasitologie) genommen werden, um die Bestimmung der Todesursache zu unterstützen..

Bakteriologische Kulturen sind nur dann aussagekräftig, wenn sie innerhalb von sechs Stunden nach Eintritt des Todes eingeleitet werden, da nach diesem Zeitpunkt Bakterien aus dem Verdauungstrakt austreten und andere Organe kontaminieren. Ein steriler Tupfer wird tief in das Milzparenchym eingeführt und in ein steriles Röhrchen überführt, wobei darauf zu achten ist, dass eine Kontamination des Tupfers in der Bauchhöhle vermieden wird. Alternativ kann auch die gesamte Milz steril entnommen werden. Falls erforderlich können Proben vor dem Versenden zum Labor im Kühlschrank gelagert werden, sie sollten das Labor aber innerhalb von 24 Stunden erreichen.

Gewebeproben für die histologische Untersuchung werden in 10%igem Formalin (3,4 % Formaldehyd) gelagert. Die Proben sollten maximal 5 mm dick sein und müssen innerhalb von sieben Tagen nach der Probenentnahme verarbeitet werden (Technik der Paraffineinbettung), um eine optimale Interpretation im pathologischen Labor zu gewährleisten.

Die parasitologische Beurteilung erfolgt zunächst durch eine makroskopische Untersuchung des Darminhaltes einschließlich Rektum, sie kann aber durch histologische Proben (z. B. Neospora spp. und Toxoplasma spp.) unterstützt werden.

Wenn der Kadaver vor der Sektion tiefgefroren war und/oder Anzeichen einer Autolyse aufweist, bleibt die PCR als einzige zuverlässige Untersuchungsoption. Eine quantitative Echtzeit-PCR kann hilfreiche Informationen zu den meisten Infektionserregern liefern.

Schlussfolgerung

Die umfassende Versorgung eines kranken neugeborenen Hundewelpen stützt sich in sehr viel höherem Maße auf die geeignete Pflege, eine unterstützende Flüssigkeitstherapie und eine antibiotische Behandlung als auf jede andere spezifische Medikation. Ein Schlüssel zum Erfolg liegt in der schnellen Einleitung der Behandlung, zusammen mit geeigneten präventiven Maßnahmen für sämtliche Wurfgeschwister. In den meisten Fällen sind die klinischen Symptome vor dem Eintritt des Todes nur von kurzer Dauer und unabhängig von der zugrundeliegenden Ursache vielfach sehr ähnlich. Da Behandlungen nicht selten erfolglos bleiben, sollte für eine erfolgreiche Kontrolle der neonatalen Mortalität nach Möglichkeit eine wirksame proaktive Strategie implementiert werden. Ein Besuch in der Zuchteinrichtung ist der beste Weg, um sich vor Ort ein detailliertes Bild von der Organisation rund um die Geburt zu verschaffen, wobei der Fokus auf der Beurteilung des Trächtigkeits- und Geburtsmanagement liegen sollte, sowie auf der Reanimation und der Ernährung der Neugeborenen und schließlich auf den allgemeinen Hygienemaßnahmen und den Umweltbedingungen.

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Sylvie Chastant

Sylvie Chastant

Dr. Chastant erhielt ihre Approbation als Tierärztin im Jahr 1990 an der Tierärztlichen Hochschule Alfort (Frankreich) und promovierte (PhD) 1995 im Bereich Präimplantation von Säugetierembryos Mehr lesen

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