Prävention
Die Association for Pet Obesity Prevention berichtete 2018, dass in den USA nahezu 60 % aller Hunde und Katzen übergewichtig oder adipös waren 1. Gewichtsreduktionsprogramme können aber für alle Beteiligten sehr anstrengend sein. Einige Besitzer müssen erst mühsam überzeugt werden, bevor sie auch nur bereit sind, über das Thema Gewichtsreduktion bei ihrem Hund oder bei ihrer Katze zu sprechen. Und das Erreichen eines idealen Body Condition Scores bei einem Tier, das vielleicht 15 oder 20 % (oder sogar mehr) zu viel Körperfett aufweist, kann sehr viel Zeit und Geduld erfordern. Mitarbeiter tierärztlicher Praxen müssen deshalb in der Lage sein, diese schwierigen Gespräche professionell und zugleich auf einfühlsame Weise zu führen und entsprechende Gewichtsreduktionsprogramme einzuleiten. Ein weiterer Ansatz zur Bekämpfung der Adipositasepidemie bei Kleintieren ist aber die Prävention. Und welche Zeit ist besser geeignet für die Prävention von Adipositas als die Phase, in der das Tier noch jung und gesund ist? Wenn das Praxisteam in der Lage ist, in diesem Stadium über die Risiken der Adipositas zu sprechen und engagierten Besitzern entsprechende Werkzeuge und Hilfsmittel zur Verfügung stellt, mit deren Hilfe sie eine übermäßige Gewichtszunahme bei ihrem neuen Haustier verhindern, so kann dies dazu führen, dass wir die Anzahl der Tiere, die übergewichtig oder adipös werden, langfristig reduzieren. Wenn frisch gebackene Halter junger Tiere gut informiert sind über ganz grundlegende Aspekte wie die ideale Gewichtszunahme, das Body Condition Scoring, die Kontrolle der Tagesrationen und „smarte“ Snacks, werden sie später auch sehr viel empfänglicher sein für frühzeitige Empfehlungen, falls ihr Tier trotz präventiver Bemühungen tatsächlich beginnen sollte, zu viel an Gewicht zuzulegen.
Beratung durch Experten
Besitzer wünschen sich ausdrücklich, mit ihrem Tierarzt über die Ernährung ihres Hundes oder ihrer Katze zu sprechen. Wenn diese beratenden Gespräche bereits frühzeitig im Leben eines Tieres geführt werden, so demonstriert dies eine proaktive Herangehensweise an diese Thematik und vermittelt dem Besitzer letztlich die klare Botschaft, dass die tierärztliche Praxis die beste Quelle für valide Informationen zur Ernährung von Hund und Katze ist. Wenn es uns gelingt, dieses Bild in Sachen Ernährungskompetenz zu vermitteln, werden Welpenbesitzer etwaige Ernährungs- und Fütterungsempfehlungen vom Züchter, von Freunden, von Mitarbeitern in Zoohandlungen oder anderen gutmeinenden Personen im Idealfall zunächst mit ihrem Tierarzt besprechen, bevor sie diese praktisch umsetzen.
Interesse und Lernbereitschaft des Besitzers
Es gibt gute Gründe dafür, warum alle Beteiligten die tierärztlichen Visiten mit Hunde- oder Katzenwelpen lieben – ganz abgesehen von der Gelegenheit, einen gesunden und liebenswerten neuen kleinen Patienten zu knuddeln. Die frisch gebackenen Welpenbesitzer sind dabei meist genauso begeistert wie die Praxismitarbeiter und freuen sich oft darauf ihr süßes neues Familienmitglied vorstellen zu dürfen. Diese Besitzer sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auch fest entschlossen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um ihr Tier bei bester Gesundheit zu halten. Und oft sind sie auch hoch motiviert für Beratungsgespräche, in denen sie erfahren, wie sie für die bestmögliche Ernährung und Fütterung ihres Lieblings sorgen können. Auf Besitzer kranker Tiere mögen Empfehlungen wie das Abwiegen der Tagesrationen mit einer grammgenauen Waage oder das Vermeiden kalorienreicher Snacks zunächst eher abschreckend wirken, da sie unter Umständen bereits von den zahlreichen anderen Behandlungsempfehlungen überfordert sind, so dass das Thema Ernährung in diesem Kontext letztlich möglicherweise nur eine geringe Aufmerksamkeit genießt. Gerade frisch gebackene Welpenbesitzer können aber durchaus sehr aufgeschlossen sein für diese Arten von Empfehlungen, und wenn sie entsprechende Verhaltensweisen in Sachen Fütterung bereits sehr früh erlernen und verinnerlichen, kann es letztlich viel einfacher sein, diese auch über das gesamte Leben des Tieres beizubehalten. Studien zur Untersuchung der Kommunikation mit Kunden in der tierärztlichen Praxis fanden zudem heraus, dass Tierbesitzer eine Partnerschaft mit ihrem Tierarzt wünschen 2. Durch das frühzeitige Sprechen über das Thema Ernährung können wir diese Partnerschaft mit unseren Kunden aufbauen und somit letztlich eine stärkere Tierarzt-Kunden-Bindung schaffen.
Vor diesem Hintergrund ist es nun an der Zeit, sich mit einem spannenden Hilfsmittel zu beschäftigen, über das jede tierärztliche Praxis in ihrem Arsenal zum Thema Ernährung verfügen sollte – Wachstumskurven.
Was sind Wachstumskurven?
Insbesondere Tierhaltern mit eigenen Kindern dürften Wachstumskurven durchaus vertraut sein, da sie in der humanen Pädiatrie ein übliches Werkzeug sind, um das Wachstum und die Entwicklung von Babys und Kindern zu überwachen. Es handelt sich um Perzentilkurven, die die Streuung einer statistischen Verteilung anzeigen und dabei Parameter wie Körpergröße, Körpergewicht, Body Mass Index (BMI) und Alter berücksichtigen 3. In der Humanmedizin werden Wachstumskurven bereits seit 1977 eingesetzt, um zu beurteilen, ob das Körperwachstum eines Kindes normal oder abweichend verläuft. Nach ähnlichem Prinzip wurden Wachstumskurven nun auch für Hunde am Waltham Centre entwickelt, einer Einrichtung für Wissenschaft und Forschung im Besitz von Mars Petcare 4. Entwickelt wurden die Wachstumskurven auf der Grundlage von Daten zehntausender gesunder Hunde und unterstützen heute praktische Tierärzte bei der Beurteilung, ob sich das Wachstum eines Hundewelpen auf dem für sein Alter angemessenen Weg befindet.
Ein wichtiger Faktor, der bei der Entwicklung der Wachstumskurven für Hundewelpen berücksichtigt werden musste, ist die enorme morphologische Vielfalt der unterschiedlichen Hunderassen, die dazu führt, dass nicht alle diese Größen in einer einzigen standardisierten Wachstumskurve dargestellt werden können. Aus diesem Grund gibt es heute zehn unterschiedliche Wachstumskurven für Hunde – organisiert nach Geschlecht (männlich vs. weiblich) und nach der geschätzten adulten Körpergröße, das heißt, nach dem antizipierten adulten Körpergewicht (< 6,5 kg, 6,5-9 kg, 9-15 kg, 15-30 kg und 30-40 kg) 5.
Welche Informationen sind erforderlich?
Um eine Wachstumskurve bei einem Hundewelpen anzuwenden, werden folgende Informationen benötigt:
- Geschlecht des Welpen – Es gibt unterschiedliche Kurven für männliche und weibliche Welpen
- Antizipiertes adultes Gewicht des Welpen; dieses wird entweder anhand des Körpergewichts der Eltern geschätzt (unter der Voraussetzung, dass beide Eltern eine ideale Body Condition aufweisen) oder anhand des Rassestandards
- Alter des Welpen in Wochen
- Körpergewicht des Welpen in Kilogramm
Sobald alle diese Daten vorliegen, kann die passende Wachstumskurve ausgedruckt werden, und das Gewicht und das Alter des Welpen werden graphisch dargestellt. PDF-Dateien aller zehn verfügbaren Wachstumskurven stehen hier zum Download bereit: https://www.waltham.com/resources/puppy-growth-charts.