Helfen Sie Katzen und Hunden, ihr gesündestes Leben zu führen
Veterinary Focus

Ausgabe nummer 34.1 Sonstiges Wissenschaft

Sebadenitis bei Hunden

veröffentlicht 05/04/2024

Geschrieben von Elad Perry

Auch verfügbar auf Français , Italiano , Español und English

Was ist Sebadenitis? Vielen praktischen Tierärzten und Tierärztinnen ist diese Erkrankung bei Hunden weitgehend unbekannt. Dieser Artikel beschreibt alles, was Sie wissen müssen.

Hundehaarfollikel mit Keratinmanschetten

Kernaussagen

Die canine Sebadenitis ist eine seltene Hauterkrankung, gekennzeichnet durch eine Entzündung und Zerstörung der Talgdrüsen.


Die endgültige Diagnose basiert auf einer Kombination aus Vorbericht, charakteristischem klinischem Bild und Histopathologie.


Die klinischen Symptome können je nach Rasse variieren, umfassen jedoch häufig eine Alopezie, Erytheme und Keratinmanschetten, und in hochgradigeren Fällen auch Sekundärinfektionen.


Die therapeutischen Optionen umfassen sowohl systemische als auch topische Behandlungen, die Prognose variiert aber je nach Grad der Erkrankung und Ansprechen auf die Behandlung. 


Einleitung

Bei der caninen Sebadenitis handelt es sich um eine spezifische dermatologische Erkrankung, gekennzeichnet durch eine entzündliche Pathogenese, die primär die Talgdrüsen betrifft und letztlich zu deren Degeneration führt 1. Weltweit werden praktische Tierärzte und Tierärztinnen mit Fällen caniner Sebadenitis konfrontiert. Entscheidend für eine optimale medizinische Versorgung betroffener Patienten ist zunächst ein umfassendes Verständnis dieser Erkrankung. Dieser Artikel befasst sich eingehend mit der caninen Sebadenitis, beschreibt ihre klinischen Merkmale, die Diagnose und die verfügbaren Behandlungsoptionen und beleuchtet schließlich die Prognose. Ziel ist es, praktische Tierärzte und Tierärztinnen beim Management von Patienten mit dieser oftmals sehr herausfordernden Erkrankung zu unterstützen.

Ätiologie

Der Begriff „Sebadenitis“ (engl.: sebaceous adenitis) bezeichnet die Entzündung mit anschließender Zerstörung von Talgdrüsen. Die physiologische Aufgabe der Talgdrüsen besteht in der Produktion von Talg, eines öligen Sekrets, das zur Gesunderhaltung von Haut und Haarkleid beiträgt 1,2. Die Ätiologie der Sebadenitis beim Hund ist noch nicht vollständig geklärt, man geht jedoch von einem multifaktoriellen Geschehen aus. Allerdings besteht ein starker Verdacht, dass eine genetische Prädisposition eine signifikante Rolle bei der Entstehung dieser Erkrankung spielt 1. So vermutet man, dass die Sebadenitis bei einigen Rassen wie dem Akita und dem Pudel autosomal rezessiv vererbt wird, und in laufenden Studien wird versucht, spezifische genetische Marker und Mutationen zu identifizieren, die zur Anfälligkeit für diese Erkrankung beitragen könnten 3,4,5

Man nimmt an, dass neben genetischen Faktoren auch eine Dysfunktion des Immunsystems einen wesentlichen Beitrag zur Ätiologie der caninen Sebadenitis leistet 1. Die resultierende glanduläre Zerstörung steht dabei im Zusammenhang mit einer spezifisch auf die Talgdrüse abzielenden zellvermittelten immunologischen Reaktion. So wurden bei der immunhistologischen Analyse von Proben betroffener Individuen antigenpräsentierende dendritische Zellen und T-Zellen gefunden, die im mittleren Teil des Talgdrüsenfollikels konzentriert sind und bis in den Talgdrüsengang hinein reichen 6. Dieser histologische Befund spricht sehr stark für eine immunvermittelte Pathogenese. Zusätzlich gestützt wird diese Theorie empirisch durch das häufig zu beobachtende Ansprechen von Hunden mit Sebadenitis auf eine Behandlung mit Cyclosporin.

Weitere potenziell zur Entstehung von Sebadenitis beitragende ätiologische Faktoren sind Anomalien im Lipidstoffwechsel, eine defiziente Lipidspeicherung oder Anomalien der Keratinisierung, die zu einer Obstruktion der Talgdrüsengänge und zu Entzündungen infolge einer Lipidleckage führen können 1. Darüber hinaus kann die Erkrankung durch verschiedene Umweltfaktoren induziert oder zusätzlich verstärkt werden, zum Beispiel durch belastende, stressreiche Ereignisse wie Erkrankungen, eine Allgemeinanästhesie, chirurgische Eingriffe oder vermehrte Hitze 1,3. Auch eine Exposition gegenüber Sonnenlicht kann zu einer weiteren Verschlimmerung des Erkrankungsgeschehens beitragen (Photoaggravation) 1. Ein umfassendes Verständnis aller dieser vielfältigen potenziellen Faktoren ist essenziell für die präzise Diagnose und eine wirksame Behandlung der Sebadenitis.

Signalement

Die canine Sebadenitis ist eine seltene und komplexe dermatologische Erkrankung, die primär bestimmte Hunderassen betrifft wie Standardpudel, Akita, Samojeden, Havaneser und Vizsla, sie kann aber auch bei Mischlingen auftreten 1,7. Tendenziell tritt die Erkrankung bei jungen adulten bis mittelalten Hunden auf, sie kann grundsätzlich aber bei Hunden jeden Alters zu beobachten sein, und eine geschlechtsspezifische Prädilektion wird nicht festgestellt 1,7.

Klinisches Bild

Die klinischen Symptome einer Sebadenitis und der Grad der Erkrankung können bei individuellen Hunden in signifikantem Maße variieren und werden darüber hinaus auch von der Rassezugehörigkeit beeinflusst 8. Bei kurzhaarigen Rassen wie Vizsla, Zwergpinscher und Dackel beginnen die klinischen Effloreszenzen typischerweise mit ringförmigen Mustern, und sind vorwiegend durch Alopezie und Erytheme gekennzeichnet. Oft weisen diese Effloreszenzen zusätzlich feine, weiße, nicht-anhaftende Schuppen auf (Abbildung 1). Im Laufe der Zeit können sich die Veränderungen peripher ausdehnen, ein polyzyklisches Aussehen annehmen oder zu größeren Arealen koaleszieren (Abbildung 2) 1,6.

Schnauze eines Hundes mit Sebadenitis

Abbildung 1. Exfoliative Dermatitis mit weißlichen, anhaftenden Schuppen, geringgradigem Erythem und Hypotrichose auf dem Nasenrücken und in der periokulären Region eines Hundes mit Sebadenitis.
© Elad Perry

Alopezie am Stamm eines Hundes

Abbildung 2. Ringförmige bis polyzyklische Alopezie am Stamm eines Vizslas mit Sebadenitis.
© Elad Perry

Häufig weisen Effloreszenzen im Zusammenhang mit einer Sebadenitis ein symmetrisches Muster auf und entstehen typischerweise in bestimmten Körperregionen. Zu den häufig betroffenen Regionen gehören die Ohrmuscheln (Abbildung 3), das Gesicht (Abbildung 4), der Kopf und der dorsale Stamm 1,9. In hochgradigeren Sebadenitis-Fällen kann auch eine Otitis externa zu beobachten sein, und beschrieben werden unter anderem ulzeröse Effloreszenzen an den Ohrmuscheln betroffener Hunde 10. Erst kürzlich wurden bei einem Hund mit Sebadenitis zudem eine Blepharitis und eine Dysfunktion der Meibom-Drüsen beschrieben 11.

Ohrmuschel des Hundes mit anhaftenden Schuppen

Abbildung 3. Weißliche, anhaftende Schuppen auf der konkaven Oberfläche der Ohrmuschel eines Hundes mit Sebadenitis.
© Elad Perry

Alopezie im Gesicht eines Vizsla-Hundes

Abbildung 4. Alopezie mit weißlichen, pulvrigen Schuppen im Gesicht eines Vizsla-Rüden mit Sebadenitis.
© Elad Perry

Ein charakteristischer klinischer Befund bei caniner Sebadenitis sind Keratinmanschetten („follicular casts“), deren Sichtbarkeit variieren kann. Gekennzeichnet sind diese Keratinmanschetten durch Gruppen von Haaren, die durch eine Hülle aus Keratindetritus in Form von Büscheln miteinander verkleben oder verfilzen (Abbildung 5 und 6). Dieser Keratindetritus bleibt proximal der Follikelostien an den Haaren haften. Dieses dermatologische Muster ist zwar nicht 100%ig spezifisch für eine Sebadenitis, kann sich im Rahmen der Diagnose dieser Erkrankung aber als unschätzbar wertvoller Hinweis erweisen 3,12.

Haare eines Hundes mit Sebadenitis

Abbildung 5. Haarzupfproben eines Hundes mit Sebadenitis: Haarwurzeln sind mit Keratin gefüllt (Keratinmanschetten).
© Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Caroline Léonard

Hundehaarfollikel mit Keratinmanschetten

Abbildung 6. Nahaufnahme von Haaren eines Hundes mit Sebadenitis. An der Mündung der Haarfollikel sind Keratinmanschetten zu erkennen.
© Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Pavlina Bouza-Rapti

Juckreiz unterschiedlicher Grade kann bei betroffenen Hunden auftreten, gilt in der Regel aber nicht als charakteristisches Merkmal der Sebadenitis, es sei denn, es liegt begleitend eine sekundäre Pyodermie vor 2,7. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass der Autor bei Hunden Fälle von Sebadenitis mit Juckreiz auch ohne begleitende sekundäre Pyodermie beobachtet hat. Darüber hinaus kam eine Analyse der Krankenakten von 24 Hunden mit Sebadenitis zu dem Ergebnis, dass 19 dieser 24 Patienten Juckreiz zeigten, aber nur acht Hunde tatsächlich eine begleitende oberflächliche Pyodermie aufwiesen 13.

Bei langhaarigen Rassen wie Akita, Pudel und Samojede kann sich eine Sebadenitis mit ähnlichen Symptomen darstellen wie bei ihren kurzhaarigen Artgenossen. Aufgrund des längeren Haarkleides kann es bei diesen Rassen infolge der gestörten Talgproduktion zu besonders hochgradigen Verfilzungen, Verklebungen und Verklumpung des Fells kommen, die deutlich stärker ausgeprägt sind als bei kurzhaarigen Rassen. Typischerweise betroffene Körperregionen sind die Bereiche von Kopf, Ohrmuscheln, Hals, Rücken und Schwanz. Eine Alopezie mit oder ohne Erythem ist häufig vorhanden, und kann zur Entstehung auffälliger kahler Stellen führen, insbesondere im Bereich des Rückens, am Schwanz und am Hals (Abbildung 7, 8 und 9) 7,12.

Dorsalstamm eines Hundes mit Schuppenbildung

Abbildung 7. Schuppenbildung und Keratinmanschetten am dorsalen Stamm eines Hundes mit Sebadenitis.
© Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Tamara Weitzer

Ausgedehnte Alopezie bei einem Hund

Abbildung 8. Hochgradige Alopezie am Stamm eines Hundes mit Sebadenitis.
© Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Ronnie Kaufmann

Schnauzerhund mit Sebadenitis

Abbildung 9. Alopezie, Schuppenbildung und Keratinmanschetten am Stamm eines Schnauzers mit Sebadenitis.
© Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Ronnie Kaufmann

Bei langhaarigen Rassen können zudem Farbveränderungen des Haarkleides beobachtet werden, ebenso wie Veränderungen der Haartextur von lockig bis gewellt oder glatt. Mit dem weiteren Fortschreiten dieser Veränderungen kann das Haarkleid zunehmend dünn, stumpf und brüchig werden. Durch die zunehmende Akkumulation abgestorbener Hautzellen und verfilzter Haare in den betroffenen Regionen kann ein Milieu entstehen, das sekundäre bakterielle Hautinfektionen begünstigt und bei betroffenen Hunden zu Unbehagen und Juckreiz führt 1,7.

Diagnose

Bei der Diagnose muss eine Sebadenitis zunächst von anderen Hauterkrankungen mit ähnlicher klinischer Symptomatik abgegrenzt werden. Zu den potenziellen Differenzialdiagnosen gehören insbesondere die atopische Dermatitis, die Leishmaniose (in endemischen Gebieten) und verschiedene infektiöse Erkrankungen wie Dermatophytose, Demodikose und bakterielle Follikulitis. Differenzialdiagnostisch sollten aber auch immunvermittelte Hauterkrankungen wie Pemphigus foliaceus und kutaner Lupus erythematodes in Betracht gezogen werden. Darüber hinaus kann eine Sebadenitis aber auch imitiert werden durch hormonelle Ungleichgewichte, Ernährungsmängel (z. B. Zink- oder Fettsäuremangel) und futtermittelresponsive Erkrankungen (z. B. zinkresponsive Dermatose oder Vitamin-A-responsive Dermatose) 1,7

Aufgrund dieser Vielzahl möglicher Differenzialdiagnosen und der vielfältigen klinischen Symptomatik ist eine umfassende diagnostische Herangehensweise für die Bestätigung der Diagnose einer Sebadenitis unerlässlich. Der erste Schritt nach der Erhebung des Vorberichts ist eine gründliche klinisch-dermatologische Untersuchung, wobei insbesondere auf charakteristische Symptome wie ringförmige Effloreszenzen, Alopezie, Erytheme und Keratinmanschetten geachtet wird. Weitere wichtige diagnostische Kriterien sind die Verteilung und die Symmetrie der Effloreszenzen.

Mit Hilfe eines Trichogramms zur Untersuchung von Haarzupfproben aus den veränderten Hautarealen können Anomalien der Haarschäfte festgestellt werden. Bei Sebadenitis können betroffene Haare ein charakteristisches wachsartiges Aussehen aufweisen, wobei die Haarwurzeln mit Keratin gefüllt sein können (Keratinmanschetten). In Kombination mit einem Hautgeschabsel kann ein Trichogramm außerdem helfen, follikelgebundene Parasiten wie Demodex-Milben auszuschließen.

Bei der zytologischen Untersuchung von Probenmaterial aus den Effloreszenzen können etwaige Sekundärinfektionen oder Entzündungszellen nachgewiesen werden. Für die Beurteilung des Ausmaßes der Erkrankung und für die Planung der Therapie können diese zytologischen Befunde sehr wertvolle Anhaltspunkte liefern. Zudem können Blutproben in entsprechenden Verdachtsfällen helfen, zugrundeliegende Erkrankungen auszuschließen, die unter Umständen klinische Symptome einer Sebadenitis nachahmen (z. B. Leishmaniose-Tests in endemischen Gebieten oder Tests auf hormonelle Ungleichgewichte). 

Für die endgültige Bestätigung der Diagnose wird häufig eine Hautbiopsie empfohlen. Die histopathologischen Merkmale der Sebadenitis sind zwar letztlich sehr variabel, typische Befunde sind aber ein diffuses Fehlen von Talgdrüsen und eine perifollikuläre granulomatöse bis pyogranulomatöse Entzündung des Isthmus. Weitere mögliche Bestandteile des dermalen Infiltrats im Bereich der Talgdrüsen sind Lymphozyten, Mastzellen, Plasmazellen und eosinophile Granulozyten, und weitere potenzielle histologische Merkmale sind eine orthokeratotische Hyperkeratose, eine follikuläre Keratose und eine Akanthose (Abbildung 10) 2,14,15.

Eine Sebadenitis kann entweder als idiopathische Erkrankung oder als sekundäre Manifestation anderer entzündlicher Erkrankungen der Haut auftreten, zum Beispiel bei caniner Leishmaniose, die insbesondere in endemischen Gebieten als wichtige Differenzialdiagnose zu berücksichtigen ist. Auf histologischer Ebene kann sowohl bei der Sebadenitis im Zusammenhang mit caniner Leishmaniose als auch bei der idiopathischen Sebadenitis eine granulomatöse oder pyogranulomatöse Entzündung der Talgdrüsen zu beobachten sein. In einem neueren Bericht wird jedoch festgestellt, dass die beiden Entitäten histopathologisch aber dennoch differenziert werden können 14. Der Studie zufolge ist eine Sebadenitis im Zusammenhang mit einer Leishmaniose histologisch gekennzeichnet durch ein noduläres bis diffuses dermales Infiltrat sowie epidermale und subepidermale Veränderungen und das Fehlen einer ausgeprägten Hyperkeratose sowie einer follikulären Keratose, während bei einer idiopathischen Sebadenitis das Entzündungsgeschehen im Allgemeinen auf die Talgdrüsen beschränkt bleibt und zudem eine Hyperkeratose sowie eine follikuläre Keratose nachweisbar sind.

Mikroskopische Aufnahme der behaarten Haut eines Hundes

Abbildung 10. Mikroskopische Aufnahme der behaarten Haut eines Hundes mit Sebadenitis. Bei geringer Vergrößerung zeigen sich eine mittel- bis hochgradige Infiltration im Isthmusbereich des Haarfollikels, das Fehlen von Talgdrüsen und eine Hyperkeratose der Epidermis mit follikulärer Keratose. Hämatoxylin- und Eosinfärbung; Maßstabsbalken 100 µm.
© Elad Perry

Behandlungsoptionen 

Die Behandlung der caninen Sebadenitis erfordert eine umfassende Herangehensweise. Die primären therapeutischen Ziele bestehen darin, die Akkumulation überschüssiger Schuppen zu reduzieren, die Qualität des Haarkleides zu verbessern und Entzündungen und Schädigungen der Talgdrüsen zu lindern. Ein solcher multimodaler therapeutischer Ansatz unterstützt das erfolgreiche Management der Erkrankung und fördert zudem die Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens des Hundes sowie seines optischen Erscheinungsbildes. Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen sowohl systemische als auch topische Interventionen, und die Wahl der Therapie hängt letztlich in jedem Einzelfall vom Grad der Erkrankung und von der individuellen Situation des Patienten ab. Zu berücksichtigen ist, dass es keine therapeutische Universallösung gibt und dass in vielen Fällen regelmäßige Kontrolluntersuchungen und entsprechende Anpassungen des initialen Behandlungsplans erforderlich sind, um bestmögliche Behandlungsergebnisse zu erzielen.

Das Immunsuppressivum Cyclosporin ist ein gängiges Arzneimittel zur Behandlung der caninen Sebadenitis. Dieser Wirkstoff spielt eine entscheidende Rolle bei der Modulation der abnormen Immunreaktion, die das Erkrankungsgeschehen triggert. Zudem kann Cyclosporin eine Hypertrichose induzieren, die bei betroffenen Hunden die Verstopfung des follikulären Infundibulums mit keratotischem Material potenziell reduzieren kann. In einer Dosierung von 5 mg/kg/Tag führt Cyclosporin nachweislich zu einer wirksamen Linderung des mit einer Sebadenitis einhergehenden Entzündungsgeschehens 16. In den meisten Fällen kann Cyclosporin schrittweise ausgeschlichen werden, sobald die klinischen Symptome abgeklungen sind. Betont werden muss an dieser Stelle jedoch, dass für die erfolgreiche Kontrolle der Erkrankung in der Regel eine langfristige Behandlung erforderlich ist 16.

Die Kombination aus topischer Therapie und Cyclosporinbehandlung kann einen synergistischen Effekt erzielen und sowohl die Schuppenbildung als auch die Alopezie positiv beeinflussen und gleichzeitig das Entzündungsgeschehen im Bereich der Talgdrüsen reduzieren 17. Darüber hinaus kann durch Komedikation mit Cyclosporin im Vergleich zu einer ausschließlichen topischen Behandlung eine bessere Regeneration der Talgdrüsen gefördert werden 17.

Systemisch oder topisch verabreichte essentielle Fettsäuren (EFAs) haben sich bei bestimmten Patienten mit caniner Sebadenitis als wirksam erwiesen 18. Angesichts der im Allgemeinen geringgradigen Nebenwirkungen werden EFAs in vielen Fällen als erste therapeutische Option in Betracht gezogen, entweder allein oder in Kombination mit Immunsuppressiva.

Vitamin A (Retinol) und synthetische Retinoide, bei denen es sich um Derivate von Vitamin A handelt, werden zur Behandlung von Sebadenitis bei Hunden eingesetzt, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg 13,19. Neben ihren entzündungshemmenden Eigenschaften spielen diese Verbindungen eine entscheidende Rolle bei der Proliferation und Differenzierung von Keratinozyten, und haben dadurch normalisierende Effekte auf den Keratinisierungsprozess sowie allgemein fördernde Wirkungen auf die Hautgesundheit 20. In der tierärztlichen Praxis werden Retinoide eher weniger bevorzugt wegen der geringen Verfügbarkeit entsprechender Präparate und aufgrund unerwünschter Nebenwirkungen wie Keratokonjunktivitis sicca, Teratogenität, gastrointestinalen Störungen und Hepatotoxizität. Eine sorgfältige Überwachung entsprechend behandelter Patienten ist unerlässlich, um etwaige Nebenwirkungen zeitnah zu erkennen 20.

Anekdotischen Berichten zufolge kann eine Kombination aus oralem Tetracyclin und Niacinamid in einigen Fällen von caniner Sebadenitis zu positiven Ergebnissen führen. Hunde unter 25 kg Körpergewicht erhalten in der Regel beide Wirkstoffe in einer Dosierung von je 250 mg alle 8 Stunden, während Hunde über 25 kg mit 500 mg jedes Wirkstoffes in ähnlichem Intervall behandelt werden 7.

Neben der systemischen Therapie kann ein Patient mit caniner Sebadenitis auch von einer ganzen Reihe topischer Behandlungen profitieren, die in erster Linie darauf abzielen, die klinischen Symptome zu lindern und die allgemeine Gesundheit von Haut und Haarkleid zu verbessern. Insbesondere in geringgradigen Fällen oder als Teil eines umfassenderen Behandlungsplans spielen topische Therapien eine wichtige Rolle und umfassen Shampoos, Feuchthaltemittel und Ölbäder. Spezielle Shampoos mit Schwefel und Salicylsäure sind ein integraler Bestandteil der Behandlung von Sebadenitis und werden in der Regel zwei bis drei Mal pro Woche angewendet mit einer Einwirkzeit von etwa 10 Minuten vor dem Ausspülen 1,18. Während des Badens können Schuppen mit Hilfe einer weichen Bürste aktiv entfernt werden. Nach dem Ausspülen kann ein Conditioner angewendet oder eine 50-75%ige Verdünnung von Propylenglykol auf das Haarkleid des Hundes aufgetragen oder aufgesprüht werden 9,18. Entsprechende Sprays werden anfangs gelegentlich täglich angewendet und dann im weiteren Verlauf im Sinne einer Erhaltungstherapie auf zwei bis drei Anwendungen pro Woche reduziert. Propylenglykol wirkt als Feuchthaltemittel, indem es hilft, die Feuchtigkeit in der Haut zu speichern 9,18. Zusätzlich können auch Babyölbäder verwendet werden, wobei man entweder reines Öl oder eine 1:1-Verdünnung mit Wasser in das Fell einmassiert und 1-6 Stunden einwirken lässt. Anschließend sollte der auf diese Weise behandelte Hund mit Shampoo oder mildem Spülmittel gebadet werden, um überschüssiges Öl zu entfernen 9.

Elad Perry

Die Behandlung der caninen Sebadenitis erfordert eine umfassende Herangehensweise. Die primären therapeutischen Ziele bestehen darin, die Akkumulation überschüssiger Schuppen zu reduzieren, die Qualität des Haarkleides zu verbessern und Entzündungen und Schädigungen der Talgdrüsen zu lindern.

Elad Perry

Prognose 

Die Prognose bei Hunden mit Sebadenitis kann von verschiedenen Faktoren abhängen wie dem Schweregrad der Erkrankung, dem Ansprechen auf die Behandlung und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten. In geringgradigen Fällen mit relativ begrenzten klinischen Symptomen und gutem Ansprechen auf die Behandlung ist die Prognose im Allgemeinen günstiger. Unter einer wirksamen Behandlung können Hunde mit Sebadenitis häufig eine gute Lebensqualität genießen, wobei sich die Gesundheit von Haut und Fell insgesamt deutlich verbessern sollte. In hochgradigeren und weiter fortgeschrittenen Fällen von Sebadenitis muss dagegen eine etwas vorsichtigere Prognose gestellt werden. Es gibt zwar erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeiten zur Linderung der klinischen Symptome und zur Verbesserung der Lebensqualität, stets muss aber berücksichtigt werden, dass es sich bei einer caninen Sebadenitis in aller Regel um eine chronische Erkrankung handelt. In vielen Fällen ist daher eine Langzeitbehandlung erforderlich, und auch während einer Therapie muss mit Rezidiven gerechnet werden 6,8. Von entscheidender Bedeutung ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Tierärzten und den Besitzern betroffener Hunde, um einen maßgeschneiderten Behandlungsplan für den individuellen Patienten entwickeln zu können. Wichtig sind zudem regelmäßige Kontrolluntersuchungen und entsprechende Anpassungen des Behandlungsschemas, um die im Einzelfall bestmögliche Prognose zu erreichen. Trotz der chronischen Natur dieser Erkrankung können viele Hunde mit Sebadenitis unter sorgfältiger Pflege und geeigneter Behandlung eine gute Lebensqualität genießen.

Schlussfolgerung

Die Sebadenitis des Hundes ist eine komplexe dermatologische Erkrankung mit unterschiedlichen klinischen Manifestationen. Ihre multifaktorielle Ätiologie umfasst eine genetische Prädisposition, eine Dysfunktion des Immunsystems und verschiedene Umweltfaktoren. Die Diagnose erfordert eine umfassende Herangehensweise, und die Behandlungsmöglichkeiten reichen von systemischen Immunsuppressiva bis zu verschiedenen topischen Therapien. Die Prognose ist variabel, und in vielen Fällen ist eine Langzeitbehandlung erforderlich. Entscheidend für die Optimierung der Lebensqualität eines Hundes mit Sebadenitis ist aber ein maßgeschneiderter individueller Behandlungsplan.

Literatur

  1. Miller WH, Griffin CE, Campbell KL. Granulomatous sebaceous adenitis. In: Muller and Kirk’s Small Animal Dermatology, 7th ed. St. Louis, Missouri: Elsevier Mosby, 2013;695-699.

  2. Gross TL, Ihrke PJ, Walder EJ, et al. Sebaceous Adenitis. In: Skin Diseases of the Dog and Cat. Clinical and Histopathologic Diagnosis, 2nd ed. Oxford: Blackwell, 2005;186-188.

  3. Reichler IM, Hauser B, Schiller I, et al. Sebaceous adenitis in the Akita: clinical observations, histopathology and heredity. Vet. Dermatol. 2001;12:243-253.

  4. Pedersen NC, Brucker L, Tessier NG, et al. The effect of genetic bottlenecks and inbreeding on the incidence of two major autoimmune diseases in Standard Poodles, Sebaceous adenitis and Addison’s disease. J. Canine Genetics Epidemiol. 2015;2:1-18. 

  5. Pedersen NC, Liu H, McLaughlin B, et al. Genetic characterization of healthy and sebaceous adenitis affected Standard Poodles from the United States and the United Kingdom. Tissue Antigens 2012;80(1):46-57.

  6. Pye C. Canine sebaceous adenitis. Can. Vet. J. 2021;62(3):293-296.

  7. Sousa CA. Sebaceous adenitis. Vet. Clin. North Am. Small Anim. Pract. 2006;36(1):243-249.

  8. Tevell E, Bergvall K, Egenvall A. Sebaceous adenitis in Swedish dogs, a retrospective study in 104 cases. Acta Vet. Scand. 2008;50:11-19.

  9. Simpson A, McKay L. Applied dermatology: sebaceous adenitis in dogs. Comp. Contin. Educ. Vet. 2012;34:E1-7.

  10. Zur G, Botero-Anug AM. Severe ulcerative and granulomatous pinnal lesions with granulomatous sebaceous adenitis in unrelated vizslas. J. Am. Anim. Hosp. Assoc. 2011;47:455-460.‏

  11. Sartori R, Peruccio C. A case of sebaceous adenitis and concurrent meibomian gland dysfunction in a dog. Vet. Sci. 2020;7:37-42.

  12. Frazer MM, Schick AE, Lewis TP, et al. Sebaceous adenitis in Havanese dogs: a retrospective study of the clinical presentation and incidence. Vet. Dermatol. 2011;22:267-274.‏

  13. Lam AT, Affolter VK, Outerbridge CA, et al. Oral vitamin A as an adjunct treatment for canine sebaceous adenitis. Vet. Dermatol. 2011;22:305-311.

  14. Bardagí M, Fondevila D, Zanna G, et al. Histopathological differences between canine idiopathic sebaceous adenitis and canine leishmaniosis with sebaceous adenitis. Vet. Dermatol. 2010;21:159-165.‏

  15. Bond R, Brooks H. Transverse sectioning for histological assessment of sebaceous glands in healthy dogs and canine sebaceous adenitis. J. Small Anim. Pract. 2013;54:299-303.

  16. Linek M, Boss C, Haemmerling R, et al. Effects of cyclosporine A on clinical and histologic abnormalities in dogs with sebaceous adenitis. J. Am. Vet. Med. Assoc. 2005;226:59-64.‏

  17. Lortz J, Favrot C, Mecklenburg L, et al. A multicentre placebo‐controlled clinical trial on the efficacy of oral ciclosporin A in the treatment of canine idiopathic sebaceous adenitis in comparison with conventional topical treatment. Vet. Dermatol. 2010;21:593-601.‏

  18. Rosser EJ. Therapy of sebaceous adenitis. In: Bonagura JD, Kirk RW, eds. Kirk’s Current Veterinary Therapy XIII. Philadelphia, PA: W.B. Saunders Co, 2000;572-573.

  19. White SD, Rosychuk RA, Scott KV, et al. Sebaceous adenitis in dogs and results of treatment with isotretinoin and etretinate: 30 case (1990-1994). J. Am. Vet. Med. Assoc. 1995;207:197-200.

  20. Miller WH, Griffin CE, Campbell KL. Dermatologic therapy. In: Muller and Kirk’s Small Animal Dermatology, 7th ed. St. Louis, Missouri: Elsevier Mosby, 2013;139-141.

Elad Perry

Elad Perry

Dr. Perry schloss sein Tiermedizinstudium an der veterinärmedizinischen Fakultät der Hebrew University in Jerusalem im Jahr 2011 Mehr lesen

Andere Artikel in dieser Ausgabe

Ausgabe nummer 34.1 veröffentlicht 19/04/2024

Juckreiz bei Hunden: Ursachen und Behandlung

Genau zu verstehen, warum sich ein Tier kratzt, ist der erste Schritt auf dem Weg zur erfolgreichen Behandlung von Juckreiz, wie uns dieser Artikel erläutert.

von Frédéric Sauvé