Wie bei anderen Beta-Lactamen ist die renale Ausscheidung im der frühen Lebensphase herabgesetzt, was aufgrund der breiten Sicherheitsspanne von Cephalosporinen aber eher ein begrenztes Problem sein dürfte. Neugeborene Babys erhalten höhere Dosen in längeren Applikationsintervallen (50 mg/kg alle 12 Stunden im Alter von 0-7 Tagen und alle 8 Stunden im Alter von 7-28 Tagen), während Babys im Alter von über 28 Tagen 37,5 mg/kg alle 6 Stunden bekommen 1.
Cefovecin wird zur routinemäßigen Anwendung nicht empfohlen, da es sich um einen stark proteingebundenen Arzneistoff handelt, dessen pharmakokinetische Eigenschaften bei Neugeborenen recht variabel sein können. Zudem ist Cefovecin eine schlechte Wahl gegen E. coli, außer bei Infektionen der ableitenden Harnwege. Da aber Cefovecin am besten geeignet ist zur Behandlung der oberflächlichen Folliculitis und der bakteriellen Zystitis bei Patienten, bei denen die Verabreichung von Arzneimitteln problematisch ist, gibt es bei Hunde- und Katzenwelpen eigentlich nur begrenzte Indikationen für dieses Cephalosporin.
Clindamycin
Clindamycin ist eine weitere perorale Option mit hervorragender Wirksamkeit gegen Gram-positive und anaerobe Bakterien. Für Babys unter 28 Tagen werden Dosierungen von täglich 15-20 mg/kg empfohlen, und bei älteren Babys 20-40 mg/kg täglich (in beiden Fällen verteilt auf 3-4 Dosen), während für alle Kleinkinder mit normalem Geburtsgewicht 9 mg/kg alle 8 Stunden empfohlen werden 5. Für Hunde und Katzen liegen keine Daten vor, wahrscheinlich sind bei Welpen aber ähnliche Dosierungsschemata wie für adulte Tiere angemessen. Bei sehr jungen Individuen sollte dabei aufgrund der vermutlich langsameren Clearance jedoch eher das untere Ende der Dosierungsspanne in Betracht gezogen werden.
Fluoroquinolone
Fluoroquinolone sind hervorragende Antibiotika gegen Gram-negative Erreger, aber weniger wirksam gegen Gram-positive Keime und wirkungslos (außer Pradofloxacin) gegen Anaerobier. Die bekanntesten Bedenken im Zusammenhang mit der Anwendung von Fluoroquinolonen bei im Wachstum befindlichen Tieren ist das Risiko der Entwicklung von Knorpeldefekten. In vitro wurden toxische Effekte von Enrofloxacin auf canine Chondrozyten und Sehnenzellen nachgewiesen 6,7 und die US-amerikanische Packungsbeilage für Enrofloxacin gibt an, dass sich bei älteren Hundewelpen mit einer Dosierung von 5-25 mg/kg über 30 Tage mikroskopische Gelenkknorpelveränderungen entwickelten. Bei zwei Wochen oder 29-34 Wochen alten Hundewelpen, die über 30 Tage Enrofloxacin in einer Dosierung von 25 mg/kg/Tag erhielten, werden klinische Anomalien jedoch nicht beschrieben Zwei neuere Studien bei Fohlen konnten keine Knorpelläsionen nach der Behandlung von Stuten mit Enrofloxacin während der späten Trächtigkeit nachweisen 8,9, Bei zwei von zwei Fohlen, die postnatal mit Enrofloxacin in Standarddosierungen behandelt worden waren, wurden jedoch hochgradige Knorpelläsionen nachgewiesen 9. Dies deckt sich mit einem früheren Bericht (nur als Abstract veröffentlicht), der Gelenkknorpelschäden bei vier von vier entsprechend behandelten neugeborenen Fohlen feststellte 10. Die begrenzte Anzahl und die geringe Größe entsprechender Studien verkompliziert die Beurteilung der Sicherheit von Enrofloxacin, ebenso wie das vollständige Fehlen von Feldstudien, in denen klinisch anwendbare Dosierungen in verschiedenen Altersklassen eingesetzt werden. Darüber hinaus kann es Bedenken hinsichtlich von Sehnenrupturen geben (basierend auf einer caninen Zellkulturstudie 7), deren Inzidenz bei Jugendlichen in der Humanmedizin jedoch sehr niedrig ist 11 und über entsprechende Risiken bei Hunden und Katzen ist letztlich nichts bekannt.
Bekannt ist zudem eine Retinopathie bei dieser Arzneimittelklasse und wird bei Katzen, die mit Enrofloxacin behandelt werden als dosisabhängiges Problem beschrieben 12. Um dieses Risiko zu verringern, werden niedrigere Dosierungen von Enrofloxacin empfohlen (5 mg/kg alle 24 Stunden), was bei jungen Tieren mit potenziell reduzierter renaler Clearance unter Umständen jedoch nicht ausreicht. Unerwünscht sind niedrigere Dosierungen auch bei konzentrationsabhängigen Antibiotika, bei denen hohe Peakkonzentrationen und AUC:MIC-Verhältnisse* wichtige Faktoren für die bakterizide Wirkung sind.
* AUC- area under curve; MIC = minimum inhibitory concentration
Insgesamt sind die Risiken durch eine kurzzeitige Anwendung klinisch relevanter Dosen von Fluoroquinolonen bei Hunde- und Katzenwelpen nach wie vor unklar, obgleich sie bei sehr jungen Individuen wahrscheinlich höher liegen dürften. Letztlich gibt es bei Hunde- und Katzenwelpen aber nur wenige Indikationen für Fluoroquinolone, da andere, sicherere Wirkstoffe mit ähnlichem antimikrobiellem Spektrum (z. B. Cephalosporine der dritten Generation) zur Verfügung stehen. In Betracht ziehen kann man die Anwendung von Fluoroquinolonen – idealerweise über eine kurze Dauer – insbesondere in einigen begrenzten Situationen, in denen andere Routineantibiotika aufgrund von bestimmten Faktoren auf Seiten der beteiligten Bakterien oder beim betroffenen Patienten nicht angezeigt sind, da in solchen Fällen die Vorteile die potenziellen Risiken durchaus überwiegen können. Niedrigere Dosierungen könnten die Risiken senken, sind aber unter Umständen aus der Sicht der bakteriziden Wirksamkeit nicht erstrebenswert. Der Fokus sollte in diesen Fällen also wahrscheinlich eher auf einer Minimierung der Behandlungsdauer liegen und weniger auf einer Reduzierung der Dosis.
Penicilline
Antibiotika aus dieser Gruppe, einschließlich potenzierter Penicilline, werden bei Neugeborenen vielfach angewendet, insbesondere Amoxicillin und Clavulansäure peroral und Ampicillin intravenös. Ihre Anwendung ist auch bei Neugeborenen anderer Spezies weit verbreitet, wobei in humanmedizinischen Intensivstationen für neugeborene Babys am häufigsten Ampicillin zum Einsatz 1. Bei Neugeborenen kann die Pharmakokinetik der Penicilline von einer höheren Verteilung und einer langsameren Ausscheidung geprägt sein. Bei Hundewelpen ist dies bereits nachgewiesen worden, so dass für sechs Wochen alte Individuen eine Dosierung von 50 mg/kg IV alle 4-6 Stunden empfohlen wird 13. Bei jüngeren Welpen sollten dagegen höhere Dosierungen in Betracht gezogen werden. In der Humanmedizin werden bei neugeborenen Babys Dosierungen von bis zu 200 mg/kg alle 6 Stunden angewendet, im Unterschied zu 20-40 mg/kg alle 4-6 Stunden bei Erwachsenen. Wenn ein Venenzugang nicht verfügbar ist, kann Ampicillin bei Hunde- und Katzenwelpen auch intraossär verabreicht werden in derselben Dosierung wie bei der intravenösen Gabe 13,14.
Eine ähnliche Herangehensweise empfiehlt sich für Amoxicillin, einen weitgehend zum Ampicillin analogen Wirkstoff, aber mit hervorragender oraler Bioverfügbarkeit. In Anbetracht des höheren Verteilungsvolumens und der höheren Sicherheit werden bei neugeborenen Babys höhere Dosierungen empfohlen (50 mg/kg PO, alle 12 Stunden) 15. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit sollten bei älteren Hunde- und Katzenwelpen (> 1 Monat) aber kürzere Applikationsintervalle (alle 8 Stunden) in Betracht gezogen werden. Amoxicillin/Clavulansäure wird bei Neugeborenen sehr häufig eingesetzt und ist als anwenderfreundliche orale Suspension erhältlich. Pharmakokinetische Aspekte im Zusammenhang mit Amoxicillin werden oben beschrieben, während über die Clavulansäure diesbezüglich nur wenig bekannt ist. Insgesamt erscheinen aber Dosierungen im oberen Bereich der normalen Dosierungsspannen angemessen.
Antibiotika und die kommensalische Mikrobiota
Der Körper beherbergt eine riesige mikrobielle Population (die Mikrobiota) und deren kollektives Genom (das Mikrobiom). Heute gibt es zwar enorme Fortschritte bei der Fähigkeit zur Untersuchung dieser komplexen mikrobiellen Populationen im Darm, im Atemtrakt, auf der Haut und in anderen Lokalisationen, nach wie vor ist aber unklar, auf welche Weise diese bakteriellen Populationen mit dem Wirt interagieren und welche wechselseitigen Einflüsse hierbei eine Rolle spielen. Unbestreitbar ist, dass die Mikrobiota (und hier insbesondere die intestinale Fraktion) tiefgreifende und komplexe Interaktionen mit dem Körper des Wirts hat, und zwar sowohl auf lokaler Ebene im Darm, als auch weit darüber hinaus.
Bei der Geburt wird ein Welpe geradezu überflutet von mikrobiellen Organismen und zwar vom Zeitpunkt der Geburt an (wenn nicht schon vorher) und anschließend weiter über das gesamte Leben. Exponiert werden Neugeborene zunächst gegenüber der mütterlichen Mikrobiota der Vagina, der Haut, der Milch, des Atmungstraktes und des Intestinaltraktes, sowie gegenüber der Mikrobiota aus der Umwelt, der an der Versorgung beteiligten Menschen und anderer Kontakte (Abbildung 3). Diese frühen Expositionen gestalten die Entwicklung der Mikrobiota des Individuums, und einige dieser frühen Expositionen können lang anhaltende Auswirkungen auf das Individuum und seine Mikrobiota haben. So entwickeln zum Beispiel per Kaiserschnitt auf die Welt geholte Babys eine andere Mikrobiota als Babys, die auf natürlichem vaginalem Weg geboren werden, und diese Unterschiede können über Monate persistieren 16. Den tiefgreifendsten Einfluss auf die Mikrobiota eines Individuums hat aber wahrscheinlich eine Exposition gegenüber Antibiotika, nicht zuletzt weil antibiotische Behandlungen signifikante Auswirkungen insbesondere auf die Darmmikrobiota haben 17,18,19. Diese Effekte können lange Zeit über das Ende der antibiotischen Therapie hinaus persistieren. So können antibiotische Behandlungen die wichtige Entwicklung der kommensalischen Mikrobiota stören und deren komplexe Interaktionen mit dem Körper beeinflussen.